Gegen Ende des Jahres 2008 traten neue Regeln für die Zuwanderung von Arbeitskräften aus Nicht-EU-Staaten in Kraft. Die wichtigste Besonderheit des neuen Systems ist, dass die Arbeitszuwanderung nunmehr fast ausschließlich von der Nachfrage der schwedischen Arbeitgeber abhängt, Steuerungsmöglichkeiten staatlicher Stellen stark begrenzt sind und alle Qualifikationsniveaus berücksichtigt werden können. Eine von der Arbeitsagentur (Arbetsförmedlingen) durchgeführte Prüfung, ob die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte wirtschaftlich erforderlich ist, findet nicht mehr statt.
Der Prozess der Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte
Wenn ein Arbeitgeber eine Stelle besetzen möchte, aber keinen geeigneten Kandidaten innerhalb Schwedens findet, ist er zunächst verpflichtet, die Stelle über die Arbeitsagentur (Arbetsförmedlingen) öffentlich auszuschreiben. Diese sorgt auch für die Veröffentlichung der Anzeige im EU-Arbeitskräfteportal EURES. Wenn sich erneut niemand meldet, darf der Arbeitgeber den neuen Regeln zufolge einen Bewerber aus jedem beliebigen Land der Welt einstellen. Nachdem die Migrationsbehörde die zuständige Gewerkschaft zu arbeitsrechtlichen Bestimmungen konsultiert hat, stellt sie eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis aus. Die Einstellungs- und Arbeitsbedingungen müssen sich an den geltenden Tarifverträgen orientieren oder, wenn solche Verträge nicht vorliegen, an den Tarifen, die üblicherweise für die fragliche Tätigkeit gezahlt werden. Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse werden für die Dauer des Beschäftigungsverhältnisses ausgestellt. Im Falle eines unbefristeten Arbeitsvertrags werden sie für die Dauer von höchstens zwei Jahren gewährt, wobei die Möglichkeit einer anschließenden Verlängerung besteht. Während der ersten beiden Jahre ist die Aufenthaltserlaubnis an einen spezifischen Arbeitgeber und einen bestimmten Beruf gebunden. Im Anschluss daran darf der Arbeitnehmer zwar den Arbeitgeber wechseln, nicht aber die berufliche Tätigkeit. Nach vier Jahren kann eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis ausgestellt werden, die einen vollständigen Zugang zum Arbeitsmarkt erlaubt und damit auch einen Berufswechsel ermöglicht.
Die neuen Regeln machen keine Unterschiede hinsichtlich des Qualifikationsniveaus der Antragsteller. Auch Arbeitskräfte mit niedrigen oder gar keinen Bildungsabschlüssen können einwandern, wenn die Arbeitgeber entsprechende freie Stellen zu besetzen haben. Zudem bekommen alle Arbeitsmigranten Zugang zu den gleichen sozialen Rechten wie die übrige Bevölkerung des Landes, sofern sie voraussichtlich mindestens ein Jahr im Land bleiben. Sie dürfen zudem enge Verwandte wie Ehe- oder Lebenspartner sowie Kinder im Alter von bis zu 21 Jahren mitbringen.
Verzahnung zwischen Arbeitsmigration und dem Asylsystem
Eine weitere Besonderheit der schwedischen Arbeitsmigrationspolitik ist ihre Verzahnung mit dem Asylsystem (siehe auch das Kapitel
Kontroversen und Reaktionen
Der nachfrageorientierte Ansatz der schwedischen Arbeitsmigrationspolitik, den die OECD als "das offenste Arbeitsmigrationssystem der OECD-Länder"
Als Reaktion auf diese Kritik hat die Migrationsbehörde mehrfach strengere Bedingungen für die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte in bestimmten Industriezweigen erlassen. Seit 2012 müssen Unternehmen im Reinigungs-, Restaurant-, Dienstleistungs- und Baugewerbe, in der Personalvermittlung, im Handel, der Land- und Forstwirtschaft sowie in Autoreparaturbetrieben ebenso wie alle neu gegründeten Betriebe im Voraus anhand von z.B. Buchführungsunterlagen nachweisen, dass sie in der vorgesehenen Vertragslaufzeit tatsächlich die vorgesehenen Löhne bezahlen können. 2014 hat das Parlament einer Änderung des Ausländergesetzes zugestimmt, die es der Migrationsbehörde nun erlaubt, nach der Ankunft des ausländischen Arbeitnehmers eine Überprüfung des Arbeitgebers vorzunehmen, um sicherzustellen, dass die angeworbenen Arbeitskräfte auch wirklich ihre Stellen antreten und die Unternehmen die Vertragsbestimmungen erfüllen. Im Gegenzug können seriöse Arbeitgeber, die regelmäßig Drittstaatsangehörige beschäftigen, zertifiziert werden, wodurch sie die Garantie der Migrationsbehörde erhalten, dass die Anträge auf eine Aufenthaltsgenehmigung schnell bearbeitet werden. Über elektronische Bewerbungen von ausländischen Arbeitskräften mit einem Stellenangebot eines zertifizierten Arbeitgebers wird nun häufig innerhalb von fünf Tagen entschieden.
Tabelle 2 zeigt die zehn wichtigsten Berufssparten, in denen neu zugewanderte Arbeitskräfte aus Drittstaaten 2013 und 2014 arbeiteten. Der Vergleich zeigt, dass die Zahl zugewanderter Arbeitskräfte in Berufen, die eine hohe Qualifikation erfordern, leicht angestiegen ist, während die Zahl Drittstaatsangehöriger, die in niedrigqualifizierten Tätigkeitsbereichen arbeiten (wie "Hilfskräfte in Restaurants" und "Hilfs- und Putzkräfte"), deutlich zurückgegangen ist. Diese Entwicklung kann als Ergebnis der strengeren Nachweispflichten und Kontrollen gesehen werden.
Tabelle 2: 2013 und 2014 an Arbeitskräfte aus Drittstaaten erteilte Arbeitserlaubnisse
(Top-10 Beschäftigungskategorien)
Beschäftigungskategorie | 2013 | 2014 |
---|---|---|
Arbeiter in der Land-, Forst- und Fischereiwirtschaft sowie verwandten Bereichen | 5.915 | 2.885 |
Computerspezialisten | 3.477* | 2.525 |
IT-Architekten, Systemanalytiker und Testmanager | * | 903 |
Haushalts- und Restaurantfachkräfte | 830 | 666 |
Architekten, Ingenieure und ähnliche Fachleute | 415 | 424 |
Hilfskräfte in Restaurants | 470 | 364 |
Fachleute in den Natur- und Ingenieurswissenschaften | 267 | 335 |
Hilfs- und Putzkräfte | 397 | 208 |
Geschäftsleute | 190 | 199 |
Pflegepersonal und ähnliche Arbeitskräfte | 282 | 189 |
Gesamt (alle Beschäftigungsfelder, ausgenommen Familienmitglieder von Arbeitsmigranten) | 15.357 | 12.094 |
Quelle: Externer Link: Migrationsverket (Schwedische Migrationsbehörde).
Außerhalb dieses Systems der Arbeitsmigration nimmt Schweden auch Selbstständige (Unternehmer) unter recht großzügigen Bedingungen auf.
Ansätze zirkulärer Migration
Im Jahr 2009 berief die Regierung einen unabhängigen parlamentarischen Ausschuss ein, um die Zusammenhänge zwischen zirkulärer Migration und Entwicklung zu untersuchen. Der 2011 veröffentlichte Abschlussbericht des Ausschusses beinhaltete mehrere Handlungsvorschläge wie zum Beispiel die Gewährung längerer Zeiten der Abwesenheit aus Schweden ohne Verlust des Aufenthaltsrechts; die staatliche Unterstützung von Diaspora-Gruppen und ihren entwicklungsbezogenen Projekten in anderen Ländern; die Einrichtung einer Internetseite, die es Migranten erlaubt, Gebühren für Rücküberweisungen in ihre Herkunftsländer zu vergleichen; und eine bessere Abstimmung zwischen Migrations- und Entwicklungsstrategien.
Schwedens Einwandererbevölkerung
Heute (2015) leben etwa 1.603.551 Menschen in Schweden, die im Ausland geboren wurden. Das sind rund 16,5 Prozent der Bevölkerung des Landes.
Eine große Zahl von ihnen stammt aus den nordischen Nachbarländern. Allerdings hat die Zahl der Einwanderer aus anderen EU-Staaten, Afrika und Asien in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen (siehe Abbildung 2). 1970 betrug der Anteil der im Ausland Geborenen an der Gesamtbevölkerung nur ein Drittel des heutigen Wertes.25
Die meisten Einwanderer leben in und in der unmittelbaren Nachbarschaft der Städte Stockholm, Göteborg und Malmö; kleinere Zahlen in Örebro, Uppsala, Jönköping, Kalmar und Södertälje. Im Vergleich dazu ist der Anteil der Einwanderer auf der Insel Gotland in der Ostsee sowie in den nordwestlichen und nördlichen Provinzen Schwedens relativ klein, obwohl es selbst im äußersten Norden des Landes Einwanderer und Flüchtlinge gibt, die häufig Pizzerien und Kioske betreiben.
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