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Migrationspolitik – November 2017 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

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Migrationspolitik – November 2017

Viktoria Latz

/ 6 Minuten zu lesen

Was ist in der Migrations- und Asylpolitik im letzten Monat passiert? Wie haben sich die Flucht- und Asylzahlen entwickelt? Wir blicken zurück auf die Situation in Deutschland und Europa.

Der Anteil von Personen mit Hochschulabschluss liegt in der Bevölkerung mit als auch ohne Migrationshintergrund bei 26,1 Prozent. (© picture-alliance/dpa)

Zahl der Schutzsuchenden in Deutschland in zwei Jahren mehr als verdoppelt

Die Zahl der Interner Link: Schutzsuchenden in Deutschland hat sich laut Statistischem Bundesamt (Destatis) von 2014 auf 2016 mehr als verdoppelt: Rund Externer Link: 1,6 Millionen Menschen, die sich unter Berufung auf humanitäre Gründe in Deutschland aufhalten, wurden demnach bis Ende 2016 registriert. Davon befanden sich 573.000 noch im Asylverfahren, 872.000 erhielten einen Interner Link: Schutzstatus, 158.000 Asylanträge wurden abgelehnt. Etwa die Hälfte der Schutzsuchenden kam aus den Ländern Interner Link: Syrien, Interner Link: Afghanistan und Interner Link: Irak. 64 Prozent waren männlich, der Altersdurchschnitt lag bei 29,4 Jahren.

Auch die Externer Link: Asylzahlen für Oktober des Interner Link: Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zeigen einen im Vergleich zum Vormonat September (14.688) gestiegenen Zuzug von Asylsuchenden nach Interner Link: Deutschland (15.170). Gleichzeitig ging die Zahl der formell beim BAMF gestellten Asylanträge auf 17.028 leicht zurück. Die Bundesbehörde entschied über 33.005 Anträge von Asylbewerbern. In 19 Prozent der Asylverfahren gewährte sie die Rechtsstellung eines Flüchtlings nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), in 12,5 Prozent den sogenannten Interner Link: subsidiären Schutz und in 7,6 Prozent Abschiebungsschutz. 36,7 Prozent der Asylanträge wurden abgelehnt. Die Zahl der anhängigen Asylverfahren, sogenannter Altverfahren, konnte weiter reduziert werden und beläuft sich aktuell auf 87.187. Zum Jahresende 2016 waren noch 433.719 Altverfahren anhängig.

Höchststand bei EU-Aufenthaltstiteln für Nicht-EU-Bürger

2016 wurden in der Europäischen Union 28 Prozent mehr erstmals ausgestellte Aufenthaltstitel an Nicht-Europäer vergeben als noch 2015. Insgesamt wurden rund 3,4 Millionen Aufenthaltstitel erstmals ausgestellt – ein Externer Link: Rekordhoch. Laut Externer Link: Bericht des statistischen Amts der EU (Eurostat) wurden die meisten Aufenthaltstitel im Interner Link: Vereinigten Königreich, in Interner Link: Polen und in Deutschland ausgestellt. Hauptgründe für die Erteilung der Aufenthaltstitel waren die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Aufnahmeland (21 Prozent), Familienzusammenführung (23,2 Prozent) sowie eine Ausbildung (20,7 Prozent). 30,7 Prozent der Titel wurden aus "anderen Gründen" erteilt, darunter internationaler Schutz und humanitäre Gründe. Fast die Hälfte der Aufenthaltstitel erhielten Staatsangehörige der Interner Link: Ukraine (588.000 Personen), Syriens (384.100), der Interner Link: Vereinigten Staaten (250.900), Externer Link: Indiens (198.400) und Interner Link: Chinas (195.600). Die Gründe für die Verleihung unterscheiden sich je nach Staatsangehörigkeit. In Deutschland spiegelt sich vor allem die Fluchtzuwanderung wider: 43,9 Prozent der Personen, die einen Aufenthaltstitel erhielten, stammten aus Syrien, gefolgt von 5,9 Prozent aus dem Irak und 3,6 Prozent aus der Interner Link: Türkei.

Neue interaktive Karte: Migration.Integration.Regionen

Die Bundesagentur für Arbeit (BA), das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und das Statistische Bundesamt (Destatis) haben gemeinsam eine Externer Link: interaktive Karte entwickelt, die einen Überblick über die regionale Verteilung von Ausländern und Schutzsuchenden in Deutschland auf Kreisebene bietet sowie andere migrations- und integrationsrelevante Daten visualisiert. Die Anwendung "Migration.Integration.Regionen" zeigt zum einen den Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung und informiert zum anderen über die Zusammensetzung der ausländischen Bevölkerung und Schutzsuchenden nach Staatsangehörigkeit, rechtlichem Status und weiteren Kategorien. Die Rubrik "AusländerInnen am Arbeitsmarkt" gibt Auskunft darüber, wie viele beschäftigte, sozialversicherungspflichtig beschäftigte, arbeitsuchende und arbeitslose Ausländer in den verschiedenen Regionen Deutschlands leben. Außerdem kann der Ausländeranteil nach Altersgruppen angezeigt werden.

Menschen mit Migrationshintergrund in zentralen gesellschaftlichen Bereichen benachteiligt

In Deutschland lebende Menschen mit Migrationshintergrund unterscheiden sich in bestimmten Bereichen wie Bildung, Arbeitsmarkt und Einkommen weiterhin stark von der Aufnahmegesellschaft. Das hat das Statistische Bundesamt (Destatis) anhand von Kernindikatoren analysiert, die dem Externer Link: Integrationsbericht der Bundesregierung entnommen wurden. Demnach lag der Anteil junger Menschen ohne Schulabschluss in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund bei vier Prozent, während er bei Personen mit Migrationshintergrund bis 2016 auf 12,1 Prozent angestiegen ist. Grund dafür sei die vermehrte Zuwanderung von Menschen mit geringem Bildungsstand, die 16,1 Prozent der gesamten Zuwanderungsbevölkerung ausmachten. Der Anteil der Erwerbslosen in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund ist zwar auf 7,1 Prozent gesunken, liegt damit allerdings immer noch deutlich über dem von Menschen ohne Migrationshintergrund (3,4 Prozent). Untersucht wurde außerdem der Anteil der armutsgefährdeten Erwerbstätigen an allen Erwerbstätigen. Dieser liegt in der Bevölkerung ohne Migrationshintergrund bei 6,2 Prozent, in der Bevölkerung mit Migrationshintergrund bei 13,6 Prozent. Das Statistische Bundesamt kommt vor diesem Hintergrund zu dem Schluss, dass Externer Link: Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland hinsichtlich ihrer Teilhabe an zentralen gesellschaftlichen Bereichen weiterhin benachteiligt sind. Dennoch können auch Angleichungsprozesse beobachtet werden. So liegt inzwischen der Anteil von Personen mit Hochschulabschluss sowohl in der Bevölkerung mit als auch ohne Migrationshintergrund bei 26,1 Prozent.

25 Jahre nach Möllner Brandanschlag – ausländerfeindliche Straftaten immer noch Alltag

Während in Mölln in Schleswig-Holstein an den Externer Link: rechtsextremistischen Brandanschlag gegen zwei von türkischen Familien bewohnte Häuser am 23. November 1992 erinnert wird, bei dem drei Menschen starben, Externer Link: kommt es in Deutschland immer noch fast täglich zu Straf- und Gewalttaten gegen Geflüchtete und ihre Unterkünfte. Das Bundeskriminalamt (BKA) zählte bis zum 20. November 241 Straftaten gegen Asylunterkünfte. Bei mindestens 14 davon handelte es sich um politisch motivierte Brandstiftungen. Die Aufklärung im Bereich "politisch motivierter Straftaten" ist schwierig, nur in 54 der 241 Fälle konnten Tatverdächtige ermittelt werden. Immer wieder finden auch fremdenfeindliche Übergriffe auf Unterstützer von Geflüchteten statt. Im November wurde der Externer Link: Bürgermeister der nordrhein-westfälischen Stadt Altena, Andreas Hollstein, von einem Bürger mit einem Messer angegriffen und leicht am Hals verletzt. Die Stadt Altena ist für ihre hohe Aufnahmebereitschaft für Geflüchtete bekannt und wurde im Mai 2017 sogar mit dem "Nationalen Integrationspreis" der Bundesregierung ausgezeichnet. Der arbeitslose Täter habe sich bei dem Angriff über die "flüchtlingsfreundliche" Politik Hollsteins beschwert und ihn auf Grundlage dessen für seine persönliche prekäre Situation verantwortlich gemacht. Die Tat erinnert an den Interner Link: Messeranschlag auf die Kölner Bürgermeisterin Henriette Reker im Oktober 2015, bei dem sie auf einer Wahlkampfveranstaltung von einem Mann mit rechtsterroristischen Motiven schwer verletzt wurde.

Oxfam-Bericht zu Klima-Migration: Klimawandel treibt vor allem Menschen aus ärmeren Ländern in die Flucht

Fast 24 Millionen Menschen waren im Jahr 2016 Interner Link: wegen Wetterextremen auf der Flucht. Das geht aus dem Externer Link: jüngsten Bericht der globalen Nothilfe- und Entwicklungsorganisation Oxfam hervor, der im Vorfeld der Interner Link: Bonner Weltklimakonferenz COP23 vorgestellt wurde. Betroffen seien vor allem Menschen aus ärmeren Ländern, die vor Unwettern, Stürmen und Überschwemmungen Schutz suchen und ihre Wohnorte fluchtartig verlassen müssen. Oxfam sieht die Ursache für derartige Katastrophen im Externer Link: Klimawandel und fordert deshalb von den Regierungen mehr Engagement im Klimaschutz und eine Abkehr von fossilen Energien. Gerade die reicheren Länder stünden in der Pflicht, für Zerstörungen infolge des Klimawandels aufzukommen, da dort die meisten klimafeindlichen Treibhausgase produziert und freigesetzt würden. Einer im Mai 2017 veröffentlichten Externer Link: Schätzung der Umweltorganisation Greenpeace zufolge würden jährlich 25,4 Millionen Menschen durch Naturkatastrophen vertrieben – deutlich mehr als durch Krieg und Gewalt. Zahlen zur Klimamigration wie diese seien jedoch Externer Link: mit Vorsicht zu genießen, warnt unter anderem das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE): Migrationsursachen seien vielfältig und von ökologischen, wirtschaftlichen, politischen, sozialen, kulturellen oder demographischen Faktoren und Motiven abhängig. Einen Automatismus zwischen Klimawandel und Migration gebe es nicht. Menschen in ärmeren Ländern, die unter dem Klimawandel leiden, seien aufgrund mangelnder Ressourcen oder durch Missernten im Gegenteil häufig zu "fataler Immobilität" gezwungen.

Menschenunwürdige Situation von Geflüchteten in Libyen überschattet EU-Afrika-Gipfel

Berichte und Bilder von Sklavenauktionen in libyschen Flüchtlingslagern sowie die dort herrschenden menschenunwürdigen Zustände haben den zweitägigen Externer Link: EU-Afrika-Gipfel am 29. und 30. November in Abidjan überschattet An dem Gipfel nahmen Vertreter aus 55 afrikanischen und 28 europäischen Staaten teil. Im Fokus standen eigentlich die Zukunft der EU-Afrika-Beziehungen, die Verbesserung der Sicherheitslage sowie Investitionen in die Jugend. Unter anderem ein Externer Link: CNN-Video mit Bildern einer mutmaßlichen Sklavenauktion bewegte die internationalen Teilnehmer dazu, sich auf einen Externer Link: Evakuierungsplan zu einigen. Dieser sieht vor, dass zur Rückkehr ins Herkunftsland bereite Migranten mithilfe der Interner Link: Internationalen Organisation für Migration (IOM) und Unterstützung durch internationale Partner aus Libyen ausreisen können. Die libysche Regierung wolle helfen, die entsprechenden Flüchtlingslager zu identifizieren und UN-Hilfsorganisationen Zugang zu diesen gewähren. Hilfsorganisationen kritisierten, der Gipfel habe seine Ziele verfehlt und sei ohne Fortschritte geendet.

Fussnoten

Viktoria Latz ist wissenschaftliche Hilfskraft in der Redaktion von focus Migration am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail Link: vlatz@uni-osnabrueck.de