Ab Mitte der 2000er Jahre erhöhten sich die Einwandererzahlen, 2011 kam es zu einem weiteren, deutlichen Anstieg der Zuwanderung: In den Jahren 2011–2014 lag die Zahl der Neuzuwanderer jeweils bei gut 20.000 und der Migrationssaldo bei 10.000 bis 11.000. Zwischen 2005 und 2014 ist der Anteil der Bevölkerung mit nicht-luxemburgischer Staatsangehörigkeit von 40 Prozent auf 45 Prozent gestiegen.
Im Unterschied zu Deutschland und anderen westeuropäischen Staaten ist dieser Anstieg jedoch nicht vorwiegend eine Folge der Einwanderung aus (Süd-)Osteuropa, sondern stellt eine Fortsetzung der Migration aus den seit Jahrzehnten dominierenden Herkunftsländern dar: Etwa ein Viertel der seit 2011 Eingewanderten sind Portugiesen, gefolgt von Staatsbürgern aus Luxemburgs Nachbarländern Frankreich, Belgien und Deutschland sowie aus Italien. Mit Ausnahme Deutschlands leiden die genannten Länder seit Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise unter hoher Arbeitslosigkeit, von der besonders junge Menschen betroffen sind. Bestehende Kontakte nach Luxemburg sowie die relativ guten Jobaussichten auf dem luxemburgischen Arbeitsmarkt dürften die Hauptgründe für die Wahl Luxemburgs als Zielland sein. Die Tatsache, dass es sich bei den Hauptzielländern der Abwanderung um dieselben Staaten handelt, lässt jedoch auch darauf schließen, dass sich ein signifikanter Anteil der Migranten nur vorübergehend in Luxemburg aufhält und dann ins Heimatland zurückkehrt.
Etwa 60 Prozent des positiven Einwanderungssaldos des Jahres 2014 entfallen auf die genannten fünf Hauptherkunftsländer, weitere 20 Prozent auf andere europäische Staaten, darunter vor allem Rumänien (etwa sechs Prozent) sowie Polen und Spanien (jeweils drei bis vier Prozent). Die Anzahl der Afrikaner, Asiaten und Amerikaner in Luxemburg stieg, ausgehend von einem niedrigen Niveau, im Jahr 2014 deutlich um jeweils etwa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr (siehe auch Tab. 2).
Ein luxemburgisches Sonderphänomen: Die Grenzpendler
Der wirtschaftliche Boom der letzten drei Jahrzehnte hat zu einem derart rasanten Zuwachs an Arbeitsplätzen geführt, dass selbst die hohe Zuwanderung nicht ausreichte, um den Bedarf zu decken. So werden immer mehr Arbeitsplätze von den Frontaliers besetzt – Einwohner der angrenzenden Regionen Frankreichs, Deutschlands und Belgiens, die von dort ihrer Arbeit in Luxemburg nachgehen. Ihre Zahl ist von einigen Tausend Anfang der 1980er Jahre auf rund 160.000 im Jahr 2014 angestiegen – das sind etwa 44 Prozent der Erwerbsbevölkerung Luxemburgs. Dabei handelt es sich zum einen um Menschen, die aus den eher strukturschwachen Grenzregionen stammen und das tägliche Pendeln aufgrund der deutlich höheren Löhne in Kauf nehmen. Zum anderen ziehen aber auch Menschen aus anderen Regionen der Nachbarländer in Gebiete nahe der Grenze, wenn sie eine Arbeit in Luxemburg aufnehmen (z.B. Norddeutsche nach Trier). Darüber hinaus leben auch rund 16.000 Angehörige anderer Nationalitäten in den Grenzregionen, ebenso wie etwa 4.500 Luxemburger. Sie alle flüchten in erster Linie vor den hohen Miet- und Immobilienpreisen im Großherzogtum. Da das Wohnraumangebot mit dem Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum in keiner Weise mithalten konnte, sind diese in den letzten Jahren geradezu explodiert.
Einerseits handelt es sich bei den Frontaliers also um ein Phänomen, das man überall beobachten kann, wo ein großes Angebot an Arbeitsplätzen mit knappem Wohnraum bzw. hohen Mieten zusammenfällt und die Menschen daher ins Umland ziehen (z.B. in Hamburg oder Paris). Andererseits werden im luxemburgischen Fall Landesgrenzen überschritten, so dass Bewohner anderer Länder Mitglieder des luxemburgischen Steuer- und Sozialversicherungssystems werden. Außerdem prägen die rund 160.000 Pendler den Alltag in einem Land mit 550.000 Einwohnern zumindest an Werktagen doch erheblich. Ihre Präsenz ist daher zunehmend Thema eines ambivalenten politischen und gesellschaftlichen Diskurses geworden: Sie gelten als willkommene Arbeitskräfte, die für den Wohlstand im Land mitverantwortlich sind, werden gleichzeitig jedoch von Teilen der Gesellschaft als Bedrohung für die luxemburgische Sprache und Kultur gesehen, zumal ihre Identifikation mit und ihr Interesse an dem Land häufig gering sind und nur wenige von ihnen Luxemburgisch sprechen.
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