1976 wurde unter dem Dach des damaligen Ministeriums für Arbeitskraft, Entwicklung und Sozialwesen das Büro für Arbeitskräfte, Beschäftigung und Ausbildung (Bureau of Manpower, Employment and Training, BMET) geschaffen. Es sollte sich fortan um den Arbeitskräftebedarf kümmern. 1982 wurde das bis dahin existierende Auswanderungsgesetz aus dem Jahr 1922 durch einen neuen Auswanderungs-Erlass ersetzt, der bis heute den rechtlichen Rahmen für die Anwerbung und Beschäftigung von Arbeitsmigranten aus Bangladesch bildet. Auf der Grundlage dieses Gesetzes schuf die Regierung einen Wohlfahrtsfonds für Arbeitsmigranten. Dieser ist dafür genutzt worden, die Sprachkenntnisse von ausreisenden Arbeitskräften zu verbessern, Informationsschalter für Migranten an Dhakas internationalem Flughafen einzurichten, Arbeitsmigranten in den Aufnahmeländern durch Arbeits-Attachés in den bangladeschischen Botschaften zu unterstützen, die Kosten für die Rückführung der Leichname von Arbeitsmigranten, die im Ausland ihr Leben verloren haben, zu decken und ihre Familien für den Verlust zu entschädigen. 1998 hat Bangladesch das internationale Übereinkommen der Vereinten Nationen "zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen" unterzeichnet, das eines der wichtigsten politischen Instrumente von Entsendeländern bei Verhandlungen mit den Ländern ist, die auf ausländische Arbeitskräfte angewiesen sind. 2011 wurde es ratifiziert.
Seit 2002 vergibt die Regierung Lizenzen an Privatpersonen und Agenturen, die Arbeitskräfte ins Ausland vermitteln wollen. Die Regierung kann die Lizenzen aufheben oder aussetzen und die Lizenznehmer bestrafen, wenn diese den vorgeschriebenen Verhaltenskodex nicht einhalten. 2015 waren 900 Personalvermittlungsagenturen registriert. Obwohl die Vermittlungspraxis vieler dieser Agenturen unter dem Verdacht steht, korrupt zu sein und den vorgeschriebenen Verhaltenskodex zu missachten, der eigentlich die Rechte der Arbeitsmigranten schützen soll, hat die Regierung bislang nichts gegen diese Agenturen unternommen.
Eine wichtige Änderung war die Aufhebung von Restriktionen für ungelernte weibliche Arbeitsmigranten im Jahr 2003. 1981 war ein Verbot verhängt worden, wonach gering ausgebildete weibliche Arbeitskräfte nicht ins Ausland migrieren durften. Nur gut ausgebildete Frauen hatten offiziell Zugang zu Beschäftigung im Ausland. Trotz des Verbots migrierten viele ungelernte Frauen in Länder wie Malaysia, um dort beispielsweise als Hausangestellte zu arbeiten. Ihr Status als undokumentierte Migrantin verstärkte jedoch ihre Verletzlichkeit. Das Gesetz spiegelte die geringe Anerkennung von im Ausland arbeiteten Frauen in der Gesellschaft Bangladeschs wider. Seitdem niedrig qualifizierte Frauen offiziell wieder im Ausland arbeiten dürfen, haben sich die Geschlechterzusammensetzung der Arbeitsmigration aus Bangladesch und auch die Einstellungen gegenüber im Ausland arbeitenden Frauen deutlich verändert (
Die meisten Menschen aus Bangladesch, die im Ausland arbeiten, können nur Tätigkeiten für ungelernte und niedrig qualifizierte Arbeitskräfte ausführen und müssen sich daher mit schlecht bezahlten Stellen – und oftmals ausbeuterischen Arbeitsbedingungen – abfinden (
Im Jahr 2012 unterzeichneten die Regierungen von Bangladesch und Malaysia eine Absichtserklärung (Memorandum of Understanding), um die Entsendung und Aufnahme von Arbeitsmigranten besser zu steuern und Anreize für irreguläre Migration zwischen beiden Ländern abzubauen. Diese Absichtserklärung hat seitdem jedoch nicht zu einer verstärkten Migration qualifizierter Arbeitskräfte aus Bangladesch beigetragen. Stattdessen erreichten irreguläre Migrationsströme auf dem Andamanischen Meer 2014 und 2015 neue Höchststände. 2013 verabschiedete die Regierung Bangladeschs das Gesetz über Beschäftigung im Ausland und Arbeitsmigranten (Overseas Employment and Migrants Act). Dieses soll es Arbeitsmigranten erleichtern, Strafprozesse wegen Täuschung oder Betrug gegen Rekrutierungs-, Visa- und Reiseagenturen sowie Arbeitgeber einzuleiten. Im Rahmen von Zivilprozessen können sie von diesen Akteuren eine Entschädigung einklagen. Trotz zahlreicher Berichte über Betrug durch Arbeitsvermittler und Arbeitgeber, räuberische Erpressung durch Menschenschmuggler – beispielsweise auf der Route nach Malaysia – und unmenschliche Arbeitsbedingungen in zahlreichen Zielländern sind unter diesem Gesetz bislang aber keine Prozesse angestrengt worden
Tabelle 4: Chronologie der Entwicklung der Migrationsgesetzgebung und der Institutionen, die die Arbeitsmigration aus Bangladesch steuern
Jahr | |
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1976 | Einrichtung des Büros für Arbeitskräfte, Beschäftigung und Ausbildung (BMET) |
1982 | Ein neuer Auswanderungs-Erlass löste das Auswanderungsgesetz von 1922 ab |
1990 | Einrichtung des Wohlfahrtsfonds für Arbeitsmigranten |
1998 | Unterzeichnung des Internationalen Übereinkommens der Vereinten Nationen zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeitnehmer und ihrer Familienangehörigen |
2002 | Die Regierung beginnt mit der Vergabe von Lizenzen zur Rekrutierung von Arbeitskräften für die Beschäftigung im Ausland an Agenturen |
2003 | Die Regierung lockert Beschränkungen für weibliche Arbeitsmigranten |
2011 | Einrichtung der Wohlfahrtsbank für Migranten |
2012 | Absichtserklärung zwischen den Regierungen von Bangladesch und Malaysia zur Entsendung und Aufnahme von Arbeitsmigranten |
2013 | Verabschiedung des Gesetzes über Beschäftigung im Ausland und Arbeitsmigranten (Overseas Employment and Migrants Act) |
Die Abwanderung aus Bangladesch wird oft in Bezug auf die Frage diskutiert, ob es sich dabei für das Land um "Brain-Drain" oder "Brain-Gain" handelt. Auf der einen Seite ist die Abwanderung von gut ausgebildeten und qualifizierten Bangladeschern mit Blick auf das Humankapital (u.a. Fähigkeiten, Knowhow) ein Verlust. Auf der anderen Seite sind die Rücküberweisungen von Migranten ein wichtiger Beitrag zum Bruttoinlandsprodukt Bangladeschs und damit auch ein Instrument zur Entwicklung des Landes. Zudem gewinnen die Migranten im Ausland an Wissen und Fertigkeiten, die sie im Falle ihrer Rückkehr nach Bangladesch für die Entwicklung des Landes einsetzen können. Die Diaspora-Gemeinschaft wird daher zunehmend auch als eine wichtige Triebfeder für die Entwicklung Bangladeschs betrachtet. Die Mitglieder der Diaspora-Gemeinschaft unterstützen nicht nur ihre Familien und Heimatgemeinden. Viele von ihnen haben auch entscheidende Beiträge in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren wie dem Baugewerbe, der Landwirtschaft, der Technologiebranche und dem Bankenwesen geleistet
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