Nach jüngsten empirischen Untersuchungen jedoch hätte unter strikter Anwendung der Flüchtlingskonvention von 1951 10-20 % der Migranten in Marokko Anspruch auf humanitären Schutz, unter großzügigerer Auslegung sogar 70-80 %.
Der marokkanische Staat betrachtet jedoch praktisch alle Zuwanderer von südlich der Sahara als "Wirtschaftsmigranten" auf ihrem Weg nach Europa. Dies bedeutet, dass Asylbewerber im Allgemeinen an der Grenze abgelehnt oder als "illegale Wirtschaftsflüchtlinge" abgeschoben werden, obwohl Marokko die Genfer Flüchtlingskonvention von 1951 unterzeichnet und ein formales Begutachtungsverfahren für Asylanträge entwickelt hat, welches jedoch kaum zweckmäßig ist. Bis vor kurzem hat sich das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) in Marokko sehr bedeckt gehalten und es schien, als ob Flüchtlinge und Asylbewerber praktisch keinen Schutz genießen konnten.
Unter dem Eindruck steigender Immigration hat das UN-Flüchtlingshilfswerk in jüngster Zeit eine Ausweitung seiner Tätigkeiten in Marokko angestrebt. Staatliche Behörden sind jedoch oftmals nicht zur Zusammenarbeit bereit, schieben Asylsuchende weiterhin ab und weigern sich grundsätzlich, den vom UNHCR anerkannten Flüchtlingen Aufenhalts- und andere Rechte zu bewilligen. Menschenrechtsorganisationen haben daher auch europäischen Staaten wie Spanien und Italien vorgeworfen, dass sie das Prinzip des non-refoulement – das es verbietet, Flüchtlinge in Staaten abzuschieben, in denen sie Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt sein würden – ernsthaft zu kompromittieren drohen, indem sie afrikanische Migranten und Asylbewerber eilfertig nach Marokko (und Libyen) abschieben, wo kein ausreichender Schutz sichergestellt ist.
Es wird deshalb auch argumentiert, dass Europas Strategie, seine Grenzkontrollen in Länder zu verlagern, die im Menschenrechtsbericht schlecht abschneiden und keinen adäquaten Schutz für Flüchtlinge bieten, die Rechte und die Sicherheit von Migranten, einschließlich Asylsuchenden und Flüchtlingen, gefährden könnte.
Im Jahr 2007 unterzeichnete Marokko allerdings ein Abkommen mit dem UNHCR, das dem Flüchtlingshilfswerk vollständige Präsenz ermöglicht.