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Migrationspolitik – Dezember 2018 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

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Migrationspolitik – Dezember 2018

Vera Hanewinkel Laura Hartmann

/ 8 Minuten zu lesen

Was ist in der Migrations- und Asylpolitik im letzten Monat passiert? Wie haben sich die Flucht- und Asylzahlen entwickelt? Wir blicken zurück auf die Situation in Deutschland und Europa.

Silhouette von einem Kind und einem Mann mit Rucksack: Während eines zweitägigen Gipfeltreffens in Marrakesch im Dezember 2018 haben die Staats- und Regierungschefs aus 164 UN-Mitgliedstaaten den "Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration" verabschiedet. (© dpa)

Asylzuwanderung 2018 bleibt unter der Obergrenze

Zwischen Januar und November 2018 hat das Interner Link: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) 174.040 Anträge auf Asyl entgegengenommen (151.944 Erstanträge und 22.096 Folgeanträge). Damit bleibt die Zahl der Interner Link: Asylbewerber 2018 voraussichtlich unter der im Externer Link: Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD festgelegten Interner Link: Obergrenze von jährlich maximal 220.000 Fluchtmigranten. Diese Entwicklung hatte sich im Laufe des Jahres bereits angedeutet: Die monatlich registrierte Zahl der Asylanträge lag in den ersten elf Monaten konstant unter 16.000. Zwischen Januar und November stammten die meisten Asylantragstellenden aus Interner Link: Syrien. Syrien bildet seit 2014 das Hauptherkunftsland Asylsuchender in Deutschland. Weitere wichtige Herkunftsländer waren Interner Link: Irak, Iran, Interner Link: Nigeria, die Türkei und Interner Link: Afghanistan. Insgesamt hat das BAMF in den ersten elf Monaten des Jahres über 204.408 Asylanträge entschieden. Die Gesamtschutzquote lag bei 34,7 Prozent und damit niedriger als im Vergleichszeitraum der Vorjahre (Externer Link: Jan.-Nov. 2017: 43,6 Prozent, Externer Link: Jan.-Nov. 2016: 63,3 Prozent).

Weltweit steigt Flüchtlingszahl

Die Zahl der Menschen, die sich auf der Flucht befinden, ist nach Externer Link: Angaben des Interner Link: UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) im vergangenen Jahr weiter gestiegen. Demnach gab es Mitte 2018 weltweit 68,8 Millionen Interner Link: Flüchtlinge, Interner Link: Binnenvertriebene und Interner Link: Asylsuchende – rund 300.000 mehr als Interner Link: Ende Dezember 2017. Während die Zahl derjenigen, die innerhalb ihres Landes vor Gewalt ausweichen, von 40 Millionen auf 39,7 Millionen leicht sank, stieg die Zahl der Menschen, die außerhalb ihres Herkunftslandes als Flüchtlinge leben um 554.000 auf 20,5 Millionen. Hinzu kamen 5,4 Millionen Palästinenser, die unter dem Mandat des Interner Link: Hilfswerks der Vereinten Nationen für Palästina-Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) stehen. Zudem gab es Mitte 2018 3,2 Millionen Menschen, die einen Asylantrag gestellt hatten über den aber noch nicht entschieden worden war. Der Großteil der Flüchtlinge wurde nicht von den reichen Industriestaaten im Globalen Norden aufgenommen. Stattdessen trugen die Entwicklungs- und Schwellenländer des Globalen Südens die Hauptlast der Flüchtlingsaufnahme. Weltweit stammten die meisten Flüchtlinge aus Interner Link: Syrien (6,5 Millionen), gefolgt von Interner Link: Afghanistan (2,7 Millionen) und Interner Link: Südsudan (2,5 Millionen).

Globaler Migrations- und Flüchtlingspakt verabschiedet

Während eines zweitägigen Gipfeltreffens in Marrakesch im Dezember 2018 haben die Staats- und Regierungschefs aus 164 UN-Mitgliedstaaten den "Externer Link: Globalen Pakt für eine sichere, geordnete und reguläre Migration" verabschiedet, der im September 2016 durch die sogenannte Externer Link: New Yorker Erklärung von 193 UN-Mitgliedstaaten auf den Weg gebracht worden war. Der Migrationspakt soll die multilaterale Zusammenarbeit im Umgang mit internationalen Migrationsbewegungen stärken und dazu weltweite Standards schaffen. Er gibt 23 Ziele vor, welche die einzelnen Staaten umsetzen sollen. Durch seine Unterzeichnung sprachen sich die Staaten für die Wahrung der Menschenwürde, die Bekämpfung von Fremdenhass sowie für die Unterstützung von Staaten, die viele Migranten aufnehmen, aus.

Der Pakt ist laut Vertragstext "rechtlich nicht bindend" und betont ausdrücklich "das souveräne Recht der Staaten ihre Migrationspolitik selbst zu bestimmen". Dennoch war in den Wochen vor der Verabschiedung in vielen Ländern die Sorge gewachsen, dass die Souveränität in Migrationsfragen durch die politische Absichtserklärung beschnitten werden könnte. Kritisiert wurde zudem, dass im Zuge des Prozesses zur Erstellung des Pakts keine politischen Debatten darüber geführt worden seien. Nachdem sich im Vorfeld bereits die USA, Ungarn, Australien und Österreich vom Migrationspakt distanziert hatten, entschlossen sich u.a. auch die Slowakei, Israel, Bulgarien, Tschechien, Kroatien, Dänemark und Polen dazu, ihn nicht zu unterzeichnen. In Belgien zerbrach die Regierungskoalition im Streit um die Unterzeichnung des Dokuments. In Deutschland hatte sich eine Mehrheit der Bundestagsabgeordneten Ende November für den Beitritt zum Migrationspakt ausgesprochen.

Deutlich geräuschloser verlief die einige Tage später in New York erfolgte Unterzeichnung des ebenfalls 2016 auf den Weg gebrachten Externer Link: Globalen Pakts für Flüchtlinge. Dieser zielt vor allem darauf, eine gerechtere Lastenteilung in Flüchtlingsfragen zu erwirken, die Eigenständigkeit von Flüchtlingen zu fördern, ihren Zugang zu Interner Link: Resettlement und anderen Interner Link: humanitären Aufnahmeprogrammen zu verbessern sowie die freiwillige und sichere Interner Link: Rückkehr in die Herkunftsländer zu ermöglichen. 181 Staaten stimmten für das ebenfalls nicht rechtlich bindende Abkommen. Lediglich die USA und Ungarn votierten gegen die Vorlage. Zehn Staaten enthielten sich oder nahmen an der Abstimmung nicht teil.

Bundesregierung beschließt Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung

Die Bundesregierung hat sich im Dezember auf einen Externer Link: Entwurf für ein Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung Externer Link: geeinigt. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz soll klar und transparent regeln, wer zu Arbeits- und Ausbildungszwecken nach Deutschland einwandern darf und wem dieses Recht verwehrt wird. Dabei soll sich die Zuwanderung Interner Link: wie bislang an den Bedarfen der deutschen Volkswirtschaft ausrichten. Das Gesetz versteht unter Fachkräften Personen, die entweder über einen Hochschulabschluss oder eine qualifizierte Berufsausbildung verfügen. Auf die bislang geltende Beschränkung der Fachkräftezuwanderung in Engpassberufe soll zukünftig verzichtet werden. Dies gilt auch für die Vorrangprüfung, sofern ein Zuwanderer einen Arbeitsvertrag und die Interner Link: Anerkennung seiner im Ausland erworbenen Qualifikationen vorweisen kann. Die Verfahren zur Prüfung der Gleichwertigkeit eines ausländischen mit einem deutschen Bildungsabschluss sollen weiter vereinfacht werden, ebenso die mit der Zuwanderung verbundenen Verwaltungsverfahren wie das Visumverfahren.

Daneben Externer Link: beschloss die Bundesregierung auch ein Externer Link: Gesetz über Duldung bei Ausbildung und Beschäftigung. Der Entwurf des Gesetzes sieht vor, dass Geduldeten, die eine qualifizierte Berufsausbildung aufnehmen oder ihren Lebensunterhalt durch eine nachhaltige Beschäftigung eigenständig sichern können und gut integriert sind, zukünftig ein rechtssicherer Aufenthalt ermöglicht werden kann. Die bereits existierende Ausbildungsduldung soll bundesweit einheitlich umgesetzt und zudem auf Ausbildungen in Helferberufen ausgeweitet werden.

Mehr als 2.200 Flüchtende im Mittelmeer ertrunken

2018 sind nach Externer Link: Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) 2.275 Flüchtende im Mittelmeer ertrunken bzw. werden vermisst (Stand: 14.01.2019). 2017 hatte die Zahl der Todes- und Vermisstenfälle noch bei 3.139 gelegen. Allerdings waren in jenem Jahr auch mehr Menschen registriert worden, die über den Seeweg nach Europa gelangten: 172.301 Flüchtlinge und Migranten kamen 2017 über das Mittelmeer nach Italien, Griechenland, Spanien und Zypern. 2018 waren es 138.882 Menschen. 1,79 Prozent derjenigen, die 2017 die Flucht nach Europa über den Seeweg wagten, ertranken beim Versuch der Mittelmeerüberquerung oder gelten seither als vermisst. 2018 waren es 1,93 Prozent. Die Todes- und Vermisstenrate ist im Vergleich zum Vorjahr also leicht gestiegen. Deutlicher fällt der Anstieg gegenüber den Jahren 2016 (362.753 Ankünfte über Seeweg; 5.096 Todes- und Vermisstenfälle; Todesrate: 1,39 Prozent) und 2015 (1.015.078; 3.771; 0,37 Prozent) aus. Die Fluchtrouten haben sich dabei verschoben. Kamen in den Vorjahren die meisten Flüchtenden in Griechenland und Italien an, entwickelte sich im Interner Link: Laufe des Jahres 2018 Spanien zum Hauptankunftsland.

Insgesamt registrierte die Externer Link: Internationale Organisation für Migration (IOM) 2018 weltweit 4.697 Todes- und Vermisstenfälle unter Flüchtlingen und Migranten (Stand: 18.1.2019). Neben dem Mittelmeer kamen besonders viele von ihnen auf dem afrikanischen Kontinent ums Leben (1.400). Die Dunkelziffer dürfte deutlich Externer Link: höher liegen, da die meisten Todesfälle unter Migranten auftreten, die irregulär in andere Länder einzureisen versuchen, oft über schwer zugängliche Wege wie das Meer oder die Wüste. Ihre Leichen werden nicht immer zeitnah gefunden, manchmal auch nie. Für die Boote, mit denen Flüchtlinge und Migranten die Überfahrt nach Europa wagen, existieren zudem keine Passagierlisten.

Seenotrettung bleibt Zankapfel

Die Aufnahme von aus Seenot geretteten Geflüchteten hat im Jahr 2018 Interner Link: wiederholt für Streit zwischen verschiedenen europäischen Ländern gesorgt. Italien hat seine Häfen für Rettungsschiffe privater Hilfsorganisationen geschlossen und auch Malta weigert sich zunehmend, diese Schiffe einlaufen und gerettete Menschen von Bord gehen zu lassen. Sie dringen auf eine Verteilung der Bootsflüchtlinge auf andere EU-Mitgliedstaaten, die dazu aber nur bedingt bereit sind. Einigen der Rettungsschiffe wurde zeitweise untersagt, wieder ins Mittelmeer auszulaufen. Andere wurden beschlagnahmt oder Crewmitglieder vor Gericht gestellt. Eine europäische Lösung zum Umgang mit privaten Seenotrettungsmissionen ist nicht in Sicht. Bislang musste stets eine Ad-hoc-Vereinbarung getroffen werden. Das zeigte im Dezember auch der Fall der Organisation "Proactiva Open Arms". Mit ihrem Schiff hatte sie vor der libyschen Küste 311 Geflüchtete aus Seenot gerettet und mehrere Länder wegen einer Erlaubnis zur Einfahrt in einen Hafen angefragt. Italien lehnte die Aufnahme des Schiffes ab, ebenso Malta, das lediglich einer schwangeren Frau und einer Mutter mit Neugeborenem erlaubte, eingeflogen zu werden. Libyen, Frankreich und Tunesien reagierten auf die Anfrage nicht. Nach einer Woche auf hoher See durfte das Rettungsschiff schließlich in einen spanischen Hafen einlaufen. Das Land hatte im Laufe des Jahres Interner Link: mehrfach Rettungsschiffen die Einfahrt gewährt, die in anderen europäischen Mittelmeeranrainern nicht anlegen durften.

Auch zwei Rettungsschiffe der Organisationen Sea-Watch und Sea-Eye mit 32 bzw. 17 geretteten Menschen an Bord suchten im Dezember tagelang nach einem sicheren Hafen, bis die Migranten schließlich Anfang Januar 2019 in Malta von Bord gehen durften. Als Gegenleistung für die Öffnung des Hafens in Valletta forderte der Mittelmeerstaat die Verteilung weiterer Migranten, die Ende Dezember von der maltesischen Küstenwache gerettet worden waren. Insgesamt sollen 176 Gerettete auf acht europäische Länder, darunter auch Deutschland, verteilt werden, die sich zur Aufnahme bereiterklärt hatten.

Nach Gewalt von Asylbewerbern: Debatte über Abschiebung von Straftätern wiederbelebt

Der Fall junger, alkoholisierter Asylbewerber, die im bayerischen Amberg Passanten geschlagen und verletzt hatten, hat eine erneute Debatte über Abschiebungen von ausländischen Straftätern ausgelöst. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) kündigte daraufhin an, der Koalition Vorschläge für Gesetzesänderungen machen zu wollen, die die Abschiebung von straffälligen Asylbewerbenden erleichtern sollen. Zahlreiche Politiker kritisierten den Vorstoß. Sie weisen darauf hin, dass entsprechende Gesetze bereits existieren, es aber an ihrer Umsetzung mangele. Bereits Mitte Dezember hatte die Vorsitzende der Grünen, Annalena Baerbock, gefordert, straffällige, ausreisepflichtige Asylbewerber bei Abschiebungen vorzuziehen.

Die vier aus Afghanistan, Syrien und Iran stammenden Asylsuchenden im Alter zwischen 17 und 19 Jahren hatten in der bayerischen Stadt Ende Dezember willkürlich Passanten attackiert und dabei neun von ihnen verletzt. Die Polizei nahm die betrunkenen Jugendlichen anschließend fest. Gegen sie wurde Haftbefehl erlassen. Bislang ist eine Abschiebung laut Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) aber in keinem der Fälle rechtlich möglich.

Rassistischer Anschlag auf Asylbewerber

Im Ruhrgebiet hat ein 50-jähriger Mann aus Essen sein Auto gezielt in Menschengruppen gefahren und so acht Personen verletzt, unter ihnen Syrer und Afghanen. Die Ermittler gehen von Fremdenhass als Motiv aus, da sich der Mann bei seiner Festnahme fremdenfeindlich geäußert habe. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) sagte, dass der Mann mit einer "klaren Absicht, Ausländer zu töten" gehandelt habe. Verbindungen in die rechtsextreme Szene konnten die Ermittler bislang nicht finden. Gegen den Mann, dem mehrfacher versuchter Mord vorgeworfen wird, wurde Haftbefehl erlassen. Fast täglich ereignen sich in Deutschland fremdenfeindliche Externer Link: Straftaten. 2017 gab es laut Externer Link: Bundesinnenministerium 6.434 Vorfälle. Die offiziellen Statistiken sind aber nur bedingt aussagekräftig, da es sich vor allem bei der Statistik zur "Politisch motivierten Kriminalität" (PKM) um eine "Eingangsstatistik" handelt. Diese spiegelt im Wesentlichen die Einschätzung der Polizei zum Motiv einer Tat in einem frühen Ermittlungsstadium wider, spätere Erkenntnisse zum Tatmotiv (z.B. aus Gerichtsverfahren) werden ausklammert. Ob eine Tat also als fremdenfeindlich eingestuft wird, hängt auch damit zusammen, wie sensibilisiert die ermittelnden Polizeibeamten für das Thema sind. Beispielsweise tauchen die Straftaten des Nationalsozialistischen Untergrunds nicht in der PKM auf, da sie von den Ermittlern jahrelang als organisierte Kriminalität eingestuft wurden, nicht aber als politisch motivierte Taten. Zudem bringen Opfer rassistischer Gewalt Straftaten häufig nicht zur Anzeige, was unter anderem mit mangelndem Vertrauen in die Polizei Externer Link: erklärt wird. Opferberatungsstellen kommen daher auf deutlich höhere Zahlen rassistisch motivierter Gewalt.

Fussnoten

Vera Hanewinkel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail: E-Mail Link: vera.hanewinkel@uni-osnabrueck.de

Laura Hartmann studiert im Masterstudiengang Internationale Migration und Interkulturelle Beziehungen (IMIB) an der Universität Osnabrück und arbeitet als Studentische Hilfskraft in der Redaktion von "focus Migration" am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS ).