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Migration und Migrationspolitik in Italien | Regionalprofil Südeuropa | bpb.de

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Migration und Migrationspolitik in Italien

Dr. Claudia Finotelli

/ 4 Minuten zu lesen

Italien hat sich in den 1970er und 80er Jahren zu einem Einwanderungsland entwickelt. Trotz der in vielen Jahren hohen irregulären Migration, ist es heute ein erfahrenes Einwanderungsland mit einer steigenden Zahl von Eingewanderten mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht.

Die italienische Küstenwache transportiert Migranten und Geflüchtete von der Insel Lampedusa nach Porto Empedocle auf dem Festland. Die Irreguläre Migration nach Italien macht regelmäßig Schlagzeilen. Allerdings haben heute zunehmend mehr Eingewanderte in Italien ein dauerhaftes Aufenthaltsrecht. (© picture-alliance, ZUMAPRESS.com)

Italien wurde in den 1970er und 1980er Jahren zu einem "neuen" Einwanderungsland, nachdem es zuvor jahrzehntelang ein Auswanderungsland gewesen war. Der größte Teil der Einwanderung nach Italien fand jedoch seit dem Jahr 2000 statt. Lag der Anteil der ausländischen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung in jenem Jahr bei zwei Prozent, so stieg er auf 7,5 Prozent im Jahr 2013 und belief sich 2021 auf 8,4 Prozent. Am 1. Januar 2020 waren 10,3 Prozent der Bevölkerung Italiens im Ausland Geborene. Der größte Teil der zugewanderten Bevölkerung in Italien stammt aus Europa (50,2 Prozent), gefolgt von Afrika (21,8 Prozent) und Asien (20,6 Prozent). Die Nettomigrationsrate ist insgesamt positiv, auch wenn die Daten für 2019 im Vergleich zu 2018 einen erheblichen Anstieg der Abwanderung (+14,4 Prozent) zeigen.

Die ersten Jahrzehnte Italiens als Einwanderungsland waren durch schwache Grenzkontrollen und eine steigende strukturelle Nachfrage nach ausländischen Arbeitskräften gekennzeichnet. Unzureichende Einwanderungsgesetze in Verbindung mit steigenden Einwanderungszahlen und einer expandierenden Interner Link: Schattenwirtschaft führten zu einem Anstieg der irregulären Migration. Um das Problem der irregulären Migration zu lösen, führten verschiedene italienische Regierungen zwischen 1986 und 2002 fünf Regularisierungsprogramme durch, die zur Legalisierung von etwa 1,4 Millionen Migrantinnen und Migranten beitrugen. Zusätzlich zu den Regularisierungen unternahmen die italienischen Regierungen erhebliche Anstrengungen, um zum einen die Kontrollen an den Grenzen und zum anderen die Anwerbeverfahren für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu verbessern. Eine polarisierte politische Debatte, ungleichmäßig entwickelte Verwaltungsstrukturen und schwache Umsetzungskapazitäten schränkten jedoch die Wirksamkeit der Instrumente zur Anwerbung von Arbeitskräften ein. Das wiederum trug zu einem Anstieg der Zahl irregulärer Migrantinnen und Migranten bei, die in der Schattenwirtschaft arbeiten. Infolgedessen griffen die italienischen Regierungen in den Jahren 2009, 2012 und 2020 erneut auf Regularisierungsverfahren zurück; das letzte Verfahren ist allerdings aufgrund erheblicher Verzögerungen bei der Bewertung der Anträge zur Regularisierung des Aufenthalts noch nicht abgeschlossen (Stand: August 2021). Die Bemühungen, die Anwerbung von Arbeitskräften effizienter zu gestalten, gingen einher mit einer moderaten Verbesserung der Grenzkontrollen und des Aufnahmesystems für Flüchtlinge und Asylbewerber. Menschenrechtlich umstrittene bilaterale Abkommen mit Transitländern wie Interner Link: Libyen (2016 und 2017) haben dazu beigetragen, die Zahl der an den italienischen Küsten ankommenden Migrantinnen und Migranten zu verringern. Gleichzeitig hat das Aufnahmesystem für Asylbewerberinnen und -beweber durch die Einrichtung des Nationalen Schutzsystems für Asylbewerber und Flüchtlinge (SPRAR) im Jahr 2002 – 2020 umbenannt in Aufnahme- und Integrationssystem (SAI) – bemerkenswerte Fortschritte gemacht.

Neuzugewanderte haben sich im Großen und Ganzen gut in den Arbeitsmarkt integriert, was hauptsächlich auf die Komplementarität zwischen Zugewanderten und Einheimischen auf den lokalen Arbeitsmärkten zurückzuführen ist. Interessanterweise scheint sich die negative Arbeitsmarktdynamik nach der Wirtschaftskrise 2009 nicht negativ auf die Stabilität der Aufenthaltsrechte für ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer ausgewirkt zu haben. Im Jahr 2020 besaßen die meisten nicht aus EU-Staaten stammenden ausländischen Aufenthaltsberechtigten (63 Prozent) eine langfristige Aufenthaltserlaubnis, was de facto einem dauerhaften Aufenthaltsstatus entspricht. Obwohl Daten zur Dauer der Aufenthaltsgenehmigungen nur für den Zeitraum ab 2011 vorliegen, zeigt sich, dass die Anzahl und der Anteil der langfristigen Aufenthaltsgenehmigungen in den letzten neun Jahren kontinuierlich gestiegen sind.

Ausländische Staatsangehörige in Italien nach Art der Aufenthaltsgenehmigung. (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Um einen massiven Anstieg der Illegalität zu vermeiden, hat die italienische Gesetzgebung in den letzten zehn Jahren die Möglichkeiten von Inhaberinnen und Inhabern befristeter Aufenthaltsgenehmigungen verbessert, ihren Aufenthalt zu sichern. Insbesondere wurde die Zeit, die ein Migrant bzw. eine Migrantin in Italien bleiben darf, um nach dem Verlust eines Arbeitsplatzes eine neue Beschäftigung zu finden, auf zwölf Monate verlängert. Migrantinnen und Migranten mit einer Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen wurde zudem die Möglichkeit eingeräumt, eine Aufenthaltserlaubnis zu Beschäftigungszwecken zu erhalten, wenn sie einen Arbeitsplatz gefunden haben.

Der Erwerb einer langfristigen Aufenthaltserlaubnis stellt mit Blick auf die Gewährleistung eines sicheren Aufenthaltsstatus eine Alternative zur Einbürgerung dar. Tatsächlich gilt das italienische Staatsbürgerschaftsrecht als eines der restriktivsten. Das liegt an der für die Einbürgerung erforderlichen langen Aufenthaltsdauer (zehn Jahre) und der restriktiven Haltung gegenüber der Einbürgerung von in Italien geborenen und aufgewachsenen ausländischen Kindern. Trotzdem ist die Zahl der Einbürgerungen in den letzten zehn Jahren gestiegen und die prozentuale Einbürgerungsquote Italiens liegt derzeit über dem EU-Durchschnitt (2,5 Prozent). Insgesamt zeigen diese Daten, dass sich Italien als Einwanderungsland mit einer weitgehend stabilen Einwandererbevölkerung konsolidiert hat. Nichtsdestotrotz stellt eine liberale Reform des italienischen Staatsbürgerschaftsrechts sicherlich eine der größten Herausforderungen dar, denen sich die italienische Regierung in naher Zukunft widmen müsste.

Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel

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ist Professorin (Profesora Titular) am Fachbereich für angewandte Soziologie der Universidad Complutense de Madrid und Mitglied der Gruppe für Internationale Migrationsstudien an derselben Universität. Ihre Forschungsinteressen umfassen die Bereiche Migrationskontrolle und Staatsbürgerschaft, mit einem besonderen Schwerpunkt auf Südeuropa.