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Historische Entwicklung der Migration nach und aus Schweden | Schweden | bpb.de

Historische Entwicklung der Migration nach und aus Schweden

Bernd Parusel

/ 3 Minuten zu lesen

Schweden ist ein Einwanderungsland mit einer multikulturellen Gesellschaft. Das Land bemüht sich aktiv um die Zuwanderung von Arbeitskräften aus dem Ausland. Statt eine klassische "Gastarbeiterpolitik" zu verfolgen, ging Schweden bereits in den 1960er Jahren davon aus, dass viele der Arbeitskräfte bleiben, sich integrieren und schließlich schwedische Staatsbürger werden würden.

Migration vor dem 20. Jahrhundert

Einwanderinnen aus Galizien in Jahr 1910. In der Vergangenheit befürworteten Schwedens Regenten Einwanderung und betrachteten Abwanderung als Verlust. (© picture-alliance, Mary Evans Picture Library)

Schweden existiert seit 1905 in seinen heutigen territorialen Grenzen. Zuvor bestand eine Union mit Norwegen; beide Länder wurden von einem gemeinsamen König regiert. Das Jahr der Unionsauflösung markierte das Ende des Abstiegs Schwedens vom Status eines europäischen Großreichs, das einmal weite Teile Skandinaviens, aber auch des Baltikums, Russlands und Deutschlands kontrollierte. Migrationsbewegungen hatte es bereits in jener Großmachtzeit gegeben, deren Blüte ins 16. und 17. Jahrhundert fällt. Schweden war damals ein mehrsprachiges sowie religiös und ethnisch heterogenes Reich, dessen Regenten Einwanderung befürworteten und Abwanderung als Verlust betrachteten.

Willkommen waren insbesondere Zuwanderer mit Kapital und Fachkenntnissen. Sie trugen dazu bei, dass Schweden eine wichtige politische Größe in Europa wurde. Im Schweden der Großmachtepoche wurden 17 Sprachen gesprochen.

Als sich die Großreiche Dänemark-Norwegen und Schweden-Finnland im frühen 19. Jahrhundert auflösten, entstanden in Nordeuropa vier Nationalstaaten, die noch heute bestehen. In allen vier Staaten bildeten sich jeweils eine dominante Mehrheitsbevölkerung und eine lutherische Staatskirche heraus. Anders als noch in der Großmachtepoche entwickelte sich nun aber ein auf ethnischer Zugehörigkeit basierendes Nationalgefühl, das jeweils auf eine eigene Geschichte und Sprache verwies.

Migration im 20. Jahrhundert

Während des raschen Industrialisierungsprozesses im frühen 20. Jahrhundert kam es zu Auswanderungswellen in die noch schneller wachsenden Wirtschaften Dänemarks und Norwegens sowie nach Amerika. Während des Ersten Weltkriegs führten soziale Unruhen, politische Konflikte und Spionageaktivitäten der Kriegsmächte dazu, dass die nordischen Länder Ein- und Auswanderungsbewegungen schärfer kontrollierten, unter anderem durch Visumvorschriften, die Schaffung von zentralen staatlichen Einwanderungsbehörden und Fremdenregistern. Um 1917 nahmen die skandinavischen Länder Flüchtlinge aus dem ehemaligen Zarenreich auf und organisierten Sommeraufenthalte für Kinder aus der ehemaligen Habsburgermonarchie. Im Zweiten Weltkrieg wurde Schweden, das nicht direkt in die Kriegshandlungen involviert war, zum Zufluchtsort für rund 180.000 Flüchtlinge, vor allem aus Finnland, Norwegen, Estland, Dänemark und Deutschland.

1954 schufen Schweden, Dänemark, Norwegen und Island im Rahmen des "Nordischen Rates" einen gemeinsamen Arbeitsmarkt. Ähnlich der erst später ins Leben gerufenen Freizügigkeit in der EU können sich die Bürger der nordeuropäischen Länder seither frei über Binnengrenzen hinweg bewegen und benötigen keine Arbeits- und Aufenthaltserlaubnis, wenn sie in einem nordischen Partnerstaat arbeiten wollen. Dem Freizügigkeitsabkommen trat später auch Finnland bei. Schweden hatte sich zu diesem Zeitpunkt zur führenden Wirtschafts- und Industrienation des Nordens entwickelt. In den Sechziger- und frühen Siebzigerjahren wurden Arbeitsmigranten aktiv angeworben, zunächst in den Niederlanden, Westdeutschland, Italien, Österreich, Belgien und Griechenland, später auch in Jugoslawien und der Türkei. Bilaterale Abkommen wurden mit Italien, Österreich und Ungarn geschlossen und die Schwedische Arbeitsagentur Arbetsmarknadsstyrelsen richtete in Turin, Athen, Belgrad und Ankara Rekrutierungsbüros ein. Viele Migranten kamen auch aus dem damals im Vergleich zu Schweden weniger wohlhabenden Finnland. Anders als z.B. in Deutschland oder den Niederlanden verfolgte die schwedische Regierung keine "Gastarbeiterpolitik", sondern ging von Beginn an davon aus, dass die zugewanderten Arbeitskräfte bleiben, sich integrieren und schließlich schwedische Staatsangehörige werden würden.

1972/73 wurde die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte gestoppt, da die Wirtschaft erlahmte. Die Migrationsbewegungen setzten sich jedoch auch danach noch fort. Statt als angeworbene Arbeiter kommen Zuwanderer seither hauptsächlich im Rahmen des Familiennachzugs zu bereits in Schweden ansässigen Verwandten oder als Schutzsuchende (z.B. Flüchtlinge). Seit dem Beitritt zur Europäischen Union im Jahr 1995 gilt zudem auch in Schweden das Prinzip der Personenfreizügigkeit von EU-Bürgern. Auch dem Schengener Abkommen ist Schweden beigetreten, wodurch die Kontrollen an Grenzen mit anderen Vertragspartnern entfielen. Im Ergebnis führt Schweden an seinen Landgrenzen heute keine Kontrollen mehr durch.

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Schweden.

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Dr. Bernd Parusel ist Politikwissenschaftler und Migrations- und Asylexperte. Er arbeitet für das Europäische Migrationsnetzwerk (EMN) bei der schwedischen Migrationsbehörde und als Forschungssekretär bei der schwedischen Delegation für Migrationsstudien (DELMI) in Stockholm.
E-Mail: E-Mail Link: bernd.parusel@migrationsverket.se