In Irlands Geschichte dominierte seit jeher die Auswanderung. In den letzten 25 Jahren jedoch hat sich Irland von einem weitgehend homogenen Land zu einem zunehmend heterogenen entwickelt, in dem heute fast ein Fünftel der Einwohnerinnen und Einwohner im Ausland geboren wurde.
Bis Mitte der 1990er Jahre galt Irland allgemein als Auswanderungsland. Im Vergleich zu allen anderen europäischen Staaten wanderten aus Irland zwischen 1850 und dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs gemessen an der Gesamtbevölkerung mehr als doppelt so viele Menschen aus. Im Jahr 1922 wurde die Insel geteilt: In die spätere Republik Irland (als "Irland" bezeichnet) – die etwa fünf Sechstel der Insel umfasste – und Nordirland, das Teil des Vereinigten Königreichs blieb. Dieser Beitrag beschränkt sich auf die Entwicklungen innerhalb der Republik Irland.
Hier dominierte auch nach der Teilung weiterhin die Abwanderung. Zunächst war vor allem die USA Ziel irischer Auswanderinnen und Auswanderer, doch nachdem die Vereinigten Staaten in den 1920er Jahren strenge Einwanderungsquoten festgelegt hatten und in den 1930er Jahren die Weltwirtschaftskrise einsetzte, wurde Großbritannien zum beliebtesten Zielland. In den 1950er Jahren war Irland neben der DDR das einzige Land in Europa, in dem die Bevölkerung infolge massiver Auswanderung zurückging. Als sich die wirtschaftliche Situation in Irland in den 1960er und 1970er Jahren verbesserte, ging die Auswanderung zurück. Doch der Beginn ernsthafter wirtschaftlicher Probleme in den 1980er Jahren führte erneut dazu, dass Hunderttausende dem Land den Rücken kehrten. Auch in dieser Zeit blieb Großbritannien das beliebteste Zielland, aber viele Irinnen und Iren gingen auch in die Vereinigten Staaten (und blieben dort oft ohne Aufenthaltserlaubnis), nach Australien und Westeuropa.
Aktuelle Entwicklung der Migration
Bis in die 1990er Jahre bestand die Zuwanderung nach Irland hauptsächlich aus vormals aus Irland ausgewanderten Menschen, die in ihre Heimat zurückkehrten, und einer kleinen Anzahl britischer Staatsangehöriger. In den 1970er Jahren zogen zudem einige niederländische, deutsche und französische Interner Link: Lifestyle-Migranten und -Migrantinnen an Irlands raue, aber schöne Westküste. Ein dringender Bedarf an ausländischen Arbeitskräften bestand aufgrund der stagnierenden Wirtschaft jedoch zunächst nicht. Das wandelte sich Mitte der 1990er Jahre: So kam es bis 2007 zu einer beispiellosen Periode des Wirtschaftswachstums, wodurch Irland als "keltischer Tiger" bekannt wurde. Dieser wirtschaftliche Wohlstand zog neue Einwanderer und Einwanderinnen an, und Irland nahm einen größeren Anteil an Einwandernden auf als viele westeuropäische Staaten, die bereits seit mehreren Jahrzehnten Einwanderung erlebt hatten. Während 1991 weniger als 55.000 Einwohner und Einwohnerinnen Irlands außerhalb der Republik Irland oder dem Vereinigten Königreich geboren worden waren, stieg diese Zahl bis 2016 um fast das Zehnfache auf über eine halbe Million. Heute sind in Irland 17,3 Prozent der Einwohnerinnen und Einwohner im Ausland geboren worden, und 11,6 Prozent der Bevölkerung haben eine andere Staatsangehörigkeit als die irische.
Seit Mitte der 1990er Jahre kommen die meisten Migrantinnen und Migranten entweder auf der Suche nach Asyl oder Arbeit nach Irland. Die Asylanträge stiegen zwischen Mitte der 1990er und Anfang der 2000er Jahre beträchtlich an (siehe Abbildung 1), während später die Arbeitsmigration erheblich zunahm, insbesondere mit der Interner Link: Erweiterung der EU im Jahr 2004. Es gab auch andere wichtige Migrationsbewegungen, wie die Familien- und Studierendenmigration aus einer Reihe von Ländern, einschließlich der Ankunft junger und qualifizierter Migrantinnen und Migranten aus einer Vielzahl von globalen Standorten multinationaler Unternehmen, die sich für ihre europäischen Niederlassungen Irland aufgrund seiner niedrigen Körperschaftssteuern aussuchen, wie z. B. Apple, Google und Facebook. Infolge der Wirtschaftskrise 2008 verließen viele irische und ausländische Bürgerinnen und Bürger das Land, aber ein beträchtlicher Anteil der irischen Auswanderinnen und Auswanderer kehrte später zurück. Die folgenden Abschnitte konzentrieren sich hauptsächlich auf Asylsuchende und Flüchtlinge sowie Arbeitsmigrantinnen und -migranten, da sie die bedeutendsten Einwanderergruppen darstellen.
Asylsuchende und Flüchtlinge
Zwischen Anfang der 1990er Jahre und 2020 kamen über 100.000 Asylantragstellende aus Nicht-EU-Staaten nach Irland. Die Zahl der jährlichen Asylanträge stieg von 31 im Jahr 1991 auf über 10.000 im Jahr 2000 (siehe Abbildung 1). Ende der 1990er Jahre überstieg die Zahl der Asylanträge die Zahl der neuen Arbeitsgenehmigungen für Arbeitsmigrantinnen und -migranten. Rumänien und Nigeria waren in den 1990er und frühen 2000er Jahren prominente Herkunftsländer. Während es früher eine beträchtliche Zahl von Anträgen aus Staaten des ehemaligen europäischen Sowjetblocks gab, ging diese Zahl nach dem EU-Beitritt von zwölf neuen Ländern in den Jahren 2004 und 2007 zurück. In jüngerer Zeit sind Nigeria, Pakistan, Simbabwe, die Demokratische Republik Kongo sowie Georgien und Albanien wichtige Herkunftsländer Asylsuchender in Irland.
Ende der 1990er Jahre hatten die staatlichen Infrastrukturen Schwierigkeiten, alle Asylanträge zu bearbeiten. Als Reaktion darauf und in Anlehnung an seine westeuropäischen Nachbarn führte Irland eine Politik zur Direktversorgung ("Direct Provision") ein. Im Zuge dieser Politik verteilte der Staat Asylsuchende auf Sammelunterkünfte im ganzen Land, wo ihnen Lebensmittel und ein kleines wöchentliches Taschengeld zur Verfügung gestellt wurden. In den letzten zwanzig Jahren gab es immer wieder Kritik an diesem System. Die irische Ombudsfrau bezeichnete es 2013 als "schädlich für die Gesundheit, das Wohlergehen und die Lebenschancen derer, die diese Bedingungen ertragen müssen". Kritische Stimmen betonen oft, dass viele Asylsuchende für längere Zeit in schlechten Unterkünften bleiben müssen. Das kleine wöchentliche Taschengeld blieb von 2000 bis 2019 unverändert (19,10 € für Erwachsene und 15,60 € für jedes unterhaltsberechtigte Kind), obwohl die Lebenshaltungskosten in diesem Zeitraum erheblich gestiegen sind.
Im Gegensatz zu den meisten anderen EU-Staaten konnten in Irland geborene Kinder von ausländlichen Eltern in den 1990er und frühen 2000er Jahren von Geburt an die irische Staatsbürgerschaft beanspruchen (Interner Link: Ius soli ). Aufgrund des in der irischen Verfassung verankerten Rechts der Kinder, einer Familie anzugehören, entschied der Oberste Gerichtshof Irlands, dass ausländische Eltern eines irischen Kindes "im Namen ihrer Kinder das Recht haben, den Wohnort ihrer minderjährigen Kinder zu wählen". Dies ermöglichte es ausländischen Familien, in Irland zu bleiben, selbst wenn ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Das Staatsbürgerschaftsreferendum von 2004, das von der Öffentlichkeit mehrheitlich unterstützt wurde, änderte diese Politik. Ein neue Gesetzgebung, die immer noch Gültigkeit besitzt, sah vor, dass eine Person, die auf der irischen Insel als Kind nicht-irischer Staatsangehöriger geboren wurde, nur dann Anspruch auf die Staatsbürgerschaft hatte, wenn sich ein Elternteil in den vorangegangenen vier Jahren mindestens für eine Dauer von drei Jahren rechtmäßig in Irland aufgehalten hatte. Als Teil dieser Änderung gewährte die Regierung allen Eltern von Kindern, die bis zum 31. Dezember 2004 in Irland geboren wurden, die Erlaubnis, sich weiterhin im Land aufzuhalten. Auf dieser Grundlage erhielten fast 16.700 Asylsuchende eine Aufenthaltserlaubnis.
Ab 2003 nahm die Zahl der Asylanträge deutlich ab. Dies spiegelte einen allgemeinen EU-Trend wider. In den Jahren 2015/2016 wiederum erlebten Irland und das Vereinigte Königreich im Gegensatz zu vielen anderen EU-Ländern keinen enormen Anstieg der Asylanträge aus Syrien und anderen Ländern, da es in den Jahren zuvor schwieriger geworden war, in das gemeinsame Reisegebiet ("Common Travel Area") von Irland und dem Vereinigten Königreich zu gelangen. Beide hatten sich gegen einen Beitritt zum Interner Link: Schengen-Raum entschieden.
Obwohl der Staat in den späten 1990er und den 2000er Jahren nur etwa zehn Prozent der Asylsuchenden den Flüchtlingsstatus zuerkannte, gelang es der großen Mehrheit der Antragstellenden, in Irland zu bleiben, da nur ein kleiner Teil jener Personen abgeschoben werden konnte, denen der Flüchtlingsstatus nicht gewährt worden war.
Arbeitsmigrantinnen und -migranten
In den 2000er Jahren verlor das Thema Asyl in der irischen Migrationspolitik an Bedeutung. Dies war in erster Linie auf den starken Anstieg der Wirtschaftsmigration zurückzuführen, der in jenen Jahren stattfand. Die enorme Aufnahme von Einwanderern und Einwanderinnen in Irland war zum Großteil eine direkte Reaktion auf einen akuten Mangel an Arbeitskräften, der durch das rasche Wirtschaftswachstum im Land entstand. Dies wurde auch an der Arbeitslosenquote deutlich, die von über 15 Prozent im Jahr 1993 auf knapp über vier Prozent im Jahr 2000 sank.
Abbildung 2: Neu erteilte Arbeitserlaubnisse 1999-201 (bpb)
Bis 2003 konnten lokale Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber so viele Nicht-EU-Arbeitskräfte einstellen, wie sie wollten, unabhängig vom Herkunftsland, vom Arbeitsplatz und vom erforderlichen Qualifikationsniveau. Da Irland keine Verbindungen zu ehemaligen Kolonien hatte, nahm es Migrantinnen und Migranten aus verschiedensten Ländern auf. Ungefähr drei von vier Arbeitsgenehmigungen wurden für schlecht bezahlte Arbeitsplätze oder solche mit geringen Qualifikationsanforderungen erteilt. Die Migrantinnen und Migranten arbeiteten vor allem im Dienstleistungssektor, insbesondere im Gaststättengewerbe. Die Zahl der jährlich neu erteilten Arbeitserlaubnisse stieg nach 1999 rasch an, bevor sie in den frühen 2000er Jahren sank, da der Staat im Zuge der EU-Osterweiterung der Anwerbung von Bürgerinnen und Bürgern aus den neuen EU-Ländern Priorität einräumte (siehe Abbildung 2). In jüngster Zeit ist sie wieder gestiegen, allerdings nicht im gleichen Maße wie in den frühen 2000er Jahren.
Die Erweiterung der EU im Jahr 2004 garantierte den Bürgerinnen und Bürgern der zehn neuen Mitgliedsstaaten (EU-10) Freizügigkeit. Dies löste den bedeutendsten demografischen Wandel in der modernen Geschichte Irlands aus. Zwischen 2004 und 2007 registrierten sich fast 400.000 Menschen aus den EU-10-Staaten, um in Irland zu arbeiten. Im Jahr 2002 hatten dagegen nur etwa 8.000 Staatsangehörige aus diesen Ländern ihren Wohnsitz in Irland. Relativ gesehen bedeutet dies, dass das Land durch Einwanderung innerhalb von nur drei Jahren einen Bevölkerungszuwachs von etwa zehn Prozent erfuhr. Im Gegensatz zu den meisten EU-15-Staaten gewährte Irland neuen EU-Bürgerinnen und -Bürgern vollen und sofortigen Zugang zum Arbeitsmarkt. Migrantinnen und Migranten aus Polen, dem größten Staat, der 2004 der EU beitrat, waren unter den Neuankömmlingen am häufigsten vertreten. Während die Zahl britischer Eingewanderter zwischen 2002 und 2016 mit knapp über 100.000 stabil blieb, stieg die Zahl der in Irland lebenden Polinnen und Polen von etwas über 2.000 im Jahr 2002 auf über 122.000 im Jahr 2016. Polnische Migrantinnen und Migranten überholten damit britische Staatsangehörige als größte Einwanderergruppe in Irland. Obwohl die Zuwanderung aus den EU-15-Ländern im gleichen Zeitraum ebenfalls zunahm, blieb sie im Vergleich zu den Zuzügen aus den neuen EU-Staaten gering. Wie aus Tabelle 1 hervorgeht, lebten im Jahr 2016 Interner Link: beispielsweise etwa genauso viele Menschen aus Litauen in Irland wie aus Spanien, Italien und Frankreich zusammen.
Die zehn Hauptherkunftsländer von Eingewanderten in Irland 2016
Land
Anzahl
Polen
122.515
Vereinigtes Königreich
103.113
Litauen
36.552
Rumänien
29.186
Lettland
19.933
Brasilien
13.640
Spanien
12.112
Italien
11.732
Frankreich
11.661
Deutschland
11.531
Quelle: Central Statistics Office: Census 2016 Summary Results - Part 1. Dublin 2017, S. 46.
Als Irland 2004 seine liberale Arbeitspolitik für neue EU-Bürgerinnen und -Bürger entwickelte, wurde zeitgleich das System zur Ausstellung von Arbeitserlaubnissen für Nicht-EU-Bürger selektiver. Im Jahr 2007 führte Irland ein "Green Card"-System ein, das qualifizierten Migrantinnen und Migranten aus Nicht-EU-Staaten, die in Branchen wie dem Gesundheitswesen oder im IT- und Finanzsektor arbeiten wollten, die Einwanderung nach Irland ermöglichte. Andere Berufskategorien hingegen wurden von der Möglichkeit eine Arbeitserlaubnis zu erhalten ausgeschlossen, darunter auch viele Tätigkeiten im Baugewerbe. In diesen Sektoren wurden die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ermutigt, Wanderarbeitnehmer und -arbeitnehmerinnen aus EU-Staaten zu bevorzugen. Während nach 2004 aufgrund dieser Änderungen ein Rückgang der Arbeitsgenehmigungen für Migrantinnen und Migranten aus Ländern wie Südafrika und europäischen Nicht-EU-Staaten zu verzeichnen war, stieg die Zahl der Genehmigungen für Einwandernde aus anderen Ländern wie Indien und den Philippinen deutlich an.
Abbildung 3: Wanderungssaldo in Irland 1987-2019 (bpb)
Der Ausbruch der Interner Link: Wirtschaftskrise Ende 2008 führte dazu, dass einige Migrantinnen und Migranten in ihre Herkunftsländer zurückkehrten. Und auch irische Bürgerinnen und Bürger begannen wieder in beträchtlicher Zahl auszuwandern. Dennoch entschieden sich viele Eingewanderte dazu, in Irland zu bleiben, und die Anzahl derjenigen, die das Land verließen, wurde durch neue Einwanderer und Einwanderinnen ausgeglichen. Infolge dieser Entwicklungen wuchs Irlands Einwandererbevölkerung nun nicht mehr im selben Ausmaß wie in den Jahren unmittelbar nach der EU-Erweiterung. Abbildung 3 zeigt den Wanderungssaldo nach Irland, d.h. die Differenz zwischen der Zahl der Menschen, die das Land verlassen haben und der Zahl der Menschen, die nach Irland eingewandert sind.
Integration
Im Jahr 2006 veröffentlichte der Nationale Wirtschafts- und Sozialrat (National Economic and Social Council, NESC) die erste große offizielle Studie, in der die Auswirkungen der Einwanderung auf Irland untersucht wurden. In dem Bericht wurde angeregt, dass der Staat bei der Integration eher proaktiv als reaktiv vorgehen sollte. Nach den Parlamentswahlen im Mai 2007 enthielt ein neues Programm der Regierung eine Reihe von Verpflichtungen, die sich aus den im NESC-Bericht 2006 unterbreiteten Vorschlägen ableiteten, wie etwa Pläne zur Entwicklung einer nationalen Integrationspolitik und zur Einrichtung eines für die Integration zuständigen Ministeriums. Im Jahr 2008 legte der neu eingesetzte Staatsminister für Integration einen weiteren wichtigen Bericht mit dem Titel "Migrationsnation" (Migration Nation) vor. Unter Bezugnahme auf Irlands Auswanderungsvergangenheit attestierte der Bericht Irland, "über eine einzigartige moralische, intellektuelle und praktische Fähigkeit [zu verfügen], sich an die Erfahrungen der Zuwanderung anzupassen". Dem Bericht zufolge verfolgt(e) der Staat mit Blick auf die Einwanderung dabei einen interkulturellen Ansatz. Er rief zu einem kontinuierlichen Dialog und zur Interaktion zwischen Einwanderergruppen und dem irischen Staat auf, um eine erfolgreiche Integration zu erwirken.
Ferner enthielt der Bericht
die Empfehlung, einen Weg zur Staatsbürgerschaft für Eingewanderte zu ermöglichen,
die Forderung nach Mitteln zur Unterstützung von Diversitätsstrategien von Kommunalbehörden,
die Forderung nach verstärkten gesetzgeberischen Maßnahmen zur Bekämpfung von Diskriminierung,
einen Vorschlag für neue Strukturen zur Förderung der Integration,
Anregungen für eine gezieltere Unterstützung für den Umgang mit Vielfalt in Schulen, insbesondere durch Sprachförderung.
Leider wurden viele dieser Pläne durch die Wirtschaftskrise, die im weiteren Verlauf desselben Jahres einsetzte, zunichte gemacht. Als der Staat mit den Folgen der verschiedenen wirtschaftlichen und sozialen Probleme zu kämpfen hatte, wurden viele der vorgeschlagenen Integrationsmaßnahmen aufgegeben oder ad acta gelegt. Letztlich bleibt die bemerkenswerteste Entwicklung in der Integrationspolitik die deutliche Zunahme von Nicht-EU-Bürgerinnen und -Bürgern, die die irische Staatsbürgerschaft durch Einbürgerung erhielten. Im Jahr 2013 wurden 97,6 Prozent der fast 30.000 Anträge auf Einbürgerung bewilligt, wobei Nigeria, Indien und die Philippinen die drei wichtigsten Herkunftsländer neuer irischer Staatsangehöriger waren. Dabei lässt Irland die doppelte Staatsbürgerschaft zu; 2016 besaßen daher über 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner des Landes neben der irischen auch noch die Staatsangehörigkeit eines anderen Landes, wobei Personen mit irischem und US-amerikanischem Pass die größte Gruppe bildeten.
Die Einwanderungsbevölkerung verteilt sich über alle irischen Städte, Gemeinden und Dörfer. Fast jeder fünfte Einwohner bzw. jede fünfte Einwohnerin in Galway und Dublin hat eine andere Nationalität als die irische. Im Durchschnitt stellen Einwanderer und Einwanderinnen in Irlands Städten etwa 15 Prozent der Bevölkerung. Gleichzeitig sind Rassismus und Diskriminierung in der irischen Gesellschaft präsent, insbesondere gegenüber Menschen aus Subsahara-Afrika. Offene Feindseligkeit gegenüber Einwanderung wird kaum geäußert, was zum Teil darauf zurückzuführen ist, dass die politischen Parteien des Mainstream dazu neigen, das Thema nicht zu thematisieren. Darüber hinaus wird Einwanderung in eine "Erzählung zur entwicklungsorientierten Nationenbildung" gebettet, die suggeriert, dass Einwanderung nachhaltiges Wirtschaftswachstum ermöglicht. Unklar ist, ob die öffentliche und politische Atmosphäre auch in Zukunft so bleibt.
Irial Glynn ist Dozent an der Fakultät für Geschichte am University College Dublin, Irland. Seine Forschung konzentriert sich auf die Migrationsgeschichte nach 1945. E-Mail Link: irial.glynn@ucd.ie
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