Ägypten liegt als Herkunfts-, Transit- und Zielland im Zentrum regionaler Migrationsprozesse in Nordafrika und im Nahen Osten. Ein Überblick über vergangene und gegenwärtige Migrationen und den Versuch des Staates, diese Ströme zu verwalten.
Das moderne Ägypten bietet einzigartige Einblicke in das Management grenzüberschreitender Mobilität im Nahen Osten und in Nordafrika – einschließlich verschiedener Arbeitsmigrationsströme, mehrerer Interner Link: Diasporagemeinschaften sowie zahlreicher Bevölkerungsgruppen, die auf ägyptischem Territorium Zuflucht suchen. Neben seiner Bedeutung mit Blick auf die Politik des Nahen Ostens und Nordafrikas ist die zentrale Rolle Ägyptens in regionalen Migrationsprozessen unbestritten: Ägypten ist das größte Land der arabischen Welt – mit rund 100 Millionen Einwohner_innen im Jahr 2019, von denen mehr als die Hälfte unter 25 Jahre alt sind. Ägypter_innen sind hochgradig mobil. Die Tradition der Massenauswanderung von ägyptischen Arbeitskräften in die ölfördernden arabischen Staaten und in den Westen reicht bis in die frühen 1970er Jahre zurück. Ägypter_innen der zweiten und dritten Generation haben Diaspora-Gemeinschaften in Europa, Nordamerika und Australien gegründet. Gleichzeitig hat die geografische Lage des Landes an der Schnittstelle zwischen Afrika, Westasien und Europa dazu beigetragen, dass Ägypten sowohl ein Transit- als auch Zielland für Hunderttausende von Flüchtlingen und Asylbewerbern ist.
Arbeitsmigration als Entwicklung
Es gibt zwei große Phasen der ägyptischen Arbeitsmigration, die sich weitgehend auf den arabischen Raum konzentriert. Die erste Phase umfasste die begrenzte Auswanderung hochqualifizierter Ägypter_innen während des 19. und frühen bis mittleren 20. Jahrhunderts: Ägyptische Gelehrte und Fachkräfte bereisten die arabische Welt und trugen zur Entwicklung benachbarter Gebiete bei, die unter osmanischer oder kolonialer Herrschaft standen. Der Aufstieg Gamal Abdel Nassers Anfang der 1950er Jahre zum Staatspräsident verlieh diesem temporären Auswanderungsprozess einen politischen Anstrich: Die ägyptische Regierung sah darin eine einzigartige außenpolitische Chance und bildete in den 1950er und 1960er Jahren gezielt Tausende von Fachleuten aus, die sie in die arabische Welt entsandte. Waren sie erst einmal im Ausland, verbreiteten viele Ägypter_innen in Afrika und im Nahen Osten antikolonialistische und antizionistische Auffassungen, die Nassers Diskurs zu Hause widerspiegelten. Hintergrund hierfür war, dass Nasser den Anti-Kolonialismus und den Panarabismus, also die Idee einer politischen Einheit der arabischen Nationen unter ägyptischer Führung ins Zentrum seiner Außenpolitik stellte. In der Tat wurden die Ägypter_innen im Ausland zu einem integralen Bestandteil der Interner Link: Soft-Power-Strategie des Staates und trugen zu verschiedenen politischen Prozessen und damit zum regionalpolitischen Aufstieg Ägyptens in dieser Phase bei: von der Interner Link: Dekolonisation Afrikas über den Interner Link: Bürgerkrieg im nördlichen Jemen bis zum Interner Link: arabisch-israelischen Konflikt. Diese Art der Mobilität war die Ausnahme, da Nassers Regime die Abwanderung von Arbeitskräften im Allgemeinen beschränkte: In den 1950er und 1960er Jahren war es für die meisten Ägypter_innen nahezu unmöglich, Ägypten zu verlassen. Diese Strategie war einerseits politisch motiviert, da das Regime der "Freien Offiziere" die Flucht politischer Gegner – vor allem von Mitgliedern der Interner Link: Muslimbruderschaft (Ikhwan) – verhindern wollte. Andererseits handelte es sich auch um eine entwicklungspolitische Strategie, da politische Entscheidungsträger_innen sich Sorgen über die potenziell verheerenden Auswirkungen der Abwanderung von Fachkräften und Talenten ("Brain Drain") machten.
Die zweite Phase der Abwanderung ägyptischer Arbeitskräfte war in erster Linie durch Abwanderung von gering- und mittelqualifizierten Arbeitskräften in die ölproduzierenden arabischen Staaten gekennzeichnet. Sie begann in den frühen 1970er Jahren vor dem Hintergrund der verheerenden Niederlage Ägyptens im Interner Link: arabisch-israelischen Krieg von 1967 und einer Verschlechterung der Staatsfinanzen in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre. Als Reaktion auf diese Entwicklungen engagierte sich Anwar Sadat, der Nachfolger von Nasser (welcher am 28. September 1970 verstorben war), für eine massive Liberalisierung der Wirtschaft – bekannt als "Politik der Öffnung" (al-Infitah). Sie beinhaltete die Beseitigung jeglicher Hindernisse, die der Auswanderung von Bürger_innen entgegenstanden. Auswanderung wurde als sozioökonomisches "Sicherheitsventil" verstanden. Sie sollte Ägyptens Problem chronischer Arbeitslosigkeit und Überbevölkerung entgegenwirken und wertvolle finanzielle Interner Link: Rücküberweisungen sichern. Als ihnen die Auswanderung gestattet wurde, ergriffen hunderttausende Ägypter_innen die Möglichkeit einer Beschäftigung in arabischen Ölförderländern, die sich aus der gemeinsamen Sprache sowie dem großen Bedarf an ausländischen Arbeitskräften in den Zielländern ergab. Abbildung 1 zeigt, dass in Ägypten seit den frühen 1970er Jahren bis Anfang der 1990er Jahre finanzielle Rücküberweisungen zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden waren. Heute gewinnen sie wieder zunehmend an Bedeutung für das Bruttoinlandsprodukt (BIP). Da Geldtransfers auch über inoffizielle, nicht zurückverfolgbare Kanäle abgewickelt werden, dürfte die wirtschaftliche Bedeutung der Migration für Ägypten noch größer sein.
Bis Mitte der 1970er Jahre war das benachbarte Libyen das Hauptzielland für ägyptische Migrant_innen. Ab Mitte der 1970er Jahre, als sich die ägyptisch-libyschen Beziehungen verschlechterten, zogen die meisten ägyptischen Arbeitsmigrant_innen in die Interner Link: Golfregion und nutzten Ägyptens zunehmend enge Beziehungen zu Saudi-Arabien, Kuwait und dem Irak. Der Ölpreisverfall nach 1979 hat jedoch zu einem stetigen Rückgang der Rekrutierung ägyptischer Arbeitskräfte in den ölproduzierenden arabischen Ländern beigetragen. Ein weiterer Grund für diesen Rückgang lag in der verstärkten Rekrutierung asiatischer Arbeitsmigrant_innen durch die Golfstaaten seit den 1980er Jahren. Die von einigen Mitgliedstaaten des Interner Link: Golfkooperationsrats ab Anfang der 1990er Jahre getroffene Entscheidung, mehr eigene Staatsangehörige in Arbeit zu bringen, hat ebenfalls zu abnehmenden ägyptischen Migrationsströmen geführt. Gleichzeitig hat das von den Staaten in der Golfregion verhängte Verbot der dauerhaften Einwanderung zu zirkulären Migrationsbewegungen geführt, auch wenn ägyptische Migrant_innen dazu neigen, sich viele Jahre in diesen Ländern aufzuhalten. Diese Entwicklungen haben wiederum dazu beigetragen, dass traditionelle Transitländer – wie Jordanien – als Migrationsziele attraktiver wurden. In ihnen lebt inzwischen eine große Zahl ägyptischer Migrant_innen (siehe Tabelle "Ägyptische Migrant_innen im Nahen Osten und Nordafrika"). Neben dem wirtschaftlichen Wandel haben auch Krieg und Politik die ägyptische Arbeitsmigration beeinflusst: Zum Beispiel führte der Interner Link: Einmarsch irakischer Truppen in Kuwait 1990 zum Exodus der gesamten dort lebenden ägyptischen Gemeinschaft. Ebenfalls ist seit dem Interner Link: Sturz von Muammar al-Gaddafi im Jahr 2011 und dem darauffolgenden Bürgerkrieg Libyen kein wichtiges Zielland ägyptischer Arbeitsmigrant_innen mehr.
Tabelle 1: Ägyptische Migrant_innen im Nahen Osten und Nordafrika (MENA-Region) 2016
Die ägyptische Diaspora als Chance – und Bedrohung?
Millionen Ägypter_innen sind auch in westliche Länder ausgewandert, insbesondere nach dem Ende der Nasser-Ära und der darauffolgenden Aufhebung von Auswanderungshindernissen. Insbesondere die Wiederbelebung des Interner Link: politischen Islams in Ägypten und im Nahen Osten ab Anfang der 1970er Jahre führte zur Auswanderung einer großen Zahl ägyptischer Kopten in den Westen. Kopten haben insbesondere in Nordamerika lautstarke Diasporagemeinschaften geschaffen, die versuchen, die Interessen der Christen in Ägypten zu verteidigen. Angesichts zunehmend strenger Einwanderungskontrollen in Europa haben Ägypter_innen seit Mitte der 1970er Jahre versucht, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen. Dadurch sind in Südeuropa große Gemeinschaften von gering qualifizierten ägyptischen Migrant_innen entstanden (siehe Tabelle).
Tabelle 2: Ägyptische Staatsangehörige und ihre Nachkommen außerhalb der MENA-Region 2016
Gemäß Gesetz 111 (1983) über "Auswanderung und Unterstützung der Ägypter im Ausland" behandelt der ägyptische Staat jeden in arabischen Ländern lebenden Bürger als "temporären Arbeitswanderer", während nach Australien, Europa, Nordamerika oder anderswohin ausgewanderte Ägypter_innen als "dauerhafte Migrant_innen" gelten. Dies hat zu einer mehrstufigen Auswanderungspolitik geführt, die den in westlichen Ländern lebenden Ägypter_innen Priorität einräumt – und zwar auf Kosten derjenigen, die in arabischen Ländern leben. Ägypten entwickelte nach und nach eine Diasporapolitik, um den Bedürfnissen und Wünschen seiner "dauerhaften Auswanderer_innen" gerecht zu werden. Politische Entscheidungsträger_innen betrachten diese Interner Link: Diaspora als wohlhabend, gebildet und erfolgreich. Sie entwickelten daher Instrumente innerhalb des Außenministeriums und anderer Agenturen, um das Interner Link: Potenzial dieser Diaspora zu nutzen, die Rückkehr nach Ägypten zu fördern und das Phänomen der Abwanderung von talentierten Fachkräften ("Brain Drain") umzukehren. Nach der Revolution von 2011 gewährte Ägypten ausgewanderten Ägypter_innen das Recht, bei Parlamentswahlen aus dem Ausland abzustimmen.
Das Verhältnis der Regierung zur Diaspora ist jedoch angespannt, da die ägyptischen Gemeinschaften im Westen nicht gezögert haben, Proteste gegen die Politik der ägyptischen Regierung zu organisieren. Eine Massenmobilisierung der Auslandsägypter_innen fand jedoch lange Zeit nicht statt. Sie wurde verhindert durch Spaltungen innerhalb der Diaspora entlang sozialer, politischer, ideologischer und religiöser Linien sowie dem Wunsch der im Ausland lebenden Ägypter_innen, ohne Angst vor Verhaftung oder Repressalien in ihr Herkunftsland zurückkehren zu können. Dies änderte sich im Kontext der ägyptischen Revolution 2011, als Diaspora-Organisationen im Westen vermehrt und lautstark demonstrierten, um den Interner Link: (kurzlebigen) Demokratisierungsversuch Ägyptens zu unterstützen. Nach Ende des Mubarak-Regimes errangen die Muslimbrüder bei den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen 2011/2012 große Erfolge. Dieser Demokratisierungsversuch endete 2013 mit der Absetzung von Präsident Mohammed Morsi durch die Armee und mit der offiziellen Interner Link: Rückkehr des ägyptischen Militärs an die Macht. Sie führte zu einer weiteren Auswanderungswelle – diesmal von Mitgliedern der Interner Link: Muslimbruderschaft (Ikhwan), die ihrer Verfolgung insbesondere durch Flucht in die Türkei und nach Katar entgehen wollten. Die militärische Intervention von 2013 löste eine tiefe politische Polarisierung im Land aus, die sich im Ausland widerspiegelt: Die ägyptischen Diasporagemeinschaften sind in Bezug auf die Legitimität der Militärherrschaft tief gespalten. Gleichzeitig nehmen Berichte über Belästigungen und Verhaftungen von im Ausland lebenden Ägypter_innen zu, vor allem in den Golfstaaten. Erst im Juli 2019 wurden in Kuwait acht Migranten verhaftet, die angeblich der Muslimbruderschaft angehörten, und an Ägypten ausgeliefert, wo ihnen lange Haftstrafen drohen.
Umgang mit Eingewanderten und Flüchtlingen
Es besteht ein scharfer Kontrast zwischen der Regulierung und Institutionalisierung der ägyptischen Auswanderungs- und Diasporapolitik und der ägyptischen Flüchtlings- und Einwanderungspolitik. Obwohl Ägypten die Interner Link: Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, das Interner Link: Protokoll über die Rechtsstellung der Flüchtlinge von 1967 und die Flüchtlingskonvention der Interner Link: Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) von 1969 unterzeichnet hat, hat das Land die damit verbundenen Verpflichtungen bislang nur ad hoc umgesetzt. Formale Richtlinien in Bezug auf Migrant_innen und Flüchtlinge fehlen im Allgemeinen. In Bereichen, in denen solche Vorschriften vorliegen, duldet die Regierung häufig informelle Praktiken, die ihnen zuwiderlaufen. Viele Flüchtlinge finden beispielsweise informell eine Beschäftigung in verschiedenen Sektoren, einschließlich häuslicher Pflege, Landwirtschaft oder Dienstleistungen. Gemeindebasierte Organisationen, die von Migranten oder Flüchtlingen gegründet wurden, sind ebenfalls weit verbreitet (wie Tadamon – The Egyptian/Refugee Multicultural Council, ein unabhängiges, unpolitisches Netzwerk der Zivilgesellschaft, das sich für das Wohlergehen marginalisierter Flüchtlinge einsetzt) – obwohl sie nicht offiziell bei staatlichen Behörden registriert sind. Das Schicksal von Flüchtlingsgemeinschaften hängt allzu häufig von der Verschiebung politischer Bedingungen ab.
Während Ägypten vor 1952 Ausländer_innen ein einladendes Zuhause bot – einschließlich blühender Gemeinschaften griechischer Ägypter_innen, italienischer Ägypter_innen und Syrer_innen –, trug Interner Link: die Welle des Nationalismus, die die Revolution der "Freien Offiziere" von 1952 begleitete, unter Präsident Nasser zum Niedergang des kosmopolitischen Ägyptens und zur Verringerung der Einwanderung bei. Die einzige Ausnahme bildete die Zuwanderung palästinensischer Flüchtlinge: Obwohl ihnen kein Schutz durch formelle UN-Institutionen gewährt wurde, erfuhren sie von Nassers Regime Unterstützung, was der antizionistischen Rhetorik und arabischen Solidaritätserzählung des Regimes entsprach. Ende der 1970er Jahre hatte sich die Situation der Palästinenser_innen in Ägypten jedoch erheblich geändert, da Ägyptens Präsident Sadat die Beziehungen zu Israel mit dem Interner Link: Camp-David-Abkommen von 1978, einem bilateralen Friedensvertrag mit Israel, normalisierte. Infolge der Annäherung an Israel verloren die Palästinenser_innen in Ägypten eine Reihe von Rechten, einschließlich des Rechts auf legalen Aufenthalt, Beschäftigung und den Besitz von Eigentum. Dies stellte vor allem Palästinenser_innen ohne ägyptische Staatsbürgerschaft (die hauptsächlich durch Heirat mit ägyptischen Staatsangehörigen erworben wurde), die ihren Flüchtlingsstatus beibehielten, vor Probleme. Heute leben rund 300.000 Palästinenser_innen in Ägypten. Die ägyptisch-israelische Zusammenarbeit hat dazu beigetragen, die Blockade des Gazastreifens aufrechtzuerhalten, die seit 2007 besteht, als die Interner Link: Hamas – ein Ableger der Muslimbruderschaft – im Gazastreifen die Macht übernahm. Seitdem hindern die strengen Grenzkontrollen Ägyptens in der Grenzstadt Rafah Palästinenser_innen für Wochen oder Monate daran, den Gazastreifen zu erreichen.
Die Beziehungen Ägyptens zu Israel wirkten sich auch auf den Umgang mit Flüchtlingen aus Ländern südlich der Sahara aus: Durch die geheimdienstliche und militärische Zusammenarbeit mit Israel soll verhindert werden, dass Afrikaner_innen, die Ägypten durchqueren – insbesondere Sudanes_innen, Äthiopier_innen und Eritreer_innen – Israel erreichen, um dort Asyl zu suchen. Tatsächlich ist das Schicksal der sudanesischen Gemeinschaft in Ägypten historisch mit der Politik verknüpft. Bis 1995 durften sudanesische Staatsangehörige ohne Visum nach Ägypten einreisen und hatten dort uneingeschränkten Zugang zu Beschäftigung, Bildung und Krankenversicherung sowie das Recht auf Eigentum. Diese Rechte wurden durch das bilaterale Wadi El Nil-Abkommen von 1976 gesichert, das die Zusammenarbeit zwischen Ägypten und dem Sudan stärken sollte. Das Attentat auf den ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak im Jahr 1995 – angeblich von sudanesischen Islamisten verübt – führte jedoch zur Aufhebung des Abkommens und zu einer allmählichen Zunahme von Menschenrechtsverletzungen gegen in Ägypten lebende Sudanes_innen. Seit 1995 ist es nur einem Bruchteil der nach Ägypten eingereisten Sudanes_innen gelungen, sich beim Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) als Flüchtling registrieren zu lassen. Indessen hat Ägypten das bilaterale sogenannte "Vier Freiheiten-Abkommen" aus dem Jahr 2004, das Bürger_innen beider Staaten Freizügigkeit über die gemeinsame Grenze und das Recht auf Wohnsitz, Arbeit und Eigentum gewährt, nicht umgesetzt. Es ist insgesamt schwierig, die Zahl der in Ägypten lebenden Sudanes_innen zu bestimmen – Schätzungen reichen von 750.000 bis vier Millionen.
Schließlich beherbergt Ägypten auch eine große Zahl syrischer Flüchtlinge. Unmittelbar nach den Ereignissen des Arabischen Frühlings 2011 und dem Beginn des Interner Link: Bürgerkriegs in Syrien hieß die Regierung der Muslimbruderschaft Syrer_innen willkommen. Sie durften ohne Visum nach Ägypten einreisen, sich mit einem Touristenvisum drei Monate lang im Land aufhalten und sich beim UNHCR registrieren. Als das Militär Mitte 2013 wieder an die Macht kam, verschärfte Ägypten seine Haltung und verpflichtete Syrer_innen, vor ihrer Ankunft ein Visum zu beantragen und sich bei der Regierung zu melden, sobald ihr Visum abgelaufen war. Im August 2019 lebten laut UNHCR 130.371 registrierte Syrer_innen in Ägypten. Nach Schätzungen der ägyptischen Regierung beläuft sich die Gesamtzahl syrischer Staatsangehöriger im Land auf 300.000.
Insgesamt zeigt der Blick auf die ägyptische Migrationspolitik, wie komplex das Management verschiedener Formen der grenzüberschreitenden Mobilität im globalen Süden ist: Außenpolitischer Druck interagiert mit inländischen wirtschaftlichen Bedürfnissen in einem sich wandelnden geopolitischen Kontext, in dem das Erbe der Vergangenheit weiterhin eine wichtige Rolle spielt. Ein roter Faden der ägyptischen Politik (oder in bestimmten Aspekten der Nichtpolitik) ist die Instrumentalisierung der Migration – sei es zu Zwecken der Interner Link: Soft Power, der bilateralen Zusammenarbeit oder des wirtschaftlichen oder innenpolitischen Gewinnstrebens.
Dr. Gerasimos Tsourapas ist außerordentlicher Professor für Nahostpolitik an der Universität Birmingham. Seine Forschung konzentriert sich auf Migrations-, Flüchtlings- und Diasporapolitik im Nahen Osten. Er ist Autor des Buches The Politics of Migration in Modern Egypt: Strategies for Regime Survival in Autocracies (Cambridge University Press, 2019). Sein zweites Buch mit dem Titel Migration Diplomacy in the Middle East – Power, Cross-Border Mobility, and the State erscheint in Kürze bei Manchester University Press.
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