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Die Zuwandererbevölkerung | Italien | bpb.de

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Die Zuwandererbevölkerung

Dr. Giorgia Di Muzio

/ 4 Minuten zu lesen

Entwicklung

Am 1. Januar 2012 lebten Schätzungen zufolge mehr als 4.850.000 ausländische Staatsangehörige in Italien. Diese stellten 8% an der Gesamtbevölkerung des Landes. Im Laufe der letzten Jahre hat die ausländische Bevölkerung in Italien sowohl im Hinblick auf ihre absolute Zahl als auch ihren Anteil an der Gesamtbevölkerung deutlich zugenommen: 2011 lebten 4.570.317 Ausländer im Land und stellten insgesamt 7,5% der Bevölkerung, 2010 waren 4.235.059 Ausländer registriert worden (7% der Gesamtbevölkerung). Wie Tabelle 3 zeigt, hat sich jedoch das Wachstum der ausländischen Bevölkerung in den letzten Jahren gegenüber den Vorjahren verlangsamt.

Zahl ausländischer Staatsangehöriger in Italien und jährliche Wachstumsrate der ausländischen Bevölkerung im Zeitraum 2006 bis 2011.

Datenerfassung jeweils am 1. Januar eines Jahres

* Schätzung vom Istat (2012)
2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012*
Zahl ausländischer Einwohner2.670.5142.938.9223.432.6513.891.2954.235.0594.570.3174.859.000
Zuwachs gegenüber dem Vorjahr (in %)-10,1%16,8%13,4%8,8%7,9%6,3%

Quellen: Zusammenstellung der Autorin basierend auf Geo-Demo Istat Daten

Die Verlangsamung des Wachstums der ausländischen Bevölkerung liegt in der aktuellen wirtschaftlichen Rezession begründet, von der Italien ebenso betroffen ist, wie das übrige Europa. Die Wirtschaftskrise hat dazu geführt, dass sich die Bedingungen für Aufenthalt und Beschäftigung deutlich verschlechtert haben, was viele ausländische Staatsangehörige dazu veranlasst hat, in ihre Heimatländer zurückzukehren oder in andere Länder weiter zu wandern. Gleichzeitig haben auch Einbürgerungen dazu beigetragen, dass sich das Wachstum der ausländischen Bevölkerung verlangsamt hat. Beispielsweise nahmen 2010 65.938 Personen die italienische Staatsbürgerschaft an (11.1% mehr als 2009) (vgl. 'Staatsangehörigkeit').

Herkunftsländer

Am 1. Januar 2011 bildeten Rumänen die größte Zuwanderergruppe mit einem Anteil von 21% an allen ausländischen Staatsangehörigen, die zu diesem Zeitpunkt in Italien lebten. Weitere Spitzenplätze belegten albanische Staatsangehörige (10,6%), Marokkaner (9,9%), Chinesen (4,6%) und Ukrainer (4,4%) (vgl. Tabelle 4).

Zahl der Staatsangehörigen der wichtigsten 20 Herkunftsländer und ihr Anteil an allen ausländischen Staatsangehörigen (in Prozent).

Datenerfassung am 1. Januar 2011

Männlich Weiblich W/M*100 Gesamt Anteil an allen ausländischen Einwohnern (in %)
Rumänien 439.311529.265120968.57621,2%
Albanien 259.352223.27586482.62710,6%
Marokko 254.906197.51877452.4249,9%
China 108.418101.51694209.9344,6%
Ukraine 40.617160.113394200.7304,4%
Philippinen 56.55977.595137134.1542,9%
Republik Moldau 42.99787.951205130.9482,9%
Indien 73.44647.59065121.0362,6%
Polen 31.41577.603247109.0182,4%
Tunesien 67.43538.85658106.2912,3%
Peru 39.31059.29315198.6032,2%
Ecuador 37.98553.64014191.6252,0%
Ägypten 62.84027.5254490.3652,0%
Mazedonien 50.33039.5707989.9002,0%
Bangladesch 55.64226.8094882.4511,8%
Sri Lanka 45.00736.0878081.0941,8%
Senegal 61.24219.7473280.9891,8%
Pakistan 49.58426.1365375.7201,7%
Nigeria 24.54929.06411853.6131,2%
Serbien 28.53724.4178652.9541,2%
Andere Herkunftsländer 371.729485.536131857.26518,8%
Zahl der Zuwanderer aus den 20 wichtigsten Herkunftsländern 1.829.4821.883.5701033.713.05281,2%
Gesamtzahl der ausländischen Einwohner Italiens2.201.2112.369.1061084.570.317100%

Quelle: Zusammenstellung der Autorin auf Geo-Demo Istat Daten

Ausländische Staatsangehörige in Italien nach Herkunftsregion (bpb) Lizenz: cc by-nc-nd/3.0/de/

Ein Blick nicht auf einzelne Herkunftsländer, sondern ganze Herkunftsregionen zeigt, dass die Zuwanderung nach Italien hauptsächlich aus Europa erfolgt (53,4%). Mehr als die Hälfte der Ausländer, die aus einem europäischen Land stammen, sind Angehörige eines EU-Mitgliedsstaates, wobei viele aus einem Land kommen, das erst kürzlich der EU beigetreten ist (Rumänien, Polen, Bulgarien). Die übrigen Zuwanderer aus Europa stammen aus Zentral- und Osteuropa, vor allem aus Albanien, der Ukraine, der Republik Moldau und Mazedonien. Die starke Präsenz der Zuwanderer aus zentral- und osteuropäischen Herkunftsländern - Angehörige aus EU- und Nicht-EU-Staaten aus dieser Region stellen zusammen 49,4% aller in Italien lebenden Ausländer - geht vor allem auf die Nachfrage des Privatsektors nach Haushalts- und Pflegekräften zurück, die zum Großteil durch Zuwanderer aus diesen Ländern gedeckt wird.

In Bezug auf die Zuwanderung aus dem außereuropäischen Ausland dominieren Angehörige afrikanischer Staaten, vor allem aus Nordafrika, insbesondere aus Marokko, Tunesien und Ägypten. Diese Gruppe stellt 21,6% der ausländischen Bevölkerung in Italien. Der Anteil von Zuwanderern aus China, den Philippinen und Indien an allen Ausländern beträgt 16,8%. 8,1% aller ausländischen Staatsangehörigen stammen aus den Amerikas, hauptsächlich aus Peru und Ecuador.

Geschlechterzusammensetzung

Die Verteilung nach Geschlecht ist insgesamt weitgehend ausgeglichen mit einem leichten Überschuss weiblicher Migranten, wobei in Bezug auf das Geschlechterverhältnis jedoch zwischen den einzelnen Zuwanderergruppen erhebliche Unterschiede bestehen. Während Frauen in der polnischen, ukrainischen, moldawischen, rumänischen, peruanischen, ecuadorianischen und philippinischen Zuwandererbevölkerung dominieren, sind Migranten aus dem Senegal, Ägypten, Bangladesch, Pakistan, Tunesien, Indien, Ghana, Marokko, Sri Lanka, Albanien und China überwiegend männlich (vgl. Tabelle 4).

Diese Unterschiede gehen auf die geschlechterspezifische Segmentierung des Arbeitsmarkts sowie auf unterschiedliche Besiedlungsstrukturen der einzelnen Nationalitäten zurück. Der Sektor für Dienstleistungen im persönlichen und familiären Bereich (z.B. Hilfe bei der Betreuung von Kindern, alten und kranken Menschen, Hausarbeit und anderen ähnlichen Serviceleistungen) steht sinnbildlich für dieses Phänomen. Arbeitskräfte in diesem Bereich sind fast ausschließlich weiblich und die Mehrheit stammt aus Ländern wie der Ukraine, Polen, der Republik Moldau, Rumänien, Peru, Ecuador und den Philippinen. Zuwanderer aus diesen Herkunftsländern haben Formen von Kettenmigration ausgebildet, die dazu führen, dass weitere Zuwanderer aus derselben Herkunftsregion im Dienstleistungs- und Pflegesektor eine Anstellung finden.

Räumliche Verteilung

Die Mehrheit aller Zuwanderer (61,3%) lebt im Norden des Landes, 25,2% in Zentralitalien, nur 13,5% leben in Süditalien. Die Regionen mit der höchsten Konzentration an Migranten sind die norditalienische Lombardei und Latium in Mittelitalien, deren Hauptstädte Mailand und Rom allein bereits eine große Zahl an Zuwanderern auf sich konzentrieren. Werden nicht absolute Zahlen betrachtet sondern der proportionale Anteil der Zuwanderer an der Gesamtbevölkerung, so zeigt sich ein anderes Bild hinsichtlich der räumlichen Konzentration der Zuwandererbevölkerung. Hier ist es die Region Emilia-Romagna im Norden des Landes, die mit 11,3% an der Gesamtbevölkerung den höchsten Ausländeranteil verzeichnet, gefolgt von der Lombardei (10,7%) und Venetien (10,2%). National lag der Anteil der Zuwanderer an der Gesamtbevölkerung im Jahr 2011 bei 7,5%.

Während vor allem große Städte und Gemeinden Zuwanderer anziehen, gibt es auch einige kleine Städte in Italien, fast alle im Norden des Landes, die einen besonders hohen Ausländeranteil – in einigen Fällen bis zu 33% - vorweisen können. Hier sei beispielhaft die ligurische Gemeinde Airole in der Provinz Imperia genannt. Jeder dritte der insgesamt 500 Einwohner ist ausländischer Staatsangehöriger.

Die räumliche Verteilung der Zuwandererbevölkerung spiegelt die wirtschaftliche und Produktionsstruktur des Landes wider, die sich auf kleine und mittlere Betriebe stützt. Sie unterscheidet sich nach einzelnen Zuwanderergruppen. So konzentrieren sich albanische Staatsangehörige in Apulien, der Region, die der albanischen Küste gegenüber liegt. Die größte Zuwanderergruppe in Emilia-Romagna sind Marokkaner. Tunesier finden sich hauptsächlich in Sizilien, wo sie eine führende Rolle in der Fischwirtschaft eingenommen haben. Die Küstenregionen Ligurien und Kampanien in Nordwest- und Westitalien weisen eine hohe Konzentration an ecuadorianischen und ukrainischen Staatsangehörigen auf, während chinesische Zuwanderer vor allem in norditalienischen Städten und Regionen in Zentralitalien leben, die viele Arbeitsplätze in der verarbeitenden Industrie bieten, wie beispielsweise Prato in der Nähe von Florenz, wo die chinesische Community 40% aller ausländischen Einwohner stellt.

Wie bereits angedeutet reflektiert die räumliche Verteilung den Arbeitsmarkt für Ausländer, der durch eine starke Segmentierung nach Geschlecht und ethnischer Herkunft charakterisiert ist, die ebenfalls durch Kettenmigration aufrecht erhalten wird.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Ismu (2011a), Istat (2011).

  2. Istat (2011).

  3. Istat (2011).

Weitere Inhalte

Dr. Giorgia Di Muzio ist studierte Politikwissenschaftlerin und Soziologin. Sie promovierte an der Universität in Bologna über osteuropäische Frauen im Haushalts- und Pflegesektor in Italien.

E-Mail: E-Mail Link: giorgia.dimuzio@unibo.it