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Das Ausmaß der Zuwanderung und die Befürchtungen der Öffentlichkeit | bpb.de

Das Ausmaß der Zuwanderung und die Befürchtungen der Öffentlichkeit

Michael Heinen und Anna Pegels

/ 2 Minuten zu lesen

In einigen EU15-Ländern löste die Höhe der geschätzten Zuwanderungszahlen bei Politikern und in der Öffentlichkeit die Sorge aus, dass die hohen Arbeitslosenzahlen weiter ansteigen würden, sobald "billige" Arbeitskräfte auf den Markt strömten. 2004 erwarteten 75% der befragten Deutschen einen Anstieg der Arbeitslosigkeit nach dem Beitritt der mittel- und osteuropäischen Staaten; nur 28% begrüßten die Erweiterung.

Fears of cheap migrant labour (© picture-alliance/dpa)

In Frankreich wurde im Zusammenhang mit der EU-Erweiterung der "polnische Klempner" zum Symbol einer allgemein empfundenen Bedrohung für den einheimischen Arbeitsmarkt, eine Auffassung, die zur Ablehnung der EU-Verfassung im Mai 2005 in Frankreich beitrug.

Verschiedene wirtschafts- und sozialwissenschaftliche Schätzungen der Zuwandererzahl aus Mittel- und Osteuropa kamen zu unterschiedlichen Ergebnissen . So wurde z.B. geschätzt, dass 4-7% der Gesamtbevölkerung der EU8-Länder (ca. 3-5 Mio. Menschen) in die EU15 ziehen würden, um dort zu arbeiten. Erhebungen, die sich auf die Bereitschaft der Staatsbürger aus den EU8-Ländern zur Migration in die EU15 konzentrierten, kamen zu dem Schluss, dass lediglich 1-4% der Gesamtbevölkerung der EU8-Staaten (ca. 1-3 Mio. Menschen) bereit seien, eine Tätigkeit in der EU15 aufzunehmen. Je nach Szenario prognostizierten diese Schätzungen im Durchschnitt eine jährliche Zuwanderung von mindestens 200.000 Arbeitskräften aus der EU8 in die EU15. Die Untersuchungen betonten jedoch, dass es unklar sei, wie lange die Zuwanderer in der EU15 bleiben wollen. Nur wenige der Befragten gaben an, dauerhaft auswandern zu wollen, die große Mehrheit möchte für einen Zeitraum zwischen einem und fünf Jahren im Ausland leben und arbeiten.

Die Erfahrungen aus der EU-Süderweiterung sprachen tendenziell gegen eine starke Zuwanderung. Nach der Erweiterung um Spanien, Portugal und Griechenland in den 80er Jahren waren kaum Migrationseffekte zu erkennen. Die Zahl der Zuwanderer aus den südlichen Beitrittsländern ging nach der Erweiterung sogar leicht zurück. Ein direkter Vergleich konnte jedoch nicht gezogen werden, da die Einkommensunterschiede zwischen den alten und neu hinzukommenden EU-Ländern vor der Süderweiterung weit geringer als vor der Osterweiterung waren.

Angesichts ihrer geografischen Nähe zu den mittel- und osteuropäischen Ländern waren Deutschland und Österreich besorgt, dass sie die Mehrzahl der Zuwanderer aus der EU8 aufnehmen müssten. Eine solche geografische Nähe war beim EU-Beitritt Spaniens, Portugals und Griechenlands nicht gegeben. Diese Vorbehalte wurden durch die Tatsache verstärkt, dass ungefähr 80% der Personen, die seit dem Fall des Eisernen Vorhangs aus Mittel- und Osteuropa zuwanderten, Deutschland oder Österreich als Zielländer wählten.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Einen Überblick über die verschiedenen Prognosen geben Fassmann und Münz (2002).

Michael Heinen und Anna Pegels sind Doktoranden am Lehrstuhl für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Ruhr-Universität Bochum.