Die durch US-amerikanische Lokalregierungen eingeführten sogenannten sanctuary policies (Politiken zum Schutz von Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis vor dem Zugriff durch Bundesbehörden) haben seit ihrer Entstehung vor etwa vierzig Jahren vielfältige politische und juristische Kontroversen hervorgerufen. In den letzten Jahren sind sie erneut Gegenstand kritischer Debatten geworden. Diese Politiken zielen in erster Linie darauf ab, die lokale Polizei und städtische Verwaltungen von den nationalen Einwanderungsbehörden zu entkoppeln, z.B., indem sich die lokale Ebene weigert ausländische Staatsangehörige wegen Verstößen gegen Einwanderungsbestimmungen in lokalen Gefängnissen festzuhalten und so nicht dabei hilft, ihre Überstellung an die nationalen Einwanderungsbehörden zu erleichtern.
Die politische Beurteilung solcher Schutzpolitiken hängt dabei zunächst davon ab, wie man das gegenwärtige Maß der Durchsetzung von Einwanderungsbestimmungen bewertet (ob man es also für angemessen, unzureichend oder zu hoch ansieht) und welche Rolle man den Bundesstaaten und Lokalregierungen bei der Abschiebung von Ausländerinnen und Ausländern beimisst. Ob die entsprechenden Regelungen für legitim gehalten werden, ist zudem davon abhängig, welches Maß an Machtverteilung zwischen der Bundesebene und untergeordneten Ebenen wie Bundesstaaten und Kommunen man für angemessen hält.
Seit Mitte der 2000er Jahre gab es vonseiten der Bundesebene und Regierungen einzelner Bundesstaaten mehrere Versuche, lokale Schutzpolitiken zu untergraben. So rückte vor allem Präsident Interner Link: Donald Trump sanctuary policies in den Mittelpunkt seiner Interner Link: Strategie zur Durchsetzung der nationalen Einwanderungspolitik. Er machte solche Politiken verantwortlich für steigende Kriminalität und bezeichnete sie als Bedrohung der öffentlichen Sicherheit. Die meisten Versuche Bundesebene, Zufluchtsstädte (Sanctuary Cities) zu schwächen, scheiterten allerdings bislang; es obliegt vornehmlich den Bundesstaaten, lokale Schutzpraktiken für Menschen ohne Aufenthaltserlaubnis zu schwächen oder zu stärken.
Dieser Artikel bietet einen Überblick über die Rechtmäßigkeit von Sanctuary Cities vor dem Hintergrund dieser aktuellen Entwicklungen. Dabei werden drei grundlegende Fragen in den Mittelpunkt gestellt: 1) Was sind sanctuary policies? 2) Inwieweit sind sie rechtmäßig und wie sind die gegenwärtigen Versuche, sie auszuhöhlen, verlaufen? 3) Welche Perspektive gibt es für die Zukunft von Zufluchtsstädten in den USA?
Die Debatte über lokale Schutzpolitiken für Eingewanderte ohne Aufenthaltsrecht muss vor dem Hintergrund des Interner Link: US-Föderalismus, insbesondere dem sogenannten Einwanderungsföderalismus, verstanden werden. Dieser bestimmt die Zuständigkeiten und den Spielraum von bundesstaatlichen und kommunalen Regierungen hinsichtlich einwanderungsbezogener Maßnahmen. Die Verfassung der USA beinhaltet eine einzigartige Form des Föderalismus, wonach die Souveränität zugleich bei der Bundesregierung und den einzelnen Bundesstaaten liegt. Die Bundesstaaten können darüber hinaus untergeordneten Verwaltungseinheiten wie Landkreisen (counties) und Städten Gesetzgebungs- und Vollzugsbefugnisse zuweisen – allerdings besitzen diese unterhalb der bundesstaatlichen Ebene angesiedelten Regierungen verfassungsgemäß keinen unabhängigen souveränen Status.
Im Rahmen dieser Machtverteilung beschreiben viele Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Gerichte Einwanderung häufig als ein nationales Anliegen, dessen Regelung ausschließlich der US-Regierung vorbehalten sei. Diese Beschreibung trifft insofern zu, als viele einwanderungspolitische Aufgaben tatsächlich auf der Bundesebene angesiedelt sind. Dazu gehören die Festlegung von Kriterien für die Einwanderung, die Überwachung der Grenze und der Einreise von ausländischen Staatsangehörigen, die Festlegung der Aufenthaltsdauer und -bedingungen sowie die Abschiebung derer, die diese Bedingungen nicht erfüllen. Basierend auf diesen durch die Verfassung festgelegten Kompetenzen hat der Kongress 1965 den novellierten Immigration and Nationality Act (INA) verabschiedet – ein Einwanderungs- und Staatsangehörigkeitsgesetz, welches Kategorien und Höchstgrenzen für die Aufnahme von Migranten und Migrantinnen definiert und Standards für die Durchsetzung dieser Regelungen festlegt. Der Interner Link: Kongress hat dieses Gesetz jedoch seit 1996, als er letztmals eine Reihe bedeutender, auf die Durchsetzung des Einwanderungsrechts ausgerichteter Änderungen verabschiedete, nicht mehr umfassend überarbeitet. Diese auf eine restriktive Durchsetzung und Strafmaßnahmen ausgerichtete Gesetzgebung mit den bereits bestehenden zahlenmäßigen Begrenzungen für die Migration (von denen keine den komplexen Einwanderungsrealitäten gerecht wird) und die darauffolgende legislative Untätigkeit hatten u.a. zur Folge, dass derzeit in den USA Millionen von Menschen leben, deren Aufenthalt als nicht rechtmäßig gilt. Sie sind somit 'abschiebbar'. Ein weiterer Punkt bezieht sich auf die Befugnis zur Durchsetzung von Bundesgesetzen. Weil diese laut Verfassung der USA der Regierung in Washington obliegt, war es dem Präsidentenamt möglich, eine zunehmend prominente Rolle mit Blick auf die Definition der Reichweite und Wirkung der Einwanderungspolitik einzunehmen. Dabei macht er von Durchsetzungsbefugnissen und Ermessensspielräumen Gebrauch.
In dieser ausgedehnten Phase der Untätigkeit der Legislative und im Zuge der weitreichenden Einmischung des Präsidentenamts in die Einwanderungspolitik haben ihrerseits Bundesstaaten und Lokalregierungen angefangen, bestimmte Aspekte der Einwanderung zu regeln. Staaten und Lokalregierungen können Gesetze erlassen, die das Leben von Migrantinnen und Migranten betreffen, solange sie keine eigenen Kriterien zur Aufnahme oder Ausweisung von ausländischen Staatsangehörigen entwickeln oder eigene Rechtsvorschriften zur Durchsetzung des Einwanderungsrechts verabschieden. Beispielsweise können sich die Wählerschaft oder gewählte Amtsträger und Amtsträgerinnen zur Durchsetzung des geltenden Einwanderungsrechts dazu entscheiden, den Bundesbehörden bei der Anwendung bestehender Gesetze zu helfen, staatliche Wohlfahrtsleistungen entsprechend des Aufenthaltsstatus zu kürzen und Personen ohne sicheren Aufenthalt den Zugang zu staatlichen Hochschulen zu verweigern. Aber auch das Gegenteil ist denkbar: So können sich Städte und Bundesstaaten, die Migranten und Migrantinnen eher willkommen heißen, dazu entschließen, allen ihren Einwohnern und Einwohnerinnen, einschließlich ausländischen Staatsangehörigen ohne Aufenthaltserlaubnis, Zugang zu Gesundheitsfürsorge und Sozialleistungen, Führerscheinen und Berufserlaubnissen sowie zu Universitäten zu gewähren.
Die sogenannten sanctuary policies bilden dabei den zentralen Konfliktpunkt in Debatten über die bundesstaatliche und lokale Beteiligung an der Einwanderungspolitik. Der Begriff sanctuary ist dabei allerdings rechtlich nicht hinreichend definiert. Tatsächlich hat er seinen Ursprung nicht in der Regierungspolitik, sondern geht auf eine kirchliche Bewegung zurück, welche in den 1980er Jahren versuchte, Migranten und Migrantinnen aus Zentralamerika und der Karibik physischen Schutz vor den konsequenten Abschiebungsbemühungen der Reagan-Regierung zu bieten. In der Folge entwickelte sich der Begriff der "Zufluchtsstätte" weiter, um Politiken lokaler Regierungen zu beschreiben. Den Ausgangspunkt bildeten dabei Gemeindeverordnungen wie San Franciscos "City of Refuge"-Verordnung von 1989, mit der sich die Kommune zur "Stadt der Zuflucht" erklärte und verpflichtete, keine städtischen Ressourcen zur Feststellung des Einwanderungsstatus oder zur Kommunikation mit den Einwanderungsbehörden zu verwenden. Heute ist der Begriff sanctuary eine verbreitete Bezeichnung für jede Form staatlicher oder nicht-staatlicher Praktiken, die ausländische Staatsangehörige vor der Durchsetzung des Einwanderungsrechts (insbesondere Abschiebungen) durch Bundesbehörden schützen. Nachdem Präsident Trump versprochen hatte, die Zahl der Festnahmen und Abschiebungen signifikant zu steigern, erweiterte sich die Bedeutung des Begriffs erneut und umfasst nun eine breite Palette von Maßnahmen zum Schutz von Eingewanderten an Universitäten, am Arbeitsplatz, in Nachbarschaftsvereinen und (erneut auch) in religiösen Organisationen.
Von Sanctuary Cities oder Zufluchtsstädten ist dann die Rede, wenn sich lokale Behörden durch Rechtsverordnungen oder Vollzugspraktiken der Vollstreckung geltenden Einwanderungsrechts zu entziehen versuchen bzw. die Zusammenarbeit mit Bundesbehörden verweigern. Hierbei handelt es sich um recht unterschiedliche Politiken. Dieses reichen von symbolischen Willkommensbekundungen bis zum Versprechen, keine Informationen mit den nationalen Einwanderungsbehörden zu teilen, dem Verbot der Erfassung des Aufenthaltsstatus durch die lokalen Polizeiapparate sowie Gesetze, die lokale Polizeieinheiten dazu anhalten, Aufforderungen der nationalen Einwanderungsbehörden, Migranten und Migrantinnen in lokalen Gefängnissen zu inhaftieren, nicht zu befolgen. Solche Politiken können auch auf Ebene einzelner Bundestaaten verabschiedet werden. Ein Beispiel sind mehrere kalifornische Gesetze, die darauf abzielen, den gesamten Bundesstaat Kalifornien zum "Zufluchtsstaat" (sanctuary state) zu erklären. Höhepunkt dieser Entwicklung war der 2017 verabschiedete "California Values Act", ein Gesetz, das es staatlichen und lokalen Vollzugsbehörden (bis auf Ausnahmen) untersagt, ihre Ressourcen einzusetzen, um nationale Behörden bei der Durchsetzung von Abschiebungen zu unterstützen.
Letztlich aber können Sanctuary Cities keine Immunität oder vollständigen Schutz vor den nationalen Einwanderungsbehörden bieten. Die Stadt oder die lokale Polizeibehörde sicherstellen, dass lokale Beamtinnen und Beamte oder örtliche Einrichtungen den Bundesbehörden nicht helfen. Auch im Rahmen solcher Gesetzgebungen bleiben Mitarbeitende der Bundesbehörden allerdings befugt, Einwanderungsrecht eigenständig umzusetzen. Deswegen sprechen Beobachter und Beobachterinnen auch eher von einer Strategie der "Nicht-Kooperation", anstelle des großzügigen und potenziell irreführenden Labels sanctuary.
Trotz dieser Einschränkungen zeigen lokale Nicht-Kooperationspolitiken große Wirkung, da die nationalen Einwanderungsbehörden in den vergangenen Jahrzehnten hochgradig abhängig von der Hilfe lokaler Behörden geworden sind. So erfahren zum Beispiel Beamtinnen und Beamte der US-Einwanderungsbehörde die Namen und Aufenthaltsorte von nicht-aufenthaltsberichtigten Personen in erster Linie über zentrale Datenbanken, die ihrerseits durch lokale Polizeiangestellte gepflegt werden. Und auch wenn es um die physische Festsetzung ausreisepflichtiger Personen geht, werden zunächst lokale Beamtinnen und Beamte aufgefordert, diese in örtlichen Gefängnissen unterzubringen und dann in Bundeshaft zu überstellen. Indem nun den Bundesbehörden dieser Zugriff auf Informationen und Arbeitskraft genommen wird, zwingen zufluchtsorientierte Politiken die US-Regierung dazu, die Kosten ihrer Einwanderungspolitik und deren Durchsetzung selbst zu tragen. Auch wenn sanctuary policies keinen verlässlichen Schutz vor Abschiebungen bieten können, verringern sie in der Praxis doch oftmals die Wahrscheinlichkeit, dass Bundesbeamte den Status oder Aufenthaltsort von ausländischen Staatsangehörigen ohne Aufenthaltserlaubnis erfahren.
Seit einigen Jahren stehen Zufluchtsstädte allerdings unter zunehmendem Druck durch unterschiedliche US-Regierungen, welche sie zwingen will, diese Schutzpraktiken aufzugeben. Seit den terroristischen Anschlägen am 11. September 2001 ist Einwanderung eines der umstrittensten Themen auf der nationalen Agenda der USA. Auch wenn es die Idee der Sanctuary Cities bereits vorher gab, verbreiteten sich diese Praktiken nach 9/11, da viele Lokalregierungen damit auf den einwanderungspolitisch restriktiven Kurs der Regierung George W. Bushs reagierten. Mitte der 2000er Jahre begannen viele Regionen im ganzen Land, sich als Zufluchtsstädte zu verstehen und entsprechende Politiken zu verabschieden. Unter der Interner Link: Präsidentschaft Barack Obamas wiederum signalisierten sie Unterstützung für lokale Einwanderungsbevölkerungen und klaren Widerstand gegen die Abschiebungspläne der US-Regierung. Sowohl die Regierung unter George W. Bush als auch die Obama-Administration versuchten, diesen Trend zu bremsen. Sie gingen allerdings nicht so weit, die Aufhebung von Schutzpolitiken zu fordern oder die Umsetzung von Vorgaben zur Durchsetzung des nationalen Einwanderungsrechts vorzuschreiben. Stattdessen entschieden sich diese Regierungen für subtilere Interventionen und veränderten beispielsweise die Praxis der Bundesverwaltungsbehörden, um die Wirksamkeit der lokalen Kooperationsverweigerung abschwächen.
Interner Link: Präsident Trump dagegen warb im Wahlkampf vor der Interner Link: US-Wahl 2016 explizit für die restriktive Durchsetzung des Einwanderungsrechts und versprach, lokale Schutzpraktiken zu unterbinden. Seit seinem Amtsantritt geht er aggressiver gegen Zufluchtsstädte vor als seine Vorgänger. So wies er Bundesbeamtinnen und -beamte an, juristisch gegen nicht-kooperative Rechtsprechungen vorzugehen und den entsprechenden Bundesstaaten und Kommunen Bundesmittel vorzuenthalten, sollten sie nicht vollständig an nationalen Bemühungen zur Durchsetzung des Einwanderungsrechts mitwirken.
Die Versuche der US-Regierung, gegen Sanctuary Cities vorzugehen, scheiterten jedoch weitgehend, da die Verfassung der USA die Befugnisse der Bundesbehörden gegenüber subnationalen Regierungen stark einschränkt. Im Laufe der vergangenen Jahrzehnte entschied das oberste Bundesgericht in den USA, der Supreme Court, in mehreren einschlägigen Fällen, dass die Verfassung im Sinne eines "Gebots des Nicht-Befehlens" (anti-commandeering principle) auszulegen sei. Dieses föderale Prinzip untersagt es der Bundesregierung, Regierungen, die unterhalb der Bundesebene angesiedelt sind, zur Verwaltung von Bundesgesetzen zu drängen oder zu zwingen. Die Bundesregierung muss für die Durchsetzung von Bundesgesetzen in der Regel also eigene Ressourcen und eigenes Personal nutzen. Mit Blick auf die Einwanderungspolitik sind die Bundesbehörden somit zwar befugt, geltendes Recht mithilfe von Bundesbeamtinnen und -beamten durchzusetzen. Sie können hierzu aber keine Hilfe von bundesstaatlichen oder lokalen Behörden verlangen. Alternativ kann die Bundesregierung allerdings Staaten und Gemeinden dazu bewegen, sich freiwillig an Bundesprogrammen zu beteiligen – in der Regel durch finanzielle Anreize. In diesem Sinne hat die Regierung unter Präsident Trump versucht, bestimmte finanzielle Zuwendungen des Bundes an Städte davon abhängig zu machen, dass letztere ihre Schutzpolitiken für Migrantinnen und Migranten ändern oder aufheben. Mehrere Städte und Landkreise klagten allerdings dagegen und die entsprechenden Gerichte untersagten solche Versuche, die sanctuary policies zu behindern.
Scheinbar als Antwort auf diese Situation lässt sich in den USA eine neue Entwicklung auf dem Feld der sanctuary politics beobachten: In einigen Bundesstaaten mit gewählten Amtsträgern und Amtsträgerinnen, die die rigide Umsetzung des nationalen Einwanderungsrechts unterstützen – wie zum Beispiel in Texas und Florida – werden Gesetze verabschiedet, die sich gegen lokale Schutzpolitiken und -praxen wenden. Diese staatlichen Gesetze verbieten in der Regel den Kommunen, eigene Schutzpolitiken zu betreiben, fordern die Beteiligung lokaler Polizeieinheiten an Einsätzen der nationalen Einwanderungsbehörden und bestrafen Vertreterinnen und Vertreter der Lokalregierungen, die sich den entsprechenden Anordnungen widersetzen. Bereits in mehreren Fällen wurden solche Gesetze von Gerichten bestätigt und werden möglicherwiese auch weiterhin bestätigt werden.
Anders als wenn sich eine Stadt den Forderungen der Bundesregierung entzieht, bietet die Verfassung der USA keine Grundlage, sich den Anweisungen der Regierung des Bundesstaats zu widersetzen. Denn während die Verfassung nationalstaatliche Versuche des Zugriffs auf die örtliche Polizei sogar verbietet, gibt es auf Ebene der Bundesstaaten keine analoge Bestimmung, die der staatlichen Ebene den Zugriff auf lokale Polizeieinheiten zur Durchsetzung von im Bundesstaat geltenden Gesetzen untersagt. Im Gegenteil: Traditionell werden Kommunen so verstanden, dass sie ihre Existenz und ihre Regierungsgewalt vom jeweiligen Bundesstaat ableiten und damit auch bundesstaatlichen Standards unterliegen. Denn bundesstaatliche Politiken werden in den USA erst im Rahmen ihrer Anwendung und Durchsetzung durch städtische Behörden und Polizeibeamtinnen und -beamte wirksam. Basierend auf dieser Beziehung zwischen Stadt und Bundesstaat haben staatliche Versuche, Politiken der Sanctuary Cities zu unterbinden viel höhere Erfolgsaussichten als entsprechende Initiativen der Bundesregierung. Es gibt bereits ein Urteil eines Bundesberufungsgerichtes, welches die Zulässigkeit der texanischen Gesetze gegen Schutzpolitiken für Eingewanderte ohne Aufenthaltserlaubnis bestätigt. Interessanterweise sind in Kalifornien dieselben Dynamiken zu beobachten – nur eben am anderen Ende des politischen Spektrums. Hier unterbinden Schutzpolitiken auf Ebene des Bundesstaates, dass einzelne Städte eigene Ressourcen oder Personal für die Kooperation mit den nationalen Einwanderungsbehörden aufwenden. Sowohl der texanische als auch der kalifornische Fall sind somit Beispiele dafür, dass Städte keinen Rückhalt in der Verfassung finden, wenn es darum geht, bundesstaatliche Gesetze zu umgehen. Die rechtlichen Vorgaben zur Beziehung zwischen Bundesstaaten und Städten schränken ihre Möglichkeiten, sich bundesstaatlichen Politiken zu entziehen, stark ein.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass der Einwanderungsföderalismus in den USA – also der Spielraum für die Politikgestaltung auf bundesstaatlicher und kommunaler Ebene in Bezug auf Nicht-Staatsbürger und die Durchsetzung der Einwanderungsbestimmungen – hochgradig umstritten ist. Besonders kontrovers ist die Frage der Schutzpolitiken (sanctuary policies). Diese Praktiken werden in der Regel durch die in der Verfassung festgelegten Regelungen zur Machtverteilung zwischen der US-Regierung und subnationalen Regierungen gegenüber Aushöhlungsversuchen seitens der Bundesregierung geschützt. So gibt es in den Vereinigten Staaten nach wie vor mehrere hundert Rechtsprechungen im Sinne der Sanctuary Cities – meist in linksgerichteten Regionen und Großstädten, die in der Regel einen hohen Anteil an Eingewanderten aufweisen. In jüngster Zeit haben sich jedoch einige Bundesstaaten wie Texas und Florida dazu entschieden, auf staatlicher Ebene Regelungen zu erlassen, die sich gegen lokale Schutzpolitiken wenden. Amtsträgerinnen und -träger in diesen Staaten teilen die auf den strengen Vollzug der Einwanderungsgesetze zielende Strategie der US-Regierung. Aufgrund der rechtlichen Beziehung zwischen Staaten und Städten sind diese bundesstaatlichen Maßnahmen in der Lage, lokale Schutzpolitiken auszuhebeln oder einzuschränken. In Staaten wie Kalifornien, New York und Illinois gewinnen sanctuary policies hingegen sowohl auf städtischer als auch auf bundesstaatlicher Ebene an Bedeutung. Bis der Kongress eine grundlegende Einwanderungsreform verabschiedet – eine Aufgabe, der sich die unterschiedlichen US-Regierungen seit einem Vierteljahrhundert entziehen – wird dieser Flickenteppich lokaler Widerstände gegen nationale Einwanderungspolitiken mit großer Wahrscheinlichkeit weiter bestehen.
Übersetzung aus dem Englischen: Dr. Anne Lisa Carstensen
Dieser Artikel ist Teil des Interner Link: Kurzdossiers "Kommunale Migrations- und Flüchtlingspolitik".