Russlands Krieg gegen die Ukraine hat Interner Link: mehrere Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Ukrainerinnen und Ukrainer sind nicht nur in die Mitgliedstaaten der Europäischen Union geflohen, sondern auch in andere Länder mit historischen Verbindungen zu ihrem Heimatland. Zu diesen Ländern zählt die Türkei mit ihrer lang ansässigen krimtatarischen Diaspora und den viel jüngeren ukrainischen Diaspora-Organisationen. Beide Gruppen, Krimtatar/-innen und Ukrainer/-innen, bemühen sich die Nationalgeschichte ihres Herkunftslandes zu bewahren, Neuankömmlingen zu helfen und die internationale Aufmerksamkeit auf den Krieg in der Ukraine und auf die Lage in den besetzten Gebieten zu lenken. Das komplizierte Geflecht kollektiver Traumata, die durch das russische Zarenreich, die Sowjetunion und das moderne Russland verursacht wurden, bewegt die Diaspora-Gruppen dazu, ihre getrennten Ziele neu zu bewerten und – zumindest vorübergehend – Plattformen für die Zusammenarbeit zu suchen.
Geschichte der krimtatarischen Diaspora in der Türkei
In der Türkei lebt die größte krimtatarische Interner Link: Diaspora der Welt. Obwohl es keine offiziellen Daten der türkischen Behörden über die krimtatarische Bevölkerung in der Türkei gibt, wird geschätzt, dass zwischen 1783 und 1922 1,8 Millionen Krimtatarinnen und Krimtataren in die osmanischen Gebiete eingewandert sind und heute etwa drei bis fünf Millionen Menschen krimtatarischer Abstammung in der Türkei leben. Aber wer sind die Krimtataren und warum haben viele von ihnen ihre Interner Link: Heimat auf der Krim verlassen und sich auf dem Gebiet der heutigen Türkei niedergelassen?
Die Interner Link: Tataren sind eine überwiegend sunnitisch-muslimische Gemeinschaft turksprachiger Völker, deren Name im frühen 13. Jahrhundert auf der Landkarte erschien, als verschiedene Gruppen dieser Nomadenvölker in den Armeen des mongolischen Eroberers Dschingis Khan kämpften. Nach dem Tod von Dschingis Khan im Jahr 1227 zerfiel das Mongolenreich. Im späten 14. Jahrhundert verteilten sich die Tatarinnen und Tataren auf vier unabhängige tatarische Khanate, darunter auch das Krim-Khanat. Während das Russische Reich die drei anderen tatarischen Khanate im 16. Jahrhundert eroberte, blieb das Krim-Khanat bis ins späte 18. Jahrhundert unabhängig. Es unterhielt enge Beziehungen zu Anatolien, Interner Link: bis es 1783 von der russischen Zarin Katharina II. annektiert wurde. Im Zusammenhang mit dieser Annexion kam es erstmals zu massiver Abwanderung von der Krim. Die umfassendste Abwanderung ereignete sich dann während und nach dem Krimkrieg 1853-1856, als das zaristische Russland versuchte seinen Einfluss in den zum Interner Link: Osmanischen Reich gehörenden Gebieten im Nahen Osten und im östlichen Mittelmeerraum auszuweiten. Allein nach dem Krimkrieg verließen schätzungsweise 300.000 Krimtatarinnen und -tataren ihre Heimat und wanderten zwischen 1859 und 1865 in die osmanischen Gebiete ein. Infolgedessen wurden die Krimtatarinnen und -tataren zum ersten Mal in ihrer Geschichte zu einer Minderheit auf der Krim.
Sowohl die Migration von angesehenen Kulturschaffenden und intellektuellen Krimtatarinnen und -tataren in das Osmanische Reich als auch der Prozess der Russifizierung der Bevölkerung der Krim führten dazu, dass es ein Jahrhundert lang (zwischen 1783 und 1883) keine literarische Produktion in krimtatarischer Sprache gab. Unter diesen Umständen war ein Ziel der Migration der Krimtatarinnen und -tataren in die osmanischen Gebiete, ihre tatarische und muslimische Kultur sowie ihre Lebensweise in einem freundlichen und aufnahmebereiten Land zu schützen.
Während der Interner Link: Russischen Revolution 1917 strebten die Krimtatarinnen und -tataren nach Unabhängigkeit auf der Krimhalbinsel. Diese Bestrebungen wurden jedoch durch die Interner Link: bolschewistische Intervention und die Wirren des Bürgerkriegs (1918-1922) zunichte gemacht. Der Krieg löste weitere umfassende Abwanderungsbewegungen von Krimtatarinnen und -tataren aus, ebenso wie die als Holodomor bekannte große Hungersnot 1932/33. Die letzte größere Migration von Krimtatarinnen und -tataren in die Türkei fand gegen Ende des Zweiten Weltkriegs statt, als etwa eintausend von ihnen dorthin auswanderten, um einer Gefangenschaft in der Sowjetunion und der erzwungenen Massendeportation (Sürgün) im Mai 1944 nach Usbekistan und Kasachstan zu entgehen. Begründet wurde die Massendeportation mit Vorfällen von Kollaborationen während der deutschen Besatzung: Im Oktober 1941 waren große Teile der Halbinsel Krim von der deutschen Wehrmacht überfallen worden und die krimtatarische Bevölkerung geriet in den Einflussbereich des Nationalsozialismus. Zahlreiche Krimtatarinnen und -tataren kollaborierten mit den Deutschen, die viele als Befreier von den Interner Link: Schrecken der stalinistischen Gewaltherrschaft sahen. Krimtatarische Nationalisten bemühten sich um Unterstützung durch das nationalsozialistische Besatzungsregime, um muslimische Komitees auf der Krim zu bilden, die eine gewisse Form der Autonomie ermöglichen sollten. Die Waffen-SS stellte auch eine krimtatarische Legion auf, in der etwa 20.000 Krimtataren als Soldaten dienten. Eine größere Zahl von Krimtataren kämpfte jedoch in den Reihen der Roten Armee und viele Krimtatarinnen und -tataren schlossen sich lokalen Partisanen-Gruppen an, um gegen die deutsche Besatzung zu kämpfen – insbesondere als tausende Krimtatarinnen und -tataren als Zwangsarbeitskräfte nach Deutschland deportiert wurden („Interner Link: Ostarbeiter“). Nach der Rückeroberung der Krim durch die Rote Armee im Jahr 1944 rechtfertigte Stalin die Massendeportation von Krimtatarinnen und -tataren von der Halbinsel mit dem Vorwurf der Kollaboration. Durch die Verschleppung von etwa 190.000 Menschen wurde die gesamte tatarische Bevölkerung der Krim vertrieben. Erst in den späten 1980er und frühen 1990er Jahren kehrten Tatarinnen und Tataren auf die Halbinsel zurück.
Zusammenfassend lässt sich festhalten: Die krimtatarische Diaspora in der Türkei ist ein Beispiel für eine Opferdiaspora, die dadurch gekennzeichnet ist, dass ein erheblicher Teil der ethnischen Gruppe aufgrund von systemischer Unterdrückung aus ihrem Heimatland abgewandert ist oder vertrieben wurde.
Krimtatarischer Aktivismus in der Türkei und der Ukraine
Vor den 1980er Jahren wurde der krimtatarische Aktivismus in der Türkei von einer geschlossenen elitären Gruppe getragen. In den 1980er Jahren beschloss die in der Türkei lebende Diaspora-Elite dann, ihren Aktionsradius zu erweitern und ihren Aktivismus an der Basis zu stärken. Aufgrund des gestiegenen Bildungsniveaus, verstärkter Mobilität und Verstädterung sahen die Krimtatarinnen und -tataren die Gefahr der Interner Link: Assimilation. In dieser Zeit wurden in der Türkei viele krimtatarische Diaspora-Vereine und -Stiftungen gegründet und Verbindungen zwischen den Diaspora-Gemeinschaften in anderen Ländern und der Krim aufgebaut. Die Diaspora-Institutionen setzten sich sehr aktiv für eine Rückkehr der Exil-Krimtatarinnen und -tataren auf die Krim ein, welche aber erst nach der Auflösung der Sowjetunion möglich wurde. Gleichzeitig erkannte die tatarische Führung auf der Krim, dass der „krimtatarischen Diaspora in der Türkei sowohl die Mittel als auch der Mut fehlten“, um die radikale Forderung nach krimtatarischer Souveränität auf der Krim zu unterstützen. Sie konzentrierte sich daher auf die Zusammenarbeit mit regionalen und Zentral-Behörden in der Ukraine. Lange waren die Beziehungen zwischen der Führung der krimtatarischen Diaspora und den ukrainischen Behörden konfliktreich, weil die Ukraine nicht in der Lage war, das Leid der auf die Krim zurückkehrenden Tatarinnen und Tataren zu verhindern, die mit dem Widerstand der lokalen Bevölkerung und einer repressiven Politik der Krim-Regierung konfrontiert waren.
Die russische Besetzung und Annexion der Krim im Februar und März 2014 war ein Interner Link: Einschnitt in der Geschichte der Krimtatarinnen und -tataren und führte zu neuen Spaltungen innerhalb der Diaspora. Vor der Annexion hatte sich die Diaspora darauf konzentriert, die Probleme der auf die Krim zurückgekehrten Tatarinnen und Tataren zu lösen sowie die Beziehungen zum Rat (Medschlis) und zur Nationalversammlung (Kurultai) – den beiden wichtigsten Selbstverwaltungsorganen der krimtatarischen Nation – zu stärken. Nach der Annexion flohen etwa 20.000-30.000 krimtatarische Aktivistinnen und Aktivisten, darunter auch die Führung des Medschlis, von der Krimhalbinsel auf das ukrainische Festland, wo sie im Rahmen des ukrainischen Rechtssystems wieder Selbstverwaltungsorgane einrichteten. Einige Aktivistinnen und Aktivisten der krimtatarischen Diaspora in der Türkei wollten Verbindungen zu neu gegründeten krimtatarischen Organisationen auf der annektierten Krim aufbauen, aber die Mehrheit unterstützte die Medschlis-Führung in der Ukraine. Infolgedessen ließ auch die Unterstützung der türkischen Regierung für den krimtatarischen Diaspora-Aktivismus auf der Krim nach.
Die Entwicklung der ukrainischen Diaspora
Vor dem Ende des Kalten Krieges gab es nur sehr wenige Hinweise auf eine ukrainische Migration in die Türkei. Mit der Auflösung der Sowjetunion wurde die Schwarzmeerregion jedoch für viele Menschen aus den ehemaligen Sowjetrepubliken zu einem neuen Verkehrs-, Handels- und Migrationszentrum. Die Geschäftsbeziehungen zwischen der Türkei und der Ukraine nahmen stetig zu, wobei der grenzüberschreitende Handel, der Tourismus und grenzüberschreitende Investitionen ab Mitte der 1990er Jahre für beide Länder zu wichtigen Wirtschaftsfaktoren wurden. Dabei blieb die Migration zwischen den beiden Ländern weitgehend auf temporäre Arbeitskräfte, Studierende und Reisende beschränkt. Eine Ausnahmeerscheinung war die Heiratsmigration von ukrainischen Frauen, die türkische Männer ehelichten. Im Jahr 2020 lebten schätzungsweise 20.000 bis 30.000 ukrainische Migrantinnen und Migranten in der Türkei und es gab nur wenige ukrainische Diaspora-Organisationen. Diese konzentrierten sich in erster Linie auf lokale Migrantengemeinschaften und widmeten sich der Bewahrung der ukrainischen Sprache und der Förderung der ukrainischen Kultur. Daraus lässt sich schließen, dass die ukrainische Diaspora in der Türkei zunächst in erster Linie eine Arbeitsdiaspora war, die sich im Kontext der grenzüberschreitenden Mobilität von Arbeitskräften herausgebildet hat.
Die Entwicklung einer ukrainischen Diaspora in der Türkei ist ein relativ junges Phänomen (eine zweite Generation ist gerade erst entstanden). Sie gewann nach den pro-europäischen Protesten (Interner Link: Euromaidan) in Kyiv an Schwung. In Interviews bezeichneten Aktivistinnen und Aktivisten aus der ukrainischen Diaspora die Interner Link: Ukraine-Krise im Jahr 2014 als eine Situation des „Erwachens“, in der die ethnische Herkunft und das Schicksal des Mutterlandes einen neuen Stellenwert erhielten. Die Besetzung und Interner Link: Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 und die militärische Intervention in der Donbass-Region führten zu einer neuen Welle des freiwilligen Engagements und der Mobilisierung in der Diaspora und veranlassten Ukrainerinnen und Ukrainer, im Ausland nach institutioneller und legitimer Anerkennung ihrer Identität zu suchen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die meisten der rund 20 ukrainischen Diaspora-Organisationen in der Türkei nach 2014 gegründet wurden. In vielen Fällen wurden und werden die Gründung solcher Organisationen und die Koordinierung ihrer Aktivitäten von der ukrainischen Botschaft unterstützt.
Schließlich hat die Ukraine-Krise von 2014 auch die Zusammenarbeit von ukrainischen und krimtatarischen Diaspora-Gruppen gefördert. Neben den aktuellen Problemen auf der annektierten Krim sind die Erinnerungen an die kollektiven Traumata der Hungersnot des Interner Link: Holodomor und der Deportation der Krimtatarinnen und -tataren durch die sowjetische Regierung im Jahr 1944 zu identitätsstiftenden Ereignissen für beide Diaspora-Gruppen geworden.
Die ukrainische Regierung hat die Krimtatarinnen und Krimtataren mit einem symbolischen und institutionellen Schritt offiziell in die weltweite ukrainische Diaspora aufgenommen: Am 8. April 2017 gründeten ukrainische und krimtatarische Verbände mit Unterstützung der ukrainischen Botschaft in der Türkei eine Koordinierungsplattform, um die wichtigsten Fragen für beide ethnischen Gemeinschaften zu klären. Die Teilnehmenden erörterten Fragen im Zusammenhang mit der Interaktion und Koordinierung der ukrainischen Gemeinschaften in der Türkei, der Organisation und Durchführung von Kultur-, Bildungs- und Kunstveranstaltungen sowie Veranstaltungen zum Gedenken an wichtige Daten und Nationalfeiertage, die für das ukrainische und krimtatarische Volk von Bedeutung sind. Der Schwerpunkt lag auf gemeinsamen Anstrengungen zur Bewahrung und Entwicklung der nationalen Identität, der Traditionen der ukrainischen Nationalkultur, der Förderung ukrainischer Produkte, der ukrainischen und krimtatarischen Sprache sowie der Darstellung der Ukraine in einem zeitgenössischen und modernen Licht.
Interviews, die die Autorin geführt hat, zeigen, dass beide Diaspora-Gruppen versuchen, die internationale Aufmerksamkeit auf die von Russland besetzte Krimhalbinsel zu lenken, die Zwangsdeportation der Krimtatarinnen und -tataren 1944 stärker ins Bewusstsein zu rücken oder des Holodomor zu gedenken. Allerdings muss hier eingeräumt werden, dass diese Art der politischen Orientierung vor allem von führenden Personen der beiden Diaspora-Gemeinschaften in der Türkei vertreten wird. Im Alltag werden Religion, Sprache und ethnische Zugehörigkeit von der Mehrheit der beiden Diaspora-Gruppen immer noch als trennende Merkmale betrachtet.
Aktuelle Situation
Es ist schwierig, zuverlässige Daten über die genaue Zahl der Menschen, die vor dem Krieg in die Türkei geflohen sind, zu erhalten; die Angaben schwanken zwischen 70.000 und 150.000 Menschen.
In den ersten Kriegsmonaten nutzten viele ukrainische Staatsangehörige – vor allem Frauen und Kinder – die seit 2011 geltende Regelung für visumfreies Reisen zwischen den beiden Ländern, um in die Türkei einzureisen. Diese ermöglicht ihnen einen Aufenthalt von bis zu 90 Tagen, ohne eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen zu müssen. Im Laufe der Zeit erhielten 32.097 ukrainische Staatsangehörige kurzfristige Aufenthaltserlaubnisse; weniger als 5.000 Kriegsflüchtlinge beantragten Asyl. Während Ukrainerinnen und Ukrainer problemlos in die Türkei reisen und sich dort bewegen können, ist die Erlangung eines längerfristigen legalen Status mit vielen Herausforderungen verbunden. Einerseits haben ukrainische Staatsangehörige die Möglichkeit, einen Antrag auf vorübergehenden Schutz in der Türkei zu stellen, der ihnen eine einjährige Aufenthaltsgenehmigung sowie das Recht auf kostenlose medizinische Versorgung und das Recht auf Arbeit nach sechs Monaten Aufenthalt einräumt. Dieser Status schränkt jedoch die Möglichkeit ein, den Aufenthaltsort zu wechseln und gegebenenfalls in die Ukraine zurückzukehren. Andererseits haben diejenigen, die keinen vorübergehenden Schutz in der Türkei genießen, keinen Zugang zu wesentlichen öffentlichen Dienstleistungen, einschließlich Gesundheitsversorgung und Schulbildung für Kinder im schulpflichtigen Alter. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNCHR) lebten im November 2023 42.875 Ukrainerinnen und Ukrainer in der Türkei.
Die Aktivitäten der Diaspora werden nicht nur durch interne Dynamiken oder Beziehungen zum Heimatland geprägt, sondern auch durch die Positionierung der Diaspora und ethnizitätsbezogene Regelungen in den Aufnahmeländern. Es gibt zwei Gruppen aus der Ukraine, deren Migration wegen ihrer türkischen Herkunft von der türkischen Regierung im Rahmen des Niederlassungsgesetzes der Türkei aktiv gesteuert wird: Seit Beginn des Krieges reisten 409 Krimtatarinnen und -tataren sowie 2.395 Mescheten in die Türkei ein. Für diese beiden Gruppen hat die Regierung spezielle Migrationsregelungen geschaffen, die Unterstützung bei der Unterbringung, medizinische Versorgung und Bildung bieten, vor allem aber die Möglichkeit eines langfristigen Aufenthaltsstatus gewähren. Diese exklusive Anwendung des Niederlassungsgesetzes führt zu einer Zweiteilung der Migration aus der Ukraine. Angesichts der begrenzten Unterstützung für Ukrainerinnen und Ukrainer, die nicht türkischer Herkunft sind, sowie der Stabilisierung der Frontlinie in der Ukraine sind viele ukrainische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland zurückgekehrt oder haben beschlossen, in andere Länder zu gehen. Bis zum Sommer 2023 pendelte sich die Zahl der Ukrainerinnen und Ukrainer in der Türkei bei unter 50.000 Personen ein.
Ukrainische Vereinigungen suchen weiterhin nach Möglichkeiten, das Wachstum ihrer Diaspora durch die Einbindung von in der Türkei lebenden Ukrainerinnen und Ukrainern zu fördern und die dringendsten Bedürfnisse der Neuankömmlinge zu erfüllen. In jüngster Zeit wurden viele weitere Diaspora-Gruppen und ukrainische Online-Communities (nicht unbedingt formalisierte Organisationen) gegründet, um dem Bedarf gerecht zu werden. Durch die Zusammenarbeit mit der lokalen Bevölkerung, Gemeinden und der ukrainischen Botschaft, wollen sie ihre institutionellen Kapazitäten und ihre Wirksamkeit mit Blick auf die Bewahrung der ukrainischen Identität und – was noch dringender ist – auf die Vertretung neu angekommener Ukrainerinnen und Ukrainer stärken.
Der nunmehr fast zwei Jahre andauernde Krieg in der Ukraine hat die ukrainische und krimtatarische Diaspora-Gemeinschaft gezwungen, ihre Aufmerksamkeit stärker auf die dringenden Bedürfnisse der Kriegsflüchtlinge zu richten – und weniger auf die tragische Vergangenheit der Deportation und des Holodomor. Nichtsdestotrotz bleibt das komplizierte Geflecht kollektiver Traumata beider ethnischer Gruppen, das sich durch die Jahrhunderte zieht und bis heute fortwirkt, ein identitätsstiftendes Element für beide Diaspora-Gemeinschaften.
Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel