Der erste massive Zustrom von Flüchtlingen in das moderne Russland in den Jahren 1988 und 1989 war eine Folge des Berg-Karabach-Konfliktes zwischen Armeniern und Aserbaidschanern. Weitere ethnische Konflikte (als Beispiele seien hier genannt der Abchasien-Konflikt 1992–1993, der Ossetien-Inguschetien-Konflikt 1992 und der Tschetschenien-Konflikt 1994–1996), die alle auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion ausgetragen wurden, ließen die Zahl der Flüchtlinge noch weiter ansteigen. In Russland halten sich auch Flüchtlinge und Asylbewerber aus Afghanistan und einigen afrikanischen Ländern wie Somalia, Äthiopien und Angola auf.
1993 ratifizierte Russland die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, woraufhin Russland auch Migranten aus Kriegsgebieten in Afrika und Asien Asyl gewährte. Viele von ihnen versuchten später, in EU-Länder weiterzuziehen. Ebenfalls 1993 wurden die Gesetze Über Flüchtlinge und Über Vertriebene verabschiedet. Diese Dokumente grenzten nicht nur die Binnenvertriebenen von den internationalen Flüchtlingen ab. Vielmehr unterschieden sie auch zwischen potentiellen russischen Staatsbürgern und Ausländern. Die russische Definition von Vertriebener (englisch forced migrant, wörtlich Zwangsmigrant) ist im internationalen Kontext recht ungewöhnlich, da sie sich nur auf Bürger der Russischen Föderation oder Bürger der ehemaligen UdSSR bezieht, die die russische Staatsbürgerschaft beantragen. Vertriebene in Russland sind Personen, die erstens die russische Staatsbürgerschaft besitzen oder sie beantragen, und die zweitens ihren Wohnort aufgrund einer Notsituation (z.B. eines bewaffneten Konflikts) verlassen mussten. Es muss ausdrücklich betont werden, dass in den 1990er Jahren die Unmöglichkeit der Einbürgerung in den ex-sowjetischen Republiken in Russland als Notsituation eingestuft wurde. Der Status des Vertriebenen war auf die russischsprachige Bevölkerung in den ehemaligen Teilrepubliken zugeschnitten, die die Staatsbürgerschaft der neu gegründeten Staaten nicht bekamen und daher nach Russland emigrierten (z.B. aus Lettland, das Immigranten nicht-lettischer Abstammung, die nach 1940 eingewandert waren, die lettische Staatsbürgerschaft verwehrte). Aufgrund dieser Anerkennungspraxis war die Anzahl der Vertriebenen in der ersten Hälfte der 1990er Jahre sehr hoch und ging ab 2000 stark zurück.
Die bewaffneten Konflikte in Russland (besonders der Ossetien-Inguschetien-Konflikt 1992 und die beiden Kriege in Tschetschenien) ließen die Zahlen in die Höhe schnellen und lenkten die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit, der Politiker und der Elite auf diese Migrantengruppe. Die Frage der internationalen Flüchtlinge und Asylbewerber aus anderen Regionen fand hingegen aufgrund ihrer geringen Anzahl nur wenig Interesse (s. Abbildung).
Die Flüchtlings- und Asylpolitik ist nur lückenhaft entwickelt, und die russischen Behörden verfahren mit Asylanträgen und der Anerkennung von Flüchtlingen sehr restriktiv. So stellten 1996 beispielsweise 4.840 Personen einen Asylantrag, aber nur 78 wurde der Flüchtlingsstatus nach der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 zuerkannt.