Spanien ist traditionell ein Auswanderungsland. In den 1970er Jahren begann Spanien jedoch, sich zu einem Einwanderungsland zu entwickeln, als ausgewanderte Spanier/-innen zurückkehrten und immer mehr ausländische Staatsangehörige ins Land kamen und sich dort niederließen. Im Jahr 1980 lebten rund 180.000 Ausländer/-innen in Spanien, von denen 65 Prozent aus Europa und 25 Prozent vom amerikanischen Doppelkontinent stammten.
Der Wirtschaftsboom, der in den späten 1990er Jahren einsetzte und mehr als ein Jahrzehnt andauerte, wirkte als anziehender (Pull-)Faktor: Menschen aus Ländern mit niedrigerem Einkommen kamen nach Spanien, angelockt von den dortigen Beschäftigungsmöglichkeiten, vor allem im Bau- und Gastgewerbe sowie in der Landwirtschaft. Der weltweite Wirtschaftsabschwung zwischen 2007 und 2014 bremste die Zuwanderung, aber die meisten der bereits in Spanien ansässigen Eingewanderten verließen das Land nicht.
Am 1. Januar 2021 lebten etwa 5,4 Millionen ausländische Staatsangehörige in Spanien, was 11,4 Prozent der Bevölkerung des Landes entspricht (siehe Tabelle 1).
Tabelle 1: In Spanien registrierte Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit 1998-2021
Jahr | Staatsangehörigkeit | |||
---|---|---|---|---|
Spanien | Ausland | Gesamtbevölkerung | Anteil ausländischer Staatsangehöriger (in Prozent) | |
1998 | 39.215.566 | 637.085 | 39.852.651 | 1,60% |
1999 | 39.453.204 | 748.954 | 40.202.160 | 1,86% |
2000 | 39.575.911 | 923.879 | 40.499.791 | 2,28% |
2001 | 39.746.185 | 1.370.657 | 41.116.842 | 3,33% |
2002 | 39.859.948 | 1.977.946 | 41.837.894 | 4,73% |
2003 | 40.052.896 | 2.664.168 | 42.717.064 | 6,24% |
2004 | 40.163.358 | 3.034.326 | 43.197.684 | 7,02% |
2005 | 40.377.920 | 3.730.610 | 44.108.530 | 8,46% |
2006 | 40.564.798 | 4.144.166 | 44.708.964 | 9,27% |
2007 | 40.681.183 | 4.519.554 | 45.200.737 | 10,00% |
2008 | 40.889.060 | 5.268.762 | 46.157.822 | 11,41% |
2009 | 41.097.136 | 5.648.671 | 46.745.807 | 12,08% |
2010 | 41.273.297 | 5.747.734 | 47.021.031 | 12,22% |
2011 | 41.439.006 | 5.751.487 | 47.190.493 | 12,19% |
2012 | 41.529.063 | 5.736.258 | 47.265.321 | 12,14% |
2013 | 41.583.545 | 5.546.238 | 47.129.783 | 11,77% |
2014 | 41.747.854 | 5.023.487 | 46.771.341 | 10,74% |
2015 | 41.894.738 | 4.729.644 | 46.624.382 | 10,14% |
2016 | 41.938.427 | 4.618.581 | 46.557.008 | 9,92% |
2017 | 41.999.325 | 4.572.807 | 46.572.132 | 9,82% |
2018 | 41.988.289 | 4.734.691 | 46.722.980 | 10,13% |
2019 | 41.989.330 | 5.036.878 | 47.026.208 | 10,71% |
2020 | 42.016.642 | 5.434.153 | 47.450.795 | 11,45% |
2021 (vorläufig) | 41.936.827 | 5.407.822 | 47.344.649 | 11,4 % |
Quelle: Nationales Statistikinstitut (Instituto Nacional de Estadística, INE): Población (españoles/extranjeros) por País de Nacimiento, sexo y año [Bevölkerung (Spanier/Ausländer) nach Geburtsland, Geschlecht und Jahr] [Externer Link: https://ine.es/jaxi/Datos.htm?path=/t20/e245/p08/l1/&file=01006.px (Zugriff: 12.11.2021)].
Viele Eingewanderte haben die spanische Staatsangehörigkeit angenommen.
Tabelle 2: Im Ausland geborene Bevölkerung nach Staatsangehörigkeit
Jahr | Im Ausland Geborene mit spanischer Staatsangehörigkeit | Im Ausland Geborene mit ausländischer Staatsangehörigkeit | Gesamtzahl der im Ausland Geborenen | Anteil (eingebürgerter) spanischer Staatsangehöriger an allen im Ausland Geborenen |
---|---|---|---|---|
1998 | 593.573 | 580.195 | 1.173.767 | 51% |
1999 | 594.404 | 664.650 | 1.259.054 | 47% |
2000 | 640.833 | 831.626 | 1.472.458 | 44% |
2001 | 671.136 | 1.298.133 | 1.969.269 | 34% |
2002 | 704.036 | 1.890.016 | 2.594.052 | 27% |
2003 | 749.073 | 2.553.367 | 3.302.440 | 23% |
2004 | 786.858 | 2.906.948 | 3.693.806 | 21% |
2005 | 827.287 | 3.564.197 | 4.391.484 | 19% |
2006 | 881.747 | 3.955.875 | 4.837.622 | 18% |
2007 | 942.218 | 4.307.775 | 5.249.993 | 18% |
2008 | 1.037.663 | 5.006.865 | 6.044.528 | 17% |
2009 | 1.131.797 | 5.334.481 | 6.466.278 | 18% |
2010 | 1.220.839 | 5.383.342 | 6.604.181 | 18% |
2011 | 1.333.166 | 5.344.673 | 6.677.839 | 20% |
2012 | 1.464.817 | 5.294.963 | 6.759.780 | 22% |
2013 | 1.563.880 | 5.076.656 | 6.640.536 | 24% |
2014 | 1.730.323 | 4.553.389 | 6.283.712 | 28% |
2015 | 1.896.106 | 4.266.826 | 6.162.932 | 31% |
2016 | 1.973.696 | 4.150.073 | 6.123.769 | 32% |
2017 | 2.076.865 | 4.103.477 | 6.180.342 | 34% |
2018 | 2.137.769 | 4.249.135 | 6.386.904 | 33% |
2019 | 2.220.975 | 4.521.973 | 6.742.948 | 33% |
2019 | 2.220.975 | 4.521.973 | 6.742.948 | 33% |
2020 | 2.317.783 | 4.913.412 | 7.231.195 | 32% |
2021 (vorläufig) | 2.407.652 | 4.885.241 | 7.292.893 | 33% |
Quelle: Nationales Statistikinstitut (Instituto Nacional de Estadística, INE): Población (españoles/extranjeros) por País de Nacimiento, sexo y año [Bevölkerung (Spanier/Ausländer) nach Geburtsland, Geschlecht und Jahr].
Externer Link: https://ine.es/jaxi/Datos.htm?path=/t20/e245/p08/l1/&file=01006.px (Zugriff: 12.11.2021).
Staatliche Stellen zur Steuerung der Migration
Für die Steuerung der Migration ist in Spanien in erster Linie das Ministerium für Eingliederung, soziale Sicherheit und Migration (Ministerio de Inclusión, Seguridad Social Y Migraciones) zuständig. Es wurde im Januar 2020 gegründet und übernahm das Staatssekretariat für Migration (Secretaría de Estado de Migraciones), die Generaldirektion für Migration (Dirección General de Migraciones) sowie die Generaldirektion für internationalen Schutz und humanitäre Hilfe (Dirección General de Programas de Protección Internacional y Atención Humanitaria, GDIHA). Während die Generaldirektion für Migration für administrative Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Einwanderung und Unterstützung von im Ausland lebenden spanischen Staatsangehörigen zuständig ist, fallen alle Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem humanitären Schutz und der Integrationspolitik für Eingewanderte in den Verantwortungsbereich der GDIHA.
Die Integrationspolitik in Spanien folgt einem Modell der Mehrebenenverwaltung (Multi-Level Governance), das die Zentralregierung, die regionalen Behörden (autonome Gemeinschaften), die lokalen Gebietskörperschaften (Stadt- und Gemeinderäte) und die Zivilgesellschaft (Gewerkschaften, Arbeitgeberorganisationen, Nichtregierungsorganisationen und Einwandererverbände) umfasst. Die Koordination der verschiedenen Ebenen wird von drei Gremien unterstützt:
Mehrebenenverwaltung der Zentralregierung in Spanien
Verwaltungsebene | Einheit |
---|---|
Zentral | Interministerielle Kommission für Ausländerfragen (Comisión Interministerial de Extranjería) |
Regional | Sektorkonferenz Einwanderung (Conferencia Sectorial de Inmigración) |
Lokal | Forum für die soziale Integration von Eingewanderten (Foro para la Integración Social de los Inmigrantes) |
Politische Entwicklungen
Die wichtigsten jüngeren politischen Entwicklungen in Bezug auf die Integration von Eingewanderten sind:
Die Strategischen Pläne für Staatsbürgerschaft und Integration (Planes Estratégicos de Ciudadanía e Integración, PECI), welche darauf abzielten, die gesellschaftliche Integration von Eingewanderten zu fördern. Hierfür wurden die Bedingungen für ihren Zugang zu Gesundheit, Arbeit, Bildung, Wohnraum und sozialen Dienstleistungen an diejenigen der spanischen Staatsangehörigen angepasst. Implementiert wurden die Strategiepläne 2007-2010 sowie 2011-2014. Allerdings konnten die im zweiten Plan vorgeschlagenen Maßnahmen aufgrund des wirtschaftlichen Abschwungs, den Spanien in jenen Jahren erlebte, nicht umgesetzt werden.
Der Nationale Aktionsplan für soziale Inklusion 2013-2016 (Plan Nacional de Acción para la Inclusión Social, PNAIN), der eine Reihe spezifischer Maßnahmen beinhaltete, die sich positiv auf die Migrationsbevölkerung auswirken sollten, insbesondere mit Blick auf die Gleichbehandlung.
Schließlich finden sich spezifische Maßnahmen zum Schutz und zur Verbesserung der Rechte von Wanderarbeitskräften im Strategieplan der Arbeits- und Sozialversicherungsbehörde (Plan Estratégico de la Inspección de Trabajo y Seguridad Social)
für den Zeitraum 2018-2020 und im Masterplan für menschenwürdige Arbeit (Plan Director por un Trabajo Digno) 2018-2019-2020.
Derzeit (im Herbst 2021) arbeitet die Generaldirektion für internationalen Schutz und humanitäre Hilfe an einem neuen Strategieplan für Staatsbürgerschaft und Integration. In der Zwischenzeit hat sie ein jährliches Förderprogramm aufgelegt, das sich an Nichtregierungsorganisationen (NROs) richtet, die sich für das Zusammenleben und den sozialen Zusammenhalt einsetzen. NROs und zivilgesellschaftliche Organisationen (einschließlich Vereine und Verbände von Eingewanderten) sind für die Integration von Migrantinnen und Migranten von entscheidender Bedeutung, weil sie die Umsetzung regionaler und lokaler Integrationsmaßnahmen fördern. Sie bewerben sich nicht nur auf öffentliche Ausschreibungen für Integrationsmaßnahmen, sondern konzipieren oft auch eigene Projekte, die unter anderem außerschulische Aktivitäten, Freizeitgestaltung, Gesundheitsfürsorge, Erwachsenenbildung, Spracherwerb, interkulturelle Mediation und Rechtsberatung umfassen.
Zu den wichtigsten aktuellen Herausforderungen beim Umgang mit Einwanderung gehört die Gestaltung des Zusammenlebens und des sozialen Zusammenhalts. In diesem Zusammenhang scheint eine stärkere Investition in öffentliche Einrichtungen angezeigt, die sowohl die Koexistenz als auch das Diversitätsmanagement fördern. Eine weitere Herausforderung ist die Schaffung von gleichen Rechten für Kinder von Eingewanderten (die sogenannte zweite Generation) im Vergleich zu Menschen spanischer Herkunft. Dazu gehören Strategien gegen einwandererfeindliche, rassistische und fremdenfeindliche Diskurse wie Sensibilisierung, Vorurteilsprävention und eine integrative Bildungspolitik.
Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel