Die Migrationsliteratur neigt gewöhnlich dazu, die Motivation für Mobilität und die Wahl eines Ziellandes im Sinne von Push- und Pull-Faktoren zu betrachten. Grundlegende Modelle zur Wirtschaftsmigration betonen die Rolle, die Lohnunterschiede für Migration und die Entscheidung für ein bestimmtes Zielland spielen.
Weitere Einflussfaktoren für die Mobilität von Wissenschaftlern und der Entscheidung für ein Zielland: Mobilitätsauslöser
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Die Forschung weist außerdem auf die Bedeutung von finanzieller Sicherheit und Arbeitsbedingungen hin. Während einige Autoren vielfältige Ursachen berücksichtigen, geht die Migrationsforschung im Allgemeinen jedoch von einer Art Kosten-Nutzen-Analyse auf Seiten der potenziellen Arbeitsmigranten aus. Es wird vermutet, dass "Migration damit beginnt, sich das neue Zielland vorzustellen, mit dem Abwägen der Vorteile und der Kosten weitergeht und mit dem eigentlichen Umzug endet."
Während Push- und Pull-Faktoren die Hochqualifizierten-Migration bis zum gewissen Grad lenken dürften, stehen Mobilität und Standortwahl bei Nachwuchswissenschaftlern auch in Zusammenhang mit bestimmten Mobilitätsauslösern, die in der Forschungsliteratur größtenteils vernachlässigt und daher an dieser Stelle näher erläutert werden. Zu Auslösern von Mobilität gehören Impulse, Ereignisse, Personen oder Zusammenhänge, die Mobilität für einen bestimmten Wissenschaftler praktikabel und möglich erscheinen lassen. Mobilitätsauslöser wirken nicht notwendigerweise plan- oder kontrollierbar, sondern in starkem Maß zufällig oder als "glückliche Fügung." Damit soll nicht gesagt werden, dass der Staat keinerlei Einfluss auf die Mobilität von Wissenschaftlern hat. Vielmehr, so wird in der Schlussfolgerung argumentiert, müssten Staaten auch Faktoren jenseits von Arbeitsbedingungen, Gehalt und Gesetzgebung in Erwägung ziehen, wenn es darum geht, die Zuwanderung hochqualifizierter Personen zu erhöhen. Zu den konkreten Auslösern, die hier beschrieben werden, gehören Netzwerke, Austauschprogramme für Studenten, Stipendien sowie Familie und Partnerschaft.
Netzwerke
Es wird behauptet, "dass mit Sicherheit gesagt werden kann, Netzwerke gehören zu den wichtigsten Erklärungsvariablen für Migration."
In der Wissenschaft entstehen Netzwerke häufig auf Basis von internationaler Zusammenarbeit. Projektpartner statten Partnerorganisationen kurze Besuche ab oder bleiben für längere Forschungsaufenthalte. Anerkannte Professoren senden jüngere Kollegen aus, damit sie neue Verfahren oder Arbeitsweisen erlernen; im Gegenzug werden erfahrenere Wissenschaftler eingeladen, damit sie ihre Fachkenntnisse zur Verfügung stellen und ihr Wissen weitergeben. Auf diese Weise werden ständig wissenschaftliche Netzwerke gebildet und erweitert. Diese internationale Zusammenarbeit führt oft dazu, dass Wissenschaftler "in einem Umfeld sozialisiert werden, in dem Mobilität einen wichtigen Stellenwert hat,"
Austauschprogramme für Studenten
Jüngere Untersuchungen haben herausgefunden, dass ein hoher Anteil der mobilen Wissenschaftler bereits während des Studiums Erfahrungen mit Mobilität gemacht hat, und dass Studenten, die einige Zeit im Ausland verbracht haben, eher dazu neigen, auch später einmal ins Ausland zu gehen
Stipendien für Studien- und Forschungszwecke
Fördermöglichkeiten wie Einzelstipendien bieten eine relativ risikolose Möglichkeit für Mobilität, besonders in Fällen, in denen man einen Arbeitsplatz zu Hause beibehalten kann. Die Art der Stipendien sowie die Möglichkeiten ihrer Wahrnehmung sind wichtige Faktoren für die Frage, ob sie Mobilitätsprozesse auslösen oder nicht. Deutschland rühmt sich einer Vielfalt von Fördereinrichtungen, die Einzelstipendien für jede Ebene vergeben. Die Tabelle zeigt, dass der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD), die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), die Max-Planck-Gesellschaft und die Alexander von Humboldt Stiftung die vier wichtigsten Anbieter für Einzelstipendien sind.
Während Stipendien zweifellos wichtig sind, um ausländische Forscher nach Deutschland zu holen, steigert sich ihre mobilitätsfördernde Wirkung, wenn im Anschluss an Einzelstipendien Netzwerke entstehen (siehe oben). Dies haben einige Einrichtungen wie die deutsche Alexander von Humboldt Stiftung oder das europäische Marie Curie-Forschungsstipendium erkannt und nachhaltige Zusammenschlüsse zwischen ehemaligen und gegenwärtigen Stipendiaten aufgebaut.
Ausländische Wissenschaftler in Deutschland im Jahr 2003, nach Erfahrung und Förderorganisation | |||||
Graduierte | Postdoktoranden | Wissenschaftler/ Hochschullehrer | |||
Förderorganisation | Anzahl | Förderorganisation | Anzahl | Förderorganisation | Anzahl |
DAAD | 5.845 | Max Planck | 1.569 | DFG | 1.409 |
DFG | 1.558 | Helmholtz | 669 | DAAD | 1.225 |
Max Planck | 1.383 | Humboldt | 581 | Humboldt | 1.168 |
Quelle:DAAD (2006) |
Familiärer Kontext
Zusätzlich zu beruflichen Netzwerken, Austauschprogrammen für Studenten und Stipendienprogrammen spielen Familie und Partnerschaft eine sehr große Rolle bei der Mobilitätsentscheidung. Die Fachliteratur zu Migration und Mobilität von Hochqualifizierten richtet ihre Aufmerksamkeit erst seit Kurzem auf nicht-ökonomische Fragen, die Mobilitätsentscheidungen und -erfahrungen prägen. Selbst wenn Familienbeziehungen als wichtige Ursache erkannt werden, finden sie meist nur dahingehend Erwähnung, dass sie Mobilität einschränken oder Wissenschaftler an einen bestimmten Ort binden. Die Familie kann jedoch entscheidend dazu beitragen, dass der Wissenschaftler sich zu einem Umzug entschließt. Neben der notwendigen Hilfe im Alltag bieten Familien emotionale Unterstützung und Ermutigung. Krystina
Ein weiterer Aspekt kommt hinzu, wenn der Partner eines Wissenschaftlers ebenfalls in der Wissenschaft arbeitet (Doppelkarriere-Paare in der Wissenschaft). Forscher haben Aspekte untersucht, die sich aus dieser Konstellation ergeben, darunter die Auswirkung auf Familienleben und berufliche Entwicklung. Jeder der beiden Partner eines wissenschaftlichen Doppelkarriere-Paares kann auch als wichtiger Mobilitätsauslöser fungieren, da das Paar versucht, die Zeit der Trennung zu verkürzen. Zunächst kann der Wegzug des einen Partners starken Anreiz für den anderen Partner bedeuten, mitzuziehen, um am gleichen Ort zu sein. Der Umzug des einen Partners kann jedoch dem anderen Partner auch das Selbstvertrauen geben, in einem fremden Land leben und arbeiten zu können. Besonders zu Beginn einer wissenschaftlichen Karriere bietet ein Partner, der schon im Ausland arbeitet oder zur gleichen Zeit dorthin geht, eine gewisse Sicherheit, da der Wissenschaftler nicht allein gehen muss. Selbst wenn Doppelkarriere-Paare sich nicht in der gleichen Stadt einen Arbeitsplatz verschaffen, kann es für sie von Vorteil sein, dass sie jemanden in einer erreichbaren Entfernung haben, der ähnliche Alltagserfahrungen macht und mit dessen Unterstützung sie rechnen können. Außerdem kann es einfacher sein, über die Partner an wichtige Kontakte und Informationen zu beruflichen Möglichkeiten, Bewerbungsverfahren und zur Lebensweise im Gastland zu kommen. In den seltensten Fällen wechseln beide Partner gemeinsam den Arbeitsplatz. Oft verschafft sich einer der Partner eine Stelle und der andere zieht mit um und versucht später, im Gastland eine Beschäftigung zu finden. Das war der Fall bei Justyna
Jessica Guth ist Forschungsstipendiatin und Doktorandin am Zentrum für Rechts- und Politikwissenschaften in Europa an der University of Leeds. Außerdem war sie T.H. Marshall-Stipendiatin 2006 an der London School of Economics und verbrachte ihr sechsmonatiges Stipendium bei der Migration Research Group (MRG), Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI).
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