Deutlich mehr Asylanträge im ersten Quartal 2023
In den ersten drei Monaten des laufenden Jahres wurden deutlich mehr Asylanträge in Deutschland gestellt als im ersten Quartal 2022. Das geht aus Externer Link: Daten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hervor. Demnach nahm die Asylbehörde im Zeitraum Januar bis März 2023 87.777 Asylanträge entgegen (80.978 Erst- und 6.799 Folgeanträge). Dies bedeutet einen Anstieg um 80,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als in den ersten drei Monaten 44.908 Asylanträge gezählt wurden. Die meisten Asylantragstellenden kamen dabei aus Syrien (22.702 Erstanträge), Afghanistan (15.980) und der Türkei (10.267). Aus allen drei Staaten registrierte das BAMF deutlich mehr Asylsuchende als im Vorjahr. Gestiegen ist nicht zuletzt auch die Zahl russischer Staatsangehöriger, die in Deutschland einen Asylantrag stellten. In den ersten drei Monaten des Jahres erfasste das BAMF 2.381 russische Erstantragstellende und damit nur Externer Link: knapp 500 weniger als im gesamten Jahr 2022 (2.851).
Neben den Schutzsuchenden, die in Deutschland einen Asylantrag einreichten, kamen laut Bundesregierung im ersten Quartal 2023 auch rund 81.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nach Deutschland. Der Anteil dieser Kriegsflüchtlinge an der gesamten Fluchtmigration nach Deutschland hat 2023 stark abgenommen. Im Gesamtjahr 2022 waren noch Externer Link: acht von zehn Schutzsuchenden Ukrainer:innen. Menschen, die vor dem russischen Angriffskrieg fliehen, müssen in Deutschland keinen Asylantrag stellen, sondern erhalten unbürokratisch ein befristetes Aufenthaltsrecht nach der sogenannten
Die anhaltend hohe Fluchtzuwanderung stellt Länder und Kommunen in Deutschland vor große Herausforderungen insbesondere bei der Unterbringung, Versorgung und Integration der Geflüchteten. Während der Bund den Ländern und Kommunen für dieses Jahr 2,75 Milliarden Euro Unterstützung zugesagt hat, fordern diese mehr Geld. Mehrere Bundesländer fordern zudem ein Finanzierungsmodell, bei dem sich die Unterstützung durch den Bund dynamisch an steigende Flüchtlingszahlen anpasst. Das wurde auch auf der Externer Link: Konferenz der Integrationsminister:innen am 26. und 27. April bekräftigt. Seitens der Bundesregierung heißt es hingegen, der Bund unterstütze die Länder schon massiv und übernehme Kosten, die eigentlich im Aufgabenbereich der Länder lägen. Am 10. Mai berieten Vertreter:innen von Bund, Ländern und Kommunen auf einem Gipfel in Berlin erneut über die Flüchtlingspolitik. Dabei konnten sich die Länder nicht mit ihrer Forderung nach einem "atmenden System" zur Finanzierung von Aufnahme, Unterbringung und Integration durchsetzen. Allerdings erhöhte der Bund seine Beteiligung an den Flüchtlingskosten um eine Milliarde Euro. Zudem soll eine Arbeitsgruppe bis zur nächsten Ministerpräsident:innenkonferenz im November Vorschläge zur langfristigen Entlastung der Länder entwickeln.
Aus den Reihen der Opposition kommen unterdessen verstärkt Forderungen nach einer Reduzierung der Fluchtzuwanderung. So will etwa die Unionsfraktion aus CDU und CSU im Bundestag einen Antrag auf die Einführung von Kontrollen an Deutschlands Grenzen mit Tschechien und der Schweiz einbringen, um irreguläre Einreisen zu unterbinden. Da es sich bei beiden Ländern um Schengen-Staaten handelt, sind stationäre Grenzkontrollen eigentlich nicht vorgesehen. Eine Ausnahme hat Deutschland für die Grenze zu Österreich angemeldet. Die Kontrollen entlang dieser Grenze waren 2015 im Zuge der Flüchtlingskrise eingeführt und seitdem regelmäßig verlängert worden, zuletzt im April 2023 um weitere sechs Monate.
Bundesregierung einigt sich auf Position zur Reform des EU-Asylsystems
Die regierende Koalition aus SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP hat sich auf eine gemeinsame Position zur
Darüber hinaus will die Regierungskoalition eine längere Frist (zwölf Monate) für Überstellungen im Rahmen des
Erwerbsmigration nach Deutschland gestiegen
In den vergangenen zwölf Jahren ist die Zahl der Ausländer:innen deutlich gestiegen, die mit einem befristeten Aufenthaltstitel zum Zweck der Erwerbstätigkeit in Deutschland leben. Das teilte das Externer Link: Statistische Bundesamt mit. Demnach lebten 2010 rund 85.000 Personen aus Nicht-EU-Staaten mit einem solchen Aufenthaltstitel im Land, Ende 2022 waren es rund 351.000. Unter den Erwerbsmigrant:innen waren rund 89.000 Akademiker:innen, die über eine
Weitere rund 40.000 Personen hatten eine Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit akademischer Ausbildung. Im Gegensatz zur Blauen Karte muss für diesen Aufenthaltstitel kein Mindestgehalt nachgewiesen werden und es darf auch in verwandten Berufen gearbeitet werden, die nicht exakt der eigenen Qualifikation entsprechen. Hinzu kommen weitere rund 41.000 Personen mit einer Aufenthaltserlaubnis für Fachkräfte mit Berufsausbildung. Außerdem arbeiteten 2022 etwa 62.000 Menschen aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien im Rahmen der sogenannten
Die gestiegene Erwerbsmigration reicht jedoch nicht aus, um die Fachkräftenachfrage in Deutschland zu decken. Laut einer im April veröffentlichen Externer Link: Studie des Instituts der Deutschen Wirtschaft gab es in Deutschland eine Fachkräftelücke auf Rekordniveau: Im Jahresdurchschnitt 2022 betrug die Zahl der offenen Stellen, "für die es rechnerisch bundesweit keine passend qualifizierten Arbeitslosen gibt", mehr als 630.000. Besonders häufig fehlten Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung (rund 355.000). Nach Berufsbereichen betrachtet war der Fachkräftemangel in Gesundheits- und Sozialberufen wie beispielsweise in der Sozialarbeit und Sozialpädagogik, der Altenpflege oder der Kinderbetreuung am stärksten ausgeprägt. Insgesamt fehlten im Bereich Gesundheit, "Soziales, Lehre und Erziehung" 2022 durchschnittlich über 156.000 qualifizierte Fachkräfte.
Mit Blick auf diese Situation stellt sich die Frage, wie die Fachkräftelücken geschlossen werden können, zumal die geburtenstarken Jahrgänge ("Babyboomer", insbesondere zwischen Mitte 1950er- und Ende 1960er-Jahre) in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen und dem Arbeitsmarkt nicht mehr zur Verfügung stehen werden. Nach Daten des Statistischen Bundesamtes ist das inländische Fachkräftepotenzial, das noch gehoben werden könnte, als eher gering einzuschätzen. So lag etwa die Externer Link: Arbeitsmarktbeteiligung 2022 unter den 25- bis 59-Jährigen mit 87 Prozent auf einem sehr hohen Niveau. Zwar könne das Arbeitskräfteangebot noch erweitert werden, indem sich jüngere und ältere Altersgruppen sowie Frauen stärker am Erwerbsleben beteiligten. Der
Angesichts dieser Situation will die Bundesregierung
Flucht über das Mittelmeer fordert mehr Todesopfer
Im ersten Quartal 2023 kamen so viele Migrant:innen bei dem Versuch ums Leben, über das Mittelmeer nach Europa zu gelangen, wie seit dem ersten Quartal 2017 nicht mehr. Das teilte die
Erst kürzlich hatte Italien
Die italienische Regierung hat derweil zum wiederholten Male die anderen EU-Mitgliedstaaten zu mehr Solidarität aufgefordert. Sie möchte erwirken, dass die EU-Länder ihren Zusagen zur Aufnahme von Asylsuchenden nachkommen. Im Sommer 2022 hatte sich eine Gruppe von Staaten im Rahmen eines freiwilligen Verteilungsmechanismus darauf geeinigt, die Staaten an der EU-Außengrenze durch die Umverteilung von 12.000 Geflüchteten bis Sommer 2023 zu entlasten. Deutschland sagte damals die Externer Link: Aufnahme von 3.500 Menschen zu. Bislang sind davon aber nach Angaben des Bundesinnenministeriums nur 520 Schutzsuchende in Deutschland angekommen, davon 427 aus Italien, die restlichen aus Zypern.
Machtkampf im Sudan: Hunderttausende auf der Flucht
Hundertausende Menschen sind in und aus Sudan vor Kämpfen rivalisierender Gruppen geflohen. Seit dem 15. April kommt es in dem nordostafrikanischen Land zu schweren Gefechten zwischen den Armeeeinheiten des Militärmachthabers Abdel Fattah al-Burhan und den von General Mohamed Hamdan Daglo angeführten Rapid Support Forces-Milizen (RSF). Seither sind Externer Link: nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) mehr als 700.000 Menschen innerhalb des Landes vertrieben worden, mehr als 160.000 sind in Nachbarländer wie Tschad, Ägypten, Äthiopien und Südsudan geflohen (Stand: 10. Mai). Externer Link: UNHCR schätzt, dass bei anhaltenden Kämpfen die Zahl der Flüchtlinge auf rund 860.000 ansteigen dürfte.
Die Gefechte vertreiben auch Menschen, die selbst Zuflucht im Sudan gesucht hatten. Das Land beherbergt mit rund Externer Link: 1,14 Millionen Asylsuchenden und Flüchtlingen eine der größten Flüchtlingsbevölkerungen auf dem afrikanischen Kontinent. Die meisten davon stammen aus
Die derzeitigen Kampfhandlungen verschlechtern die humanitäre Situation im Sudan, das Gesundheitssystem droht zusammenzubrechen. Die Kämpfe betreffen mehrere Landesteile, insbesondere die Hauptstadt Karthum. Dort sitzen viele Menschen wegen der Gefechte in ihren Wohnungen fest, wo Nahrungsmittel, Strom und Wasser knapp werden. Zwischenzeitlich setzte das Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen seine Arbeit wegen der Gefahr für die eigenen Mitarbeitenden aus, erklärte mittlerweile aber seine Lebensmittellieferungen wieder aufgenommen zu haben. Nach Externer Link: Angaben des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen waren in dem 46,7 Millionen Einwohner zählenden Land bereits vor Ausbruch der Kämpfe fast 16 Millionen Menschen von Ernährungsunsicherheit betroffen. Externer Link: UN-Generalsekretär Antonio Guterres warnte vor einer Hungersnot.
Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO kamen seit Beginn des Konflikts Externer Link: über 600 Menschen ums Leben, mehr als 5.000 wurden verletzt (Stand: 9. Mai). Viele Länder, aber auch die Vereinten Nationen, die Afrikanische Union und die regionale Wirtschaftsgemeinschaft IGAD forderten die Konfliktparteien zu einem Ende der Gewalt auf. Bislang scheiterten alle Versuche, eine stabile Waffenruhe durchzusetzen. Angesichts des Konflikts haben Deutschland und andere Staaten ihre Staatsangehörigen in der Zwischenzeit aus dem Sudan evakuiert.
2019 war im
Was vom Monat übrig blieb...
2022 lebten in Deutschland 20,2 Millionen Menschen mit Einwanderungsgeschichte, Externer Link: wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das entsprach fast einem Viertel der Gesamtbevölkerung und waren 1,2 Millionen Personen mehr als 2021. Hauptgrund für den Anstieg war die Aufnahme von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine. Als Menschen mit Einwanderungsgeschichte gelten alle Personen, die selbst nach Deutschland zugewandert sind (erste Generation), sowie in Deutschland geborene Personen mit zwei zugewanderten Elternteilen (zweite Generation). In Deutschland Geborene mit nur einem zugewanderten Elternteil zählen nicht zur Bevölkerung mit Einwanderungsgeschichte. Davon gab es 2022 3,9 Millionen.
Das britische Unterhaus hat ein
Interner Link: umstrittenes Gesetz gegen "illegale" Migration beschlossen. Das Externer Link: "Illegal Migration Bill" sieht unter anderem vor, dass illegal eingereiste Personen – etwa über den Ärmelkanal – kein Asyl im Land mehr beantragen dürfen und in ihr Heimatland oderInterner Link: in einen Drittstaat (wie z.B. Ruanda) abgeschoben werden sollen. Das Gesetz geht nun noch in die zweite Kammer des Parlaments, das Oberhaus. Dort wird Widerstand erwartet, da Teile des Gesetzes mit völkerrechtlichen Bestimmungen, die sich beispielsweise aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergeben, kollidieren. Das Oberhaus kann sein Inkrafttreten verzögern; gänzlich verhindern kann es das Gesetz aber nicht.Island verzeichnete 2022 die bisher höchste erfasste Nettomigration. Das teilte die Externer Link: isländische Statistikbehörde mit. Insgesamt wanderten 17.487 Menschen nach Island ein, 7.723 verließen das Land. Damit ergab sich ein Zuwanderungsplus von 9.764 Personen. Die meisten Zuwanderer:innen kamen aus Polen (3.770). Aus der Ukraine wanderten 2.282 Kriegsflüchtlinge zu. Die Zuwanderung trug auch zu einem Externer Link: Rekord mit Blick auf das Bevölkerungswachstum des Landes bei. Am 1. Januar 2023 lebten insgesamt 387.758 Menschen in Island. Ein Jahr zuvor waren es 376.248 Menschen gewesen, von denen 14,6 Prozent Ausländer:innen waren. Der Ausländeranteil dürfte durch die rekordhohe Nettozuwanderung weiter gestiegen sein.