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Migrationspolitik – April 2022 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

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Migrationspolitik – April 2022

Vera Hanewinkel

/ 11 Minuten zu lesen

Die Zahl der Schutzsuchenden aus der Ukraine steigt weiter. Die Integration der geflüchteten Kinder und Jugendlichen stellt das Bildungssystem vor große Herausforderungen.

Die Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen aus der Ukraine stellt das deutsche Bildungssystem vor große Herausforderungen. In vielen Bundesländern werden sie zunächst in sogenannten Willkommensklassen unterrichtet. (© picture-alliance/dpa)

Zahl der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine steigt – aber langsamer

Die Zahl der Menschen, die vor dem Interner Link: russischen Angriffskrieg in der Ukraine fliehen, steigt weiter – allerdings langsamer als in den ersten Tagen nach Kriegsbeginn am 24. Februar 2022. So Externer Link: registrierte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) im März rund 3,4 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine, im April kamen 1,5 Millionen weitere hinzu. Insgesamt sind in den ersten zwei Monaten seit Beginn der russischen Invasion rund 5,8 Millionen Menschen aus der Ukraine Externer Link: geflohen, die meisten in die Nachbarländer Polen (3,1 Millionen), Rumänien (857.000) und die Russische Föderation (728.000) (Stand: 06. Mai 2022). Diese Zahlen sind nur begrenzt aussagekräftig, weil sie Weiterwanderungen in andere Länder, Doppelregistrierungen oder auch in die Ukraine zurückgekehrte Personen nicht abbilden. Ukrainische Staatsangehörige dürfen sich Externer Link: 90 Tage lang visumfrei im Schengenraum aufhalten und müssen erst dann eine Aufenthaltsgenehmigung beantragen. Daher ist es schwer zu sagen, wie viele Vertriebene aus der Ukraine sich tatsächlich in Polen und anderen EU-Staaten befinden.

Nach Externer Link: Angaben der EU-Asylagentur (EUAA) haben in der EU, Norwegen und der Schweiz bereits 2,3 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine einen Status nach der Interner Link: Richtlinie zum temporären Schutz von Flüchtlingen (Temporary Protection Directive, in Deutschland als "Massenzustromrichtlinie" bekannt) beantragt. Dadurch dürfen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine zunächst ein Jahr in der EU bleiben und erhalten Zugang u.a. zum Arbeitsmarkt, zum Bildungssystem, zu medizinischer Versorgung und Sozialleistungen – ohne vorher ein Asylverfahren durchlaufen zu haben. Auf die Aktivierung der Richtlinie hatten sich die EU-Staaten Anfang März geeinigt. Weniger als ein Prozent der insgesamt 4,6 Millionen ukrainischen Schutzsuchenden, die in die EU eingereist seien, haben laut EUAA bislang einen regulären Asylantrag gestellt (Stand: 27. April 2022).

Unter den von UNHCR gezählten Geflüchteten sind neben ukrainischen Staatsangehörigen auch Menschen aus anderen Ländern, die in die Ukraine eingewandert waren, das Land aber nun wieder verlassen. Nach Schätzungen der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind bis zum 5. Mai 2022 rund 241.000 Drittstaatsangehörige aus der Ukraine Externer Link: geflohen.

Neben der Flucht ins Ausland führt der Krieg in der Ukraine auch zu einer großen Zahl an Menschen, die innerhalb des Landes auf der Flucht sind. Die IOM Externer Link: schätzte die Zahl der sogenannten Binnenvertriebenen Mitte April auf 7,7 Millionen Menschen. Der Großteil von ihnen hat im Westen der Ukraine Schutz gesucht (fast 2,9 Mio.). Bereits vor der russischen Invasion gab es in der Ukraine aufgrund des seit 2014 andauernden Interner Link: bewaffneten Konflikts im Osten des Landes viele Binnenvertriebene. Nach Angaben des Ukrainischen Ministeriums für Sozialpolitik waren es im Jahr 2021 knapp 1,5 Millionen.

Die Gesamtzahl der innerhalb und aus der Ukraine geflohenen Menschen beläuft sich inzwischen auf insgesamt mehr als 13 Millionen. Das entspricht fast einem Drittel der Bevölkerung des Landes, die Anfang Februar 2022 rund 41,1 Millionen Menschen Externer Link: umfasste (ohne die von Russland besetzte Krim und die Stadt Sewastopol). Unter den Schutzsuchenden sind viele Kinder. Nach Angaben des UN-Kinderhilfswerks (UNICEF) mussten seit Beginn der russischen Invasion mehr als die Hälfte aller ukrainischen Kinder ihr Zuhause verlassen. Externer Link: 2,5 Millionen Kinder seien innerhalb der Ukraine vertrieben, weitere Externer Link: zwei Millionen hätten allein bis Ende März Schutz im Ausland gesucht.

Mehr als 1,4 Millionen ukrainische Staatsangehörige sind trotz der anhaltenden Kämpfe in die Ukraine Externer Link: zurückgekehrt (Stand: 06. Mai 2022). Es lässt sich allerdings nicht sagen, ob es sich dabei um eine langfristige Rückkehr handelt, was der unvorhersehbaren Sicherheitslage geschuldet ist. Die Rückkehr zu in der Ukraine verbliebenen Familienangehörigen ist eineExterner Link: zentrale Motivation für diese Bewegungen. So dürfen Männer zwischen 18 und 60 Jahren die Ukraine wegen einer Generalmobilmachung nicht verlassen. Auch deshalb sind die meisten der ins Ausland geflüchteten ukrainischen Staatsangehörigen Frauen und Kinder.

Ukraine-Geflüchtete erhalten Grundsicherung

Bund und Länder haben sich Anfang April auf eine Verteilung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung ukrainischer Kriegsflüchtlinge geeinigt. Dafür Externer Link: kündigte der Bund an, die Länder und Kommunen im laufenden Jahr mit insgesamt zwei Milliarden Euro zu unterstützen. Ab dem 1. Juni sollen Schutzsuchende aus der Ukraine analog zu Asylsuchenden, denen ein Interner Link: Schutzstatus gewährt wurde, Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch erhalten. Eine solche Grundsicherung erhalten zum Beispiel auch alle Personen, die Arbeitslosengeld II ("Hartz-IV") empfangen. Auf eine entsprechende Gesetzänderung hat sich die Regierung Ende April geeinigt. Bundestag und Bundesrat müssen dem noch zustimmen. Durch die Einbindung der ukrainischen Kriegsflüchtlinge in das Grundsicherungssystem rechnet die Regierung mit Mehrkosten von 3,4 Milliarden Euro pro Jahr. Bislang stehen Geflüchteten aus der Ukraine nur geringere Leistungen nach dem Externer Link: Asylbewerberleistungsgesetz zu. Die Einbindung in die Grundsicherung soll auch zu einer schnellen Integration beitragen. Die Jobcenter bilden fortan die zentrale Anlaufstelle für Ukraine-Vertriebene. Bis zum 4. Mai hat die Bundespolizei in Deutschland Externer Link: 402.651 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl der nach Deutschland geflüchteten ukrainischen Staatsangehörigen dürfte höher liegen.

Integration ukrainischer Kinder und Jugendlicher ins Bildungssystem

Unter den ukrainischen Kriegsflüchtlingen sind viele Kinder, die nun in Kitas und Schulen integriert werden müssen. Die Einrichtungen des Bildungssystems stellt das vor große Herausforderungen. Bis zum 1. Mai waren bereits 91.572 geflüchtete Kinder und Jugendliche an Schulen Externer Link: angemeldet worden. Die Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK), Karin Prien (CDU), rechnet damit, dass bis zu 400.000 junge Menschen aus der Ukraine ins deutsche Schulsystem kommen könnten. Das sagte sie gegenüber dem RedaktionsNetzwerk Deutschland. Dafür seien 24.000 zusätzliche Lehrkräfte notwendig. Um den Bedarf zu decken, sollten Teilzeitkräfte aufgestockt, pensionierte Lehrkräfte reaktiviert und auch verstärkt aus der Ukraine geflüchtete Lehrkräfte eingebunden werden. Forderungen, ukrainische Kinder nach dem ukrainischen Lehrplan zu unterrichten, steht Prien mit Verweis auf die Bedeutung des Spracherwerbs für die Integration in Deutschland skeptisch gegenüber.

In den meisten Bundesländern werden ukrainische Kinder und Jugendliche zunächst in sogenannten Interner Link: Willkommensklassen unterrichtet, bevor sie in die Regelklassen integriert werden. Ein Schwerpunkt der Willkommensklassen ist die Vermittlung von Deutschkenntnissen, die notwendig sind, um dem normalen Unterricht folgen zu können. Expertinnen und Experten sehen die separate Beschulung allerdings auch kritisch, weil diese Klassen häufig schlecht in das Schulleben eingebunden und die Lehrkräfte häufig nicht angemessen qualifiziert seien. Jugendliche, die fluchtbedingt ihren Sekundarschulabschluss in der Ukraine nicht erwerben konnten, sollen nach einem Externer Link: Beschluss der KMK dennoch an einer deutschen Hochschule studieren dürfen.

Im Gegensatz zum Schulsystem ist bislang nicht klar, wie viele geflüchtete Kinder aus der Ukraine bereits eine Kita besuchen, da diese Zahl nicht zentral erfasst wird. Auch in den Kitas fehlte es schon vor Kriegsausbruch in der Ukraine an Personal. Dies zeigt eine von 6. Dezember 2021 bis 1. Februar 2022 durchgeführte repräsentative Umfrage unter Kitaleitungen. Der Personalmangel habe sich in den letzten zwölf Monaten verschärft und die Belastungen seien höher geworden. Der Deutsche Städtetag Externer Link: prognostiziert, dass in den kommenden Jahren 230.000 Erzieherinnen und Erzieher fehlen werden. Der Präsident des Deutschen Städtetags, Markus Lewe, Externer Link: plädiert angesichts des Personalmangels für schnelle Anerkennungsverfahren von Lehrkräften und Erzieherinnen aus der Ukraine. Zudem müssten sich der Bund und die Länder an den Kosten für den Ausbau der Betreuungsangebote stärker beteiligen.

Bevölkerung mit Migrationshintergrund wächst

Im Jahr 2021 hatten 22,3 Millionen Menschen in Deutschland einen Interner Link: Migrationshintergrund, wie das Statistische Bundesamt Externer Link: mitteilte. Das entspricht 27,2 Prozent der Gesamtbevölkerung und einem Anstieg um zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr (2020: 21,9 Millionen). Mehr als die Hälfte aller Personen mit Migrationshintergrund haben die deutsche Staatsangehörigkeit (53 Prozent), die übrigen sind ausländische Staatsangehörige. Etwa zwei Drittel aller Personen mit Migrationshintergrund (13,9 Millionen) sind selbst aus anderen europäischen Ländern eingewandert oder Nachkommen europäischer Eingewanderter. Die zweitwichtigste Herkunftsregion ist Asien (23 Prozent), gefolgt von Afrika (fünf Prozent). Die zahlenmäßig bedeutendsten Herkunftsländer sind die Türkei (zwölf Prozent), Polen (zehn Prozent), die Russische Föderation und Kasachstan (jeweils sechs Prozent) sowie Syrien (fünf Prozent). Einen ukrainischen Migrationshintergrund hatten ein Prozent der Eingewanderten und ihrer Nachkommen. Dies entspricht rund 308.000 Menschen. Ihre Zahl dürfte aufgrund der jüngsten Fluchtzuwanderung aus der Ukraine künftig deutlich steigen.

In der Statistik wird ein Migrationshintergrund allen Personen zugewiesen, die nicht seit Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen oder die mindestens einen Elternteil haben, das nicht mit deutscher Staatsangehörigkeit geboren wurde. Das Statistische Bundesamt wird Interner Link: zukünftig die Kategorie "Migrationshintergrund" durch "Eingewanderte und ihre Nachkommen" ersetzen.

Pushback-Vorwürfe: Frontex-Chef Leggeri zurückgetreten

Der Direktor der Interner Link: europäischen Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, ist Ende April 2022 zurückgetreten. Hintergrund sind Interner Link: Vorwürfe, Frontex sei an der illegalen Zurückschiebung von Geflüchteten durch die griechische Küstenwache beteiligt gewesen. Diese sogenannten Pushbacks verstoßen gegen internationales Recht, weil Schutzsuchende nicht die Möglichkeit erhalten, einen Asylantrag zu stellen. Leggeri wird vorgeworfen, die Beteiligung von Frontex-Einsatzkräften an Pushback-Aktionen an der griechisch-türkischen Grenze in mindestens einem Fall vertuscht zu haben. Kurz vor seinem Rücktritt ergab eine gemeinsame Recherche mehrerer europäischer Medien, dass Frontex Pushbacks von rund 1.000 Menschen, die zwischen März 2020 und September 2021 von der griechischen Küstenwache durchgeführt worden sein sollen, in einer Datenbank falsch deklariert und so verschleiert habe. Mithilfe der Grenzschutzagentur habe Griechenlands Küstenwache Männer, Frauen und Kinder auf aufblasbaren Rettungsflößen auf dem Meer ausgesetzt.

Bereits seit 2020 ermittelt Interner Link: die EU-Antikorruptionsbehörde Olaf wegen möglichen Fehlverhaltens bei der EU-Grenzschutzbehörde. Auch eine Arbeitsgruppe des EU-Parlaments hatte die Vorwürfe 2021 untersucht, war in ihrem Abschlussbericht aber zu dem Schluss gekommen, Interner Link: dass es keine ausreichenden Belege für die Beteiligung von Frontex an solchen Pushbacks gebe. Menschenrechtsorganisationen und Abgeordnete des EU-Parlaments kritisieren seit Jahren, dass die Grenzschutzagentur zwar seit den Interner Link: umfangreichen Fluchtbewegungen in die EU 2015 deutlich größer und mächtiger geworden ist, ihr Handeln aber oft intransparent sei und dabei Grundrechte nicht ausreichend geschützt würden. Der Franzose Leggeri war seit 2015 Direktor von Frontex. Übergangsweise soll nun seine Stellvertreterin Aija Kalnaja die Grenzschutzagentur leiten.

Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte: Pushbacks aus Nordmazedonien rechtmäßig

Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat Externer Link: entschieden, dass die massenhafte Zurückweisung von Schutzsuchenden aus Nordmazedonien nach Griechenland im Jahr 2016 rechtmäßig war. Damals waren 1.500 Menschen aus dem griechischen Interner Link: Flüchtlingslager Idomeni nach Nordmazedonien gelaufen. Hinter der Grenze waren sie abgefangen und wieder zurück nach Griechenland gebracht worden. Die nordmazedonischen Beamtinnen und Beamten hätten mit dieser Zurückschiebung nicht gegen das in der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) festgeschriebene Verbot von Kollektivausweisungen verstoßen, heißt es im Urteil des EGMR. Die Geflüchteten seien illegal eingereist und hätten in Nordmazedonien keine Asylanträge gestellt. Ähnlich hatte der EGMR im Jahr 2020 in einem Interner Link: Verfahren um Zurückweisungen aus der Interner Link: spanischen Exklave Melilla entschieden. Sowohl die damalige als auch die aktuelle Entscheidung des Gerichtshofs werden von Flüchtlingshilfs- und Menschenrechtsorganisationen wie ProAsyl und dem European Centre for Constitutional and Human Rights (ECCHR) Externer Link: kritisiert. In beiden Fällen sei die vom EGMR geforderte legale Einreisepraxis nicht möglich gewesen.

EuGH: Grenzkontrollen in Österreich rechtswidrig

EU-Mitgliedsländer dürfen ihre Grenze zu anderen EU-Staaten nur dann kontrollieren, wenn eine "ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung und inneren Sicherheit" vorliegt. Zudem dürfen solche Kontrollen maximal sechs Monate aufrechterhalten werden und nur bei einer neuen, sich unterscheidenden Bedrohungslage. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg Externer Link: entschieden. Mitte September 2015 hatte Österreich Interner Link: aufgrund der hohen Fluchtzuwanderung wieder Kontrollen an seinen Grenzen zu Ungarn und Slowenien eingeführt. Diese wurden im Zeitraum 16. Mai 2016 und 10. November 2017 durch entsprechende Empfehlungen des Rates der Europäischen Union gestützt. Allerdings hielt Österreich die Kontrollen auch nach Auslaufen der Empfehlungen auf eigene Initiative aufrecht. Dagegen hatte ein Bürger geklagt, der sich 2019 an der österreichisch-slowenischen Grenze geweigert hatte, seinen Reisepass vorzuzeigen und daraufhin mit einem Bußgeld belegt worden war.

Der EuGH stellte nun klar, dass der Schengener Grenzkodex den Grundsatz festlegt, dass die Grenzen der Mitgliedstaaten ohne Personenkontrollen überschritten werden dürfen. Eine Wiedereinführung von Kontrollen sei daher nur in Ausnahmefällen möglich. Sei das "Funktionieren des Schengenraums insgesamt gefährdet", dürfe der Rat einzelnen oder mehreren Mitgliedsländern die Wiedereinführung von Grenzkontrollen bis zu einer Höchstdauer von zwei Jahren empfehlen. Allerdings könne ein Mitgliedsland danach die sechsmonatigen Kontrollen unmittelbar wieder aufnehmen, wenn er eine neue ernsthafte Bedrohungslage nachweisen kann.

Zudem entschied der Gerichtshof, dass Personen nicht unter Androhung von Sanktionen verpflichtet werden dürfen, sich bei der Einreise auszuweisen, sofern die Wiedereinführung von Grenzkontrollen gegen den Schengener Grenzkodex verstößt. Das Urteil ist auch für andere EU-Staaten relevant, die in den letzten Jahren teilweise wieder stationäre Grenzkontrollen eingeführt haben. Deutschland kontrolliert beispielsweise seit Herbst 2015 an der Grenze zu Österreich. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums teilte mit, dass die Auswirkungen des Urteils auf die Kontrollen an dieser Grenze geprüft würden. Erst Mitte April hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) die Kontrollen an der deutsch-österreichischen Landgrenze um weitere sechs Monate verlängert.

Großbritannien will Asylsuchende nach Ruanda schicken

Die britische Regierung will Asylsuchende zukünftig nach Ruanda umsiedeln. Eine entsprechende Externer Link: Einigung hatten die britische Innenministerin Priti Patel und Ruandas Außenminister Vincent Biruta Mitte April in Ruandas Hauptstadt Kigali verkündet. Demnach sollen vor allem alleinreisende Männer, die über den Ärmelkanal ins Vereinigten Königreich gelangen, in das ostafrikanische Land gebracht werden, wo über ihre Asylanträge entschieden wird. Sie sollen dort durch eine Unterkunft, Zugang zur Gesundheitsversorgung und Berufstraining bei der Integration unterstützt werden. Das Abkommen gilt zunächst für fünf Jahre und kann anschließend verlängert werden. Dem britische Premierminister Boris Johnson zufolge habe Ruanda die Kapazität, in diesem Zeitraum zehntausende Menschen anzusiedeln. Großbritannien zahlt dafür umgerechnet 144 Millionen Euro.

Internationale Menschenrechtsorganisationen kritisieren das Abkommen scharf. Human Rights Watch Externer Link: verwies auf die "erschreckende Menschenrechtsbilanz" in Ruanda. Regierungskritischen Personen drohten dort willkürliche Inhaftierungen, Folter und Gewalt sowie missbräuchliche Strafverfolgung. Asylsuchenden aus Ruanda Externer Link: sei aus diesem Grund in den vergangenen Jahren auch im Vereinigten Königreich Schutz gewährt worden. Auch das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) Externer Link: äußerte "starken Widerspruch und Bedenken" gegen das Abkommen und forderte beide Länder auf, es zu überdenken. Die stellvertretende UNHCR-Hochkommissarin für Flüchtlingsschutz, Gillian Triggs, sagte, fliehende Menschen dürften nicht wie Waren gehandelt werden. Abkommen wie das zwischen der britischen und ruandischen Regierung entzögen sich internationalen Verpflichtungen und stünden im Widerspruch zur Interner Link: Genfer Flüchtlingskonvention. Das Vereinigte Königreich ist allerdings nicht das einzige Land, das auf eine Auslagerung der Verantwortung für Geflüchtete in Drittstaaten setzt. Auch Dänemark hat bereits eine Absichtserklärung mit der ruandischen Regierung im Bereich Asyl und Migration unterzeichnet. Interner Link: Australien deportierte viele Jahre Asylsuchende, die über den Seeweg ins Land gelangt waren, auf die zu Papua-Neuguinea gehörenden Insel Manus, wo sie bis zur Entscheidung über ihren Asylantrag inhaftiert blieben. Die australische Regierung beendete seine Vereinbarung mit Papua-Neuguinea Ende 2021. Bereits 2016 hatte der Oberste Gerichtshof Papua-Neuguineas entschieden, dass Asylsuchende nicht länger auf Manus inhaftiert werden dürfen, weil diese Praxis gegen die Verfassung verstoße. Australien unterhält aber weiterhin ein Abkommen zum sogenannten "Offshore Processing" Externer Link: mit dem Inselstaat Nauru.

Was vom Monat übrig blieb...

Die Zahl ausländischer Fachkräfte, die sich mit einer Interner Link: Blue Card in Deutschland aufhalten, ist auch während der Corona-Pandemie gestiegen – allerdings langsamer als in den Vorjahren. Das Externer Link: teilte das Statistische Bundesamt mit. Demnach wurden bis Ende 2021 rund 70.000 ausländische Staatsangehörige mit diesem Aufenthaltstitel im Ausländerzentralregister erfasst. Das waren sechs Prozent mehr als im Vorjahr. Die meisten davon kamen aus Indien (19.900 Personen), China (4.200), der Türkei (4.200) und Russland (4.000). 28 Prozent dieser Fachkräfte haben in Deutschland studiert.

Die EU-Kommission hat Ende April Vorschläge für einen Reform bereits existierender Gesetze zur Steuerung von Migration und Initiativen zur Einwanderung von Fachkräften Externer Link: vorgelegt. Sie sind Teil des im Interner Link: September 2020 vorgestellten Asyl- und Migrationspakts und sollen die Externer Link: legale Einreise und den Externer Link: langfristigen Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen in der EU erleichtern. Dies gilt insbesondere für die Zuwanderung von qualifizierten Arbeitskräften.

Die Interner Link: Europäische Grenzschutzagentur Frontex hat in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres an den Außengrenzen der EU so viele illegale Grenzübertritte Externer Link: registriert wie zuletzt 2016. Demnach wurden seit Jahresbeginn 40.300 illegale Grenzübertritte erfasst – die meisten davon auf dem westlichen Balkan (18.300), am Interner Link: Ärmelkanal (8.900) und auf dem östlichen Mittelmeer (7.000). Die Statistik weist nicht aus, ob die illegalen Grenzübertritte mit dem Ziel erfolgen, in der EU Asyl zu suchen. Da es für die meisten Asylsuchenden keine legalen Einreisemöglichkeiten gibt, bleibt ihnen oft keine andere Wahl als die illegale Einreise.

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Vera Hanewinkel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail: E-Mail Link: vera.hanewinkel@uni-osnabrueck.de