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Flucht und Asyl | Spanien | bpb.de

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Flucht und Asyl

Axel Kreienbrink

/ 3 Minuten zu lesen

Das Asylrecht wurde erst 1978 in der spanischen Verfassung verankert und 1984 mit einem Gesetz geregelt. Dieses beinhaltete sowohl den Flüchtlingsstatus nach der Genfer Konvention als auch ein staatlich zu bemessendes Asyl. Aufgrund der großzügigen Aufnahmeregelungen für Asylbewerber und der Möglichkeit des humanitären Asyls konnte es als sehr liberal bezeichnet werden.

Dies veränderte sich mit der 1994 verabschiedeten Asylrechtsreform, die drei zentrale Punkte enthielt. Erstens wurde die verwirrende Trennung der Verfahren für die Anerkennung des Asyl- bzw. des Flüchtlingsstatus aufgehoben. Von nun an gab es nur noch den Flüchtlingsstatus gemäß der Genfer Konvention. Das territoriale Asyl wurde ebenso abgeschafft wie das Asyl aus humanitären Gründen, das nur noch nach den Ausnahmeregeln des Ausländergesetzes möglich sein sollte. Im Gegenzug wurde der Schutzumfang für anerkannte Flüchtlinge über das Niveau der Genfer Konvention hinaus erweitert, sodass sie nun bei ihrer Anerkennung automatisch Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigungen erhielten. Zweitens – und das war der Punkt, der unter dem Aspekt der Harmonisierung des Asylrechts in Europa am wichtigsten war – wurde ein Vorverfahren bei der Prüfung von Asylanträgen eingeführt. Auf diese Weise sollten offenkundig missbräuchliche oder unbegründete Anträge nicht zum Verfahren zugelassen werden (inadmisión a trámite). Dieses Vorgehen entsprach den Absprachen auf europäischer Ebene und setzte vor allem Aspekte der Übereinkommen von Schengen und Dublin um, wie die Zuständigkeitsregelung bei der Prüfung von Asylanträgen oder das Konzept der sicheren Dritt- und Herkunftsstaaten. Die dritte wesentliche Änderung des Asylrechts betraf die Folgen bei einer Ablehnung des Asylantrags. Die bisherige Regelung hatte grundsätzlich den weiteren Aufenthalt im Land ermöglicht. Weil dies als wesentlicher Aspekt für die Wahl des Asyls als Einwanderungsweg angesehen wurde, sollte in Zukunft ein abgelehnter Asylbewerber gemäß der Genfer Konvention im Regelfall das Land verlassen müssen, es sei denn, er erfüllte die Bedingungen, um nach dem Ausländergesetz einen Aufenthaltstitel zu erlangen.

Asyl in Spanien 1984-2007 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/2.0/de

Spanien ist nie ein besonders attraktives Asylland gewesen, was zum Teil damit zusammenhängen könnte, dass es angesichts geringer Anerkennungszahlen einfacher war, als ausländische Arbeitskraft illegal ins Land zu kommen und sich später regularisieren zu lassen. In den 1980er Jahren bewegte sich die Zahl der Asylsuchenden im Vergleich zu den europäischen Partnern auf niedrigem Niveau. Diese Zahl (inkl. der Familienangehörigen) stieg von ca. 1.100 im Jahr 1984 nur langsam an und erreichte zum Ende des Jahrzehnts ca. 4.100 (1989). Erst 1990 nach dem Fall der Mauer und der Öffnung Osteuropas verdoppelte sie sich auf über 8.600 und wuchs in den folgenden drei Jahren noch bis auf 12.600 (1993). Mit der Reform des Asylrechts fielen die Zahlen der Antragsteller wieder auf den Stand der späten 1980er Jahre zurück, nicht zuletzt, weil 60 bis 70 % bereits im Vorverfahren abgelehnt wurden. Zudem blieben die Anerkennungsquoten mit ca. 3 % äußerst gering.

Mit der zunehmenden Angleichung in allen europäischen Staaten relativierte sich dieser Effekt, sodass mit dem erneuten Anstieg der Asylbewerberzahlen in ganz Europa zum Ende der 1990er Jahre auch in Spanien die Zahlen erneut bis auf 9.500 (2001) stiegen. In den Folgejahren lagen die Zahlen um 5.500 pro Jahr, wobei Asylbewerber aus Nigeria über längere Zeit die größte Gruppe stellten. Seit 2005 jedoch wird diese Position von Kolumbianern eingenommen, die nach dem Ende der visumfreien Einreise nach Spanien 2002 einen alternativen Eintrittsweg suchen. Offenbar sind hier auch Schlepperbanden am Werk, die Kolumbianer, die über den Flughafen Barajas (Madrid) einreisen, mit ganzen Paketen falscher Dokumente für eine glaubhafte Asylantragstellung versorgen. 2007 stiegen die Antragszahlen auf fast 7.700 steil an, was zu einem erheblichen Teil (ca. 21 %) auf Antragsteller aus dem Irak zurückzuführen war, die zuvor fast keine Rolle gespielt hatten (2006: 42 Anträge).

Auch wenn Menschenrechtsorganisationen und Wissenschaftler zum Teil die restriktive spanische Anerkennungspraxis kritisieren, ist Asyl in Spanien weiterhin ein Thema mit geringer Relevanz, das in der Regel nur als Nebenaspekt zu Einwanderungsfragen mitläuft.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Espada Ramos 1994; Fullerton 2005; Kreienbrink 2006.

  2. CEAR 2007: 81-91.

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