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Migrationspolitik – September und Oktober 2024 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

Migrationspolitik – Monatsrückblick Juni 2024 Migrationspolitik – Mai 2024

Migrationspolitik – September und Oktober 2024

Vera Hanewinkel

/ 12 Minuten zu lesen

Die Bundesregierung hat Migrationsabkommen mit Kenia und Usbekistan geschlossen. Der Europäische Gerichtshof hat das Recht auf Flüchtlingsschutz für Frauen aus Afghanistan gestärkt.

Italienisches Asylzentrum in Shëngjin/Albanien. Italienische Gerichte haben bereits zum zweiten Mal entschieden, dass die Inhaftierung von Asylsuchenden in Albanien in bestimmten Fällen unzulässig ist. (© picture-alliance, ASSOCIATED PRESS | Vlasov Sulaj)

Zahl der Asylanträge in Deutschland rückläufig

In den ersten zehn Monaten des Jahres 2024 Externer Link: sind in Deutschland deutlich weniger Asylanträge gestellt worden als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Während das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von Januar bis Oktober 2023 insgesamt 286.638 Asylanträge entgegengenommen hatte, waren es 2024 im gleichen Zeitraum 217.780. Insbesondere die Zahl der Erstanträge (199.947), war rückläufig (-25,3 Prozent). Sie gilt als Indikator für den Umfang der fluchtbedingten Neuzuwanderung. Allerdings werden Interner Link: Flüchtlinge aus der Ukraine damit nicht erfasst, weil diese in Deutschland und anderen europäischen Ländern einen vorübergehenden Schutzstatus erhalten können, ohne dafür einen Asylantrag stellen zu müssen. Die Zahl der in Deutschland registrierten Geflüchteten aus der Ukraine war zuletzt im Vergleich zu den ersten Monaten nach Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 aber Externer Link: nur noch leicht gestiegen – von rund 1,14 Millionen Personen, die im Januar 2024 im Ausländerzentralregister erfasst waren, auf 1,22 Millionen im Oktober 2024.

Die meisten Menschen, die in den ersten zehn Monaten des Jahres 2024 in Deutschland einen Erstantrag auf Asyl stellten, waren Staatsangehörige Syriens (66.418), Afghanistans (30.474) und der Türkei (25.950). Während syrische und afghanische Staatsangehörige aufgrund der Situation in ihren Herkunftsländern häufig Schutz erhalten (Gesamtschutzquote von 83,9 Prozent bzw. 75,3 Prozent), ist dies bei türkischen Staatsangehörigen nicht der Fall (9,5 Prozent). Ende September waren einer Sprecherin des BAMF zufolge rund 16.000 türkische Staatsangehörige in Deutschland ausreisepflichtig. Um ihre Rückführung zu erleichtern, haben die deutsche und die türkische Regierung sich Medienberichten zufolge im September auf eine engere Zusammenarbeit geeinigt. Demnach soll sich die Türkei bereiterklärt haben, bis zu 500 türkische Staatsangehörige pro Woche aus Deutschland zurückzunehmen. Die Abschiebungen sollen dezentral über Linienflüge erfolgen.

Der Rückgang der Asylzahlen in Deutschland erfolgt im Kontext einer Externer Link: leicht abnehmenden Asylmigration in die EU insgesamt. Die Interner Link: europäische Grenzschutzagentur Frontex meldet zudem, dass die Externer Link: Zahl irregulärer Grenzübertritte in die EU in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 43 Prozent gesunken ist. Die Zahlen zu irregulären Einreisen werden im Asylkontext genannt, weil die meisten Asylsuchenden keine Möglichkeit haben, über legale Wege in die EU zu gelangen. Sie machen deshalb einen Großteil der 191.900 von Januar bis Oktober 2024 von Frontex gezählten irregulären Grenzübertritte aus.

Ausschluss Ausreisepflichtiger von staatlichen Leistungen beschlossen

Bundestag und Bundesrat haben im Oktober einem Externer Link: Gesetz zugestimmt, wonach bestimmte Asylantragstellende von staatlichen Leistungen ausgeschlossen werden können. Betroffen sind Personen, denen bereits in einem anderen EU-Land ein Schutzstatus gewährt worden ist oder deren Asylantrag nach den Interner Link: Dublin-Regeln von einem anderen europäischen Land bearbeitet werden müsste und die deswegen dorthin abgeschoben werden sollen. Der Leistungsausschluss greift dann, wenn die Ausreise als „rechtlich und tatsächlich möglich“ gilt. Menschen mit Duldung sind von der Regelung nicht erfasst. Härtefallregelungen gelten zudem, wenn Kinder betroffen sind.

Nach den mit dem Gesetz einhergehenden Änderungen im Externer Link: Asylbewerberleistungsgesetz (§1 Abs. 4) erhalten die betroffenen Personen nur noch für den Zeitraum von längstens zwei Wochen sogenannte Überbrückungsleistungen. Diese umfassen Externer Link: Sachleistungen für Unterkunft, Ernährung und Körper- und Gesundheitspflege.

Neben dem Ausschluss bestimmter Ausreisepflichtiger von staatlichen Leistungen legt das beschlossene Gesetz auch fest, dass Geflüchtete ihren Schutzstatus verlieren, wenn sie in ihr Herkunftsland reisen. Ausgenommen sind Reisen, die als „sittlich zwingend geboten“ gelten. Wann dies der Fall ist, lässt das Gesetz offen. Öffentlich diskutiert wurden zum Beispiel Reisen aufgrund einer Teilnahme an der Beerdigung von nahen Familienangehörigen. Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sind von der Regelung zum Aufenthalt im Herkunftsland nicht betroffen.

Flüchtlingshilfsorganisationen wie Externer Link: Pro Asyl, die Externer Link: evangelische und die katholische Kirche sowie Wohlfahrtsverbände wie Externer Link: die Caritas und Externer Link: der Paritätische bezweifeln die Verfassungsmäßigkeit des Ausschlusses von Asylbewerberleistungen und sehen darin auch einen Verstoß gegen EU-Recht. Das Bundesverfassungsgericht hatte beispielsweise in einem Externer Link: Urteil aus dem Jahr 2012 klargestellt, dass ein menschenwürdiges Existenzminimum allen Menschen gewährt werden muss und der Gesetzgeber „bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenzieren“ dürfe. Unter anderem dieser Grundsatz würde durch die Gesetzesänderung verletzt.

Das von Bundesrat und Bundestag angenommene Gesetz ist Teil des sogenannten „Sicherheitspakets“ der Bundesregierung. Es war nach einem Interner Link: tödlichen Attentat im nordrheinwestfälischen Solingen im August 2024 auf den Weg gebracht worden. Der Bundestag nahm beide Gesetze des Sicherheitspakts an; der Bundesrat lehnte jedoch das zweite Gesetz ab, welches Sicherheitsbehörden mehr Befugnisse zur Terrorismusbekämpfung gewähren sollte.

Migrationsabkommen mit Kenia und Usbekistan geschlossen

Im September hat Deutschland Migrationsabkommen sowohl mit Kenia als auch mit Usbekistan geschlossen.

In Berlin Externer Link: unterzeichnete Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) im Beisein von Kenias Präsident William Ruto ein umfassendes „Migrations- und Mobilitätspartnerschaftsabkommen“, welches bereits im Frühjahr ausgehandelt worden war. Kenia ist damit das erste afrikanische Land, mit dem ein solches Abkommen besteht. Zentraler Bestandteil ist die Zusammenarbeit bei Rückführungen von ausreisepflichtigen kenianischen Staatsangehörigen. Unter anderem hat Kenia einem biometirischen Datenabgleich zur Identifizierung von Ausreisepflichtigen zugestimmt und will bei Rückführungen auch abgelaufene Reisedokumente akzeptieren. Im Gegenzug sollen kenianische Staatsangehörige über Regelungen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes und zum Zwecke des Studiums nach Deutschland zuwandern dürfen. Gleichzeitig sind Kooperationen mit Blick auf die Berufsausbildung vorgesehen. Die Umsetzung des Abkommens soll durch eine bilaterale Arbeitsgruppe überwacht werden. In Deutschland lebten nach Angaben des Bundesministeriums des Innern und für Heimat (BMI) im September rund 14.800 kenianische Staatsangehörige, von denen in etwa 800 ausreisepflichtig waren.

Externer Link: Ein weiteres Abkommen wurde ebenfalls im September mit Usbekistan geschlossen. Es zielt ebenfalls auf erleichterte Rückführungen ausreisepflichtiger Personen in das zentralasiatische Land und soll gleichzeitig die Zuwanderung usbekischer Arbeits- und Fachkräfte erleichtern. Im September hielten sich 13.702 usbekische Staatsangehörige in Deutschland auf, darunter 203 ausreisepflichtige Personen.

Deutschland setzt bei der Migrationssteuerung verstärkt auf den Abschluss von Interner Link: Migrationsabkommen und -partnerschaften mit Drittstaaten. Diese sollen dazu beitragen, irreguläre Migration in Richtung Europa und Deutschland zu reduzieren und Rückführungen zu erleichtern. Um solche Kooperationen auszuhandeln, hat die Bundesregierung mit Joachim Stamp (FDP) bereits im Februar 2023 einen Sonderbevollmächtigten eingesetzt. Er verblieb auch nach dem Austritt der FDP aus der Regierungskoalition mit SPD und Grünen Anfang November weiter im Amt.

Bislang wurden neben einem Migrations- und Mobilitätsabkommen mit Indien, welches im März 2023 in Kraft getreten ist, Externer Link: auch mit Georgien ein Migrationsabkommen geschlossen und im Januar 2024 eine Migrationspartnerschaft mit Marokko auf den Weg gebracht. Im September erklärten zudem Deutschland und Kolumbien die Absicht, zukünftig im Rahmen einer Migrationspartnerschaft stärker zusammenarbeiten zu wollen. Ähnliche Vereinbarungen zum Ausbau der migrationspolitischen Zusammenarbeit gibt es mit Externer Link: Kirgistan, Externer Link: Moldau, Externer Link: Ghana und den Externer Link: Philippinen. Die Migrationspartnerschaften gestalten sich von Land zu Land unterschiedlich. Während es sich bei Migrationsabkommen um völkerrechtlich bindende Verträge handelt, sind Migrationspartnerschaften in der Regel weniger verbindlich.

Urteil des EuGH stärkt Schutz für Frauen aus Afghanistan

Externer Link: Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat das Recht von afghanischen Frauen auf Schutz in der EU gestärkt. Die Situation in Interner Link: Afghanistan sei für Frauen so schlecht, dass sie kollektiv als verfolgte Gruppe anzuerkennen seien. Ihnen würden „in flagranter Weise die mit der Menschenwürde verbundenen Grundrechte vorenthalten“. In seinem Urteil Anfang Oktober stellt der Gerichtshof daher klar: Asylbehörden müssen nicht mehr in jedem Einzelfall prüfen, ob Gründe vorliegen, die den Interner Link: Flüchtlingsstatus rechtfertigen. Stattdessen seien afghanische Frauen grundsätzlich als Flüchtlinge anzuerkennen.

Mit der Entscheidung reagierte der EuGH auf eine Anfrage des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs. An diesen hatten sich zwei Frauen mit afghanischer Staatsangehörigkeit gewandt, weil sich die österreichischen Behörden geweigert hatten, ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen. Der Verwaltungsgerichtshof wollte daraufhin vom EuGH wissen, ob die diskriminierenden Maßnahmen des Interner Link: Taliban-Regimes gegen Frauen – wie Arbeits- und Bildungsverbote sowie Einschränkungen von Bewegungsfreiheit und Zugang zu Gesundheitseinrichtungen – in ihrer Gesamtheit als Verfolgungshandlung eingestuft werden können.

Italienisches Gericht untersagt Inhaftierung von Schutzsuchenden in Albanien

Italienische Gerichte haben bereits zum zweiten Mal entschieden, dass die Inhaftierung von Asylsuchenden in Albanien in bestimmten Fällen unzulässig ist. Bereits Mitte Oktober hatte ein Gericht verfügt, dass zwölf Männer aus Ägypten und Bangladesch zur Prüfung ihrer Asylanträge nach Interner Link: Italien gebracht werden müssen. Beide Länder seien keine sicheren Herkunftsländer, hieß es in der Begründung. Das erste Gerichtsurteil erging nur wenige Tage nachdem Italien damit begonnen hatte, auf See gerettete Asylsuchende in zwei Asylzentren in den albanischen Orten Shëngjin und Gjadër zu bringen. Auch der zweite Versuch, sieben Asylsuchende nach Albanien zu bringen und deren Asylanträge dort zu bearbeiten, wurde Anfang November von einem italienischen Gericht gestoppt.

Die italienische Regierung der rechten Ministerpräsidentin Giorgia Meloni hatte im Interner Link: November 2023 eine Vereinbarung zur Übernahme von Asylsuchenden mit Albanien getroffen. Sie sieht vor, dass jährlich bis zu 36.000 in internationalen Gewässern aufgegriffene Asylsuchende nach Albanien gebracht werden können, wo ihre Asylanträge innerhalb von maximal 30 Tagen nach italienischem Recht geprüft werden sollen. Erhalten sie einen Schutzstatus, dürfen sie nach Italien einreisen. Wird ihr Asylantrag hingegen abgelehnt, sollen sie direkt aus Albanien in ihre Herkunftsländer zurückgeführt werden. Die Regelung gilt ausschließlich für volljährige Männer aus sicheren Herkunftsländern.

Die italienische Opposition sieht Melonis Vorhaben der Auslagerung von Asylverfahren nach Albanien bereits als gescheitert an. In der EU wird die Kooperation mit Albanien jedoch aufmerksam verfolgt. Viele EU-Staaten, darunter auch Deutschland, Interner Link: streben ähnliche Modelle an. Sie erhoffen sich eine abschreckende Wirkung und damit einen Rückgang der Asylzuwanderung. Nach geltendem Recht ist eine solche Auslagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der EU nicht einfach möglich. Sobald Asylsuchende ein EU-Land oder dessen Hoheitsgewässer erreicht haben, greifen die Asylrichtlinien der EU, die keine europäischen Asylverfahren außerhalb der EU vorsehen. Italien umgeht dies, indem Asylsuchende bereits in internationalen Gewässern, wo nur die Menschenrechte gelten, aufgegriffen und nach Albanien gebracht werden.

Das behalten wir im Blick: Fluchtbewegungen in Nahost

Die Ausweitung des Kriegs im Interner Link: Nahen Osten ließ die Zahl der Fluchtbewegungen in der Region weiter steigen. Neben dem Gazastreifen war davon im September und Oktober insbesondere der Libanon betroffen. In Reaktion auf den andauernden Beschuss durch die islamistische Schiitenmiliz Interner Link: Hisbollah hatte Israel seine Luftangriffe im Libanon ausgeweitet und Ende September eine Bodenoffensive im Südlibanon gestartet.. Die Hisbollah steht an der Seite der radikal-islamischen Interner Link: Hamas im Gazastreifen, Interner Link: die am 7. Oktober 2023 in Israel ein Massaker verübt hatte, bei dem rund 1.200 Menschen getötet und etwa 250 als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt worden waren.

Die israelischen Luftangriffe im Libanon galten zunächst vor allem der Hisbollah im Süden des Landes, wurden aber auch auf die Hauptstadt Beirut und andere Landesteile ausgeweitet. In der Folge der Angriffe sprach die libanesische Regierung Ende September von der „größten Fluchtbewegung in der Interner Link: Geschichte des Landes“. Mehr als 1,3 Millionen Menschen waren nach Angaben libanesischer Behörden im November auf der Flucht. Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) und die Internationale Organisation für Migration (IOM) Externer Link: sprachen von rund 900.000 Menschen, die innerhalb des Libanon vertrieben worden seien (Stand: 25.11.2024). Darunter seien auch viele syrische Staatsangehörige, die ursprünglich selbst als Flüchtlinge in den Libanon gekommen waren. Zudem sollen mehr als 562.000 Menschen – 63 Prozent davon Syrer:innen – vor den Kämpfen über die libanesische Grenze nach Interner Link: Syrien geflüchtet sein.

Im Gazastreifen waren Anfang Dezember 2024 weiterhin 1,9 Millionen Menschen vertrieben (90 Prozent der Bevölkerung), 345.000 Menschen leiden nach Externer Link: UN-Angaben unter hungersnot-ähnlichen Zuständen (Stufe 5 im Externer Link: System der Integrierten Klassifizierung der Ernährungssicherheitsphasen, IPC). Seit Beginn des Krieges sind nach Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums mehr als 44.000 Menschen im Gazastreifen getötet und über 105.000 verletzt worden (Stand: 03.12.2024). Israel berichtet von 380 getöteten und knapp 2.500 verletzten israelischen Staatsangehörigen im Gazastreifen. Zudem werden weiterhin rund 101 von der Hamas am 7. Oktober 2023 verschleppte israelische Geiseln vermisst.

Im von Israel besetzten Westjordanland kommt es seit einem Jahr ebenfalls verstärkt zu gewaltbedingten Vertreibungen. Seit dem Hamas-Überfall am 7. Oktober 2023 bis Ende Oktober 2024 hat das Amt der Vereinten Nationen zur Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) mehr als 1.600 Angriffe israelischer Siedler:innen gegen Palästinenser:innen und ihren Besitz registriert. Dadurch sowie aufgrund der Zerstörung von Häusern und Infrastruktur durch israelische Behörden und Militäroperationen Externer Link: seien mehr als 6.300 Menschen vertrieben worden.

In Israel können zehntausende Menschen noch nicht wieder in ihre Wohnorte im Norden des Landes bzw. entlang des Gazastreifens zurückkehren, aus denen sie aufgrund der Gefechte zwischen Israel auf der einen sowie der Hisbollah und der Hamas auf der anderen Seite evakuiert worden waren. Auch sie können als Binnenvertriebene gelten. Das Externer Link: israelische Taub Center for Social Policy Studies sprach Ende August von rund 143.000 seit dem 7. Oktober 2023 evakuierten Personen, etwa 68.500aus dem Norden des Landes und 74.600 Menschen aus Gebieten entlang des Gazastreifens. Weitere rund 62.000 Personen seien bereits in ihre Heimatregionen zurückgekehrt. Im Gegensatz zu den Fluchtbewegungen im Gazastreifen und im Libanon veröffentlicht die UN keine Angaben zu Binnenvertriebenen in Israel.

Israel erteilt Palästinenserhilfswerk UNRWA Betätigungsverbot

Das Interner Link: UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) darf ab 2025 nicht mehr in Israel arbeiten. Das hat das israelische Parlament, die Knesset, Ende Oktober beschlossen und zwei entsprechende Gesetze verabschiedet. So wird israelischen Behörden jeglicher Kontakt zum Hilfswerk und seinen Vertreter:innen sowie jegliche Präsenz von UNRWA innerhalb Israels verboten. Zudem sollen die Privilegien der UNRWA abgeschafft werden, etwa die Immunität von UNRWA-Personal.

Das Verbot von UNRWA-Aktivitäten bezieht sich auf israelisches Staatsgebiet. Es wird aber davon ausgegangen, dass das Hilfswerk seine Arbeit auch in den Palästinensischen Gebieten nicht ungehindert wird fortsetzen können, weil Israel die Grenzübergänge in den Gazastreifen und das Westjordanland kontrolliert. Einige Gebiete wie das seit dem Interner Link: Sechstagekrieg 1967 besetzte Ostjerusalem, wo das Hilfswerk bislang grundlegende Dienstleistungen etwa im Bildungs- und Gesundheitsbereich anbietet, werden zudem von Israel de facto als Staatsgebiet behandelt. Das Aktivitätsverbot greift hier unmittelbar. In einem Externer Link: Gutachten aus dem Juli 2024 hatte der Internationale Gerichtshof (IGH) die andauernde israelische Besetzung der Palästinensischen Gebiete einschließlich Ostjerusalems als völkerrechtswidrig bezeichnet.

Mit rund 30.000 Mitarbeitenden ist UNRWA eine der größten humanitären Organisationen in der Region und zentral für die Versorgung der palästinensischen Bevölkerung. Anders als die größere UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR kümmert sich UNRWA ausschließlich und in alleiniger Zuständigkeit um palästinensische Flüchtlinge. Das Hilfswerk arbeitet seit 1949 in den Palästinensischen Gebieten und übernimmt dort viele staatliche Aufgaben, etwa den Betrieb von Schulen oder Infrastruktur zur Versorgung der Bevölkerung mit Wasser und Treibstoff. Die Außenminister:innen Australiens, Deutschlands, Frankreichs, Japans, Kanadas, Südkoreas und des Vereinigten Königreichs äußerten noch kurz vor Verabschiedung des Gesetzesvorhabens Externer Link: in einem gemeinsamen Appell ihre „ernste Sorge“ und riefen Israel dazu auf, seine internationalen Verpflichtungen einzuhalten und die humanitäre Versorgung der palästinensischen Bevölkerung zu ermöglichen.

Israel begründete das Gesetz zum UNRWA-Betätigungsverbot auf seinem Territorium mit dem Hinweis auf die Beteiligung von Mitarbeiter:innen der Organisation am von der islamistischen Terrororganisation Hamas verübten Anschlag auf Israel am 7. Oktober 2023. Anfang August 2024 hatte UNRWA neun Mitarbeitern nach einer internen Untersuchung der UN gekündigt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit an dem Terrorangriff der Hamas beteiligt gewesen sein sollen. Israel wirft der Organisation seit vielen Jahren Verbindungen zur Hamas vor. Ein Externer Link: Bericht unabhängiger Expert:innen, die auf Bitten des UN-Generalsekretärs Israels Vorwürfe untersuchten, kommt zu dem Schluss, dass UNRWA nicht in allen Aspekten dem Neutralitätsgebot der UN nachkomme. Dies sei vor allem durch politische Äußerungen einzelner Mitarbeitender belegt. Der Bericht betont aber auch, dass Israel bislang keine nachprüfbaren Belege für die flächendeckende Verstrickung von UNRWA-Mitarbeitenden in Hamas-Aktivitäten vorgelegt habe.

Was vom September und Oktober übrig blieb…

2023 hatten in Deutschland 29 Prozent der Schüler:innen an allgemeinbildenden Schulen eine Einwanderungsgeschichte, bei Lehrkräften waren es elf Prozent. Externer Link: Das teilte das Statistische Bundesamt mit. Der Anteil der Schüler:innen mit Einwanderungsgeschichte ist seit 2018 um drei Prozent, der der Lehrkräfte mit Einwanderungsgeschichte um zwei Prozent gestiegen. Insgesamt hat rund ein Viertel der Bevölkerung Deutschlands eine Einwanderungsgeschichte.

Die Bundesregierung hat im September bei der Europäischen Kommission Interner Link: Binnengrenzkontrollen an den Landgrenzen zu Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden, Belgien und Dänemark notifiziert. Die bereits seit Herbst 2015 an der Grenze zu Österreich durchgeführten Kontrollen sowie die seit Oktober 2023 laufenden Kontrollen an den Grenzen zur Schweiz, zur Tschechischen Republik und zu Polen wurden verlängert. Damit werden derzeit alle Landesgrenzen kontrolliert. Dies ist im Schengenraum nur in Ausnahmefällen und nur vorrübergehend gestattet, z. B. wenn die innere Sicherheit bedroht ist. Ab dem Zeitpunkt der Kontrollen an allen deutschen Schengenbinnengrenzen bis einschließlich 1. Dezember 2024 Externer Link: hat die Bundespolizei 12.728 unerlaubte Einreisen festgestellt. 8.451 Personen wurden zurückgewiesen, weiteren 411 Personen wurde wegen einer Wiedereinreisesperre die Einreise nach Deutschland verweigert, 300 Schleuser:innen wurden vorläufig festgenommen.

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Vera Hanewinkel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.