BAMF entscheidet derzeit nicht über Asylanträge von Afghaninnen und Afghanen
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hat die Asylanträge von Afghaninnen und Afghanen "rückpriorisiert", d.h. die Behörde entscheidet derzeit nicht über Asylanträge afghanischer Staatsangehöriger, sondern wartet angesichts der aktuellen Entwicklungen in Afghanistan auf einen neuen Lagebericht des Auswärtigen Amtes, der dann als Grundlage für Asylentscheidungen herangezogen werden soll. In den ersten acht Monaten des laufenden Jahres haben bereits Externer Link: 12.505 Afghaninnen und Afghanen einen Erstantrag auf Asyl in Deutschland gestellt – das ist ein Anstieg um mehr als 145 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das BAMF geht davon aus, dass auch die Zahl der Asylfolgeanträge von bereits in Deutschland lebenden Geflüchteten aus Afghanistan Externer Link: zunehmen könnte. Afghanistan ist aktuell nach Syrien das Hauptherkunftsland von Asylantragstellenden. Insgesamt nahm das BAMF seit Jahresbeginn Externer Link: 85.230 Erstanträge und 26.558 Folgeanträge auf Asyl entgegen. Davon wurden 11.847 Erstanträge und 2.114 Folgeanträge im August gestellt. 17.493 Erstanträge entfielen im laufenden Jahr auf in Deutschland geborene Kinder im Alter von unter einem Jahr. Seit Jahresbeginn hat das BAMF über 101.704 Asylanträge entschieden; in 38.406 Fällen wurde ein
Nach dem Ende der Luftbrücke: 138 afghanische Ortskräfte ausgeflogen
Elf Tage dauerte die nach der Machtübernahme der Taliban Mitte August eingerichtete Luftbrücke der Bundeswehr zur Evakuierung deutscher Staatsangehöriger und afghanischer Ortskräfte aus Afghanistan. Insgesamt wurden vom 16. bis zum 26. August Externer Link: nach Angaben des Auswärtigen Amtes vom 30. August 4.587 Menschen – größtenteils afghanische Staatsangehörige (3.849) – über Usbekistan nach Deutschland ausgeflogen. Darunter waren 138 afghanische Ortskräfte und 496 Familienangehörige. Insgesamt geht die Bundesregierung von rund 40.000 Personen aus, die sich nun größtenteils immer noch in Afghanistan befinden und die aufgrund ihrer Tätigkeit für deutsche Einsatzkräfte und andere Organisationen oder als deren enge Familienangehörige eine Aufnahmezusage aus Deutschland haben. Hinzu komme eine "hohe vierstellige Zahl" an "besonders gefährdeten Personen", denen das Auswärtige Amt "Schutz und Ausreise in Aussicht gestellt" hat, beispielsweise Menschenrechtsaktivisten und Frauenrechtlerinnen. Wie diese Menschen aus Afghanistan herausgebracht werden sollen, ist noch unklar. Der internationale zivile Luftverkehr am Flughafen Kabul ist derzeit fast vollständig eingestellt und auch die Ausreise über den Landweg ist angesichts weitgehend geschlossener Grenzübergänge kaum möglich. In einer zweiten Evakuierungsphase soll nun auf diplomatischem Wege versucht werden, den Menschen mit Schutzzusage die Ausreise aus Afghanistan zu ermöglichen.
Insgesamt seien durch die von internationalen Militäreinheiten durchgeführte Luftbrücke nach Angaben von US-General Kenneth McKenzie mehr als 122.000 Zivilistinnen und Zivilisten aus Afghanistan ausgeflogen worden. Während der tagelangen Evakuierung drängten sich tausende Menschen am Flughafen in Kabul, um einen der Flüge zu erreichen. Bei Bombenanschlägen zweier Selbstmordattentäter am Flughafen am 26. August, die die Terrormiliz "
UN bereiten sich auf Flucht von Hunderttausenden Afghaninnen und Afghanen vor
Das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) rechnet nach dem
Zusagen zur Aufnahme afghanischer Flüchtlinge etwa über
Die Türkei mahnte unterdessen europäische Staaten zur Übernahme von Verantwortung bei der Flüchtlingsaufnahme. Sie selbst habe bereits mehr als fünf Millionen Flüchtlinge aufgenommen und könne keine weiteren Aufnahmen aus
Debatte um Aufnahme afghanischer Flüchtlinge in Deutschland
Angesichts der Lage in Afghanistan und der erwarteten Fluchtbewegungen nach Europa wird in Deutschland – im Vorfeld der Bundestagswahl am 26. September – über den politischen Umgang damit diskutiert. Die beiden Spitzenkandidaten der Regierungsparteien, Armin Laschet (CDU) und Olaf Scholz (SPD), sprachen sich dafür aus, vor allem die Nachbarländer Afghanistans bei der Bewältigung der Flüchtlingsaufnahme zu unterstützen. Eine grundsätzliche Aufnahmezusage für afghanische Flüchtlinge lehnte Laschet ab, eine Situation wie 2015 dürfe sich nicht wiederholen. Die Spitzenkandidatin von Bündnis 90/Die Grünen, Annalena Baerbock, forderte neben der Aufnahme von "deutlich über 50.000 Personen", die im Rahmen der Evakuierung aus Afghanistan nach Deutschland geholt werden müssten, die Vereinbarung von Kontingenten zwischen den EU-Mitgliedstaaten sowie den USA und Kanada für die Aufnahme von weiteren Flüchtlingen. Die FDP möchte das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) finanziell stärker fördern, um Flüchtlinge in Afghanistans Nachbarländern zu versorgen. Zudem spricht sie sich dafür aus, sichere Fluchtkorridore mit den Nachbarländern zu vereinbaren, ein Visaprogramm für Frauen und Mädchen aufzulegen und nicht nur Ortskräften zu helfen, sondern auch jenen, die für Drittunternehmen gearbeitet haben. Die Linke fordert die "Einrichtung von sicheren Fluchtwegen für alle Menschen, die das Land verlassen wollen", einen dauerhaften Abschiebestopp sowie ein Bleiberecht für Afghaninnen und Afghanen in Deutschland.
Flüchtlingshilfsorganisationen wie Pro Asyl Externer Link: fordern die Aufnahme afghanischer Schutzsuchender über Landes- und Bundesaufnahmeprogramme, einen beschleunigten Familiennachzug und sichere Aufenthaltsperspektiven für bereits in Deutschland lebende Afghaninnen und Afghanen.
QuellentextAuf einen Blick: Fakten zu afghanischen Flüchtlingen
Weltweit gab es Ende 2020 Externer Link: nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) 2,6 Millionen afghanische Flüchtlinge. Damit bilden Afghaninnen und Afghanen nach Menschen aus
Im Externer Link: Ausländerzentralregister waren Ende 2020 271.805 in Deutschland lebende afghanische Staatsangehörige registriert, darunter 216.130 Schutzsuchende, also Ausländerinnen und Ausländer, "die sich unter Berufung auf völkerrechtliche, humanitäre oder politische Gründe in Deutschland aufhalten". 149.970 lebten mit anerkanntem Schutzstatus im Land, ihnen war also beispielsweise der Flüchtlingsstatus oder
Afghanistan ist nach Syrien das zweitwichtigste Herkunftsland von Schutzsuchenden in Deutschland. Insgesamt beherbergt Deutschland im weltweiten Vergleich die drittgrößte Zahl an afghanischen Flüchtlingen. Es handelt sich dabei um eine sehr junge Bevölkerung. Das Durchschnittsalter der in Deutschland lebenden afghanischen Schutzsuchenden belief sich Ende 2020 auf 25,8 Jahre; 29,9 Prozent waren zu diesem Zeitpunkt minderjährig. Insgesamt leben mehr männliche als weibliche Schutzsuchende aus Afghanistan in Deutschland (65,4 Prozent). Eine Rekordzahl von Asylanträgen afghanischer Staatsangehöriger wurde in Deutschland Externer Link: 2016 mit 127.892 Erst- und Folgeanträgen auf Asyl registriert. Die Zahl der Asylanträge von Afghaninnen und Afghanen ist seitdem stark zurückgegangen – auf Externer Link: 11.311 Asylanträge im Jahr 2020. Dennoch wurde seither viel über den Umgang mit afghanischen Geflüchteten diskutiert,
Polen verhängt Notstand an der Grenze zu Belarus
Nach Externer Link: Litauen haben im August auch Lettland und Externer Link: Polen den Notstand an ihren Grenzen mit Belarus ausgerufen. Grund ist die steigende Zahl von Schutzsuchenden sowie Migrantinnen und Migranten aus Ländern wie Irak und Afghanistan, die seit einigen Wochen über diese Grenzen nach Lettland und Polen gelangen. Dem belarusischen Machthaber Alexander Lukaschenko wird vorgeworfen, die Menschen absichtlich an die EU-Außengrenze zu bringen, um die EU-Staaten unter Druck zu setzen, die gegen Belarus wegen der aufgrund von Wahlmanipulationen
Ausblick auf die Bundestagswahl am 26. September – Wo gibt es Informationen zu migrationspolitischen Gestaltungsvorschlägen der Parteien?
Wenn am 26. September ein neuer Bundestag gewählt wird, entscheiden die Wählerinnen und Wähler auch über die zukünftige Gestaltung der Migrations-, Integrations- und Asylpolitik. Welche Positionen und Gestaltungsvorschläge die im Bundestag vertretenen Parteien vertreten, zeigen unter anderem Überblicksdarstellungen des Externer Link: Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien der Universität Osnabrück als auch des Externer Link: Kiel Instituts für Weltwirtschaft. Welche persönlichen Einstellungen und Positionen zu migrationspolitischen und integrationspolitischen Themen die Direktkandidatinnen und -kandidaten in den 299 Wahlkreise der Parteien CDU/CSU, SPD, Linke, Grüne, AfD und FDP haben, Externer Link: hat die Türkische Gemeinde in Deutschland e.V. (TGD) erfragt. Wie viele Wahlberechtigte haben einen Migrationshintergrund? Wie viele Zugewanderte dürfen nicht wählen? Diese und andere Fragen beantwortet der Externer Link: Mediendienst Integration in einem Dossier zur Bundestagswahl. Der Externer Link: Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung beinhaltet Thesen zu den migrations- und integrationspolitischen Gestaltungsvorschlägen nicht nur der großen, sondern auch der kleinen zur Wahl antretenden Parteien.
Was vom Monat übrig blieb...
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, hat vor einem massiven Arbeitskräftemangel in Deutschland gewarnt. Er schätzt, dass Deutschland jährlich rund 400.000 Zuwanderinnen und Zuwanderer benötigt, um den durch den demografischen Wandel zunehmenden Fachkräftemangel abzufedern. Wichtig sei eine gezielte Steuerung der Migration in den Arbeitsmarkt.
Der seit 2014 laufenden Externer Link: repräsentativen Langzeitstudie "Zugehörigkeit und Gleichwertigkeit" (ZuGleich) zufolge ist der Anteil der Menschen in Deutschland gesunken, der Integration als gegenseitige Annäherung von Einheimischen und Zugewanderten versteht (von 2014: 59,9 Prozent auf 2021: 47,7 Prozent). Ein wachsender Anteil (31 Prozent) sehe Zugewanderte in der Pflicht, sich an die Aufnahmegesellschaft anzupassen (Assimilation). Eine abwertende Haltung gegenüber Geflüchteten sei seit 2014 ebenso gestiegen wie Fremdenfeindlichkeit und
Im Golf von Bengalen und der Andamanensee sind nach Externer Link: Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) 2020 mehr Schutzsuchende ums Leben gekommen als in den Vorjahren. Vor allem Angehörige der