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Staatsangehörigkeit und Staatsangehörigkeitserwerb in Frankreich | Frankreich | bpb.de

Frankreich Frankreich und die Einwanderung

Staatsangehörigkeit und Staatsangehörigkeitserwerb in Frankreich

Dr. Marcus Engler

/ 2 Minuten zu lesen

Das französische Staatsangehörigkeitsrecht umfasst sowohl das Territorial- als auch das Abstammungsprinzip. Damit kann die Staatsangehörigkeit nicht nur von den Eltern geerbt, sondern auch im Rahmen eines Einbürgerungsverfahrens erworben werden. Die meisten Einwanderer, die sich einbürgern lassen, stammen aus Afrika.

Damaliger Französischer Premierminister Manuel Valls hört bei der Diskussion um eine Verfassungsänderung am 05.02.2016 zu. Im November desselben Jahres erklärt Staatspräsident Francois Hollande als Reaktion auf die Terroranschläge in Paris als für nichtig. (© picture-alliance, epa/Etienne Laurent)

Das in Grundzügen bis heute gültige Staatsangehörigkeitsgesetz von 1889 führte in Frankreich das Territorialprinzip (ius soli) in Ergänzung zum Prinzip der Abstammung (ius sanguinis) ein. Demnach erhalten in Frankreich geborene Kinder mit mindestens einem in Frankreich geborenen Elternteil mit der Geburt die französische Staatsangehörigkeit (double droit du sol). Zudem erwerben in Frankreich geborene Kinder ausländischer Eltern mit vollendetem 18. Lebensjahr automatisch die französische Staatsangehörigkeit, sofern sie mindestens fünf Jahre in Frankreich gelebt und zum Zeitpunkt der Einbürgerung ihren festen Wohnsitz auf französischem Territorium haben. Unabhängig vom Geburtsort wird jedes Kind mit der Geburt Franzose, wenn mindestens ein Elternteil die französische Staatsbürgerschaft besitzt. Frankreich erlaubt es den eigenen Bürgern generell, weitere Staatsbürgerschaften zu halten oder zu erwerben.

Im Ausland geborene und in Frankreich lebende Personen können sich unter bestimmten Bedingungen einbürgern lassen. Sie müssen einen Mindestaufenthalt von fünf Jahren (bei Ehepartnern von Franzosen oder Personen, die eine französische Bildungseinrichtung besucht haben, kann der Mindestaufenthalt kürzer sein) vorweisen und über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen. Weitere Voraussetzungen sind in der Regel die aktive Teilhabe auf dem Arbeitsmarkt und weitgehende Straffreiheit.

Im Laufe der 1990er Jahre stieg die Zahl der Einbürgerungen deutlich an und erreichte im Jahr 2004 mit 168.826 eingebürgerten Personen ein bis heute bestehendes Rekordniveau. Seit 2005 sinken die Einbürgerungszahlen, wobei 2012 ein Tiefpunkt erreicht wurde (96.051 Einbürgerungen), der auch durch erschwerte Bedingungen für den Erwerb der französischen Staatsangehörigkeit insbesondere hinsichtlich nachzuweisender Sprachkenntnisse erklärt werden kann. Diese wurden mit dem am 16. Juni 2011 veröffentlichten Gesetz zur Einwanderung, Integration und Staatsangehörigkeit (loi relative à l’immigration, à l’intégration et à la nationalité) auf das Niveau B1 des gemeinsamen europäischen Referenzrahmens angehoben. Darüber hinaus sieht das Gesetz für Ausländer, die die Einbürgerung anstreben, die Unterzeichnung einer Charta über die Rechte und Pflichten von Staatsangehörigen (Charte des droits et des devoirs du citoyen) vor, mit der sie sich verpflichten, die französischen Gesetze und Werte anzuerkennen. Seit 2013 steigen die Einbürgerungszahlen wieder leicht an (2015: 113 608). 2016 setzte sich dieser Trend nach vorläufigen Daten fort. In den letzten zehn Jahren ließen sich, in absoluten Zahlen gemessen, vor allem Personen aus den Maghreb-Staaten Marokko (2015: 18.051), Algerien (15.142), Tunesien (6.274) sowie der Türkei (5.835) und Portugal (3.345) einbürgern. Die große Mehrheit (65,4 Prozent) derjenigen, die im Jahr 2015 die französische Staatsangehörigkeit erwarben, stammte aus einem afrikanischen Land. Personen aus Asien (13,8 Prozent) und Europa (12,4 Prozent) folgten im selben Jahr auf den Plätzen zwei und drei in der Einbürgerungsstatistik.

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Migrationsprofils Frankreich.

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Marcus Engler ist Sozialwissenschaftler und Migrationsforscher. Seit langem verfolgt er die Entwicklungen in der französischen Migrations- und Integrationspolitik. Er absolvierte einen Freiwilligendienst in einer Beratungsstelle für Migranten in Marseille. Anschließend studierte er Sozial- und Wirtschaftswissenschaften an der Humboldt-Universität zu Berlin und am Institut d’Etudes Politiques in Paris. Derzeit ist er als selbständiger Autor, Referent und Berater tätig und ist Mitglied im Netzwerk Flüchtlingsforschung und im Netzwerk Migration in Europa.
E-Mail: E-Mail Link: engler@migration-analysis.eu