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Wodurch entstehen Engpässe auf dem Arbeitsmarkt? | bpb.de

Wodurch entstehen Engpässe auf dem Arbeitsmarkt?

Dr. Christina Boswell Prof. Dr. Thomas Straubhaar Christina Boswell und Thomas Straubhaar

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Engpässe auf dem Arbeitsmarkt entstehen dort, wo es einen Bedarf nach Arbeitskräften einer bestimmten Berufsgruppe gibt, zu dessen Deckung nicht genügend Personen mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung stehen. Der Mangel an Arbeitskräften kann verschiedene Formen annehmen.

Ein Turm aus Styropor-Bausteinen, der am 31.05.2011 vor dem Arbeitsministerium in Berlin aufgebaut wird, soll den ohne Fachkräfte zusammenbrechenden Arbeitsmarkt symbolisieren. (© picture alliance / ZB )

Engpässe auf dem Arbeitsmarkt entstehen dort, wo es einen Bedarf nach Arbeitskräften einer bestimmten Berufsgruppe gibt, zu dessen Deckung nicht genügend Personen mit entsprechender Qualifikation zur Verfügung stehen. Der Mangel an Arbeitskräften kann verschiedene Formen annehmen. Es gibt gesamtwirtschaftlichen Arbeitskräftemangel, dies bedeutet, dass allgemein auf dem Arbeitsmarkt nicht genügend Arbeitskräfte vorhanden sind, um die Nachfrage zu befriedigen. Was jedoch häufiger vorkommt, ist eine Situation, in der zwar genügend Arbeitskräfte auf dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen, diese jedoch aus verschiedenen Gründen die freien Stellen nicht besetzen können oder wollen. In diesem Fall wird im Wirtschaftsjargon von "Mismatch" (mangelnde Übereinstimmung) gesprochen. Folgende Gründe kann es für diesen "Mismatch" geben:

  • Fehlende Übereinstimmung bei der Qualifikation: Die Arbeitskräfte haben nicht die erforderliche Ausbildung, Weiterbildung oder Arbeitserfahrung, um die vorhandenen Stellen zu besetzen;

  • Die Vorstellungen über die Arbeitsstelle stimmen nicht überein: Die Arbeitskräfte haben in diesem Fall zwar die passende Qualifikation, möchten jedoch die Stelle aus anderen Gründen nicht annehmen, so z.B. weil das Gehalt oder die Arbeitsbedingungen als unangemessen empfunden werden oder weil eine Position eingenommen werden soll, die einen im Vergleich zur früheren Arbeitsstelle niedrigeren Status bedeutet;

  • Fehlende Mobilität: Die Arbeitskräfte haben zwar die passende Qualifikation und das Interesse an der Arbeitsstelle, jedoch liegt diese in einer anderen geographischen Region, und ein Umzug kommt aus verschiedenen Gründen nicht in Betracht;

  • Informationsdefizite: Es herrscht ein Mangel an Informationen über vorhandene Arbeitsstellen, d.h. Arbeitskräfte sind nicht über die zu besetzenden Stellen informiert. Bisweilen werden offene Stellen aufgrund von komplizierter und aufwendiger Einstellungsverfahren seitens der Arbeitgeber oder Personal-Recruitment-Firmen nicht besetzt.

Diese Formen der mangelnden Übereinstimmung zwischen vorhandenen Arbeitskräften und Arbeitsstellen kann daher durchaus mit hohen Arbeitslosenzahlen einhergehen, wie es in vielen europäischen Ländern, einschließlich Deutschland, der Fall ist.

Für gesamtwirtschaftlichen Arbeitskräftemangel und die fehlende Übereinstimmung zwischen Angebot und Nachfrage gibt es zwei mögliche Ursachen. Die eine Ursache liegt in einer gesteigerten Nachfrage nach Arbeitskräften und die andere in sinkenden Arbeitskräftezahlen begründet.

Bei gesteigerter Nachfrage werden mehr Arbeitskräfte benötigt als sie auf dem Arbeitsmarkt vorhanden sind. Eine solche Nachfragesteigerung kann das Ergebnis folgender Phänomene sein:

  1. gesamtwirtschaftliches Wachstum oder Wachstum eines bestimmten Wirtschaftssektors bzw. -zweiges,

  2. Veränderungen in der internationalen Arbeitsteilung, die Produktionsstandorte und Serviceleistungen beeinflussen;

  3. technologische Entwicklungen oder

  4. Veränderungen in der Produktivität.

Arbeitskräftemangel kann jedoch auch durch ein Absinken der Arbeitskräftezahlen verursacht werden. Dies bedeutet, dass das Arbeitskräftepotenzial – einschließlich bestimmter Qualifikationen oder Berufsgruppen – zurückgeht. Gründe dafür sind oft demographische Veränderungen, bestimmte Trends in Bezug auf die Qualifikation von Arbeitsmarkteinsteigern, oder eine sinkende Zahl von Menschen, die dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stehen.

Fussnoten

Dr. Christina Boswell ist Leiterin der Migration Research Group. Die Migration Research Group ist am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI) angesiedelt.

Prof. Dr. Thomas Straubhaar ist Präsident des HWWA und des HWWI sowie Professor für Volkswirtschaft an der Universität Hamburg.