Als regionaler Wirtschaftsmotor zieht Südafrika zahlreiche Arbeitsmigranten, insbesondere aus benachbarten Staaten, an. Die Migrationspolitik des Landes beruhte lange Zeit auf einer rassistischen Selektion der Zuwandernden. Seit dem Ende der Apartheid ist dies nicht mehr der Fall. Dennoch stehen Großteile der Bevölkerung Migranten feindlich gegenüber.
Die dauerhafte Zuwanderung von schwarzen und weißen Migranten nach Südafrika war vor 1995 unterschiedlich geregelt und ließ vor allem die weiße Immigration zu (vgl. Abschnitt Migrationspolitik). Die zugewanderte weiße Bevölkerung ist von ca. 18.000 im Jahr 1960 auf über 160.000 im Jahr 1991 angestiegen.
Mit dem Ende der Apartheid kam es weder zu einer befürchteten massenhaften Abwanderung der weißen Bevölkerung noch zu einem nicht beherrschbaren Zustrom schwarzer Migranten. In der Dekade von 1990 bis 2000 wanderten zunächst sogar weniger Menschen nach Südafrika ein als zuvor; der Anteil afrikanischstämmiger Migranten nahm jedoch stetig zu.
Tabelle 1: Legale Migration nach Südafrika 1990-2004
Wie in Tabelle 1 zu sehen ist, kam es erst nach 2000 wieder zu einer stärkeren Zuwanderung. Insgesamt stieg der Anteil der im Ausland geborenen Bevölkerung an der Gesamtbevölkerung von 3,8 Prozent im Jahr 1990 auf 4,5 Prozent im Jahr 2013.
Nicht ohne Grund wird Südafrika auch als "Regenbogennation" bezeichnet, denn die Bevölkerung des Landes ist insgesamt sehr heterogen und vereint Menschen mit unterschiedlichen kulturellen Hintergründen. Nach Ergebnissen des Zensus aus dem Jahr 2011 bezeichnen sich knapp 80 Prozent der Bevölkerung als afrikanisch, jeweils etwa 9 Prozent als weiß oder farbig und weitere 2,5 Prozent als asiatisch.
Arbeitsmigration
In den frühen Jahren der Besiedelung durch Niederländer und Briten kam es zur gewaltsamen Verschleppung von Menschen aus dem restlichen Afrika, Indien, Indonesien und Madagaskar nach Südafrika. Diese Personen wurden als Sklaven auf dem südafrikanischen Arbeitsmarkt eingesetzt. Die Beschäftigung von Arbeitswanderern gewann insbesondere ab Ende des 19. Jahrhunderts an Bedeutung. 1880 waren zunächst lediglich 1.400 Migranten in Südafrika beschäftigt, nur 19 Jahre später waren es bereits 97.000, 60 Prozent von ihnen stammten aus Mosambik.
Das System zur Rekrutierung ausländischer Arbeitskräfte wurde nach dem Ende der Apartheid größtenteils aufrechterhalten. Die Bedeutung des Minensektors und die Anzahl der Beschäftigten sanken von 1990 bis 2000 zunächst, während gleichzeitig der Anteil ausländischer Minenarbeiter anstieg. Seit 2000 hat sich dieser Trend wieder umgekehrt. Mit dem Immigration Act von 2002 wurde die Anwerbung ausländischer Arbeitskräfte zugunsten südafrikanischer Bürger erschwert. Gleichzeitig wuchs aufgrund steigender Goldpreise der Bedarf an Arbeitskräften, der nun wieder vermehrt über den heimischen Arbeitsmarkt gedeckt wird. Nach wie vor stammen die meisten ausländischen Arbeiter in der Bergbauindustrie aus Lesotho und Mosambik.
Tabelle 2: Herkunft der Arbeitskräfte in südafrikanischen Goldminen 1990-2006
Da viele qualifizierte Arbeitskräfte aus Südafrika abwandern, wird seit Inkrafttreten des Immigration Act 2002 mit Hilfe einer Quotenregelung festgelegt, in welchen Bereichen der Wirtschaft qualifizierte Arbeitskräfte aus dem Ausland benötigt werden. Vor allem im Gesundheitssektor besteht in Südafrika ein gravierender Fachkräftemangel, der derzeit auch durch ausländische Arbeitskräfte nicht vollständig behoben werden kann. Dennoch bleibt die Politik Südafrikas weiterhin restriktiv; außerhalb der strikt gesetzten Quoten ist eine Migration nach Südafrika sogar für qualifizierte Arbeitskräfte schwierig.
Seit 2000 kam es zu einem massiven Anstieg der Migration aus Simbabwe. Im Jahr 2011 wurden 15 Prozent aller befristeten Aufenthaltstitel an Simbabwer vergeben. Betrachtet man ausschließlich die befristeten Arbeitsgenehmigungen sind es sogar 25 Prozent, wie Tabelle 3 zeigt. Insgesamt erhielten Migranten aus Simbabwe nahezu die Hälfte aller befristeten Titel, die an Einwohner des südlichen Afrikas vergeben wurden, gefolgt von Lesotho mit 8,5 Prozent und der Demokratischen Republik Kongo mit 8,2 Prozent.
Tabelle 3: Befristete Aufenthaltstitel und Arbeitsgenehmigungen 2011
Herkunft der Inhaber
Gesamtzahl der befristeten Aufenthaltstitel und Arbeitsgenehmigungen
davon Arbeitsgenehmigungen
Herkunftsanteil an allen Arbeitsgenehmigungen (in %)
Alle Länder
106.173
20.673
100
Übersee
48.631
11.885
57
Afrika
57.460
8.765
42
SADC
31.796
6.329
31
Simbabwe
15.628
5.069
25
Lesotho
2.706
107
1
DRK
2.601
214
1
Changwe Nshimbi, C./Fioramonti, L. (2014): The Will to Integrate: South Africa’s Responses to Regional Migration from the SADC Region. African Development Review, Jg. 26, Nr. 1, S. 52–63; eigene Darstellung.
Simbabwe liegt wirtschaftlich und politisch am Boden. Die Arbeitslosigkeit wird auf über 80 Prozent geschätzt. Der Immigration Act von 2002 erleichterte die Anstellung von hochqualifizierten Migranten aus Simbabwe. Anders als der Großteil der Migranten aus dem südlichen Afrika arbeiten viele Simbabwer aufgrund ihrer guten Ausbildung nicht in den südafrikanischen Minen, sondern überwiegend im Gesundheitssektor - mit fatalen Folgen für das Gesundheitssystem in Simbabwe selbst. Während es in Simbabwe 1995 noch durchschnittlich 7.000 Patienten pro Arzt gab, waren es im Jahr 2004 fast 18.000 Patienten. Eine Umfrage aus dem Jahr 2002 ergab, dass 68 Prozent der medizinischen Fachkräfte in Erwägung ziehen, aus Simbabwe zu emigrieren. Bereits im Jahr 2000 lebte mit 38,7 Prozent der größte Teil der ausgewanderten Ärzte in Südafrika.
Irreguläre Migration
Die irreguläre Migration nach Südafrika hat eine lange Geschichte. Die Arbeitsmigranten aus den Staaten des südlichen Afrikas, die häufig ohne entsprechende Erlaubnis einreisten und arbeiteten, waren unerlässlich für die wirtschaftliche Entwicklung Südafrikas. Es bildeten sich stabile Migrationsbeziehungen insbesondere mit Sambia, Mosambik, Simbabwe, Lesotho und Malawi. Migranten aus diesen Ländern nutzen die entstandenen Migrationsnetzwerke, um in Südafrika Arbeit zu finden.
Nach Jahrzehnten der Duldung irregulärer Migration kam es in den 1960er Jahren zu einer Verschärfung der Gesetze. Die Apartheid-Regierung sah nun jegliche Zuwanderung schwarzer Bevölkerungsgruppen, die außerhalb des staatlich reglementierten Arbeitsmigrationssystems stattfand, als irregulär an und begann, eine sehr strikte Grenzüberwachung einzuführen. Trotzdem bestand die irreguläre Migration aufgrund der vorhandenen Netzwerke und des Bedarfs an billigen Arbeitskräften fort.
Nach dem Ende der Apartheid veränderten sich sowohl der Umfang als auch die Herkunftsländer der irregulären Migranten. Obwohl nach wie vor der größte Teil der Migranten aus Mosambik, Simbabwe, Malawi oder Lesotho stammt, nimmt die Zuwanderung aus anderen afrikanischen Staaten und Asien zu. Die meisten dieser irregulären Migranten sind sogenannte "overstayer": sie reisen zunächst legal mit Touristenvisum ein und bleiben nach dessen Ablauf im Land. Die tatsächliche Anzahl der irregulären Migranten lässt sich kaum feststellen. Der South African Police Service geht in einem Bericht aus dem Jahr 2008/09 davon aus, dass sich bis zu sechs Millionen Menschen ohne Erlaubnis in Südafrika aufhalten könnten. In einem Bericht aus dem Jahr 2003 nennt die Behörde Statistics South Africa hingegen Zahlen zwischen 500.000 und einer Million irregulärer Migranten.
In jedem Fall zugenommen hat die Zahl der Abschiebungen: Seit 1994 hat die Republik Südafrika insgesamt mehr als 1,7 Millionen irreguläre Migranten abgeschoben. Während im Jahr 1994 etwa 90.000 Migranten ausgewiesen wurden, waren es im Jahr 2004 bereits über 150.000 und im Jahr 2007 über 300.000. Der größte Teil der Migranten wurde nach Mosambik abgeschoben.
Diese Zahlen verweisen nicht unbedingt auf einen Anstieg der irregulären Zuwanderung nach Südafrika. Sie können stattdessen auch auf ein rigoroseres Vorgehen der Regierung zurückzuführen sein. Trotz massenhafter Abschiebungen kommt es seit 1995 gleichzeitig auch immer wieder zu umfassenden Legalisierungsprogrammen. Dies ist vor allem eine Folge des Scheiterns restriktiver Politik, denn abgeschobene Migranten reisen häufig innerhalb kürzester Zeit erneut ein.
Aufgrund der restriktiven Politik, die kaum legale Einreisemöglichkeiten bietet, ist für viele Migranten die irreguläre Migration die einzige Chance nach Südafrika zu gelangen. Die südafrikanische Wirtschaft und der relative Reichtum des Landes haben eine starke Sogwirkung, vor allem auf die umliegenden Staaten. Für Migranten aus Simbabwe beispielsweise, einem Land, das derzeit nahezu keine Erwerbsmöglichkeiten für seine Bevölkerung bietet, ist Südafrika ein Ausweg aus der wirtschaftlichen Chancenlosigkeit.
Dank der über Jahrzehnte gewachsenen Migrationsnetzwerke und einem florierenden informellen Arbeitsmarkt, ist die irreguläre Migration häufig erfolgreich. Besonders die Netzwerke der Migranten haben einen großen Einfluss auf die Migrationsentscheidung. Bei einer Umfrage aus dem Jahr 2002 gaben 70 Prozent der befragten irregulären Migranten aus Nigeria an, vor ihrer Einreise bereits jemanden in Südafrika gekannt zu haben.
Südafrikanische Arbeitgeber nutzen irreguläre Migranten, die überwiegend in der Landwirtschaft, aber auch im Dienstleistungssektor oder im Baugewerbe tätig sind, häufig aus. Sie umgehen die Vorgaben des Arbeitsrechts, zahlen Löhne unterhalb des gesetzlichen Mindestlohns und profitieren somit von der irregulären Einwanderung. Weite Teile der Bevölkerung sehen die irregulären Migranten als Konkurrenten um Arbeitsplätze und Verursacher wirtschaftlicher Probleme und Kriminalität.
Flucht und Asyl
Vor und während der Apartheid
Bereits im 17. Jahrhundert, lange bevor der Begriff des Flüchtlings zum Bestandteil internationalen Rechts wurde, kam es zu ersten Fluchtbewegungen nach Südafrika. Zunächst flohen Hugenotten aus Frankreich, später folgten weitere europäische Flüchtlinge, unter anderem Juden aus Russland und Litauen vor und während des Zweiten Weltkrieges. Selbst zur Zeit der Apartheid-Regierung wurden europäischstämmige Flüchtlinge aufgenommen. So suchten beispielsweise Belgier und Portugiesen nach der Unabhängigkeit ihrer afrikanischen Kolonien (u.a. Kongo, Angola und Mosambik) Zuflucht in Südafrika.
Vor schwarzen, afrikanischen Flüchtlingen schottete sich das Apartheid-Regime hingegen ab. Im Zuge des Bürgerkrieges im Nachbarland Mosambik flohen in den 1980er Jahren etwa 350.000 Mosambikaner nach Südafrika. Da sich der Staat jedoch weigerte, ihren Status als Flüchtlinge anzuerkennen und sie stattdessen als irreguläre Migranten ansah, wurden viele von ihnen verhaftet und abgeschoben. Zuflucht fanden die Mosambikaner lediglich in den grenznahen Homelands Gazankulu und Kangwane. An den elektrischen Grenzzäunen verloren jährlich etwa 200 Flüchtlinge ihr Leben.
Nach der Apartheid
Im Jahr 1995 erkannte Südafrika zunächst die Flüchtlingsdefinition der Organisation of African Unity (OAU) an. Im folgenden Jahr unterzeichnete die Regierung zusätzlich die Genfer Flüchtlingskonvention sowie das dazugehörige Protokoll von 1967. Bis zum Jahr 1998 wurden Flüchtlinge und Asylsuchende gemäß dem Aliens Control Act von 1991 dennoch wie illegal Eingewanderte behandelt. Die 1991 erlassenen Gesetze ermöglichten es, dass irreguläre Migranten bis zu fünf Jahre inhaftiert werden konnten. Gerade im Hinblick auf die Menschen, die seit Mitte der 1980er Jahre aus Mosambik nach Südafrika flohen, führte dies zu einer prekären rechtlichen Situation. Erst 1998 wurde mit dem Refugee Act die erste Flüchtlingsgesetzgebung verabschiedet. Sie trat 2000 in Kraft und ist neben dem Immigration Act von 2002 auch heute noch Grundlage für den Umgang mit Flüchtlingen und Asylsuchenden. Im August 2011 wurden der Amendment Bill 2011 und der Refugee Amendment Act 2011 verabschiedet, die das Asylsystem effizienter und effektiver gestalten sollen.
Da das junge demokratische Südafrika zunächst vor allem innenpolitische Prioritäten setzte und Immigranten und Flüchtlinge aus dem restlichen Afrika vornehmlich als Bedrohung ansah, wurde das sich im Aufbau befindende Asylsystem nur mit geringen finanziellen Ressourcen ausgestattet. Das schwache Asylsystem wird den Anforderungen, die sich aus der großen Zahl der Asylsuchenden ergeben, bis heute nicht gerecht. Allein im Jahr 2009 konnten von den 223.324 gestellten Asylanträgen 172.302 wegen fehlender Kapazitäten nicht bearbeitet werden; die Zahl der noch ausstehenden Bearbeitungen ist dementsprechend hoch.
Dazu trägt auch die wachsende Zahl an Asylsuchenden bei. Während im Jahr 1996 gerade einmal 14.390 Asylgesuche gestellt wurden, registrierte Südafrika im Jahr 2011 106.600 neue Asylsuchende, mehr als jedes andere Land der Welt. Obwohl die Anzahl neuer Asylanträge seit dem Höhepunkt im Jahr 2009 (über 222.000 Asylanträge) mittlerweile leicht rückläufig ist, rechnet der UNHCR mit insgesamt über 350.000 Flüchtlingen und Asylsuchenden bis Ende 2014. Ende 2012 hielten sich über 230.000 Asylsuchende und 65.000 anerkannte Flüchtlinge in Südafrika auf.
Die meisten Asylsuchenden stammen aus afrikanischen Staaten wie dem Kongo, Somalia, Angola, Äthiopien oder Simbabwe. Die Gründe für ihre Asylanträge sind vielfältig. In den Staaten Kongo und Angola kommt es immer wieder zu bewaffneten Konflikten. Nach zahlreichen Bürgerkriegen sind bereits viele Millionen Menschen aus diesen beiden Ländern geflohen, unter anderem nach Südafrika. Auch aus Somalia fliehen viele Menschen vor der anhaltenden Unsicherheit und den Folgen des bis 2012 andauernden Bürgerkrieges.
Südafrika ist umgeben von einigen der ärmsten Länder der Welt. In Simbabwe lebten 2012 68 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze, in der Demokratischen Republik Kongo waren es sogar 71 Prozent. Viele Afrikaner fliehen daher nicht nur vor politischer Verfolgung oder Bürgerkriegen, sondern auch vor der Chancenlosigkeit und Armut in ihren Herkunftsländern.
Die restriktive südafrikanische Migrationspolitik verschärft das Problem. Arbeitsmigranten, die keine Chance sehen, legal einzureisen, nutzen den Asylantrag, um nach Südafrika zu gelangen. Aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit, der Armut und der immensen Ungleichheit innerhalb der südafrikanischen Bevölkerung stehen Flüchtlinge und Asylsuchende in Südafrika oft in unmittelbarer Konkurrenz mit der Aufnahmegesellschaft. Vor allem mit den sozial benachteiligten Bevölkerungsschichten kommt es zu einem empfundenen Verteilungskampf um knappe Güter wie Arbeit und Wohnraum. Dies wird häufig als Grund für die fremdenfeindliche Haltung in weiten Teilen der südafrikanischen Bevölkerung betrachtet (siehe Abschnitt Xenophobie).
Das Department of Home Affairs erkannte 2011 lediglich 15,5 Prozent der bearbeiteten Asylanträge an, deutlich weniger als die durchschnittliche internationale Anerkennungsquote von 38 Prozent. Trotz der beschriebenen Schwächen besitzt Südafrika heute ein liberales Asylsystem, das alle grundlegenden Prinzipien des Flüchtlingsschutzes beinhaltet. Flüchtlinge haben unter anderem das Recht, ihren Wohnort frei zu wählen, einer Arbeit nachzugehen sowie Gesundheitsversorgung und eine grundlegende Bildung zu erhalten. Auch wenn diese Rechte gesetzlich festgeschrieben sind, haben Flüchtlinge in der Praxis jedoch häufig Probleme, sie einzufordern. Aufgrund der weit verbreiteten Fremdenfeindlichkeit in der Bevölkerung ist es für sie schwierig, eine Wohnung oder Arbeit zu finden; öffentliche Institutionen erkennen ihre Papiere zum Teil nicht an.
Xenophobie
Xenophobie wird definiert als eine feindliche Einstellung gegenüber Ausländern. Im Gegensatz zum Rassismus bezieht sich der Hass oder die Angst nicht hauptsächlich auf die Hautfarbe oder die "Rasse", sondern auf die Herkunft aus einem anderen Land. Südafrika gilt als eines der fremdenfeindlichsten Länder der Welt. Xenophobie zeigt sich beispielsweise in einer latent ablehnenden Haltung gegenüber Ausländern, aber entlädt sich auch immer wieder in Gewalt.
Bereits in der Kolonialzeit prägte Rassismus die südafrikanische Gesellschaft und fand seinen Höhepunkt in der Apartheid im 20. Jahrhundert. Auch 20 Jahre nach dem Ende des institutionalisierten Rassismus der Apartheid hinterlässt dieser seine Spuren – wenn auch in neuen Formen. Die jahrelange Abschottung Südafrikas vom Ausland spielt dabei genauso eine Rolle für die Fremdenfeindlichkeit, wie eine teils unbewusste (ethnisch-nationale) Grenzziehung im Prozess des "Nation-building" im demokratischen Südafrika. Das über Jahrzehnte gespaltene Land konzentriert sich darauf, zu einer Nation zusammenzuwachsen. Die Konstruktion des "national Fremden" kann als negative Folge dieser Bemühungen betrachtet werden. Die Apartheid führte außerdem zu einer dramatischen sozialen wie ökonomischen Ungleichheit und stürzte die schwarze südafrikanische Bevölkerungsmehrheit in Armut. Über Jahrzehnte hinweg wurden jegliche wirtschaftliche und soziale Aufstiegsbemühungen unterdrückt und Investitionen in Ausbildung und berufliche Qualifizierung schwarzer Arbeitskräfte unterlassen. In der südafrikanischen Bevölkerung gibt es deshalb heute ein Überangebot an unqualifizierten Arbeitskräften. Diese zogen nach Ende der Apartheid zudem massenhaft in die städtischen Ballungsräume des Landes, wo es zu einem harten Konkurrenzkampf um Jobs in Tätigkeitsbereichen kommt, in denen auch viele (irreguläre) Migranten beschäftigt sind. Dennoch beschränkt sich die Fremdenfeindlichkeit in Südafrika nicht auf sozial benachteiligte Gruppen, sondern durchzieht alle Schichten unabhängig von der Hautfarbe.
Dabei kommt es immer wieder zu Gewaltausbrüchen. Seit 2006 gab es zahlreiche Berichte zu Übergriffen einheimischer Händler auf somalische Konkurrenten in Townships größerer Städte wie Kapstadt und Johannesburg. Der bisher schlimmste Vorfall ereignete sich im Mai 2008. Bei fremdenfeindlichen Pogromen wurden 63 Migranten getötet, hunderte verletzt und tausende vertrieben. Nach dem Vorfall gab es Hoffnung auf ein Umdenken in der Politik, doch obwohl die Ursachen für die Gewalt vielfältig diskutiert wurden, gab es kaum konkrete Maßnahmen oder Programme, um dem Problem der Fremdenfeindlichkeit gezielt zu begegnen. Zwar sprach sich bereits der Immigration Act 2002 klar gegen Xenophobie aus, doch Maßnahmen wie das "community policing", das Bürger dazu aufruft, verdächtige Personen der Polizei zu melden, trugen eher dazu bei, ebenjene zu schüren.
Kaum ein anderes Land ist so negativ gegenüber Einwanderern eingestellt wie Südafrika. In einer Befragung aus dem Jahr 2006 wird die weit verbreitete Fremdenfeindlichkeit besonders deutlich. 84 Prozent der Befragten waren sich einig, dass Südafrika zu viele Ausländer aufnehme; über 60 Prozent gaben an, dass irregulären Migranten keinerlei Rechte oder Schutz zustehen sollten, und immerhin die Hälfte der Befragten sprach sich für eine Abschiebung auch der legal in Südafrika lebenden Migranten aus.
Viele Südafrikaner glauben, dass Einwanderer ihnen Wohnraum, Arbeit und Wohlstand wegnehmen und die Sicherheit durch Kriminalität, Überfremdung der südafrikanischen Kultur und Einschleppung von Krankheiten gefährden. Besonders betroffen von diesen Vorurteilen sind afrikanische Migranten aus den benachbarten Staaten und Ostafrika.
Es gibt keine einzelne oder endgültige Erklärung für die weit verbreitete Xenophobie in der südafrikanischen Gesellschaft. Die Ursachen sind ein Zusammenspiel verschiedenster Faktoren. Gerade deshalb ist es schwierig, dem Problem zu begegnen und einen Ausweg aus der Fremdenfeindlichkeit zu finden. Eine veränderte, differenzierte und positivere Darstellung von Migranten durch Medien sowie Politik müsste jedoch der erste Schritt sein, um xenophober Rhetorik entgegenzuwirken und zu einer offeneren Gesellschaft beizutragen.
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