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Internationale Migration aus Bangladesch | Bangladesch | bpb.de

Internationale Migration aus Bangladesch

Benjamin Etzold Bishawjit Mallick

/ 7 Minuten zu lesen

Die Geschichte Bangladeschs ist auch eine Migrationsgeschichte. Seit Jahrhunderten sind Menschen in der Region am Golf von Bengalen mobil. Jährlich verlassen rund 500.000 Menschen das Land, um im Ausland zu arbeiten.

Bangladeschische Arbeitsmigranten kommen nach längeren Auslandsaufenthalten mit vielen Geschenken im Gepäck am internationalen Flughafen der Hauptstadt Dhaka an. (© Benjamin Etzold )

Arbeitsmigration

Nach dem Zweiten Weltkrieg herrschte im Vereinigten Königreich ein Mangel an Arbeitskräften, weswegen das Land begann, Arbeitsmigranten aus Commonwealth-Staaten zu rekrutieren. Junge Männer aus Bangladesch, insbesondere aus der Sylhet-Region, gingen in das Vereinigte Königreich, vor allem nach London, um dort die Nachfrage nach billiger Arbeitskraft zu befriedigen. Dadurch wurden Kettenmigrationen in Gang gesetzt: Weitere Arbeitskräfte und Familienmitglieder folgten ihnen in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren, was wiederum zum Aufbau transnationaler Beziehungen zwischen Bangladesch und dem Vereinigten Königreich beitrug. Die offiziell registrierte Zahl von Menschen aus – zu dem Zeitpunkt noch – Ostpakistan, die ins Ausland migrierten, war allerdings noch eher klein. Erst nach der Unabhängigkeit 1971 sowie dem Öl-Boom 1973 und der damit zusammenhängenden Nachfrage nach billigen Arbeitskräften im Mittleren Osten stieg die Arbeitsmigration aus Bangladesch deutlich an (siehe Abbildung 1). Hatten 1976 nur 6.000 Bangladescher das Land verlassen, um im Ausland zu arbeiten, so hat sich die Zahl sowohl von temporären Arbeitsmigranten als auch dauerhaften Auswanderern seitdem extrem erhöht. Zwischen 1990 und 1995 verließen 1,2 Millionen Menschen Bangladesch, um in einem anderen Land zu leben und zu arbeiten. Die Abwanderung erhöhte sich zwischen 2005 und 2010 auf fast drei Millionen. Allein 2008 wurden 875.000 Arbeitsmigranten aus Bangladesch rekrutiert.

Der Nationalen Volks- und Haushaltszählung zufolge lebten im Jahr 2011 2,8 Millionen Angehörige bangladeschischer Haushalte im Ausland. 95 Prozent davon waren Männer. Die Tatsache, dass die Abgewanderten immer noch als "Haushaltsmitglieder" und nicht als "Auswanderer" betrachtet werden, verweist auf die befristete Zeitdauer der Arbeitskräftewanderungen. Der Zensus zeigt, dass zwischen 2006 und 2011 3,5 Millionen Menschen Bangladesch verließen; mehr als 500.000 Arbeitsmigranten kehrten im selben Zeitraum dorthin zurück. 2014 verließen 426.000 Menschen das Land, um im Ausland zu arbeiten – meistens im Rahmen befristeter Arbeitsverträge.

Die Interner Link: Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrats (Gulf Cooperation Council, GCC) sind die Hauptzielländer für Arbeitskräfte aus Bangladesch. Zwischen 1980 und 2010 verzehnfachte sich die Zahl der Migranten, die das Land jährlich in Richtung Golfstaaten verließen von 25.000 auf 250.000. Allein zwischen 2005 und 2010 migrierten 1,5 Millionen bangladeschische Arbeitskräfte in die Golfstaaten, das sind 52 Prozent aller internationalen Migrationen aus Bangladesch. Die meisten dieser Arbeitskräfte gingen in die Vereinigten Arabischen Emirate (647,000), nach Saudi-Arabien (523.000) und Katar (154.000) (siehe Abbildung 2). Seitdem die Vereinigten Arabischen Emirate weitere Restriktionen für männliche Arbeitsmigranten eingeführt haben, ist die Zahl männlicher Arbeitsmigranten aus Bangladesch, die dorthin migrieren, deutlich zurückgegangen, während sich die Zahl weiblicher Arbeitsmigranten aus Bangladesch in den Vereinigten Arabischen Emiraten vervierfacht hat. In den vergangenen Jahren hat sowohl die männliche als auch die weibliche Arbeitsmigration nach Oman und Katar zugenommen. 2014 waren diese beiden Staaten die wichtigsten Zielländer von Arbeitsmigranten aus Bangladesch.

Andere wichtige Zielländer neben den Golfstaaten sind Malaysia mit 198.000 Einwanderern, die USA mit mehr als 128.000 Zuzügen sowie – weiterhin – das Vereinigte Königreich mit 160.000 Neuzuwanderern aus Bangladesch im Zeitraum 2005 bis 2010. Im selben Zeitraum wurden 631.000 bangladeschische Staatsangehörige in Indien registriert. Viele weitere passieren die schwer zu kontrollierende, 4.000 Kilometer lange Grenze zwischen Indien und Bangladesch undokumentiert. Dasselbe gilt in umgekehrter Richtung auch für indische Staatsangehörige. Konflikte über "illegale Migration", die Militarisierung der Grenze – Indien hat auf einer Länge von Zweidritteln der Grenze einen Stacheldrahtzaun errichtet – und die steigende Zahl Bengali sprechender Muslime in den indischen Staaten Westbengalen, Assam, Meghalaya und Tripura sind Gegenstand politischer Spannungen zwischen beiden Staaten. Insgesamt lebten 2013 rund 3,2 Millionen Bangladesch-stämmige Menschen in Indien (siehe Tabelle 2).

In den vergangenen fünf Jahren haben zunehmend mehr Arbeitskräfte Bangladesch verlassen, um in der Bauwirtschaft Singapurs zu arbeiten. 2014 war Singapur das drittwichtigste Zielland für Arbeitsmigranten mit Kurzzeitverträgen. Demgegenüber hat Libyen seit dem Krieg 2011 bei Arbeitskräften aus Bangladesch an Bedeutung verloren. Stattdessen sind der Libanon, Jordanien und Mauritius zunehmend wichtige Zielländer geworden, insbesondere für weibliche Migranten, die dort als Haushaltsangestellte und Putzkräfte arbeiten. Neben den Vereinigten Arabischen Emiraten und Saudi-Arabien stehen diese drei Länder beispielhaft für die wachsende Bedeutung weiblicher Arbeitsmigration. Der Anteil von Frauen an der Arbeitsmigration aus Bangladesch ist von einem Prozent im Jahr 1994 auf 18 Prozent im Jahr 2014 gestiegen (siehe Tabelle 1).

Abbildung 1: Jährliche Abwanderung von Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus Bangladesch zwischen 1976 und 2014 nach Qualifikationsniveau (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Tabelle 1: Die zehn wichtigsten Zielländer von Arbeitsmigranten aus Bangladesch 2014

* Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrats (Gulf Cooperation Council, GCC)
Rang LandZahl der ArbeitsmigrantenAnteil weiblicher Arbeitsmigranten
1 Oman*105.74811,0%
2 Katar*87.5757,4%
3Singapur 54.7500,2%
4Vereinigte Arabische Emirate*24.23295,8%
5Bahrain*23.3780,5%
6Jordanien20.33899,0%
7Libanon16.64072,1%
8 Irak13.6270%
9Saudi-Arabien*10.6570,1%
10 Mauritius5.93830,6%
Weltweit insgesamt 425.684 17,9%

Quelle: BMET Datenbank, Overseas Employment of Bangladeshi Workers from 1976 to 2015 (up to July 2015),
Externer Link: http://www.bmet.gov.bd/BMET/viewStatReport.action?reportnumber=20 (Zugriff: 12.8.2015).

Abbildung 2: Hauptzielländer von Migranten aus Bangladesch 2005-2010 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

InfoboxArbeitsbedingungen von Arbeitsmigranten aus Bangladesch in den Golfstaaten

Wie auch andere Arbeitsmigranten aus Südasien arbeiten Bangladescher am Zielort ihrer Migration häufig unter ziemlich schwierigen Bedingungen. Die meisten der Arbeitsmigranten aus Bangladesch, die in den Interner Link: Golfstaaten arbeiten, sind ungelernt oder niedrig qualifiziert. Männliche Arbeitsmigranten sind in der Bauwirtschaft und im informellen Dienstleistungssektor angestellt, beispielsweise als Putzkräfte, Fahrer oder Schneider. Sie arbeiten zudem in der Industrie, der Landwirtschaft und im Einzelhandel. Frauen werden als Hilfskräfte in Privathaushalten und als Putzkräfte in öffentlichen Gebäuden und Büros angestellt. Die meisten der Arbeitskräfte aus Bangladesch sind über Arbeitsvermittlungsagenturen gekommen, die ihr Geld mit dem Verkauf von Arbeitskraft an Unternehmen in der Baubranche, Industrie oder im Dienstleistungssektor verdienen; einige Arbeitsmigranten sind auch über private Kontakte in die Golfstaaten gelangt. In beiden Fällen müssen die Migranten im Voraus für die Kosten für Visa, Arbeitserlaubnisse und Anreise aufkommen. Die Verträge, unter denen Arbeitskräfte aus Bangladesch, Nepal, Indien oder Sri Lanka – zumeist befristet – angestellt sind, sind häufig sehr ausbeuterisch. Die Arbeitskräfte haben wenige verbriefte Rechte und sind weitgehend von ihrem einheimischen Bürgen ("Sponsor") abhängig. Bei diesem handelt es sich um einen Staatsangehörigen des entsprechenden Golfstaates, der sich um das Visum und die Anstellung kümmert und der für die Dauer des Verbleibs im Land den Pass der ausländischen Arbeitskraft einbehält.*

Viele Arbeitskräfte werden zu Überstunden gezwungen. Die Arbeitssicherheitsstandards sind sehr niedrig, was häufig zu Krankheiten und Verletzungen führt und bereits zahlreichen Arbeitsmigranten das Leben gekostet hat – 2013 starben weltweit mehr als 600 Arbeitsmigranten aus Bangladesch bei Arbeitsunfällen. Darüber hinaus kommt es oft zu Lohnzahlungsverzögerungen. Zudem sind die Löhne, die Arbeitsmigranten erhalten, allgemein deutlich niedriger als die einheimischer Arbeitskräfte. Die Arbeitsmigranten werden in heruntergekommenen Massenunterkünften untergebracht und haben nur eingeschränkten Zugang zu Gesundheits- und anderen sozialen Dienstleistungen.** Weibliche Arbeitsmigranten, die als Angestellte im Haushalt ihres Arbeitgebers leben, werden oft Opfer sexueller Belästigung oder sogar Vergewaltigung. Dennoch sind die meisten bangladeschischen Migranten bereit, die horrenden Summen, die Vermittlungs- und Reiseagenturen verlangen, zu zahlen und die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen zu ertragen, da das Einkommen, das sie in den Golfstaaten erzielen können weit höher ist als dasjenige, das sie sich jemals in Bangladesch erhoffen können. Die Rücküberweisungen der Arbeitsmigranten spielen eine wichtige Rolle für ihre Familien in Bangladesch und die Wirtschaft des Landes.

* Im sogenannten Kafala-System wird ein Migrant durch einen Staatsangehörigen des entsprechenden Golfstaates, der als Bürge fungiert, unterstützt. Dieser übernimmt die volle wirtschaftliche und rechtliche Verantwortung für den ausländischen Arbeitnehmer während der Vertragslaufzeit. Veränderungen des Arbeitsvertrags führen direkt zu Veränderungen des Aufenthaltsstatus. Arbeitsmigranten dürfen nicht einfach den Arbeitsplatz wechseln, da sie an ihren Bürgen gebunden sind. Das Kafala-System bildet die strukturelle Grundlage für die Ausbeutung von Arbeitsmigranten in den Golfstaaten (Afsar 2009, Siddiqui 2005, Rahman 2012, Winckler 2012 Interner Link: http://www.bpb.de/gesellschaft/migration/laenderprofile/150735/golfstaaten).
** Siehe Siddiqui (2005), Afsar (2009) und Rahman (2012) für Informationen zur Arbeitsmigration aus Bangladesch in die Golfstaaten. Siehe zudem Danneker (2005) und Rudnick (2009) für eine Analyse der Arbeitsmigration von Bangladescherinnen nach Malaysia und Baey/Yeoh (2015) für Informationen über Arbeitsmigranten aus Bangladesch in der Bauwirtschaft Singapurs.

Die bangladeschische Diaspora

Nach Angaben der UN lebten im Jahr 2013 7,8 Millionen Menschen bangladeschischen Ursprungs verteilt auf 89 Länder der Welt, die meisten davon in Indien (3,2 Millionen Bangladesch-stämmige Migranten), Saudi-Arabien (1,3 Millionen), den Vereinigten Arabischen Emiraten (1,1 Millionen), Malaysia (350,000), Kuwait (279.000) und dem Vereinigten Königreich (240.000) (siehe Tabelle 2).

Tabelle 2: Die zehn Länder mit der größten bangladeschischen Diaspora 2013

* Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrates (Gulf Cooperation Council, GCC)
LandAnzahl
1Indien3.230.025
2 Saudi-Arabien*1.309.004
3Vereinigte Arabische Emirate* 1.089.917
4Malaysia352.005
5Kuwait*279.169
6Großbritannien und Nordirland239.608
7Katar*220.403
8 Vereinigte Staaten von Amerika204.065
9Pakistan186.114
10 Oman*148.314
Weltweit insgesamt 7.757.662

Quelle: Berechnet nach UN (2013): Trends in International Migrant Stock, the 2013 Revision. Table Migrants by Destination and Origin. UN database. New York: United Nations Department of Economic and Social Affairs, Population Division,
Externer Link: http://www.un.org/en/development/desa/population/migration/data/estimates2/estimatesorigin.shtml (Zugriff: 16.8.2015).

Die bangladeschische Diaspora-Gemeinschaft umfasst sowohl Menschen, die in Bangladesch geboren und später in ein anderes Land migriert sind, als auch ihre Kinder, die entweder in Bangladesch oder im Zielland geboren wurden. Der Umfang der Diaspora-Bevölkerung ist daher größer als der der Einwandererbevölkerung im entsprechenden Zielland. Beispielsweise lebten im Jahr 2000 154.000 Menschen mit bangladeschischer Staatsangehörigkeit im Vereinigten Königreich, während die britische Volkszählung 2001 283.000 britische Staatsangehörige bangladeschischen Ursprungs registrierte. Viele der Mitglieder der bangladeschischen Diaspora sind in den Aufnahmeländern gut integriert. Viele, die ursprünglich als einfache Arbeiter ins Land kamen, betreiben inzwischen ihre eigenen Restaurants, Geschäfte und andere Betriebe. Im Vereinigten Königreich ist die dritte oder sogar vierte Generation Bangladesch-Stämmiger in der Mainstream-Ökonomie und im politischen System der britischen Regierung aktiv. Ähnliche Beobachtungen lassen sich auch in den USA machen. Menschen mit bangladeschischem Migrationshintergrund sind zudem in der Medienlandschaft im Vereinigten Königreich, den USA, Kanada, Deutschland und Malaysia aktiv, wo regelmäßig Zeitungen auf Bengali publiziert werden. Die Diaspora-Gemeinschaft organisiert in den Aufnahmeländern bangladeschische Nationalfeste als Teil des kulturellen Austausches. Solche Festivitäten, die bengalische Sprache, bengalisches Essen und auch muslimische religiöse Praktiken wie das Fasten im Monat Ramadan schaffen eine gemeinsame bengalische Identität. Viele bengalische Migranten haben die Verbindung zu ihrem Herkunftsland nicht gekappt, sondern stehen weiterhin im Austausch mit Familienmitgliedern "zu Hause" in Bangladesch. Der kontinuierliche Austausch mit der Familie und Freunden, regelmäßige Besuche in Bangladesch, Rücküberweisungen und das Aufrechterhalten grenzüberschreitender sozialer Netzwerke und Verwandtschaftsbeziehungen hat zur Herausbildung "transnationaler sozialer Räume" geführt, die den Alltag sowohl der Diaspora-Gemeinschaft im Ausland als auch der Familienmitglieder "in der Heimat" prägen. Im Laufe der vergangenen vier Jahrzehnte haben die internationale Arbeitsmigration und transnationale Beziehungen zu (wirtschaftlichen) Veränderungen in Bangladesch beigetragen, nicht ausschließlich, aber insbesondere aufgrund von Rücküberweisungen.

Rücküberweisungen

Bangladesch findet sich auf Platz sieben der Liste der Länder weltweit, die die meisten Rücküberweisungen erhalten. Das Geld, das die bangladeschischen Migranten und Diaspora-Mitglieder an ihre Verwandten in Bangladesch schicken, trägt erheblich zum Haushaltseinkommen und dem Bruttoinlandsprodukt bei. Nach Angaben der Regierung Bangladeschs beliefen sich die Rücküberweisungen im Jahr 2013 auf 13,8 Milliarden US-Dollar, was mehr als neun Prozent des Bruttoinlandsprodukts entsprach. Die Summe der Rücküberweisungen wuchs zwischen 1980 (339 Millionen US-Dollar) und 2012 (14,2 Milliarden US-Dollar) kontinuierlich. Ein leichter Rückgang der Rücküberweisungen um 2,3 Prozent gegenüber dem Vorjahr wurde erstmals 2013 registriert. 2014 stiegen die Rücküberweisungen aber wieder an, und zwar auf 14,9 Milliarden US-Dollar (siehe Abbildung 3).

Abbildung 3: Rücküberweisungen nach Bangladesch 1976–2014 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Die nationale Wirtschaft und die Familien der Migranten sind von den regelmäßigen Geldüberweisungen aus dem Ausland abhängig und daher anfällig gegenüber Unterbrechungen des Geldflusses. 90 Prozent des Geldes, das von Migranten nach Bangladesch geschickt wird, stammt aus zehn Ländern, 58 Prozent allein aus den Golfstaaten (siehe Tabelle 3). Wirtschaftskrisen und steigende Arbeitslosigkeit in den Zielländern; gescheiterte Verhandlungen zwischen der Regierung des Entsendelandes und Aufnahmeländern über die Entsendung von Arbeitsmigranten, ihre Löhne und Arbeitsstandards; politische Veränderungen, die den Zugang bangladeschischer Migranten zu Arbeitsmärkten in Übersee einschränken, wie zum Beispiel die 2012 in den Vereinigten Arabischen Emiraten eingeführten Restriktionen für männliche Arbeitsmigranten; politische Krisen wie der Bürgerkrieg und der wirtschaftliche Zusammenbruch in Libyen, wo zehntausende Bangladescher vor 2011 beschäftigt waren – all diese Faktoren können zu einem abrupten Rückgang der Zahl temporärer Arbeitsmigranten beitragen und sich somit auch auf die Rücküberweisungen auswirken. Rückläufige Rücküberweisungen können zudem auch teilweise durch die veränderte Bedeutung dieser Zahlungen in der Diaspora-Gemeinschaft erklärt werden. Einerseits können zwar Integrationsprozesse von Migranten zu einem sozialen Aufstieg beitragen, der sich zum Beispiel im Zugang zu höher bezahlten Arbeitsstellen und damit potenziell höheren Rücküberweisungen zeigt. Andererseits, und das zeigt der Fall der bangladeschischen Diaspora im Vereinigten Königreich, kann eine bessere soziale und wirtschaftliche Integration der zweiten und dritten Migrantengeneration auch zu einer stärkeren Identifikation mit dem Aufnahmeland, zu einer Auflösung transnationaler Verbindungen und einer abnehmenden Bereitschaft führen, Geld nach Bangladesch zu schicken.

Tabelle 3: Die zehn Aufnahmeländer bangladeschischer Migranten, aus denen 2014 die meisten Rücküberweisungen nach Bangladesch flossen

* Mitgliedstaaten des Golfkooperationsrats (Gulf Cooperation Council, GCC)
AufnahmelandRücküberweisungen in Millionen US-DollarAnteil an allen Rücküberweisungen nach Bangladesch
Saudi-Arabien*3.24621,72%
Vereinigte Arabische Emirate*2.79318,69%
Vereinigte Staaten von Amerika2.392 16,01%
Malaysia1.2138,11%
Kuwait *1.1007,36%
Vereinigtes Königreich8465,66%
Oman*8315,56%
Bahrain*5183,46%
Singapur 4553,04%
Katar* 2841,90%
Summe aus diesen Ländern13.677 91,53%
Gesamtsumme aller Rücküberweisungen 2014 14.943

Quelle: BMET Datenbank, Wage Earners Remmitance Inflows: Country wise (monthly) in 2014,
Externer Link: http://www.bmet.gov.bd/BMET/viewStatReport.action?reportnumber=14 (Zugriff: 17.8.2015)

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Bangladesch.

Fussnoten

Fußnoten

  1. van Schendel (2009), Zeitlyn (2012).

  2. Abel/Sandner (2014), zusätzlicher Online-Datensatz basierend auf UN (2013).

  3. BBS (2012), S. 19, S. 322.

  4. Siddiqui (2005), Afsar (2009), Rahman (2012).

  5. Abel/Sandner (2014), Siddiqui et al. (2015).

  6. Zeitlyn (2012), ILO (2014c).

  7. Mit dem Begriff "transnationale soziale Räume" werden die alltäglichen grenzüberschreitenden Lebensbezüge von Menschen bezeichnet. Bei dem Konzept wird davon ausgegangen, dass sich die sozialen Beziehungen von mobilen Menschen, insbesondere von internationalen Migranten, nicht auf einen Nationalstaat begrenzen; sie verlassen ihr "Heimatland" nicht endgültig, und lassen sich auch nicht dauerhaft am "Zielort" nieder. Vielmehr werden verschiedene Orte und Länder durch grenzüberschreitendes Handeln miteinander vernetzt. Die Migranten und ihre "zurückgebliebenen" Familienangehörigen und Freunde bleiben im ständigen Kontakt, es wird hin und her gereist, Geld zurückgesendet und aneinander Anteil genommen. Es entsteht ein gemeinsamer transnationaler Sinnzusammenhang. Vgl. u.a. Pries (2008).

  8. Siehe Gardner (1995), Garbin (2005), Zeitlyn (2012), Danneker (2005) und van Schendel (2009) zur Migration aus Bangladesch und der Entstehung transnationaler sozialer Räume und Diaspora-Gemeinschaften.

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Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autoren/-innen: Benjamin Etzold, Bishawjit Mallick für bpb.de

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Weitere Inhalte

Dr. Benjamin Etzold ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geographischen Institut der Universität Bonn. Er hat über den Straßenhandel in der Megastadt Dhaka promoviert und war an einem Forschungsprojekt zu Klimawandel, Hunger und Migration in Bangladesch beteiligt. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen die geographische Migrations- und Entwicklungsforschung mit Fokus auf soziale Verwundbarkeit und Arbeitsverhältnisse. E-Mail: E-Mail Link: etzold@giub.uni-bonn.de

Dr. Bishawjit Mallick ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Regionalwissenschaft des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT). Im Rahmen seiner Promotion hat er den gesellschaftlichen Umgang mit Klimarisiken in Bangladeschs Küstengebieten untersucht. Derzeit beschäftigt er sich mit risikoorientierter Raumplanung und klimabedingten Migrationsprozessen in Bangladesch. E-Mail: E-Mail Link: bishawjit.mallick@kit.edu