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Hintergrundinformationen | Kroatien | bpb.de

Kroatien Hintergrund Historische Entwicklung Migrationspolitik Die Zuwandererbevölkerung Staatsbürgerschaft Integration und Integrationspolitik Flucht und Asyl Irreguläre Migration Aktuelle Entwicklungen und künftige Herausforderungen Literatur

Hintergrundinformationen

Pascal Goeke

/ 3 Minuten zu lesen

Kroatien (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Kroatien hat in unterschiedlichen staatsrechtlichen Konstruktionen und territorialen Zuschnitten seit dem 19. Jahrhundert umfassende Erfahrungen mit Migration, Flucht und Vertreibung gemacht. Hervorzuheben sind die Auswanderung nach Übersee im 19. Jahrhundert, die zunehmende Migration in Richtung nord- und westeuropäischer Staaten im frühen 20. Jahrhundert und die Einbeziehung in das System der europäischen Anwerbemigration in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts sowie verschiedene Migrations- und Fluchtbewegungen im Zusammenhang mit den Jugoslawienkriegen in den 1990er Jahren. Entsprechend kann Kroatien sowohl als Auswanderungs-, Durchwanderungs-, Einwanderungs und Remigrationsland sowie als Ursprungs- und Zielland von Flucht und Vertreibung beschrieben werden.

InfoKroatien

Hauptstadt: Zagreb
Amtssprache: Kroatisch in lateinischer Schrift
Fläche: 56.594 km²
Bevölkerung (Mitte 2011): 4.403.000
Bevölkerungsdichte: 77,8 Einwohner/km²
Natürliches Bevölkerungswachstum (2011): -2,2%
Ausländische Bevölkerung: 0,59%
Erwerbsbevölkerung (2011): 1.724.000, darunter
Erwerbstätige: 1.492.000; Arbeitslose: 232.000
Arbeitslosenquote (November 2012): 17,3%
Religionszugehörigkeit (2011): Katholiken 86,3%; Orthodoxe 4,4%; Muslime 1,5%; Atheisten 3,8%; sonstige 1,5%; keine Angaben 2,7%*

* Alle Daten aus Veröffentlichungen des Croatian Bureau of Statistics. Abweichungen zwischen unterschiedlichen Publikationen des Amtes sind möglich. Ich danke Vera Hanewinkel und Jochen Oltmer für Korrekturen und Nachfragen, die hoffentlich zu Klärungen geführt haben. Karolina Novinšćak und den Mitarbeitern des UNHCR in Zagreb danke ich für ihre schnellen und profunden Auskünfte.

Im Vergleich zu den vergangenen, mitunter turbulenten Migrationen stellt sich das gegenwärtige Migrationsgeschehen in absoluten und relativen Zahlen als eher unbedeutend dar. Um die Entwicklung bis heute und die aktuellen Migrationsphänomene zu verstehen sowie vielleicht auch zukünftige Entwicklungen zu prognostizieren, empfiehlt es sich, zwischen drei verschiedenen Migrationsphänomenen zu unterscheiden: Erstens jene Migrationen, die im Zusammenhang mit dem ehemaligen Jugoslawien und der damaligen Anwerbemigration mit den Staaten West- und Nordeuropas stehen und aus denen heraus sich transnationale Migrationsmuster in geringem Ausmaß entwickelt haben. Zweitens entwickelten die Flüchtlingsbewegungen während der Jugoslawienkriege in den 1990er Jahren und deren Spätfolgen eine eigene Dynamik. Und drittens bilden sich neue Migrationsmuster, deren Umfang gegenwärtig noch gering ist und die weniger aus der kroatischen Geschichte heraus zu verstehen sind, sondern im Zusammenhang mit globalen Entwicklungen von Migration und Politik stehen. Die anstehende EU-Vollmitgliedschaft Kroatiens zum 1. Juli 2013 ist das deutlichste Zeichen dieser Europäisierung und Globalisierung. Die öffentliche Meinung in Kroatien zu diesen Migrationen ist durchweg ambivalent. Man schaut mit Stolz und Wehmut auf die kroatischen Staatsangehörigen, die das Land zu unterschiedlichen Zeiten verlassen haben und heute in der ganzen Welt zu finden sind. Man stellt sich zögerlich, aber zunehmend der eigenen Schuld bei der Vertreibung von Menschen, insbesondere der serbischen Bevölkerung aus der Krajina und Ostslawonien, und blickt mit ambivalenten Gefühlen auf jene Kroatinnen und Kroaten, die zwar nicht migrierten, aber dennoch außerhalb der gegenwärtigen Grenzen, insbesondere in Bosnien-Herzegowina, leben. Und man hofft im Kontext der EU-Mitgliedschaft auf eine weitere Annäherung an die europäischen Partnerländer, ist aber auch in Sorge um die eigene Identität.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Goeke (2007a); Novinšćak (2007; 2012).

  2. Der Begriff transnationale Migrationsmuster stellt auf das Phänomen ab, dass sich ein (evtl. zunehmender) Teil der Migration nicht als Abfolge von Aufbruch, Wanderung und Integration beschreiben lässt. Stattdessen ist zu erkennen, dass manche Migrantinnen und Migranten ihre Lebensführung dauerhaft an den Möglichkeitshorizonten von wenigstens zwei Orten bzw. Nationalstaaten ausrichten. Dies impliziert mehrere Migrationen in einem Leben. Die strukturelle Grundlage für diese Entwicklung wird unter dem breiten Begriff der Globalisierung diskutiert. Das Phänomen der transnationalen Migration lässt deutlich werden, dass eine Vielzahl von sozialen Systemen (z. B. die Wirtschaft, die Wissenschaft) nicht eindeutig nationalstaatlich eingehegt werden können oder sich von nationalstaatlichen Vorgaben zu emanzipieren beginnen (vgl. Bommes 2003).

  3. Vgl. dazu die empirischen Studien von z. B. Čapo Žmegač (2005, 2007); Goeke (2007b).

  4. Blitz (2005); Goeke (2007c).

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Dr. Pascal Goeke ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am Geographischen Institut der Universität Zürich.
E-Mail: E-Mail Link: pascal.goeke@geo.uzh.ch