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Migrationspolitik – Juli 2017 | Migrationspolitik – Monatsrückblick | bpb.de

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Migrationspolitik – Juli 2017

Viktoria Latz

/ 4 Minuten zu lesen

Was ist in der Migrations- und Asylpolitik im letzten Monat passiert? Wie haben sich die Flucht- und Asylzahlen entwickelt? Wir blicken zurück auf die Situation in Deutschland und Europa.

Fast 1.000 Migrantinnen und Migranten gehen am 14. Juli 2017 im Hafen der italienischen Stadt Salerno an Land. Sie wurden vom Schiff "Vos Prudence" auf dem Mittelmeer gerettet. Das Schiff gehört zur Organisation "Ärzte ohne Grenzen". (© picture-alliance, ZUMA Press)

100.000 Geflüchtete kamen bis Juli über das Mittelmeer

Mehr als Externer Link: 100.000 Menschen sind laut Interner Link: Internationaler Organisation für Migration (IOM) seit Beginn des Jahres über den Seeweg nach Europa geflohen. Im Vergleich zum Vorjahreszeitraum ist das ein Rückgang von über 56 Prozent. Dennoch kamen in den ersten sechs Monaten rund 2.250 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt ums Leben und damit nur 23 Prozent weniger als im ersten Halbjahr 2016, in dem 2.960 Menschen starben. Die meisten der Geflüchteten (85 Prozent) kamen in Interner Link: Italien an Land und stammten aus afrikanischen Ländern wie Interner Link: Nigeria , Eritrea und Interner Link: Somalia sowie aus dem Bürgerkriegsland Interner Link: Syrien.

Flüchtlingssituation vor Italien spitzt sich zu

In Italien steigen die Zahlen der ankommenden Bootsflüchtlinge. Die Regierung droht mit Abweisungen fremder Rettungsschiffe und der Schließung seiner Häfen und fordert mehr Unterstützung durch die anderen EU-Staaten. Die deutsche Regierung hat angekündigt, Italien eine Million Euro zusätzlich bereitzustellen sowie das Kontingent für die Aufnahme von Geflüchteten im Rahmen des Interner Link: deutschen Resettlementprogramms von 500 auf 750 Personen pro Monat aufzustocken. Bislang ist sie dieser Ankündigung allerdings noch nicht nachgekommen. Auch Interner Link: Frankreich hat Italien Unterstützung zugesagt. Mehrere osteuropäische Staaten verweigern allerdings die Aufnahme von Geflüchteten aus Italien, um das Mittelmeerland zu entlasten. Italiens Bitte nach der Öffnung anderer europäischer Häfen für Flüchtlingsschiffe wurde von den EU-Innenministern abgelehnt. Sie befürchten, dass dadurch noch mehr Geflüchtete zur Überfahrt nach Europa ermutigt werden könnten. Um von Schleusern organisierte Fluchtbewegungen über das Mittelmeer weiter einzuschränken, will die EU zudem den Externer Link: Export von Schlauchbooten nach Interner Link: Libyen strenger kontrollieren.

Asylanträge in Europa gehen zurück

Externer Link: Laut Jahresbericht des Europäischen Unterstützungsbüros für Asylfragen (EASO) wurden EU-weit im Jahr 2016 sieben Prozent weniger Asylanträge gestellt als 2015. Demzufolge haben 1,3 Millionen Menschen um Asyl nachgesucht, wovon 61 Prozent in erster Instanz anerkannt wurden. Die meisten Asylbewerber kamen aus Syrien (26 Prozent), gefolgt von Interner Link: Afghanistan, Interner Link: Irak, Interner Link: Pakistan und Nigeria. Deutlich spürbar ist der Rückgang von Anträgen Interner Link: unbegleiteter Minderjähriger um 37 Prozent, die mit 65.000 fast ein Drittel der Bewerber ausmachen. Die meisten Geflüchteten stellten ihren Asylantrag in Deutschland (745.155), mit weitem Abstand vor Italien (122.960), Frankreich (84.270), Interner Link: Griechenland (51.110) und Interner Link: Österreich (42.255). Im ersten Halbjahr 2017 lag die Zahl der beim Interner Link: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) Externer Link: gestellten Anträge bei 111.616, das sind wiederum rund 72 Prozent weniger als im Vorjahreszeitraum. Deutlich gestiegen ist die Anzahl der Asylbewerber aus der Türkei: Mehr als 3.000 türkische Staatsbürger, darunter viele Diplomaten und andere Staatsbedienstete haben im ersten Halbjahr 2017 in Deutschland einen Asylantrag gestellt. Die Türkei geht seit dem gescheiterten Interner Link: Putschversuch vom 15. Juli 2016 repressiv gegen angebliche Staatsfeinde vor.

Sicherheitsüberprüfungen in Asylverfahren werden ausgebaut

Als Reaktion auf vergangene Terroranschläge in Deutschland sowie auf den Fall des terrorverdächtigen Bundeswehroffiziers Franco A. sollen Sicherheitsüberprüfungen in Asylverfahren in Deutschland weiter ausgebaut werden. So wurde das Sicherheitsreferat des BAMF personell aufgestockt und der Verfassungsschutz an Anhörungen von Asylbewerbern beteiligt. Ein Problem bleibt die Identitätsfeststellung: Einem Medienbericht der Nürnberger Nachrichten zufolge war eine "Risikogruppe" mit über 3.500 Antragstellern aus Syrien und dem Irak beim BAMF nicht persönlich angehört und erkennungsdienstlich überprüft worden – und habe trotzdem einen Interner Link: Schutzstatus erhalten. Die Anhörungen sollen nun nachgeholt werden. Zudem wird bei einzelnen Asylsuchenden überprüft, ob beim Interner Link: Bundeskriminalamt (BKA) , Interner Link: Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) , Interner Link: Bundesnachrichtendienst (BND) , Interner Link: Militärischer Abschirmdienst (MAD) oder beim Zollkriminalamt sicherheitsbedenkliche Informationen vorliegen. Eine weitere Maßnahme zur Verbesserung der Sicherheit in Asylverfahren ist die Überprüfung von Dolmetschern durch Vertreter der Sicherheitsbehörden auch auf Länderebene, die bisher nur auf Bundesebene stattgefunden hat. Um die Identität von Geflüchteten stärker zu kontrollieren, testet das BAMF derzeit eine Software, mit der sich Asylbewerber automatisch einem Herkunftsland zuordnen lassen sollen, indem Dialekte oder Handydaten (Geodaten von Fotos und Spracheinstellungen) ausgewertet werden.

Migration und Flucht beim G20-Gipfel

Auf dem Interner Link: G20-Gipfel in Hamburg einigten sich die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer auf die Bekämpfung von Schleusern und Menschenhandel sowie die Beseitigung grundlegender Fluchtursachen. Der Externer Link: Beschluss beinhaltet Maßnahmen wie die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in den betreffenden Herkunfts- und Transitländern sowie die Berücksichtigung der Bedürfnisse abgelehnter Asylbewerber, die nach ihrer Rückkehr ins Herkunftsland mehr Unterstützung erfahren sollen.

Sinkende Schutzquote für afghanische Geflüchtete

Während sich die Sicherheitslage in Afghanistan in den letzten Monaten verschlechtert hat, ist die Anerkennungsquote von afghanischen Asylbewerbern in Deutschland gesunken. Waren 2016 noch 55,8 Prozent der afghanischen Schutzsuchenden als Flüchtlinge anerkannt worden, waren es im ersten Halbjahr 2017 nur noch 44,1 Prozent. In den ersten sechs Monaten des Jahres wurden 87.000 Entscheidungen zu Asylverfahren afghanischer Staatsangehöriger getroffen, 19.000 mehr als im gesamten Jahr 2016. Nach mehreren schweren Anschlägen in Afghanistan war es im Juni zu einer Neubewertung der Schutzbedürftigkeit afghanischer Staatsbürger gekommen, in deren Folge das BAMF Asylentscheidungen für Afghanen vorübergehend ausgesetzt hat.

Verwaltungsgerichte durch Asylklagen überlastet

Aufgrund zunehmender Klagen von abgelehnten Asylbewerbern, die auf fehlerhafte Asylbescheide zurückgeführt werden, ist die Arbeitsbelastung an den deutschen Verwaltungsgerichten gewachsen. Demnach müssen die Gerichte in diesem Jahr voraussichtlich etwa 200.000 Asylklagen bewältigen, was eine Verdopplung der Verfahren gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Gründe für die sich anstauenden Klagen sind Personalmangel an den Gerichten und beim BAMF sowie fehlende Rechtsmittel, da Verwaltungsgerichte keine Berufungen und Sprungrevisionen zulassen können. Die meisten Klagen werden von Pakistanern (53,2 Prozent) erhoben, gefolgt von Menschen aus dem als sicher eingestuften Herkunftsland Kosovo (40,6 Prozent) und Afghanen (36,6 Prozent).

Fussnoten

Viktoria Latz ist wissenschaftliche Hilfskraft in der Redaktion von focus Migration am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.
E-Mail Link: vlatz@uni-osnabrueck.de