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Migrationspolitik - Mai 2018 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

Migrationspolitik – Monatsrückblick Juni 2024 Migrationspolitik – Mai 2024

Migrationspolitik - Mai 2018

Vera Hanewinkel

/ 5 Minuten zu lesen

Was ist in der Migrations- und Asylpolitik im letzten Monat passiert? Wie haben sich die Flucht- und Asylzahlen entwickelt? Wir blicken zurück auf die Situation in Deutschland und Europa.

Demonstration gegen Ausländerfeindlichkeit und Rassismus in Solingen am 5. Juni 1993. In Solingen wurden im Mai 1993 durch einen Brandanschlag von Rechtsextremisten auf ein von Türken bewohntes Haus fünf Frauen und Kinder getötet. (© picture-alliance/dpa)

Asylanträge: Syrien weiterhin Hauptherkunftsland

Im April 2018 Externer Link: reichten 2.610 syrische Staatsangehörige einen Erstantrag auf Asyl beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) ein. Damit ist Interner Link: Syrien weiterhin das Hauptherkunftsland von Menschen, die in Deutschland Asyl suchen, vor Interner Link: Nigeria und Interner Link: Irak. Insgesamt nahm das BAMF im April 11.385 Erstanträge auf Asyl entgegen. Im selben Zeitraum entschied die Behörde über die Interner Link: Asylverfahren von 20.198 Personen – 6.663 davon wurde ein Interner Link: Schutzstatus zugesprochen. Die Gesamtschutzquote lag damit bei 33 Prozent – 12,4 Prozentpunkte niedriger Externer Link: als im Vorjahresmonat. In den ersten vier Monaten des Jahres hat das BAMF insgesamt 63.972 Erst- und Folgeanträge auf Asyl registriert, 12.958 weniger als im Vorjahreszeitraum. Insgesamt sind seit 1953 in der Bundesrepublik 5,6 Millionen Asylanträge gestellt worden; 4,7 Millionen davon zwischen Januar 1990 und April 2017.

Affäre um Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge

Die Bremer Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) darf vorerst nicht mehr über Asylanträge entscheiden. Das hat Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) entschieden und damit Konsequenzen aus dem Skandal um manipulierte Asylentscheide gezogen. Mitte April war bekannt geworden, dass eine ehemalige Leiterin der Bremer Außenstelle des BAMF im Verdacht steht, zwischen 2013 und 2016 mindestens 1.200 Menschen unrechtmäßig Asyl gewährt zu haben. Gegen die Frau und fünf weitere Beschuldigte laufen nun Ermittlungsverfahren wegen Bestechlichkeit und bandenmäßiger Verleitung zur missbräuchlichen Asylantragstellung. Die Präsidentin des BAMF, Jutta Cordt, kündigte an, dass rund 18.000 seit dem Jahr 2000 von der Bremer Außenstelle ausgestellte Asylbescheide noch einmal geprüft würden. Auch in anderen Außenstellen, deren Schutzquoten deutlich vom bundesweiten Durchschnitt abweichen, würden stichpunktartige Überprüfungen stattfinden. Bislang habe es in diesen Stellen aber keine Hinweise auf bewusste Manipulation gegeben. Ende Mai mussten Seehofer und Cordt im Innenausschuss des Bundestages Rede und Antwort stehen. Seehofer entschuldigte sich für die Fehler der Behörde und versprach die vollständige Aufklärung der Affäre. FDP und AfD forderten wiederholt den Einsatz eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses. Dafür gibt es im Bundestag aber bislang keine ausreichende Unterstützung: Ein Viertel der Abgeordneten müssten der Einrichtung eines solchen Ausschusses zustimmen.

Urteil: Abschiebung ins Herkunftsland bei ausgesetzter Todesstrafe möglich

Ein tunesischer Gefährder darf in sein Herkunftsland abgeschoben werden, obwohl es dort die Todesstrafe gibt. Das hat das Bundesverfassungsgericht Externer Link: entschieden. Es begründete sein Urteil damit, dass die Todesstrafe in Tunesien auf dem Papier zwar existiere, seit 1991 werde sie aber de facto nicht mehr vollstreckt. Die tunesischen Behörden hätten versichert, dass sie auch zukünftig ausgesetzt bleibe. Geklagt hatte ein tunesischer Mann, der 2003 erstmals zum Studium nach Deutschland einreiste und 2015 erneut ins Land kam, dieses Mal allerdings unter falscher Identität als angeblicher syrischer Flüchtling. Die deutschen Sicherheitsbehörden Interner Link: stuften ihn als Gefährder ein. Auch in Tunesien steht der Mann unter Terrorverdacht. Das Land hatte deswegen einen Auslieferungsantrag gestellt. Die Verteidigung argumentierte, dass der Mann sich nicht darauf verlassen könne, dass auch in seinem Fall nicht von der Todesstrafe Gebrauch gemacht werde. Diese Zweifel wies das Gericht zurück. Der Tunesier ist zwei Tage nach dem Urteilsspruch in sein Herkunftsland ausgeflogen worden.

25. Jahrestag des rassistischen Brandanschlags in Solingen

In Solingen haben zahlreiche Menschen, darunter auch Spitzenpolitiker, der Opfer des rassistischen Brandanschlags von vor 25 Jahren gedacht. Am 29. Mai 1993 hatten vier junge deutsche Männer Interner Link: das Haus der türkischen Familie Genç in Solingen angezündet. Drei minderjährige Mädchen und zwei erwachsene Frauen kamen bei dem Anschlag ums Leben, 14 weitere Familienmitglieder wurden zum Teil schwer verletzt. Der Brandanschlag bildete den traurigen Höhepunkt einer Serie von Straftaten gegen Zugewanderte, die seit Anfang der 1990er Jahre in einem Klima der Ausländerfeindlichkeit und des Fremdenhasses in Deutschland verübt wurde. Genährt wurde die aggressive Stimmung gegenüber Eingewanderten durch eine heftige politische, gesellschaftliche und mediale Debatte um angeblichen "Asylmissbrauch": Der Zusammenbruch der Sowjetunion, Kriege im ehemaligen Jugoslawien und bürgerkriegsähnliche Zustände in der von Kurden besiedelten Osttürkei hatten die Interner Link: Asylmigration nach Deutschland stark ansteigen lassen. Ergebnis der politischen Auseinandersetzungen war die Einschränkung des Asylgrundrechts durch eine Interner Link: Asylrechtsreform ("Asylkompromiss"), die am 26. Mai 1993 durch den Deutschen Bundestag beschlossen wurde – drei Tage vor dem tödlichen Anschlag in Solingen. Seither hat keinen Anspruch auf Asyl, wer über einen "Externer Link: sicheren Drittstaat" nach Deutschland einreist oder aus einem "Interner Link: sicheren Herkunftsland" stammt. Die rassistisch motivierten Brandstifter von Solingen wurden 1995 zu 10- bis 15-jährigen Haftstrafen verurteilt.

Bund gibt rund 21 Milliarden Euro für Flüchtlingshilfe aus

Im Jahr 2017 hat der Bund etwa 20,8 Milliarden Euro für die Aufnahme und Integration von Geflüchteten ausgegeben (2016: 20,3 Milliarden Euro). Das zeigt ein Externer Link: Bericht der Bundesregierung. Der größte Einzelposten (6,8 Milliarden Euro) floss dabei in die Bekämpfung von Fluchtursachen, mit weiteren 6,6 Milliarden Euro beteiligte sich der Bund an den Kosten der Länder und Kommunen für Asylsuchende. Die Ausgaben im Bereich Flüchtlingshilfe machten 2017 insgesamt 6,4 Prozent der Gesamtausgaben des Bundes aus (2016: 6,3 Prozent). Im November 2015 hatte der Deutsche Bundestag die Bundesregierung dazu aufgefordert, einen jährlichen Bericht über die Ausgaben des Bundes für flüchtlingsbezogene Maßnahmen vorzulegen. Wie viel Geld der Bund bis zum Ende der Legislaturperiode 2022 für die Flüchtlingshilfe veranschlagt, wird aus dem Haushaltsplan hervorgehen, den Finanzminister Olaf Scholz (SPD) noch vor der Sommerpause vorlegen will.

Weniger Straftaten von tatverdächtigen Zuwanderern

2017 ist die Zahl der Straftaten mit tatverdächtigen Zuwanderern gesunken. Damit hat sich eine Prognose aus 2016 nicht bestätigt, die mit einer weiteren Zunahme der Kriminalität im Kontext von Zuwanderung gerechnet hatte. Das geht aus einem Anfang Mai vom Bundeskriminalamt veröffentlichten Externer Link: Bundeslagebild hervor, das sich explizit Straftaten widmet, die von Zugewanderten begangen wurden. Erstmals wurden in die Analyse auch Tatverdächtige einbezogen, denen im Asylverfahren ein Interner Link: Schutzstatus gewährt wurde. Daneben umfasst die Definition von Zuwanderern Personen mit Aufenthaltsstatus "Asylbewerber", "Kontingentflüchtling", "Interner Link: Duldung" und "unerlaubter Aufenthalt". Insgesamt hat die Polizei 2017 167.268 tatverdächtige Zuwanderer registriert, 7.170 weniger als im Vorjahr. Zwar stellen tatverdächtige Zuwanderer aus den Hauptherkunftsstaaten Asylsuchender – Syrien, Afghanistan und Irak – den größten Anteil an allen registrierten tatverdächtigen Zuwanderern. Im Vergleich zu ihrem Anteil an der Asylmigration sind sie allerdings weniger häufig tatverdächtig als Zuwanderer aus Algerien, Marokko und Tunesien, die insgesamt nur einen geringen Anteil an der Gesamtzahl aller Asylbewerber stellen.

Brüssel will 10.000 Mitarbeiter für Frontex

Die Europäische Grenzschutzagentur Frontex soll auf 10.000 Mitarbeiter anwachsen, um Interner Link: irreguläre Migration besser verhindern zu können. Das sieht der EU-Haushaltsplan für den Zeitraum 2021 bis Ende 2027 vor, den Haushaltskommissar Günther Oettinger (CDU) Anfang Mai in Brüssel vorgestellt hat. Derzeit stehen Frontex 1.200 Mitarbeiter zur Verfügung. Der Ausbau der Agentur soll auch die Grundlage dafür bilden, die derzeit noch an einigen Binnengrenzen im Schengenraum durchgeführten Kontrollen, beispielsweise zwischen Deutschland und Österreich, wieder einzustellen. Eingeführt worden waren die Kontrollen im Zuge der Interner Link: hohen Fluchtzuwanderung 2015. Sie wurden seither mit Verweis auf daraus resultierende Sicherheitsprobleme mehrfach verlängert. In den kommenden Monaten werden die EU-Mitgliedstaaten über den Vorschlag der EU-Kommission zum Gemeinschaftshaushalt verhandeln und darüber entscheiden, wie viel Geld bis 2027 in den Grenzschutz investiert werden soll.

Fussnoten

Vera Hanewinkel ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail: E-Mail Link: vera.hanewinkel@uni-osnabrueck.de