Braindrain
Gleichzeitig sorgte die Mehrheit der EU-15-Mitgliedstaaten mit der Einführung von Übergangsfristen im Rahmen der Arbeitnehmerfreizügigkeit dafür, dass ihre Arbeitsmärkte vorerst für Arbeitnehmer aus den neuen Mitgliedstaaten verschlossen bleiben, was dem Phänomen des Braindrain entgegenzuwirken schien.
Betrachtet man als Beispiel die Arbeitsmigration zwischen Polen und Deutschland (neben dem Vereinigten Königreich eines der wichtigsten Zielländer für Arbeitskräfte aus Polen), so greift hier – neben den bestehenden bilateralen Regelungen z. B. für Saisonarbeitnehmer – zumindest theoretisch das neue deutsche Zuwanderungsgesetz. Das Gesetz sieht für Hochqualifizierte einen freien Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt mit Gewährung eines Daueraufenthaltes vor. Darüber hinaus ermöglicht es ausländischen Studenten, nach erfolgreichem Studienabschluss ein weiteres Jahr zur Arbeitsplatzsuche in Deutschland zu bleiben. Bisher wurde jedoch die Frage des Braindrain im Zusammenhang mit Deutschland weniger gestellt. Hoch qualifizierte Arbeitskräfte aus Polen haben sich eher in Richtung USA und Kanada orientiert.
Neuere Daten des Labour Force Survey der Internationalen Arbeitsorganisation ILO hingegen weisen darauf hin, dass die Auswanderung höher qualifizierter Polen seit dem EU-Beitritt angestiegen ist. Im Jahr 2005 hatten 10 % der Auswanderer einen Universitätsabschluss (2004: 5 %), 29 % Abitur (2004: 19 %) und 20 % eine Berufsausbildung (2004: 16 %).
Beziehungen mit den östlichen Nachbarländern
Auch die Folgen des EU-Beitritts für die Beziehungen mit den östlichen Nachbarländern Polens, allen voran mit der Ukraine, waren Bestandteil der öffentlichen Diskussion im Zuge der Beitrittsverhandlungen. Vor allem in den Grenzregionen in Ostpolen wurden Bedenken bezüglich eventueller negativer Folgen der Einführung von Visa und der Verstärkung der Grenzkontrollen geäußert. So wurde befürchtet, dass die in den 1990er Jahren langsam aufgebaute grenzüberschreitende Kooperation erschwert werden könnte und auch grenzüberschreitende familiäre Beziehungen unter einem restriktiveren Grenzregime zu leiden hätten. Unternehmer aus der Region drückten ihre Sorge vor einem Rückgang der Kundschaft aus den Nachbarländern aus. Im Jahr der Visa-Einführung für Staatsbürger der östlichen Nachbarländer (2003) ging die Zahl der Einreisen nach Polen an der Ostgrenze zunächst um 7,5 % zurück. Im Fall der Grenze zur Ukraine war jedoch seit 2004, im Fall Weißrusslands und der Russischen Föderation seit 2005 wieder ein Anstieg der Einreisen zu verzeichnen. Allerdings bleibt die Frage der Auswirkungen der vollständigen Anwendung des Schengener Abkommens in Polen seit dem 21. Dezember 2007 (Land- und Seegrenzen) bzw. ab März 2008 (im Flugverkehr) und der damit einhergehenden Aufhebung der Grenzkontrollen mit den weiteren Schengen-Staaten auf die Migration aus den östlichen Nachbarstaaten offen.
Fazit
Als Mitgliedstaat der EU wird Polen an Attraktivität als Zielland von Migration gewinnen und sich der Trend vom Auswanderungs- zum Transit- und Einwanderungsland fortsetzen. Bislang ist Einwanderungspolitik sowie die Frage nach der Integration von ausländischen Mitbürgern in Polen kaum Bestandteil der öffentlichen Debatten. Integrationspolitik wird jedoch weiter in den Vordergrund rücken, nicht zuletzt, weil dieses Thema auf der politischen Agenda der EU steht.