Die Aufnahme von und der Umgang mit Asylsuchenden ist regelmäßig Thema öffentlicher und politischer Debatten. Dabei bewegt sich die Asyl- und Flüchtlingspolitik zwischen der Forderung nach einem uneingeschränkten Schutz von Flüchtlingen einerseits und Abschottung gegenüber (zu vielen) Flüchtlingen andererseits.
Bereits in der Externer Link: Weimarer Republik (1918-1933) existierten rechtliche Kategorien für die Aufnahme von Schutzsuchenden. So schrieb das Deutsche Auslieferungsgesetz von 1929 erstmals ein Verbot der Auslieferung bei politischen Straftaten fest und in der preußischen Ausländer-Polizeiverordnung von 1932 hieß es, dass politischen Flüchtlingen Asyl zu gewähren sei. Eine Zäsur erfolgte dann allerdings durch die nationalsozialistische Machtübernahme im Januar 1933 Deutschland wurde aufgrund der Interner Link: rassistischen Ideologie des Regimes extrem asylfeindlich. Zudem trieb das Interner Link: NS-Regime Hunderttausende ins Exil.
Als Reaktion auf die Vertreibungen aus dem "Dritten Reich" verankerte der Parlamentarische Rat 1948/49 im Grundgesetz ein im internationalen Vergleich weitreichendes Interner Link: Grundrecht auf Asyl und distanzierte sich damit deutlich von der nationalsozialistischen Vergangenheit. In Artikel 16 Absatz 2 Satz 2 des bundesdeutschen Grundgesetzes stand bis 1993 ohne einschränkende Bedingungen der Satz "Politisch Verfolgte genießen Asylrecht." In den ersten 20 Jahren nach der Republikgründung beantragten nur etwas über 70.000 Menschen Asyl in der Bundesrepublik.
In den 1970er Jahren gewann die Flüchtlingszuwanderung u.a. nach dem Ende des Krieges in Vietnam und der Aufnahme sogenannter "Interner Link: Boat People" an Bedeutung. Zu den steigenden Asylbewerberzahlen trugen 1980/81 auch der Interner Link: Militärputsch in der Türkei, der Interner Link: Systemwechsel im Iran und innenpolitische Konflikte in Polen angesichts des Aufstiegs der Gewerkschaftsbewegung "Interner Link: Solidarność" bei. 1980 erreichte die Zahl der Asylsuchenden in der Bundesrepublik erstmals die Marke von 100.000. Im Jahr 1992 lag sie mit rund 439.000 eingereichten Asylanträgen auf einem vorläufigen Höhepunkt. Vor dem Hintergrund steigender Asylsuchendenzahlen wurde ab Mitte der 1980er Jahre zunehmend polemisch über eine Reform des Asylrechts diskutiert. Das Bild vom "vollen Boot" wurde in der Flüchtlingsfrage zur politischen Leitvokabel, die von den Massenmedien aufgegriffen und verbreitet wurde. Begleitet wurde diese Debatte von einem bis dahin in der Bundesrepublik ungekannten Ausmaß an offener rassistischer Gewalt. In mehreren deutschen Städten kam es zu rassistischen Angriffen und Interner Link: Brandanschlägen auf Flüchtlingsunterkünfte und Häuser von Eingewanderten und ihren Familien. Dabei wurden mehrere Menschen getötet oder schwer verletzt.
Im Dezember 1992 einigten sich CDU/CSU, SPD und FDP auf eine als "Interner Link: Asylkompromiss" bekannt gewordene Reform des Asylrechts und damit eine Änderung des Artikels 16 im Grundgesetz. Durch diese Verfassungsänderung wurde das Grundrecht auf Asyl deutlich eingeschränkt. Seither hat keinen Anspruch auf Asyl, wer über ein EU-Land oder einen Drittstaat einreist, "in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist" (Art. 16a Abs. 2 GG). Da Deutschland inzwischen lückenlos von EU-Mitglieds- bzw. Schengenländern umgeben ist, die die Interner Link: Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet haben, hat in der Regel nur noch Anspruch auf Asyl (nach Grundgesetz), wer über den Luft- oder den Seeweg eingereist ist.
Sichere Herkunftsländer
Mit dem "Asylkompromiss" wurde das Konzept der "Interner Link: sicheren Herkunftsländer" eingeführt. Damit wird angenommen, dass in den als solche eingestuften Staaten die Menschenrechte geachtet werden und es dort weder politische Verfolgung noch Folter gibt. Bundestag und Bundesrat können per Gesetz festlegen, welche Länder als sicher eingestuft werden sollen. Menschen aus diesen Staaten haben in der Regel in Deutschland keinen Anspruch auf Schutz. Ihre Asylanträge können leichter abgelehnt werden. Für Klagen gegen den Asylbescheid haben sie weniger Zeit als Menschen aus Ländern, die nicht als Interner Link: sichere Herkunftsstaaten gelten. Seit den Asylrechtsverschärfungen im Oktober 2015 und März 2016 müssen Asylantragstellende aus sicheren Herkunftsländern zudem für die Dauer ihres Asylverfahrens in einer Aufnahmeeinrichtung verbleiben und dürfen auch nach Erhalt eines ablehnenden Asylbescheids den Bezirk der zuständigen Ausländerbehörde nicht ohne eine Genehmigung verlassen (sogenannte Residenzpflicht). Darüber hinaus dürfen sie keiner Arbeit nachgehen und können mit einem Aufenthalts- und Wiedereinreiseverbot belegt werden.
Zu den "sicheren Herkunftsstaaten" zählen laut Asylgesetz neben den Mitgliedstaaten der Europäischen Union auch Ghana und Senegal sowie die Balkanstaaten Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien (Stand: Juni 2021).
2016 gab es eine Debatte darüber, ob auch die nordafrikanischen Staaten Algerien, Marokko und Tunesien in die Liste der sicheren Herkunftsstaaten aufgenommen werden sollten. Ausgelöst wurde die Diskussion durch sexuelle Übergriffe in Hunderten Fällen in der Interner Link: Silvesternacht 2015/16 in Köln. Die Opfer hatten die Täter als "nordafrikanisch" oder "arabisch" aussehende Männer beschrieben. Gleichzeitig war die Zahl der Asylsuchenden aus diesen Ländern leicht angestiegen. Während sich der Bundestag im Frühjahr 2016 für die Einstufung der Maghreb-Staaten als sichere Herkunftsländer aussprach, lehnte der Bundesrat dies im März 2017 ab. Die Einstufung scheiterte am Widerstand der von Externer Link: Bündnis 90/Die Grünen mitregierten Bundesländer. Menschenrechtsorganisationen Externer Link: zufolge werden in allen drei Staaten Homosexuelle kriminalisiert. Auch Fälle von Misshandlungen und Folter sind dokumentiert worden. 2018 nahm die Bundesregierung einen zweiten Anlauf, um die drei Maghreb-Staaten sowie Georgien als sichere Herkunftsländer einzustufen. Der Bundestag stimmte dem entsprechenden Gesetz im Januar 2019 zu. Eine Abstimmung im Bundesrat stand im November 2021 noch aus. Sie wurde im Februar 2019 vertagt, weil sich abzeichnete, dass das Gesetz in der Länderkammer keine Mehrheit finden würde.
Schutzformen
Neben der Asylberechtigung (nach Grundgesetz) gibt es in Deutschland drei weitere Schutzformen, die im Asylverfahren vergeben werden können: die Anerkennung als Flüchtling (nach der Interner Link: Genfer Flüchtlingskonvention), subsidiärer Schutz und ein Abschiebungsverbot. Grundsätzlich kann nur solchen Personen eine Asylberechtigung bzw. der Flüchtlingsstatus zugesprochen werden, die "wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung" (Art.1A Nr. 2 GFK) verfolgt werden. Als Verfolgung gelten dabei Handlungen, die einzeln oder in der Summe grundlegende Menschenrechte schwerwiegend verletzen, beispielsweise physische oder psychische Gewalt, oder Bestrafung ohne gesetzliche Grundlage. Die Verfolgung muss dabei entweder vom Staat bzw. einer staatlichen Einrichtung ausgehen oder von Parteien bzw. Organisationen, die einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (sogenannte quasi-staatliche Verfolgung). Seit Inkrafttreten des Zuwanderungsgesetzes im Jahr 2005 kann auch nichtstaatlich Verfolgten die Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt werden, sofern der Staat seine Bürger:innen nicht ausreichend vor Verfolgung schützen kann oder will.
"Interner Link: Subsidiären Schutz" können Personen erhalten, die weder Anspruch auf Asyl noch einen Flüchtlingsstatus haben, aber denen im Herkunftsland existenzielle Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit drohen. Ein Interner Link: Abschiebungsverbot wird erteilt, wenn eine Rückführung ins Herkunftsland eine Verletzung der Interner Link: Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) darstellen würde. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn sich eine bestehende schwerwiegende Erkrankung aufgrund fehlender oder unzureichender Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat wesentlich oder lebensbedrohlich verschlimmern und die Rückführung damit das in der EMRK verbriefte Recht auf Leben verletzten würde.
Asylberechtigte und ausländische Staatsangehörige, denen ein Flüchtlingsstatus zugesprochen wurde, erhalten zunächst eine dreijährige Aufenthaltserlaubnis, die auch zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt. Nach fünf Jahren – in Ausnahmen auch schon nach drei Jahren – kann eine Niederlassungserlaubnis, also ein unbefristeter Aufenthaltstitel, ausgestellt werden, sofern bestimmte Integrationsleistungen wie Deutschkenntnisse und eine weitgehend selbstständige Sicherung des Lebensunterhalts erfüllt werden. Personen, denen subsidiärer Schutz gewährt wurde, erhalten zunächst eine für ein Jahr befristete Aufenthaltserlaubnis, die sie auch zum Arbeiten berechtigt. Frühestens nach fünf Jahren können sie eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhalten. Dies gilt auch für Personen, denen ein Abschiebungsverbot erteilt wurde. Sie dürfen zunächst für ein Jahr in Deutschland bleiben und mit Erlaubnis der Ausländerbehörde auch arbeiten. Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist möglich.
Während Asylberechtigte und anerkannte Flüchtlinge ihre Ehepartner:innen und minderjährigen Kinder nach Deutschland nachholen dürfen, gilt dies für subsidiär Schutzberechtigte nur in eingeschränktem Maße. Personen, denen ein Abschiebungsverbot erteilt wurde, haben hingegen kein Recht auf Familiennachzug. Ende Dezember 2020 lebten in Deutschland rund 741.700 Menschen, denen Flüchtlingsschutz nach der Genfer Konvention zugesprochen worden war. Hinzu kamen etwa 43.900 Asylberechtigte sowie rund 244.200 subsidiär Schutzberechtigte. Weiteren rund 121.000 Personen war eine Aufenthaltserlaubnis erteilt worden, weil für sie ein Abschiebungsverbot (nach §60 Abs 5 oder 7 AufenthG) vorlag. Darüber hinaus gibt es Menschen, die außerhalb des Asylverfahrens aus humanitären Gründen in Deutschland aufgenommen wurden. Das trifft beispielsweise auf rund 218.800 jüdische Zuwanderer:innen und ihre Familienangehörigen aus der ehemaligen Sowjetunion zu, die fast ausnahmslos über Externer Link: für sie eingerichtete Verfahren in Deutschland aufgenommen wurden. Insgesamt waren Ende 2020 mehr als 1,4 Millionen Menschen im Ausländerzentralregister erfasst, denen ein Schutzstatus zugesprochen worden war. In Deutschland leben aber noch viel mehr Menschen mit Fluchterfahrung. Sobald sie eingebürgert sind, tauchen sie in den Zahlen des Ausländerzentralregisters allerdings nicht mehr auf. Auch die Deutschen, die nach dem Zweiten Weltkrieg Interner Link: aus den deutschen Ostgebieten oder deutschen Siedlungsgebieten im Osten Europas flohen oder vertrieben wurden sowie Interner Link: DDR-Flüchtlinge sind in den Statistiken nicht abgebildet. Insgesamt leben Millionen Menschen in Deutschland, deren Biographien durch eigene oder familiäre Fluchterfahrungen geprägt sind.
Personen, die sich im Asylverfahren befinden, erhalten eine Bescheinigung über die Aufenthaltsgestattung, mit der sie sich ausweisen können, die aber keinen Aufenthaltstitel darstellt. Für die Prüfung der Asylanträge und die Durchführung des Asylverfahrens ist das Interner Link: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig. Bis zu einer Entscheidung über ihren Asylantrag – längstens aber 18 Monate, wobei für Familien mit minderjährigen Kindern und Alleinstehende Ausnahmen gelten (können) – müssen die Antragstellenden in einer vom jeweiligen Bundesland betriebenen Sammelunterkunft (sogenannte Erstaufnahmeeinrichtung) leben. Dort erhalten sie existenzsichernde Sachleistungen und einen kleinen monatlichen Geldbetrag zur Deckung des persönlichen Bedarfs – z.B. für Körperpflegeprodukte, Transport oder Kommunikation. Die Höhe der Leistungen ist im Interner Link: Asylbewerberleistungsgesetz festgelegt. Im Anschluss an die Zeit in der Erstaufnahmeeinrichtung werden die Schutzsuchenden nach dem im jeweiligen Bundesland geltenden Schlüssel auf die Kommunen verteilt und dort entweder in einer Gemeinschaftsunterkunft oder dezentral in Wohnungen untergebracht. Kinderlose Asylsuchende aus sicheren Herkunftsländern, die keinen Schutzstatus erhalten, müssen bis zu ihrer Ausreise bzw. Abschiebung in der Erstaufnahmeeinrichtung wohnen.
Wenn Ausländerbehörde und Arbeitsagentur zustimmen, dürfen Schutzsuchende bereits während des laufenden Asylverfahrens Interner Link: eine Arbeit aufnehmen – es sei denn, sie kommen aus einem sicheren Herkunftsland und sind daher mit einem Arbeitsverbot belegt.
Asylrechtsreformen in den 2010er Jahren
Das deutsche Asylrecht ist seit 2014 umfassend reformiert worden. Dabei kam es zu den weitreichendsten Verschärfungen seit Inkrafttreten des "Asylkompromisses" 1993. So ist beispielsweise die Zeitspanne verlängert worden, in der Asylbewerber:innen verpflichtet sind, in einer Aufnahmeeinrichtung zu leben. Zudem sind die Leistungen von alleinstehenden Asylbewerber:innen gekürzt, die Liste der sicheren Herkunftsstaaten erweitert und Asylsuchende aus diesen Ländern mit umfassenden Restriktionen (wie etwa einem strikten Arbeitsverbot) belegt worden. Auch ist die Möglichkeit des Familiennachzugs für subsidiär Schutzberechtigte eingeschränkt worden. Mit dem Interner Link: Integrationsgesetz von 2016 wurde festgelegt, dass anerkannte Flüchtlinge ihren Wohnort für drei Jahre nicht wechseln dürfen (sogenannte Wohnsitzauflage). Eine Niederlassungserlaubnis erhalten sie seither in der Regel erst nach fünf (statt nach drei) Jahren, sofern sie als "gut integriert" gelten. Ergänzend sind mehrere Gesetze zur Erleichterung von Abschiebungen in Kraft getreten. Sie erlauben u.a. die Ausweitung der Gründe zur Anordnung von Abschiebehaft. Mit Gesetzesänderungen im Rahmen des sogenannten "Interner Link: Migrationspakets" wiederum wurden mit der "Interner Link: Duldung für Personen mit ungeklärter Identität" (sogenannte "Duldung light") schärfere Sanktionsmöglichkeiten für Ausreisepflichtige geschaffen, die nicht aktiv daran mitarbeiten, Abschiebungshindernisse (wie z.B. fehlende Pässe) zu beseitigen. Sie werden u.a. mit einem pauschalen Arbeitsverbot und Leistungskürzungen belegt.
Neben Verschärfungen des Asylrechts wurden im Zuge des Reformprozesses aber auch Maßnahmen ergriffen, um die Interner Link: Integration von Schutzberechtigten in Deutschland zu beschleunigen. So dürfen beispielsweise Asylantragstellende mit "guter Bleibeperspektive" und sogenannte arbeitsmarktnahe Asylbewerber:innen an Sprach- und Orientierungskursen (sogenannte Interner Link: Integrationskurse) teilnehmen. Der Interner Link: Arbeitsmarktzugang wurde erleichtert. Interner Link: Geduldete, die einen Ausbildungsplatz nachweisen, dürfen unter bestimmten Bedingungen für die Dauer der Berufsausbildung in Deutschland bleiben und haben anschließend weitere sechs Monate Zeit, sich einen Job zu suchen, sofern sie nach der Ausbildung nicht übernommen werden. Allerdings zeigt etwa die Einführung der "Duldung light", dass solche Bleibeperspektiven ausgehebelt werden könnten, indem Personen Fehlverhalten vorgeworfen wird und sie so davon ausgeschlossen bleiben.
Resettlement und humanitäre Aufnahmeprogramme
Neben dem Asylverfahren werden in Deutschland auch Flüchtlinge über humanitäre Aufnahmeprogramme und das sogenannte Resettlement (Neuansiedlung) aufgenommen. Für das Interner Link: Resettlement-Programm kommen Personen infrage, die aus ihrem Herkunftsland in ein anderes Land geflohen sind, das ihnen aber keine langfristige Aufenthaltsperspektive bietet. Sie müssen zudem vom Interner Link: UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) als Flüchtlinge anerkannt worden sein. Im Rahmen des EU-Resettlement-Programms sagte Deutschland 2020 5.500 Resettlement-Plätze zu – die meisten davon entfielen auf syrische Flüchtlinge, die aus der Türkei aufgenommen werden sollten. Allerdings wurden aufgrund der Corona-Pandemie Resettlement und humanitäre Aufnahmeprogramme im März 2020 vorübergehend ausgesetzt, sodass über das ganze Jahr 2020 nur 1.178 Personen im Rahmen solcher Programme in Deutschland Aufnahme fanden. Die nicht genutzten Plätze sollen nun im Jahr 2021 genutzt und zudem 2.500 zusätzliche Plätze zur Flüchtlingsaufnahme bereitgestellt werden. Die im Resettlement-Verfahren aufgenommenen Flüchtlinge müssen kein Asylverfahren durchlaufen, sondern erhalten einen Aufenthaltstitel nach § 23 Abs. 4 AufenthG.
Seit Frühjahr 2019 können sich zivilgesellschaftliche Akteure im Rahmen des Pilotprojekts "Neustart im Team" an der humanitären Aufnahme von Flüchtlingen beteiligen. Dazu müssen sich fünf sogenannte Mentor:innen zusammenschließen, die bereit sind, zwei Jahre lang die Kaltmiete einer Wohnung für einen Flüchtling zu finanzieren und ihn oder sie ein Jahr lang ideell bei der Integration in Deutschland unterstützen. 2020 sollten über das Projekt bis zu 400 Flüchtlinge aufgenommen werden. Wegen der Corona-Pandemie konnte die Aufnahme allerdings nur in Einzelfällen erfolgen. Vorbild für dieses Modell der zivilgesellschaftlichen Beteiligung am Resettlement ist Interner Link: Kanada, wo das sogenannte "private sponsorship" seit Jahren fester Bestandteil der nationalen Resettlement-Strategie ist.
Neben dem Resettlement des Bundes und dem staatlich-zivilgesellschaftlichen Resettlement können auch die Bundesländer Aufnahmeprogramme auflegen. Schleswig-Holstein entschied beispielsweise 2018, über ein solches Landesprogramm 500 Resettlement-Plätze zur Verfügung zu stellen, über die vor allem Frauen und Kinder aus Ägypten und Äthiopien aufgenommen werden sollten.
Neben dem Resettlement gibt es in Deutschland auch sogenannte Interner Link: humanitäre Aufnahmeprogramme. Angesichts der Flüchtlingskrise, die der syrische Bürgerkrieg ausgelöst hat, erließ der Bund Interner Link: drei solcher Programme für insgesamt bis zu 20.000 schutzbedürftige Syrer:innen. Ergänzt wurden diese durch Aufnahmeprogramme von insgesamt 15 Bundesländern, die teilweise immer noch laufen (Stand: Juni 2021). Über die Bundes- und Länderprogramme wurden zwischen Mitte 2013 und Mitte 2015 rund 35.000 Visa ausgestellt. Berücksichtigt wurden in den Programmen vor allem Syrer:innen mit in Deutschland lebenden Verwandten, die sich bereit erklärten, für einen Teil der Lebenshaltungskosten der Flüchtlinge aufzukommen.
Entwicklung der Asylsuchendenzahlen in Deutschland
Die Zahl der Asylantragsteller wird in der Asylbewerberzugangsstatistik des BAMF registriert. Die Asylrechtsreform von 1992/1993 trug zu einem starken Absinken der Asylbewerberzahlen bei: Wurden 1992 rund 439.000 und 1993 noch 322.600 Asylanträge gestellt, so waren es 1994 noch 127.000. Nach dem Ende der Interner Link: Jugoslawienkriege sank die Zahl der Asylanträge ab 2002 unter die Marke von 100.000 und erreichte 2007 mit 19.000 einen Tiefstand. Im Anschluss stieg sie wieder an und erreichte 2015 mit rund 477.000 Erst- und Folgeanträgen einen neuen Höhepunkt, der 2016 mit rund 746.000 Asylanträgen noch einmal deutlich überschritten wurde. Die Zahl der Asylanträge spiegelt die Fluchtzuwanderung nach Deutschland in den Jahren Interner Link: 2015 und Interner Link: 2016 allerdings nur verzerrt wider. 2015 reisten deutliche mehr Schutzsuchende nach Deutschland ein als 2016 – insgesamt rund 890.000 Menschen (2016: rund 280.000). Da die Behörden – insbesondere das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) – Interner Link: nicht auf eine derart hohe Zahl Asylsuchender vorbereitet waren, konnten viele der 2015 eingereisten Schutzsuchenden erst im Laufe des Folgejahres einen formellen Asylantrag stellen. Die Fluchtzuwanderung nach Deutschland 2015 schwächte sich insbesondere infolge von Grenzschließungen entlang der sogenannten "Balkanroute" und eine im März 2016 zwischen der EU und der Türkei getroffene Vereinbarung (sogenannter "Interner Link: EU-Türkei-Deal") deutlich ab. Auch die Versuche der EU, wichtige Transitstaaten von Schutzsuchenden – insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent – Interner Link: in die Eindämmung irregulärer Migration nach Europa einzubinden, dürfte zu dieser Entwicklung beigetragen haben. 2019 wurden in Deutschland 165.938 Asylanträge registriert. 2020 wurde mit Interner Link: 122.170 Asylanträgen das niedrigste Niveau seit 2012 erreicht. Die weltweit von Staaten unternommenen Versuche, die Ausbreitung des Corona-Virus SARS-CoV-2 durch die Einschränkung von (grenzüberschreitender) Mobilität einzudämmen – etwa durch Grenzschließungen oder Einschränkungen im Luft- und Fernverkehr – dürften entscheidend zu den sinkenden Asylzahlen beigetragen haben. Diese entsprechen zudem immer weniger der tatsächlichen Zahl neu nach Deutschland eingereister Asylsuchender, weil sich seit 2015 die Zahl der in Deutschland geborenen Schutzsuchenden mehr als versechsfacht hat. Nach Angaben des Statistischen Bundesamts wurden zwischen 2015 und 2019 pro Jahr durchschnittlich 27.200 Kinder geboren, die im Ausländerzentralregister als Schutzsuchende registriert wurden, weil sich ihre Eltern entweder noch im Asylverfahren befanden oder bereits mit einem Interner Link: Schutzstatus oder ohne einen solchen in Deutschland lebten. 2020 waren 26.520 Asylerstantragstellende (25,9 Prozent) in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr. Von den insgesamt 102.581 Menschen, die in jenem Jahr erstmals einen Asylantrag in Deutschland stellten, waren also 76.061 neu nach Deutschland eingereist. Damit ist der 2018 im Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD festgelegte Korridor für Zuwanderung im Kontext der Fluchtmigration deutlich unterschritten worden. Damals hatten sich die Koalitionspartner darauf geeinigt, dass jährlich nicht mehr als 180.000 bis 220.000 Menschen im Zuge der Fluchtzuwanderung nach Deutschland kommen sollten – ein Wert, der seit seiner Festlegung nie überschritten wurde.
Auch die DDR nahm Asylsuchende auf, allerdings in deutlich geringerem Umfang als die BRD. Die DDR war der Genfer Flüchtlingskonvention nicht beigetreten. Allerdings war bereits in der Interner Link: ersten Verfassung von 1949 die Möglichkeit verankert, Menschen Asyl zu gewähren, die "wegen ihres Kampfes für die in dieser Verfassung niedergelegten Grundsätze im Ausland verfolgt werden" (Art. 10). Sie sollten weder ausgeliefert noch ausgewiesen werden. Das Asylrecht wurde dann in der "sozialistischen Verfassung" von 1968 abgeschwächt: "Die Deutsche Demokratische Republik kann Bürgern anderer Staaten oder Staatenlosen Asyl gewähren, wenn sie wegen politischer, wissenschaftlicher oder kultureller Tätigkeiten zur Verteidigung des Friedens, der Demokratie, der Interessen des werktätigen Volkes oder wegen ihrer Teilnahme am sozialen und nationalen Befreiungskampf verfolgt wurden" (Art. 23 Abs. 3). Die in der Verfassung niedergelegten Rechte dienten insgesamt weniger dem Schutz von Individuen vor staatlicher Willkür als vielmehr der Verwirklichung des Kommunismus. Dies galt ebenfalls für das Asylrecht. Aufgenommene Einzelpersonen aus unterschiedlichen Weltregionen waren hauptsächlich Funktionäre oder verlässliche Mitglieder kommunistischer Parteien und Bündnisorganisationen.
Auch mit der Aufnahme größerer Gruppen sogenannter Polit-Emigranten verbanden sich außenpolitische Interessen der SED-Führung. So handelte es sich bei der ersteren größeren Gruppe von Flüchtlingen, die 1949/1950 in der Sowjetischen Besatzungszone Deutschlands (SBZ) bzw. nach ihrer Gründung in der DDR Zuflucht fanden, Interner Link: um ca. 1.100 Kinder und Jugendliche aus Griechenland. Sie waren als Familienmitglieder von Angehörigen der linksgerichteten Demokratischen Armee im Zuge des Zusammenbruchs des kommunistischen Widerstands im griechischen Bürgerkrieg zunächst in benachbarte sozialistische Länder geflohen und wurden von dort auf andere sozialistische Staaten umverteilt. Das SED-Regime wollte durch die Aufnahme Solidarität mit kommunistischen Bewegungen signalisieren. Dies galt im Prinzip auch für Anfang der 1950er Jahre aufgenommene ehemalige Angehörige der spanisch-republikanischen Streitkräfte. Sie waren nach der Niederlage der republikanischen Kräfte im Interner Link: spanischen Bürgerkrieg (1936-1939) vor der franquistischen Verfolgung 1939 nach Frankreich geflohen, gerieten dort während des Kalten Krieges aber in den Verdacht, als kommunistische Exilant:innen den antikommunistischen Kurs der französischen Regierung zu gefährden. Daher wurden sie interniert oder über Westdeutschland in die DDR abgeschoben. Gesicherte Angaben zur Zahl der aufgenommenen spanischen "Polit-Emigranten" gibt es nicht.
Im Zuge sich beschleunigender Dekolonisierungsbestrebungen in der zweiten Hälfte der 1950er Jahre hoffte die DDR auf Möglichkeiten, ihre außenpolitische Position zu stärken. So unterstützte sie etwa die Unabhängigkeitsbewegung in Algerien und nahm 87 Flüchtlinge des algerischen Unabhängigkeitskriegs auf. Die umfangreichste Aufnahme von sogenannten Polit-Emigranten erfolgte in den 1970er Jahren, als rund 2.000 Chilen:innen in der DDR Asyl beantragten, die nach dem Militärputsch gegen Interner Link: den demokratisch gewählten Präsidenten Salvador Allende vor Verfolgung flohen. Der Sturz der chilenischen sozialistischen Regierung bedeutete für die SED-Führung einen Rückschlag, hatte sie doch diplomatische Beziehungen mit der Regierung Allende unterhalten und auf ein "zweites Kuba" in Südamerika gehofft. Die chilenischen "Polit-Emigrant:innen" wurden der DDR-Bevölkerung als Freiheitskämpfer präsentiert, denen Solidarität entgegengebracht werden müsse. Die SED-Führung gewährte umfangreiche Unterstützungsleistungen wie zinslose Darlehen, Überbrückungsgelder und (in der DDR knappe) Neubauwohnungen, was in der ostdeutschen Arbeiterschaft für Neiddebatten sorgte und dazu beitrug, die Chilen:innen als "teure Genossen" zu betrachten.
Unabhängig von ihrer Herkunft wurde von allen aufgenommenen "Polit-Emigrant:innen" erwartet, dass sie sich an die gesellschaftlichen Verhältnisse in der DDR anpassten und sich der herrschenden Ordnung im SED-Staat unterordneten. Da sie keine Möglichkeit hatten, Rechtsgarantien einzuklagen, befanden sie sich in der DDR in einer prekären aufenthaltsrechtlichen Situation; die Asylgewährung unterlag einer gewissen Willkür, da sie vor allem von den Interessen der DDR abhing. In der Gesellschaft blieben sie "die Anderen", intensiver Austausch mit der einheimischen Bevölkerung wurde vom Ministerium für Staatssicherheit eher argwöhnisch betrachtet. In den 1980er Jahren wurde die Stimmung in der DDR – wie auch in der BRD – zunehmend migrationsfeindlich. Die SED-Führung zeigte aber wenig Willen, sich mit Schwierigkeiten im Zusammenleben von Einheimischen und Zugewanderten auseinanderzusetzen.
Patrice G. Poutrus (2020): Umkämpftes Asyl. Von 1949 bis in die Gegenwart. Bonn (Bundeszentrale für politische Bildung, Schriftenreihe Band 10505), S. 121.
Ebd., S. 148f.
Fluchtgeschehen weltweit
Die sinkende Zahl der in Deutschland gestellten Asylanträge spiegelt das weltweite Fluchtgeschehen nicht wider. Interner Link: Daten des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) zeigen, dass die Zahl der Menschen, die sich weltweit auf der Flucht befinden, seit 2015 Externer Link: weiter gestiegen ist. Demnach gab es Ende 2020 weltweit 82,4 Millionen Menschen, die aus ihren Herkunftsorten vertrieben worden waren. Der Großteil (48 Millionen) befand sich im eigenen Herkunftsland (sogenannte Interner Link: Binnenvertriebene). 26,4 Millionen Menschen waren aus ihrem Herkunftsland geflohen und hatten im Ausland einen Schutzstatus erhalten (sogenannte internationale Flüchtlinge). Weitere 4,1 Millionen Asylsuchende warteten Ende 2020 weltweit noch auf eine Entscheidung über ihren Asylantrag. Staaten im globalen Süden beherbergen 86 Prozent der internationalen Flüchtlinge. Der Großteil der Interner Link: globalen Fluchtbewegungen erreicht den globalen Norden nicht. Das liegt einerseits daran, dass viele Menschen versuchen, in der unmittelbaren Nachbarschaft ihres Herkunftsortes oder -landes Schutz zu finden. Andererseits haben die reicheren Industriestaaten umfassende, über das eigene Territorium hinausreichende Grenzregime etabliert. Das Zusammenbrechen dieser "Vorfeldsicherung" war Interner Link: einer der zentralen Gründe dafür, dass Europa und im besonderen Deutschland 2015 Ziel umfangreicher globaler Fluchtbewegungen werden konnte. Seitdem sind Deutschland und seine Partner in der Europäischen Union wieder verstärkt darum bemüht, durch bilaterale Abkommen und EU-Migrations- bzw. Mobilitätspartnerschaften Drittstaaten u.a. in Afrika stärker in ihre Migrationspolitik zu integrieren. Auf diese Weise soll die Wahrscheinlichkeit minimiert werden, dass sich Migrant:innen und Schutzsuchende auf den Weg Richtung Europa machen.
Vor allem aufgrund der Aufnahme einer großen Zahl an Schutzberechtigten in den Jahren 2015 und 2016 zählte Deutschland 2020 hinter der Türkei, Kolumbien, Pakistan und Uganda weltweit zu den fünf Ländern, in denen die meisten Flüchtlinge Zuflucht gefunden haben – nach Angaben von UNHCR 1,2 Millionen. Seit 1953 die erste Asylverordnung zur Regelung des Asylverfahrens in Kraft trat, sind in der Bundesrepublik insgesamt 6,1 Millionen Asylanträge gestellt worden, die meisten davon (5,1 Millionen) seit 1990.
Bis Mitte der 1990er Jahre stammte der Großteil der Asylbewerber:innen in Deutschland vor dem Hintergrund der politischen Entwicklungen in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa (u.a. aufgrund der Öffnung des "Eisernen Vorhangs", oder in Folge der Jugoslawienkriege) aus Europa (einschließlich Türkei und UdSSR/Russische Föderation). Seit 2000 kam in den meisten Jahren die Mehrzahl der Antragstellenden aus dem asiatischen Raum, insbesondere aus den von Krieg und innerstaatlichen Konflikten zerrütteten Ländern Interner Link: Afghanistan und Interner Link: Irak, aber auch aus Iran. Seit 2014 ist Syrien das Hauptherkunftsland von Menschen, die in Deutschland einen Asylantrag stellen. Die meisten Asylantragstellenden sind jung: 2020 war die Hälfte der Asylbewerber:innen (53,9 Prozent) jünger als 18 Jahre; mehr als drei Viertel (77,3 Prozent) waren jünger als 30 Jahre. Mit 57,9 Prozent wurde die Mehrzahl der Asylanträge von Männern gestellt.
Deutschland gehört zu den wichtigsten Zielländern Asylsuchender in Europa. Im Vergleich der 27 EU-Mitgliedstaaten nahm die Bundesrepublik 2020 – wie bereits in jedem Jahr seit 2012 – in absoluten Zahlen betrachtet die meisten der EU-weit 416.600 Erstanträge auf Asyl entgegen (102.500), gefolgt von Spanien (86.400) und Frankreich (81.800). Auf die Bevölkerung umgerechnet nahm Deutschland allerdings Externer Link: deutlich weniger Asylantragstellende auf als beispielsweise Zypern, Malta oder Griechenland. Die ungleiche Verteilung der Asylsuchenden auf die Mitgliedsländer der Europäischen Union sorgt insbesondere in Staaten mit hohen Asylsuchendenzahlen für Unmut. Bislang konnten sich die EU-Mitgliedstaaten allerdings nicht auf eine Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems einigen, die zu einer faireren Verteilung der Verantwortung bei der Aufnahme von Asylsuchenden beitragen soll. Auch auf eine klar definierte einheitliche Regelung bei der Rettung von Migrant:innen und Schutzsuchenden aus Seenot konnten sich die EU-Mitgliedstaaten bislang nicht verständigen. Nach dem Auslaufen der von Italien initiierten Operation Mare Nostrum (2013-2014) und der durch die europäische Grenzschutzagentur Frontex koordinierten Operation Triton (2014-2018), wurde im Frühjahr 2019 auch der Einsatz von Schiffen im Rahmen der EU-geführten EUNAVFOR MED Operation Sophia Interner Link: eingestellt. Die Operation Sophia diente im Kern der Bekämpfung von Schlepper-Aktivitäten. Im Rahmen der Einsätze waren aber seit August 2015 auch Interner Link: mindestens 44.000 Menschen aus Seenot gerettet worden. Zivilgesellschaftliche Seenotrettungsorganisationen beklagen seitdem nicht nur das Fehlen einer europäischen Seenotrettungsmission, sondern auch, dass ihre eigenen Einsätze zunehmend erschwert würden – etwa durch die Weigerung einzelner europäischer Mittelmeeranrainerstaaten, die Schiffe in ihre Häfen einlaufen zu lassen, oder das Festsetzen der Schiffe nach erfolgten Rettungsmissionen. Im Interner Link: Mai 2021 kritisierte die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, die EU für den mangelnden Schutz von Menschenrechten von Migrant:innen auf dem Mittelmeer und rief sie zu einer Reform der Seenotrettungspolitiken und -praktiken auf. Seit 2014 sind nach Angaben der Interner Link: Internationalen Organisation für Migration (IOM) rund 20.000 Menschen beim Versuch, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, ertrunken oder verschollen. Als Reaktion darauf haben sich auf nationaler und EU-Ebene inzwischen in vielen EU-Staaten Interner Link: lokale Initiativen gebildet, die sich gegen die bisherige Flüchtlingspolitik wenden und stattdessen sichere Fluchtwege und einen stärkeren Einsatz für die Rettung von Menschenleben auf dem Mittelmeer fordern. 2019 formierte sich das Bündnis "Städte Sicherer Häfen", in dem sich seither deutschlandweit Kommunen und Landkreise zusammenschließen: Diese erklären sich zu einer zusätzlichen Aufnahme Schutzsuchender bereit und fordern das Einhalten des in verschiedenen internationalen Abkommen verbriefte Asylrecht ein. Der Verein Interner Link: Seebrücke zählte im Juni 2021 253 aufnahmebereite Städte. Allerdings liegt die Entscheidung über die Aufnahme von Geflüchteten Interner Link: im Wesentlichen in der Kompetenz des Bundes. Daher sind die Forderungen dieser Städte, Kommunen und Landkreise vor allem als Aufforderung zu verstehen, in der Flüchtlingspolitik weniger auf Abschottung als vielmehr auf einen Ansatz zu setzen, der es Schutzbedürftigen ermöglicht, von ihrem Menschenrecht, Asyl zu suchen, Gebrauch zu machen.
Vera Hanewinkel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück und Mitglied des Institutsvorstands.
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