Obwohl die Zahl der Zuwanderer fast vernachlässigbar ist, rücken unter dem Druck der EU Zuwanderungsbewegungen nach Albanien zunehmend in den Fokus der albanischen Behörden. Verlässliche Wanderungsstatistiken gibt es für die meisten Jahre nicht und die Daten, die existieren, sind lückenhaft und teilweise auch widersprüchlich. Die Weltbank beispielsweise beziffert den Umfang der Zuwandererbevölkerung im Jahr 2010 auf 90.000, d.h. 2,8 Prozent der Gesamtbevölkerung des Landes. Mehr als die Hälfte davon sind diesen Angaben zufolge Frauen. Die Zuwanderer stammen hauptsächlich aus Griechenland, Mazedonien, der Tschechischen Republik, Israel, Italien und Russland. Daten des Innenministeriums zeichnen ein nuancierteres Bild. Tabelle 6 gibt einen Überblick über ausgewählte Zahlen von Aufenthaltsgenehmigungen nach Staatsangehörigkeit im Zeitraum 2006-2010. Tabelle 7 klassifiziert diese Zahlen nach den Haupttypen dieser Aufenthaltsgenehmigungen.
Tabelle 6: Ausländische Bevölkerung in Albanien nach Staatsbürgerschaft, 2006-2010
Land/Jahr
2006
%
2007
%
2008
%
2009
%
2010
%
Europa
1.749
2.894
4.298
5.007
4.114
Italien
483
16
608
15
656
11
709
10
827
15
Griechenland
89
3
117
3
131
2
145
2
171
3
Übrige EU
272
368
410
487
592
Kosovo
100
3
129
3
158
3
220
3
354
6
Türkei
477
15
1.396
34
2.573
44
2.947
43
1.649
29
Übriges Europa
328
276
370
439
521
Asien und Mittlerer Osten
751
498
820
1.047
733
China
551
18
276
7
588
10
786
12
381
7
Amerika(s)
491
547
557
579
621
USA
411
13
451
11
448
8
447
7
463
8
Afrika Ozeanien
120
4
147
4
137
2
160
2
189
3
Gesamt
3.111
100
4.086
100
5.812
100
6.793
100
5.657
100
Quelle: Daten des albanischen Innenministeriums, in: GoA (2010, S. 30-31) Anmerkung: Rumänen und Bulgaren werden erst ab 2007 zu den Zahlen für die EU gezählt.
Tabelle 7: Art der an Ausländerinnen und Ausländer vergebenen Aufenthaltsgenehmigungen, 2006-10
Aufenthaltsgrund
2006
%
2007
%
2008
%
2009
%
2010
%
Beschäftigung
1.531
49
2.177
53
3.707
64
4.398
65
2.601
46
Humanitär/Religiös
1.235
40
1.355
33
1.464
25
1.565
23
1.547
27
Familienzusammenführung
288
9
494
12
555
10
622
9,2
977
17,3
Studium
23
0,7
28
0,7
55
1
90
1,3
183
3,2
Asyl
34
0,1
32
0,8
31
0,5
35
0,5
42
0,8
Andere
0
0
0
83
1,2
313
5,5
Gesamt
3.111
100
4.086
100
5.812
100
6.793
100
5.663
100
Quelle: Daten des albanischen Innenministeriums, in: GoA (2010, S. 29-32)
Die Tabellen zeigen Folgendes: Erstens, die Vergabe von Aufenthaltsgenehmigungen hat in den vergangenen Jahren allgemein – wenn auch nur leicht – zugenommen. Zweitens, die große Mehrheit dieser Aufenthaltsgenehmigungen wird zum Zwecke der Beschäftigung erteilt. Die Familienzusammenführung ist mit einem Anteil von etwa 10 Prozent an allen vergebenen Aufenthaltsgenehmigungen in diesen Jahren konstant geblieben und stieg dann 2010 auf 17 Prozent an. Die Zahl der Asylberechtigungen blieb auf einem niedrigen Niveau.
Drittens, die wichtigsten Herkunftsländer von Zuwanderern sind die Türkei, gefolgt von Italien, China und den USA. Die Zuwanderer konzentrieren sich viertens auf das Ballungsgebiet Durrës-Tirana – 84 Prozent der Migranten sind hier wohnhaft gemeldet. Mehr als die Hälfte der Antragsteller einer Arbeitserlaubnis im Jahr 2010 lebte in der Hauptstadt Albaniens. Die Mehrzahl der Zuwanderer ist männlich – Frauen stellten im Zeitraum 2006-2010 durchschnittlich ein Viertel der Zuwanderer. Die meisten Migranten sind im erwerbsfähigen Alter.
Wenn man die Art der ausgestellten Aufenthaltsgenehmigungen mit den Merkmalen Herkunftsland, Alter und Geschlecht in Verbindung setzt, ergibt sich folgendes Bild: Männliche türkische Staatsangehörige im erwerbstätigen Alter dominieren. Dafür gibt es zwei Gründe: Zum einen erleichtert das visumfreie Reisen zwischen Albanien und der Türkei seit 1992 die Zuwanderung. Zum anderen werden viele groß angelegte Infrastrukturprojekte in Albanien von türkischen Firmen durchgeführt, die wiederum bevorzugt türkische Staatsangehörige einstellen, wie zum Beispiel beim Bau der Fernstraße zwischen Durrës und Kukës. Chinesinnen und Chinesen z.B. sind hingegen überwiegend selbstständig und unterhalten ihre eigenen Geschäfte oder sie arbeiten als Angestellte in den Geschäften ihrer Landsleute, vor allem im Handel in Tirana. Darüber hinaus gibt es eine auffällige Präsenz von Frauen aus den Philippinen, die als Haushaltshilfen für ausländische Fachkräfte oder Konsulatsangestellte, die in Albanien stationiert sind, sowie für reiche albanische Familien arbeiten, die Hausangestellte als Statussymbol betrachten.
Julie Vullnetari ist Postdoktorandin am Sussex Centre for Migration Research der Fakultät für Global Studies der Universität von Sussex, Vereinigtes Königreich. E-Mail: E-Mail Link: jvullnetari@gmail.com
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