Migrationspolitische Veränderungen unter der Regierung Obama und im ersten Jahr der Präsidentschaft Donald Trumps | Regionalprofil Nordamerika | bpb.de
Migrationspolitische Veränderungen unter der Regierung Obama und im ersten Jahr der Präsidentschaft Donald Trumps
Casey Tran
/ 27 Minuten zu lesen
Link kopieren
Das Thema Einwanderung ist in den USA umstritten. Spätestens seit den Terroranschlägen im Jahr 2001 wird es zunehmend mit Diskussionen über die innere Sicherheit des Landes verknüpft. Dies galt sowohl unter dem ehemaligen Präsidenten Barack Obama als auch unter seinem Nachfolger Donald Trump, der seit seinem Amtsantritt im Januar 2017 eine restriktive Migrationspolitik verfolgt.
Die Interner Link: Vereinigten Staaten haben die größte Einwandererbevölkerung der Welt und behalten weiterhin ihren Status als Einwandernation. Im Jahr 2015 lebten schätzungsweise 43,3 Millionen Menschen in den USA, die zum Zeitpunkt ihrer Geburt nicht die US-amerikanische Staatsbürgerschaft besaßen (foreign born) – dazu zählen sowohl Eingebürgerte, dauerhaft Niedergelassene, temporär Zugewanderte, humanitäre Migranten als auch Migranten, die sich ohne Erlaubnis in den Vereinigten Staaten aufhalten. Der US-amerikanischen Statistikbehörde (U.S. Census Bureau) zufolge wird im Jahr 2060 jeder fünfte Einwohner der USA zu dieser Bevölkerungsgruppe zählen.
Nach Angaben des Heimatschutzministeriums (Department of Homeland Security) erhielten im Jahr 2015 1.051.031 Personen eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis in den USA. Eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis kann auf zwei Arten erworben werden: Entweder direkt bei der Einreise oder in Form einer Veränderung des Aufenthaltsstatus von Personen, die sich bereits in den USA aufhalten. Abbildung 1 zeigt die Entwicklung der Vergabe dauerhafter Aufenthaltsgenehmigungen zwischen 2006 und 2015.
Ausländer, die im Jahr 2015 eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhielten, kamen vor allem aus Asien (40 Prozent), Nordamerika (35 Prozent) und Afrika (10 Prozent). Das Hauptgeburtsland war Mexiko, gefolgt von China, Indien, den Philippinen und Kuba (siehe Abbildung 2).
Die meisten Personen, die 2015 eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis erhielten, lebten in Kalifornien (209.568). Familienzusammenführung ist der wichtigste Grund für die Ausstellung einer dauerhaften Aufenthaltsgenehmigung. Dies gilt sowohl für direkte Verwandte von US-amerikanischen Staatsbürgern (ca. 40 Prozent) als auch für Familienmitglieder, die im Rahmen des Externer Link: Präferenzsystems ein Visum erhalten (20 Prozent). Obwohl die Aufnahme von Flüchtlingen nur 11 Prozent der im Jahr 2015 ausgestellten dauerhaften Aufenthaltserlaubnisse ausmachte, ist die Zahl dennoch relevant, da sie hinter Aufenthaltserlaubnissen aus wirtschaftlichen Gründen (14 Prozent) die viertwichtigste Aufnahmekategorie stellte (siehe Abbildung 3).
Arbeitsmigration
Abbildung 2: 10 Hauptgeburtsländer von Personen, die 2015 eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung für die USA erhielten (bpb)
Die USA haben eine lange Tradition der Beschäftigung zugewanderter Arbeitskräfte, insbesondere qualifizierter Arbeitnehmer. Der US-amerikanischen Statistikbehörde zufolge stellten im Ausland geborene Arbeitskräfte mit 27 Millionen Personen im Jahr 2016 17 Prozent aller Arbeitskräfte in den USA. Während Eingewanderte in keiner Branche die Mehrheit der Arbeitskräfte stellen, gibt es dennoch einige Sektoren, die stärker von Arbeitsmigranten abhängen als andere. Laut dem Forschungsinstitut Pew Research Center weisen Sektoren wie Privathaushalte, die Textil-, Bekleidungs- und Lederindustrie sowie die Landwirtschaft den größten Anteil an zugewanderten Arbeitskräften auf.
Um qualifizierte ausländische Arbeitskräfte anzuwerben, schuf die Interner Link: Obama-Regierung ein Programm, das die Visumerteilung an Ausländer erleichterte, die in den USA investieren oder einer Externer Link: postsekundären Ausbildung (z.B. an einem College oder einer Universität) in den Bereichen Naturwissenschaften, Technologie, Ingenieurwesen und Mathematik nachgehen. Im Jahr 2016 schob Obama ein "Start-up-Visum" an, das sich an zuwandernde Unternehmer richtete und die wirtschaftliche Entwicklung sowie die Schaffung von Arbeitsplätzen in den USA fördern sollte.
Abbildung 3: 2015 ausgestellte dauerhafte Aufenthaltserlaubnisse für die USA nach Ausstellungsgrund (bpb)
Vor 2014 hatte die Obama-Regierung bereits die Rechte derjenigen, die im Besitz eines Visums für eine temporäre Beschäftigung in den USA (H1-B Visum) waren, ausgeweitet. Ihnen wurde mehr Flexibilität für die Rückkehr ins Herkunftsland und einen Jobwechsel zugesprochen; ihren Ehepartnern wurden ebenfalls Möglichkeiten gewährt, eine Arbeitsgenehmigung zu erhalten, und der Zugang zu einer Green Card wurde erleichtert. Für einige Einwanderer waren und sind das willkommene Nachrichten. Gegner des H1-B-Visumprogramms kritisierten, dass es von Arbeitgebern genutzt würde, um billige Arbeitskräfte auf Kosten von Berufsaussichten von Amerikanern und zu Lasten des Lohnniveaus zu beschäftigen, da die meisten der ausgestellten Visa an Unternehmen gingen, die bestimmte Aufgaben oder ganze Geschäftsfelder an externe Dienstleister auslagern.
Im April 2017 unterzeichnete Präsident Obamas Nachfolger, Interner Link: Donald Trump, die Präsidentenverfügung "Buy American and Hire American" , um die von ihm geteilte Kritik am H1-B-Visum zu adressieren. Dieser Erlass reformiert das bestehende Lotteriesystem für die Vergabe von H1-B-Visa zugunsten der Ausstellung von Visa an hochqualifizierte und hochbezahlte Arbeitskräfte. Trump war bereits im Präsidentschaftswahlkampf mit dem Versprechen angetreten, amerikanische Jobs wieder herzustellen, die aufgrund des globalen Interner Link: Outsourcings verlorengegangen waren. Seine Präsidentenverfügung sah zudem vor, dass amerikanische Unternehmen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge bevorzugt werden sollen.
Am 2. August 2017 gab Trump seine Unterstützung für den RAISE Act (Reforming American Immigration for Strong Employment Act) bekannt, einen Gesetzentwurf der republikanischen Senatoren Tom Cotton und David Perdue. Der Entwurf sieht im Zeitraum von zehn Jahren eine Halbierung der legalen Einwanderung in die USA (durch die Begrenzung des Familiennachzugs) und die Etablierung eines leistungsabhängigen Einwanderungssystems vor, das hochqualifizierte Einwanderer bevorzugt, ähnlich den Systemen in Interner Link: Australien und Interner Link: Kanada. Während die Anwerbung hochqualifizierter Arbeitskräfte eine Priorität darstellt, sind bestimmte Branchen wie die Landwirtschaft von niedrigqualifizierten Arbeitskräften abhängig. Die Zahl der angenommenen Anträge für die temporäre Zuwanderung von Arbeitskräften in der Landwirtschaft (H-2A-Visa) stieg 2017 um 36 Prozent im Vergleich zum Vorjahr und macht die höhere Abhängigkeit der Landwirte von ausländischen Arbeitskräften deutlich. Schätzungsweise 48 bis 70 Prozent der in Kalifornien in der Landwirtschaft beschäftigten Arbeitskräfte sind irreguläre Migrantinnen und Migranten.
Umfassende Einwanderungsreform und die zunehmende Verknüpfung von sicherheitspolitischen Überlegungen mit Einwanderungspolitik
Seit den Terroranschlägen am Interner Link: 11. September 2001 ist die unerlaubte Einreise zunehmend als Risiko für die nationale Sicherheit eingeordnet worden. Politische Entscheidungsträger haben Grenzsicherung und Grenzmanagement mehr Aufmerksamkeit geschenkt und die Öffentlichkeit ist immer weniger bereit, irreguläre Einwanderung hinzunehmen. Im Jahr 2015 lebten schätzungsweise elf Millionen irreguläre Einwanderer in den USA.
Im Laufe der letzten zehn Jahre wurde in den USA um eine umfassende Reform des Einwanderungssystems (comprehensive immigration reform, CIR) gerungen, die nicht nur den Grenzschutz erhöht, sondern irregulären Einwanderern auch Möglichkeiten eröffnet, ihren Aufenthalt zu legalisieren. Zudem soll sie einen Rahmen schaffen, um die Beschäftigung ausländischer Arbeitskräfte besser mit den aktuellen und zukünftigen Bedarfen des Arbeitsmarkts abzustimmen. Obwohl die Ziele der Einwanderungsreform feststehen, gestaltet sich der Weg hin zu einer solchen Reform nicht geradlinig angesichts der Tatsache, dass der letzte größere diesbezügliche Rechtsakt, der Immigration Reform and Control Act (IRCA), 1986, also vor mehr als drei Jahrzehnten verabschiedet wurde. Mehrere Einwanderungsgesetze, die seither verabschiedet wurden, dienten hauptsächlich der Kriminalisierung von Einwanderern, wie der Immigration Act von 1990, der Illegal Immigration Reform and Immigrant Responsibility Act von 1996 und der U.S Patriot Act von 2001.
Obwohl es Obama im November 2012 gelang, für eine zweite Amtszeit ins Präsidentenamt wiedergewählt zu werden, scheiterten zwei Versuche, das Einwanderungssystem zu reformieren. Ein Anlauf war der parteiübergreifende Versuch, den Gesetzentwurf S.744, bekannt als Border Security, Economic Opportunity, and Immigration Modernization Act, durchzusetzen. Dieser Gesetzesentwurf war von der "Gang of Eight" eingebracht worden, einer Gruppe bestehend aus vier demokratischen und vier republikanischen Senatsmitgliedern. Das Gesetz hätte es irregulären Einwanderern, die vor 2012 in die USA eingereist waren, erlaubt, unter bestimmten Bedingungen (u.a. Straffreiheit, Nachweis einer Beschäftigung, Rückzahlung von Steuern) im Land zu verbleiben ohne Angst, abgeschoben zu werden. Nach zehn Jahren hätten sie eine Green Card und damit ein Daueraufenthaltsrecht erhalten und nach weiteren drei Jahren Wartezeit die US-amerikanische Staatsangehörigkeit beantragen können. Im Rahmen des "DREAM Acts" (Development, Relief, and Education for Alien Minors Act) hätten Jugendliche – auch DREAMers genannt – die Möglichkeit erhalten, bereits nach fünf Jahren eine Green Card zu erwerben und kurz darauf auch US-Bürger zu werden. Arbeitskräfte in der Landwirtschaft wären auch nach fünf Jahren berechtigt, eine Green Card zu erhalten, hätten allerdings nicht unmittelbar darauf die Möglichkeit erhalten, die US-amerikanische Staatsangehörigkeit zu erwerben. Der Gesetzesentwurf der "Gang of Eight" wurde zwar im Juni 2013 vom Senat verabschiedet, aber nicht im Repräsentantenhaus, der zweiten Kammer des Kongresses, verhandelt, womit die Hoffnungen auf eine Einwanderungsreform zunichte gemacht wurden.
Den zweiten Anlauf für eine Einwanderungsreform machte die Obama-Regierung im November 2014. Mittels eines Präsidentenerlasses weitete sie die Richtlinie Deferred Action for Childhood Arrivals (DACA) aus, die 2012 eingeführt worden war.
Durch die Verfügung wurde die Zeitspanne von zwei auf drei Jahre erweitert, in der Abschiebungen von irregulären Einwanderern ausgesetzt sind und in der sie legal arbeiten dürfen. Dies gilt für Personen, die vor dem 16. Lebensjahr in die USA gekommen sind und seit 2010 dort leben. Außerdem weitete der Erlass ähnliche Schutzgarantien auch auf Eltern von US-Bürgern und Green Card-Inhabern aus, die seit 2010 kontinuierlich in den USA gelebt haben. Der Widerstand gegen diese Präsidentenverfügung erfolgte unmittelbar; Gegner argumentierten, dass der Präsident keine Befugnis habe, mit dem Erlass im Alleingang zu entscheiden. Der Präsidentenerlass wurde vor die Gerichte gebracht. Im November 2015 entschied das Bundesberufungsgericht (Federal Appeals Court), dass der Präsident seine Macht überschritten habe. Im Juni 2016 blockierte der Oberste Gerichtshof (Supreme Court) Obamas Verfügung, wodurch die Hoffnung auf eine Ausweitung des DACA-Programms und einen signifikanten Rechtsakt für eine Einwanderungsreform schwand, der irreguläre Einwanderer vor der Abschiebung geschützt hätte.
Beide Reformversuche von 2013 und 2014 hätten, sofern sie erfolgreich gewesen wären, das Leben irregulärer Einwanderer in den USA verändert. Die Rechtsakte enthielten allerdings auch wichtige Bestimmungen zur Verstärkung des Grenzschutzes. Der Border Security, Economic Opportunity, and Immigration Modernization Act sah 46 Milliarden US-Dollar für die Grenzsicherheit vor: unter anderem zur Finanzierung eines 700 Meilen langen Zauns (zusätzlich zu den bereits bestehenden Zäunen) entlang der Grenze zu Mexiko , zur Einrichtung eines Systems, das biometrische Daten von Personen erfassen sollte, die die USA verlassen, sowie zur Beschäftigung von 20.000 zusätzlichen Grenzschützern. Außerdem sollten technische Sicherheitsmaßnahmen ausgebaut werden (u.a. Bodensensoren, Video- und mobile Überwachsungssysteme). Obamas Präsidentenerlass von 2014 hätte ebenfalls die Aufstockung des Grenzschutzpersonals bedeutet, ebenso wie Veränderungen bei den Einwanderungs- und Zollbehörden (Immigration and Customs Enforcement, ICE). Diese hätten dazu geführt, dass die Befugnisse des Personals stärker an diejenigen traditioneller Strafverfolgungsbeamter angepasst worden wären.
Außerdem stieg unter der Obama-Regierung die Gesamtzahl der Abschiebungen stärker an als unter vorherigen Präsidenten. Statt auf die Abschiebung von Familien legte Obama einen Schwerpunkt auf die Rückführung von Kriminellen bzw. Verurteilten sowie erst kürzlich irregulär in die USA Eingewanderten.
Die Trump-Regierung hat die Verknüpfung sicherheitspolitischer Bestrebungen mit der Politik gegenüber irregulärer Migration (man spricht hier auch von einer "Versicherheitlichung" der Migrationspolitik) fortgesetzt und legt ebenfalls einen Schwerpunkt auf die Abschiebung von Personen, die sich unerlaubt in den USA aufhalten und gegen die Strafanzeigen vorliegen bzw. die bereits strafrechtlich verurteilt worden sind – ein zentrales Element in Trumps Präsidentschaftswahlkampf. Am 17. Februar 2017 gab es in den USA einen "Tag ohne Einwanderer" ("Day without Immigrants") als Antwort auf die Versicherheitlichungsagenda der Trump-Regierung. An diesem Tag blieben von Einwanderern geführte Geschäfte geschlossen und eingewanderte Arbeitskräfte gingen nicht zur Arbeit. Sie wollten zeigen, welchen Einfluss Einwanderer auf die amerikanische Wirtschaft haben, aber auch, um gegen die harte politische Linie gegenüber irregulären Einwanderern zu demonstrieren. Durch den "Präsidentenerlass 13769" erhöhte die Trump-Regierung die Zahl der für die Abschiebung zuständigen Beamten, beschnitt öffentliche Zuwendungen für sogenannte Zufluchtsstädte (Sanctuary Cities) und veröffentlichte kriminelle Handlungen von irregulären Einwanderern.
Am 20. Juli 2017 brachten die Senatoren Dick Durbin und Lindsey Graham einen parteiübergreifenden Gesetzesentwurf des DREAM Acts ein – ein weiterer Versuch, irregulären Migranten, die bereits als Kinder in die USA gekommen sind, Zugang zu einer legalen Aufenthaltserlaubnis zu verschaffen. Die Notwendigkeit, dass sich der Kongress mit dieser Thematik befasst, wurde auch dadurch erhöht, dass Donald Trump am 5. September 2017 verkündete, dass das DACA-Programm (siehe oben) nur noch sechs Monate laufe und dann eingestellt werde. Er drängte darauf, dass der Kongress eine Alternative vorlegen solle. Als Reaktion reichten 15 Bundesstaaten und der District of Columbia Klage gegen die US-Regierung ein mit dem Ziel, das Vorgehen zu unterbinden. Am 14. September wurde berichtet, dass die Demokraten und Trump sich in der Frage eines Beschlusses über DACA annäherten. Es ist jedoch bislang nicht klar, welche Zugeständnisse beide Seiten machen werden, um den Rechtsschutz der betroffenen jugendlichen DREAMer zu gewährleisten.
Die Trump-Regierung hat bereits die Planung, Entwicklung und Konstruktion einer Mauer entlang der Südgrenze der USA angestoßen, ein weiteres Versprechen aus dem Präsidentschaftswahlkampf. Im Juli verabschiedete das Repräsentantenhaus einen Finanzierungsbeschluss, der 1,6 Milliarden US-Dollar für die Finanzierung der Mauer zur Verfügung stellt. Es ist jedoch fraglich, ob Trump diese Summe für sein Vorhaben tatsächlich zugesprochen wird, da noch die Zustimmung des Senats erforderlich ist.
Die Sicherheitsagenda der Trump-Regierung sieht auch die Einrichtung von Haftanstalten für irreguläre Einwanderer vor, ebenso wie die Beendigung der "catch-and-release"-Praxis. Diese sieht vor, dass papierlose Einwanderer freigelassen werden, während sie auf die Anhörung vor Gericht warten. Zudem sollen staatliche und örtliche Vollstreckungsbehörden mehr Befugnisse erhalten, um auch Aufgaben von Einwanderungsbehörden übernehmen zu können. Darüber hinaus wurden Visa- und einreisebezogene Sicherheitsmaßnahmen eingeführt. Die Trump-Regierung setzte das "Interview Waiver Program" aus, wodurch nun, außer in wenigen Ausnahmen, alle Personen, die ein Visum für einen Kurzaufenthalt in den USA z.B. als Au-pair (Externer Link: nonimmigrant visa) beantragen, zu einem persönlichen Visum-Interview verpflichtet sind.
Im Januar 2017 verabschiedete die Trump-Regierung einen 90-tägigen Einreisestopp für Bürger aus sieben muslimischen Ländern: Syrien, Iran, Irak, Libyen, Sudan, Jemen und Somalia. Daraufhin kam es in Städten und an Flughäfen zu Massenprotesten. Kritiker prangerten den Einreisestopp als Diskriminierung gegenüber Einwanderern aus muslimischen Ländern an. Bei Reisenden und ihren Familien sorgten die Maßnahmen für Verwirrung und Chaos, da einige von ihnen an den Flughäfen festgehalten oder davon abgehalten wurden, ins Flugzeug zu steigen. Ausländische Regierungen zeigten Unverständnis für die Durchsetzung dieser Regeln gegenüber ihren Staatsangehörigen. Der Einreisestopp wurde vor Gericht gebracht. Am 28. Januar hob ein Richter aus New York den Einreisestopp teilweise auf. Einen Tag später verhängte ein Richter aus Massachusetts eine einstweilige Verfügung und blockierte damit den Einreisestopp. Im Februar lockerte die Trump-Regierung das Einreiseverbot für Green Card-Inhaber, dennoch erlitt sie einen weiteren Rückschlag, als der Richter eines US-Bezirksgerichts den Einreisestopp landesweit aufhob. Die Richter sprachen sich auch dagegen aus, das Einreiseverbot wieder in Kraft zu setzen.
Im März erließ die Trump-Regierung einen zweiten Einreisestopp, der den ersten ersetzen sollte. Irak wurde dabei von der Liste der vom Einreiseverbot betroffenen Länder gestrichen. Folglich bezog sich das Einreiseverbot noch auf Bürger der Staaten Iran, Libyen, Somalia, Sudan, Syrien und Jemen, die für einen Zeitraum von 90 Tagen kein Visum für die USA mehr beantragen konnten. Zudem setzte Trump die Aufnahme von Flüchtlingen für 120 Tage aus. Wieder wurde der Einreisestopp durch Gerichtsentscheidungen blockiert. Als Reaktion legte die Trump-Regierung Berufung beim Supreme Court, dem obersten Gerichtshof der Vereinigten Staaten, ein. Am 26. Juni entschied dieser, dass Teile des Einreiseverbots wieder in Kraft zu setzen seien. Allerdings erklärten die Richter, dass der Einreisestopp nicht diejenigen betreffen dürfe, die glaubwürdige Beziehungen mit einer natürlichen oder einer juristischen Person in den Vereinigten Staaten geltend machen könnten. Dies bedeutet, dass Verwandte, Mitarbeiter von Unternehmen und Studierende an amerikanischen Universitäten weiterhin in die USA einreisen dürfen. Die Trump-Regierung beschränkte die Definition von Verwandten auf Ehepartner, Kinder, Eltern, Geschwister und Verlobte und nahm andere Familienangehörige wie Großeltern von der Definition aus. Am 13. Juli entschied ein Richter in Honolulu, dass vom Einreiseverbot auch andere Verwandte US-amerikanischer Staatsangehöriger wie Großeltern, Onkel und Tanten, Cousins und Cousinen, Neffen und Nichten ausgenommen werden müssten.
Gegner des Einreisestopps äußerten die Sorge, dass Flüchtlinge aufgrund des Einreiseverbots im Ausland stranden würden, da sie keine glaubhaften Beziehungen in den USA nachweisen könnten. Am 7. September wies ein Berufungsgericht Trumps Einreiseverbot für Flüchtlinge zurück mit der Begründung, dass ihre Beziehung mit der für das Interner Link: Resettlement zuständigen Agentur ausreichen sollte, um sie vom Verbot der Einreise in die USA auszunehmen. Der Supreme Court entschied jedoch einige Tage später, das Einreiseverbot für Flüchtlinge weiter aufrechtzuerhalten. Im weiteren Verlauf des Monats September erweiterte die Trump-Regierung die Liste der vom Einreisestopp betroffenen Staaten und nahm neben Tschad auch zwei nicht-muslimische Länder auf: Nordkorea und Venezuela.
Antworten auf humanitäre Krisen
Die USA haben das größte Resettlement-Programm der Welt. Der Präsident legt in Beratung mit dem Kongress und anderen Regierungsagenturen die jährlichen Aufnahmequoten fest. Diese Quoten enthalten auch Bestimmungen über Länder oder Weltregionen, aus denen Flüchtlinge aufgenommen werden sollen.
Während Obamas zweiter Amtszeit (2012-2016) blieb die jährliche Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme im Zeitraum 2013 bis 2015 unverändert (siehe Abbildung 4). Erst 2016 wurde sie von 70.000 auf 85.000 angehoben – im Wesentlichen als Reaktion auf die Interner Link: globale Flüchtlingskrise, die durch die zunehmende Zahl an Syrern, die vor Gewalt und Konflikt flohen, verstärkt wurde. Nach Angaben des Interner Link: UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) waren bis 2017 fünf Millionen Menschen aus Syrien in benachbarte und andere Länder geflohen. Unter Druck durch die internationale Gemeinschaft, sich angemessen an der Aufnahme von Flüchtlingen zu beteiligen, verkündeten die USA im September 2015, dass sie 10.000 syrische Flüchtlinge über den Weg des Resettlement aufnehmen würden , eine Zielmarke, die sie im Haushaltsjahr 2016 (fiscal year, FY) mit der Aufnahme von 12.587 Flüchtlingen überschritten. Insgesamt nahmen die USA 2016 84.994 Flüchtlinge auf. Die drei Hauptherkunftsländer waren die Interner Link: Demokratische Republik Kongo (19 Prozent), Interner Link: Syrien (15 Prozent) und Interner Link: Myanmar (15 Prozent).
Die Demokraten unterstützten die Entscheidung, 10.000 syrische Flüchtlinge aufzunehmen. Menschenrechtsgruppen hielten diese Zahl allerdings für zu niedrig. Aufgrund ihrer Bevölkerungsgröße und Wirtschaftskraft könnten die USA eine größere Zahl an Flüchtlingen aufnehmen. Die Republikaner missbilligten die Entscheidung zur Flüchtlingsaufnahme und plädierten stattdessen für mehr Grenzkontrollen. Sie betonten zudem die Notwendigkeit, weitere Sicherheitsmaßnahmen zu beschließen, um Terroristen unter den Flüchtlingen ausfindig machen zu können. Einige Gouverneure US-amerikanischer Bundesstaaten lehnten die Entscheidung ebenfalls ab und äußerten die Sorge, dass die innere Sicherheit dadurch bedroht sei, dass Terroristen eine Möglichkeit geboten werde, in die USA zu gelangen. Die Obama-Regierung hielt dagegen, dass Flüchtlinge umfassendere Sicherheitsüberprüfungen durchlaufen müssten als jede andere Person, die in die USA einreise. Die durchschnittliche Bearbeitungszeit bis zur Aufnahme eines Flüchtlings kann zwei Jahre betragen.
Für das Haushaltsjahr 2017 planten die USA die Aufnahme von 100.000 Flüchtlingen. Diese Obergrenze wurde später aufgrund humanitärer Bedenken auf 110.000 angehoben. Während diese von der Obama-Regierung vorgesehene Obergrenze die USA dazu gebracht hätte, eine größere Verantwortung beim Resettlement von Flüchtlingen zu übernehmen, wurde die Höchstzahl der im Haushaltsjahr 2017 aufzunehmenden Flüchtlinge kurz nach Interner Link: Donald Trumps Amtsantritt im Januar 2017 auf 50.000 abgesenkt.
Abbildung 4: Zahl aufgenommener Flüchtlinge (Resettlement) in den USA in den Haushaltsjahren 2000–2015 (bpb)
Im Laufe des ersten Monats im Amt erließ die Trump-Regierung die Präsidentenverordnung 13769, bekannt als Erlass zum Schutz der Nation gegen die Einreise ausländischer Terroristen in die Vereinigten Staaten (Protecting the Nation From Foreign Terrorist Entry into the United States). Damit sollte nicht nur die Obergrenze für das Resettlement abgeändert werden, sondern auch das Resettlementprogramm vorübergehend gänzlich ausgesetzt werden, wodurch Flüchtlinge für einen Zeitraum von 120 Tagen nicht über ein solches Programm in die USA einreisen durften. Darüber hinaus wurde mit dem Erlass die Überprüfung und Überarbeitung des Programms zur Flüchtlingsaufnahme angeordnet. Am 12. Juli 2017 erreichten die USA die Obergrenze von 50.000 aufgenommenen Flüchtlingen. Es wird erwartet, dass die Zahl von den USA aufgenommenen Flüchtlinge weiter sinken wird, da die Trump-Regierung bereits angekündigt hat, die Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme 2018 auf 45.500 senken zu wollen.
Derweil erlebt der nördliche Nachbar der USA, Kanada, seit Januar 2017 einen Anstieg der Asylsuchendenzahl, die mit Berichten einer zunehmenden Zahl unerlaubter Überschreitungen der kanadischen Grenze mit den USA einhergehen. Es wird angenommen, dass es sich bei den meisten kürzlich auf diesem Weg nach Kanada Eingereisten um Staatsangehörige Haitis handelt , denen 2010 in den USA ein temporärer Schutzstatus verliehen wurde (Temporary Protection Status, TPS) , der im Januar 2018 allerdings ausläuft, wodurch ihnen die Abschiebung droht.
Asylsuchende aus Zentralamerika
Die Entscheidung der Obama-Regierung, die Obergrenze für die Flüchtlingsaufnahme für das Haushaltsjahr 2016 anzuheben, ist auch vor dem Hintergrund der zunehmenden Zahl an Asylsuchenden aus Zentralamerika zu sehen, insbesondere aus der Region des "Nördlichen Dreiecks", bestehend aus Interner Link: El Salvador, Interner Link: Honduras und Interner Link: Guatemala. Diese Region ist von fortwährender Bandengewalt, politischer und wirtschaftlicher Instabilität sowie durch Naturkatastrophen ausgelöste Not geprägt – Faktoren, die zur anhaltenden Flucht von Einzelpersonen und ganzen Familien beigetragen haben.
2015 registrierten die USA die höchste Zahl an Asylanträgen (rund 83.000) seit 1996. In jenem Jahr wurden 26.124 Asylanträge entweder durch das Heimatschutzministerium oder das Justizministerium positiv beschieden, wobei die meisten der Asylantragsteller, denen Asyl gewährt wurde, aus China (23,7 Prozent), El Salvador (8,3 Prozent) und Guatemala (0,8 Prozent) kamen. Die Zahl der von Minderjährigen gestellten Asylanträge stieg 2015 gegenüber 2014 um 112 Prozent; die meisten der jungen Asylsuchenden stammten aus Guatemala und El Salvador. Nach Angaben des Heimatschutzministeriums wurden erstmals 2014 und erneut im Jahr 2016 mehr Menschen aus Zentralamerika als mexikanische Staatsangehörige an der Südgrenze der USA festgenommen. Statt alleinreisender Erwachsener bildeten nun unbegleitete Minderjährige und Familien die größten Gruppen derjenigen, die unerlaubt die südliche Grenze der USA überqueren wollten.
Trotz eines Versprechens Obamas im Jahr 2009, die Praxis der Familienhaft zu beenden, wurde als Reaktion auf die hohe Zahl von Neuankömmlingen aus Zentralamerika ein neues Einwanderungszentrum für Familien eröffnet. Kritiker protestierten gegen die strenge Durchsetzung von Abschiebungen von Zentralamerikanern während Obamas Regierungszeit.
Trotz der zunehmenden Verknüpfung von Migrations- und Sicherheitspolitik unter der Obama-Regierung gab es auch Anstrengungen, auf die humanitäre Krise in der zentralamerikanischen Region zu reagieren. Eine dieser Bemühungen war das Flüchtlingsprogramm für zentralamerikanische Minderjährige (Central American Minors (CAM) Refugee program) aus dem Jahr 2014. Dieses erlaubte Minderjährigen aus Honduras, El Salvador und Guatemala, die sich für das Programm qualifiziert hatten, eine sichere und legale Möglichkeit der Zusammenführung mit aufenthaltsberechtigten Familienmitgliedern in den USA, anstatt eine gefährliche Reise in die USA unternehmen zu müssen. 2016 wurden die Auswahlkriterien für das CAM-Flüchtlingsprogramm auf weitere Familienmitglieder von im Programm aufgenommenen Minderjährigen ausgeweitet. Die Trump-Regierung hat das Flüchtlingsprogramm allerdings im August 2017 beendet und 2.300 Anträge von minderjährigen Geflüchteten, die auf eine Zulassung warteten, widerrufen. Interessenvertretungen von Einwanderern argumentieren, dass das Beenden legaler Einwanderungsmöglichkeiten Minderjährige dazu veranlassen wird, die lebensgefährliche Reise in die USA anzutreten, weil dies der einzige Weg für sie ist, Asyl beantragen zu können.
Die Obama-Regierung hatte 2016 eine Kooperation mit Interner Link: Costa Rica angekündigt, um eine Transferschutzvereinbarung (protection transfer arrangement, PTA) einzurichten, die den UNHCR und die Interner Link: Internationale Organisation für Migration (IOM) einbezog. Im Rahmen dieser Vereinbarung sollten die gefährdetsten Asylbewerber aus der Region des "Nördlichen Dreiecks" durch die USA vorgeprüft werden. Anschließend koordinierten die beteiligten Akteure den Transfer der Bewerber nach Costa Rica, wo sie Schutz erhielten, während sie auf die Bearbeitung ihrer Anträge für die Aufnahme in den USA über das Resettlement-Programm warteten.
Kuba und bilaterale Beziehungen
Neben der globalen humanitären Krise haben auch bilaterale Beziehungen die US-amerikanische Flüchtlingspolitik geprägt. Ein Beispiel ist die Aufhebung der "Wet foot, dry foot"-Politik für kubanische Flüchtlinge durch die Obama-Regierung im Januar 2017. Diese Politik bestand seit mehr als zwei Jahrzehnten und erlaubte es Kubanern, denen es gelang, unerlaubt in die USA einzureisen, eine Aufenthaltserlaubnis zu erhalten, während diejenigen, die beim Versuch der Einreise in die USA über den Seeweg aufgegriffen wurden, wieder nach Interner Link: Kuba zurückgeschickt wurden. Diese Politik war ein Überbleibsel des Kalten Krieges, ursprünglich eingeführt, um die hohe Zahl der Kubaner aufzunehmen, die vor Unterdrückung floh. Die Beendigung dieser Politik ging mit Obamas Streben nach einer Verbesserung der Beziehungen zu Kuba einher und sollte die gleichberechtigte Behandlung aller Migranten gewährleisten. Im Gegenzug willigte die kubanische Regierung ein, abgelehnte kubanische Asylbewerber zurückzunehmen. Die Reaktionen auf diesen Politikwechsel fielen gemischt aus. Unterstützer stimmten darin überein, dass zuletzt kubanische Asylsuchende vornehmlich aus wirtschaftlichen Gründen in die USA gekommen seien. Kritiker des Politikwechsels behaupteten jedoch, dass die Beendigung der "Wet foot, dry foot"-Politik Diktatoren signalisieren könnte, dass die USA Menschenrechtsverletzungen billigten. Es ist unklar, ob die Trump-Regierung die neue Politik beibehalten oder zur alten Politik zurückkehren wird.
Casey Tran hat einen Bachelor of Commerce an der Universität Alberta, Kanada, und einen Masterabschluss im Studiengang Immigration and Settlement Studies an der Ryerson Universität in Toronto erworben. Sie war zudem Gaststudierende am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
Ihre Meinung ist uns wichtig!
Wir laden Sie zu einer kurzen Befragung zu unserem Internetauftritt ein. Bitte nehmen Sie sich 5 Minuten Zeit, um uns bei der Verbesserung unserer Website zu helfen. Ihre Angaben sind anonym.