Die heutige Rolle und Form des kroatischen Staatsbürgerschaftsrechts ist das Ergebnis von staatsbürgerschaftsrechtlichen Sondersituationen im ehemaligen Jugoslawien, einer ethnisch-nationalen Politik zur Bestimmung des Kroatentums in den 1990er Jahren und einer Liberalisierung und EU-Harmonisierung seit dem Jahr 2000. Aus dieser Konstellation leiten sich zum Teil nur schwer verständliche, aber sehr folgenreiche Bestimmungen und Rechte ab.
Der Kern des aktuellen Staatsbürgerschaftsrechts verweist auf die kroatische Verfassung vom 21.12.1990 und das Staatsbürgerschaftsgesetz vom 6.10.1991. Beide, Verfassung und Staatsbürgerschaftsgesetz
Internationaler Druck, von Kroatien unterzeichnete internationale Verträge, Selbsteinsicht in die verfahrene Lage beim Umgang mit unterschiedlichen Statusgruppen, eine allgemeine Demokratisierung Kroatiens und das anstehende Ziel der EU-Mitgliedschaft seit dem Jahr 2000 haben für deutliche Liberalisierungen gesorgt. Es wurde nach pragmatischen Lösungen für die Minderheiten gesucht und es wurden ihnen neue Rechte gewährt. Heute ist, wie erwähnt, das Staatsbürgerschaftsgesetz von 1991 samt Ergänzungen maßgeblich. Es bevorzugt weiterhin ethnische Kroaten und ihre Nachkommen (Artikel 3 und 11), sieht aber Regelverfahren für die Einbürgerung von ausländischen, nicht-kroatischstämmigen Staatsangehörigen vor (Artikel 8). Hervorzuheben ist auch der Artikel 16, der es im Ausland lebenden Personen kroatischer Abstammung erlaubt, die kroatische Staatsbürgerschaft zu beantragen. Dies ist auch deshalb relevant, weil auf diesem Weg und mit der EU-Mitgliedschaft Kroatiens im Jahr 2013 etwa 500.000 Personen zu EU-Bürgern werden, die nicht auf kroatischem Territorium leben. Dies betrifft nicht allein Kroaten in Bosnien-Herzegowina und in anderen Teilen der Welt, sondern auch rund 200.000 aus Kroatien geflohene oder emigrierte Serbinnen und Serben, die ihre kroatische Staatsbürgerschaft behalten haben.
Die Daten zur Vergabe der kroatischen Staatsbürgerschaft belegen deutlich, dass auch dieser Prozess ethnonational geprägt ist und relativ wenig mit internationalen Migrationen oder einer staats- und sozialrechtlichen Integration zu tun hat. So zählte das Innenministerium Kroatiens seit der Staatsgründung 1991 bis 2010 insgesamt 1.111.705 Einbürgerungen. 834.732 Bewerber um die kroatische Staatsangehörigkeit gaben Bosnien-Herzegowina als Geburtsland an. 678.918 Personen waren zum Zeitpunkt der Bewerbung im Besitz der Staatsbürgerschaft Bosnien-Herzegowinas, die sie, wenn sie die Staatsbürgerschaft als ethnische Kroaten erhielten, auch nicht abgeben mussten (so wie alle ethnischen Kroaten nicht zur Aufgabe der alten Staatsbürgerschaft aufgefordert werden). 80.512 Bewerberinnen und Bewerber besaßen die serbische Staatsbürgerschaft und 12.688 die mazedonische.