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Warum reden alle über Mobilität? | bpb.de

Warum reden alle über Mobilität?

Jessica Guth

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Der Europäischen Kommission zufolge sind "Humanressourcen in den meisten Fällen ausschlaggebend für Erfolge in der Forschung, die Erbringung von Spitzenleistungen und die Erreichung eines hohen Leistungsniveaus. In diesem Zusammenhang sind die Anzahl der Forscher und deren Mobilität zwei maßgebliche Aspekte."

Sudanesische Ärztin bei der Arbeit in einer Braunschweiger Klinik. (© picture-alliance/dpa)

Die Europäische Kommission konzentrierte sich bisher vor allem darauf, die Wettbewerbsfähigkeit Europas zu erhöhen und einen europäischen Forschungsraum zu schaffen, der sich zu einem "global player" in der wissenschaftlichen Forschung entwickeln kann.

Deutschland gibt diese Ansichten in Zusammenhang mit der eigenen Position innerhalb des globalen Marktes wieder: "Internationale Zusammenarbeit in Forschung und Wissenschaft bedeutet, dass Deutschland als Forschungsstandort von Weltklasse sichtbarer und attraktiver wird." Während die bisherigen Diskussionen auf europäischer Ebene den Vorzügen von Mobilität für die einzelnen Wissenschaftler kaum Beachtung geschenkt haben, formuliert Deutschland seine Anwerbungsstrategien vielmehr in Hinblick darauf, was Mobilität – und selbstverständlich auch das Land an sich – Wissenschaftlern bieten kann. Die Bundesrepublik präsentiert sich als ein Land, das hohe Lebensqualität, ausgezeichnete Forschungsbedingungen und gute Aufstiegsmöglichkeiten bietet, mit anderen Worten: "genau die richtige Kombination für kluge Köpfe."

Wissenschaftler betrachten Mobilität im Allgemeinen positiv und akzeptieren sie als wahrscheinlichen Bestandteil ihrer Berufslaufbahn. Der Austausch wissenschaftlicher Ideen, die Vermittlung von Wissen und die Offenheit gegenüber alternativen Ansätzen "Forschung zu betreiben" gehörten zu den meist genannten Gründen, warum Wissenschaftler Mobilität im Zusammenhang mit ihrer Arbeit schätzen. Zu den durch die Arbeit in einem anderen kulturellen Zusammenhang erworbenen "Soft Skills" zählen verbesserte Sprachkenntnisse, eine bessere Fähigkeit, unabhängig zu arbeiten und ein stärkeres Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, sowohl in wissenschaftlicher als auch in persönlicher Hinsicht. Hier scheinen die betroffenen Wissenschaftler die politische Argumentation der Europäischen Kommission zu bestätigen: Die Europäische Kommission fördert Mobilität, denn sie sei eine "allseits bekannte und wirksame Möglichkeit zur Ausbildung qualifizierter Arbeitskräfte und zur Wissensverbreitung" und "ermögliche die Bildung von multinationalen Forscherteams und -netzen, die die Wettbewerbsfähigkeit Europas stärken und die vorausschauende Nutzung von Ergebnissen ermöglichen."

Jedoch weist einiges darauf hin, dass Mobilität nicht immer nur positiv bewertet wird. Über den wissenschaftlichen Nutzen ist man sich zwar allgemein einig, doch der persönliche Preis für Mobilität kann hoch sein. Mobile Nachwuchswissenschaftler haben oft sehr lange Arbeitstage, "leben" fast schon im Forschungsinstitut und integrieren sich kaum weiter in die Gastgesellschaft. Die wissenschaftliche Gemeinschaft bietet zwar eine Art Sicherheitsnetz, das ausländische Wissenschaftler unterstützt, das aber auch, zumindest indirekt, Integration außerhalb des Instituts verhindert und lange Arbeitstage fördert. Aus der persönlichen Sicht der Betroffenen kann Mobilität im Wissenschaftsbetrieb daher eine äußerst schwierige Herausforderung sein.

Fussnoten

Fußnoten

  1. Siehe Europäische Kommission (2003).

  2. Siehe DAAD (2002).

  3. Siehe DAAD (2002).

  4. Siehe Europäische Kommission 2001.

Jessica Guth ist Forschungsstipendiatin und Doktorandin am Zentrum für Rechts- und Politikwissenschaften in Europa an der University of Leeds. Außerdem war sie T.H. Marshall-Stipendiatin 2006 an der London School of Economics und verbrachte ihr sechsmonatiges Stipendium bei der Migration Research Group (MRG), Hamburgisches WeltWirtschaftsInstitut (HWWI).