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Flucht und Asyl | Niederlande | bpb.de

Flucht und Asyl

Evelyn Ersanilli

/ 4 Minuten zu lesen

Seit Jahrhunderten haben die Niederlande Einwanderer angezogen. Viele von ihnen kamen auf der Suche nach Arbeitsmöglichkeiten, Aufstiegschancen oder im Rahmen von Familienmigration freiwillig in die Niederlande. Andere wiederum mussten aus ihren Herkunftsländern fliehen und suchten in den Niederlanden Asyl.

Asylsuchender in einem Asylbewerberheim in einem Freizeitpark in Duinrell 2013: Im ersten Halbjahr 2014 wurden so viele Asylanträge gestellt wie zuletzt in den ersten sechs Monaten des Jahres 2001. (© picture alliance / ANP)

Nach dem Zweiten Weltkrieg bestand die erste große Gruppe von Personen, die in den Niederlanden Zuflucht suchten, aus osteuropäischen Soldaten (z.B. aus Polen), die bei der Befreiung der Niederlande mitgewirkt hatten und nun nicht mehr in ihre Herkunftsländer zurückkehren konnten, da diese inzwischen von kommunistischen Regimen beherrscht wurden. Bald darauf folgten ihnen weitere Landsleute, die vor den kommunistischen Regimen flohen, aber auch Flüchtlinge aus anderen Ländern der Welt. Die Niederlande nehmen jährlich im Rahmen eines Resettlement-Programms 500 ausgewählte Flüchtlinge aus UN-Flüchtlingscamps auf. Derzeit bilden Menschen aus Afghanistan, Irak, Iran, Somalia und Bosnien die größten Flüchtlingscommunities in den Niederlanden.

Zahlen

Über viele Jahre hinweg erreichte eine vergleichsweise hohe Zahl an Asylsuchenden die Niederlande. In der zweiten Hälfte der 1980er Jahre nahm die Zahl der Asylsuchenden schnell zu. Beantragten 1980 noch 1.330 Personen Asyl in den Niederlanden, so waren es 1990 bereits 21.210 Personen. Die gestiegene Zahl der Asylanträge bedeutete aber keinen Anstieg der Zahl der aus humanitären Gründen ausgestellten Aufenthaltsgenehmigungen (vgl. Abbildung 5). Zwischen 1987 und 1996 wurde 40 Prozent der Antragsteller Asyl gewährt. Während der 1980er und 1990er Jahre wurden mehrere Bestimmungen verabschiedet, die Flüchtlinge davon abbringen sollten, in den Niederlanden Asyl zu beantragen. Diese waren jedoch nicht erfolgreich; der Flüchtlingsstrom hielt weiter an und erreichte 1994 mit über 50.000 Asylantragstellern seinen Höhepunkt.

Gesetzliche Grundlagen

Flüchtlingsschutz und Asyl werden durch das Interner Link: Ausländergesetz aus dem Jahr 2000 geregelt (Vw2000). Demnach kann Asylsuchenden der Flüchtlingsstatus gewährt werden, wenn sie die Kriterien der Genfer Konvention aus humanitären Gründen erfüllen. Gleiches gilt, wenn sie als unselbständiger Partner oder minderjähriges Kind gemeinsam mit oder maximal drei Monate nach einem Hauptasylbewerber geflohen sind.

Um die vorherigen langen Bearbeitungszeiten zu verkürzen, führte das Gesetz ein unmittelbar durchzuführendes Schnellverfahren ein. Dieses stellt sicher, dass innerhalb von 48 Stunden nach Antragstellung eine erste Entscheidung darüber gefällt wird, ob der Antrag zum Anerkennungsverfahren zugelassen wird oder nicht. Diese Maßnahme soll Asylmissbrauch verhindern.

Solange ihr Asylantrag bearbeitet wird, sind die Asylsuchenden in speziellen Asylbewerberheimen untergebracht, die über das ganze Land verteilt sind. Dort können sie auf die Ergebnisse ihrer Anträge oder Einsprüche gegen die Entscheidung der Behörden warten. Asylsuchende bekommen jede Woche eine geringe finanzielle Unterstützung und dürfen pro Jahr nicht mehr als zwölf Wochen arbeiten.

Nach Inkrafttreten von Vw 2000 sank die Zahl der Asylanträge von 43.560 im Jahr 2000 auf 9.780 im Jahr 2004. Es ist schwer zu sagen, ob dieser Rückgang allein auf die Gesetzesänderungen zurückzuführen ist oder allgemein auf einen Rückgang von Konflikten und wirtschaftlichen Krisen. Seitdem ist die Asylsuchendenzahl wieder angestiegen. Im ersten Halbjahr 2014 wurden so viele Asylanträge gestellt wie zuletzt in den ersten sechs Monaten des Jahres 2001. Flüchtlinge aus Syrien und Eritrea stellten dabei die meisten Anträge auf Asyl.

Abbildung 5: Asylanträge und positive Entscheidungen 1980 – 2013 (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Personen, denen Flüchtlingsstatus zugesprochen worden ist, erhalten eine Aufenthaltsgenehmigung, die zunächst für ein Jahr befristet ist. Nach fünf Jahren können anerkannte Flüchtlinge eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung beantragen. Als Voraussetzung dafür müssen sie den Interner Link: staatsbürgerlichen Integrationstest bestehen. Bestehen sie diesen nicht, erhalten sie eine weitere befristete Aufenthaltsgenehmigung. Menschen, die Flüchtlingsstatus erhalten haben, werden über das ganze Land verteilt untergebracht. Dadurch soll zum einen garantiert werden, dass die Kosten für die Flüchtlingsaufnahme gleichmäßig auf die einzelnen Kommunen verteilt werden und zum anderen eine Konzentration von Flüchtlingen an einzelnen Orten verhindert werden. Jede Kommune muss einen bestimmten Anteil ihrer Sozialwohnungen für Flüchtlinge reservieren. Schätzungsweise leben ungefähr zwei Drittel der Flüchtlingsbevölkerung außerhalb der großen städtischen Ballungsgebiete. Dennoch versuchen viele von ihnen früher oder später, in städtische Regionen zu ziehen, entweder, um mit ihren Landsleuten zusammenzuleben, oder weil sie glauben, dass die Stadt ihnen mehr Möglichkeiten bietet.

Abschiebung

Lange Zeit hatten die Niederlande kein konsequentes Abschiebeverfahren für Asylbewerber, deren Antrag auf Asyl abgelehnt worden war. Es war Sache des abgelehnten Bewerbers, das Land in Eigenverantwortung zu verlassen. Viele Menschen kamen dieser Aufforderung jedoch nicht nach und blieben in den Niederlanden. Nach langen Debatten darüber, was mit ihnen geschehen solle, verabschiedete die Regierung 2007 schließlich ein Amnestiegesetz für Personen, die vor 2001 ohne Erfolg Asyl beantragt und sich keines Verbrechens schuldig gemacht hatten. Rund 30.000 Personen wurde daraufhin eine Aufenthaltsgenehmigung erteilt.

Dieser Text ist Teil des Interner Link: Länderprofils Niederlande.

Fussnoten

Fußnoten

  1. "Asylsuchende" sind Personen, die in den Niederlanden Asyl beantragen. Ist ihr Antrag erfolgreich, erhalten sie eine Aufenthaltsgenehmigung. "Flüchtlinge" sind Personen, denen Asyl gewährt worden ist.

  2. Die Amnestie richtete sich sowohl an Personen, deren Asylantrag abgelehnt worden war, als auch an solche, die sich noch im Berufungsverfahren befanden.

Lizenz

Dieser Text ist unter der Creative Commons Lizenz "CC BY-NC-ND 3.0 DE - Namensnennung - Nicht-kommerziell - Keine Bearbeitung 3.0 Deutschland" veröffentlicht. Autor/-in: Evelyn Ersanilli für bpb.de

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Dr. Evelyn Ersanilli ist Dozentin am Fachbereich Migrationsstudien am Internationalen Migrationsinstitut (IMI) der Universität Oxford. E-Mail: E-Mail Link: evelyn.ersanilli@qeh.ox.ac.uk