Die klassischen Argumente gegen die Anerkennung der doppelten Staatsbürgerschaft lassen sich in drei Gruppen einordnen. Die erste Gruppe betrifft die (völker)rechtliche Zulässigkeit. Eine weitere Gruppe von Argumenten bezieht sich auf technische Schwierigkeiten und die dritte Gruppe enthält soziopolitische Einwände gegen das Konzept der doppelten Staatsbürgerschaft an sich.
Im Folgenden werden einige Einwände aus den oben genannten Gruppen näher erläutert:
Das Völkerrecht und die doppelte Staatsbürgerschaft
Die wichtigsten völkerrechtlichen Verträge zur doppelten Staatsangehörigkeit sind das 1963 unterzeichnete Übereinkommen über die Verringerung der Mehrstaatigkeit und über die Wehrpflicht von Mehrstaatlern und das 1997 unterzeichnete Europäische Übereinkommen über die Staatsangehörigkeit
Technische Einwände gegen die doppelte Staatsbürgerschaft
Die vorgebrachten technischen Bedenken gegen Mehrstaatigkeit beruhen in erster Linie auf möglichen Konflikten, die sich aus Wehr- und Steuerpflichten ergeben können, dem anwendbaren Recht sowie Verwirrungen hinsichtlich diplomatischer Schutzrechte.
a) Die doppelte Wehrpflicht
Der historisch bereits früh diskutierte Kritikpunkt der doppelten Staatsbürgerschaft, der die Gefahr doppelter Verpflichtungen zur Ableistung des Wehrdienstes betrifft, steht heute kaum noch im Mittelpunkt der Diskussion. Dies liegt zum einen daran, dass ein staatenübergreifender Trend erkennbar ist, die allgemeine Wehrpflicht abzuschaffen
b) Staatsbürgerschaft als Grundlage des anwendbaren Rechts
Die Staatsangehörigkeit ist ein Kriterium, das herangezogen werden kann, um zu bestimmen, welches nationale Recht anwendbar ist, insbesondere auf dem Gebiet des Familien- und Erbrechts. Nach internationalem Privatrecht – d. h. dem jeweiligen nationalen Recht, das entscheidet, welches Recht Anwendung findet – ist jedoch nach dem Prinzip der effektiven Staatsbürgerschaft das Recht desjenigen Landes anwendbar, zu dem die Betroffenen eine effektive Bindung, d. h. in dem sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben
c) Mögliche Doppelbesteuerung von Doppelstaatlern
Ein Staat kann seine Staatsangehörigen ungeachtet ihres Aufenthaltsortes besteuern. Regelmäßig müssen Personen im Land ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit ihrer Steuerpflicht nachkommen. Hieraus ergibt sich offensichtlich die Gefahr einer Doppelbesteuerung. Diese ist jedoch weitgehend unbedeutend
d) Diplomatischer Schutz für Mehrstaatler
Ein weiterer technischer Einwand bezieht sich auf die Geltendmachung diplomatischen Schutzes, nach dem ein Staat berechtigt ist, seine Staatsbürger zu schützen, wenn diese von anderen Staaten völkerrechtswidrig verletzt werden. Im Falle von doppelten Staatsangehörigen könnte einerseits Streit darüber entstehen, welchem Staat das Schutzrecht zusteht. Andererseits könnte es zu Konflikten kommen, wenn ein Staat zugunsten seiner Staatsangehörigen in dem Staat interveniert, dessen Staatsangehörigkeit sie ebenfalls besitzen. Abgesehen davon, dass die Erfahrung gezeigt hat, dass Staaten wegen sich überschneidender konsularischer Rechte und Pflichten nicht aneinandergeraten, entschied der Internationale Gerichtshof bereits 1955, dass zur Ausübung diplomatischen Schutzes neben der formalen Zugehörigkeit eine "echte Verbindung" (genuine link) vorhanden sein müsse
Die zweite Frage war noch vor einhundert Jahren ein entscheidender Beweggrund, gegen die doppelte Staatsbürgerschaft vorzugehen. Nach den seit 1930 geschlossenen internationalen Abkommen und der Rechtsprechung internationaler Tribunale können diplomatische Schutzrechte nicht gegenüber dem anderen Staat geltend gemacht werden, dessen Staatsangehörigkeit die Betroffenen ebenfalls besitzen
Soziopolitische Einwände gegen die doppelte Staatsbürgerschaft
a) Das "ungerechte" doppelte Wahlrecht
In beinahe allen Staaten ist das Wahlrecht an die Staatsbürgerschaft gekoppelt. Einige Kommentatoren stellen deshalb kritisch fest, dass Menschen mit zwei Staatsbürgerschaften auch in zwei Ländern wählen könnten, während deutsche Einfachstaatsbürger in ihren demokratischen Mitbestimmungsrechten auf Deutschland beschränkt seien. Kritiker nehmen an, dies verstoße gegen die Gleichheit der Bürger
(b) Integration
Ein bedeutender Einwand gegen die doppelte Staatsangehörigkeit besteht darin, dass angenommen wird, sie behindere die Integration der Doppelstaatler, da sich diese nicht ganz mit ihrem Einwanderungsland identifizierten
Zum Zweiten sind keine empirischen Untersuchungen bekannt, nach denen die Beibehaltung einer anderen Staatsbürgerschaft eine einmal bestehende Integration erodieren würde. Bezüglich des Zusammenhangs zwischen doppelter Staatsangehörigkeit und Identifikation mit einem Land bestehen keine empirischen Erkenntnisse, die solche sozialpsychologischen Vermutungen stützen, nach denen beispielsweise ein Afghanisch-Deutscher sich nicht vollkommen zu Deutschland bekennen könne, weil er zwei Staatsangehörigkeiten besitzt. Die Transnationalismusforschung beginnt erst allmählich, bessere Hypothesen darüber aufzustellen, wie sich transnationale Aktivitäten und das Zugehörigkeitsgefühl im Laufe eines Migrantenlebens ändern und wie es zwischen Individuen und Gruppen variiert
Zum Dritten kommt hinzu, dass der Zwang für in Deutschland geborene Menschen ausländischer Herkunft, die sich im Alter von 18 bis 23 Jahren für eine der beiden Staatsangehörigkeiten entscheiden müssen, von einigen als Signal verstanden werden kann, von ihnen werde erwartet, 'nur deutsch' zu sein, und dass 'Deutschland' ihre gemischte Identität trotz ihres Bekenntnisses zu deutschen Werten nicht anerkennt. Es ist kaum zu erwarten, dass von einer solchen Wahrnehmung positive Integrationseffekte ausgehen.
Als vierter und letzter Einwand gegen die angenommene "integrationsfeindliche Wirkung" der doppelten Staatsbürgerschaft ist zu berücksichtigen, dass die Anerkennung der Mehrstaatigkeit verstärkte Einbürgerungsanreize schafft. Niemand würde behaupten, die Gewährung der Staatsbürgerschaft – mit oder ohne Beibehaltung einer anderen Staatsangehörigkeit – führe zwangsläufig zur Integration der Neubürger. Allerdings besteht durchaus Grund zu der Annahme, die Integration derer werde vereinfacht und verbessert, die andernfalls keinen Einbürgerungsantrag stellen würden. Auch wenn es wenige empirische Untersuchungen zur Frage der Auswirkung derartiger Statuspassagen gibt, wird die Einbürgerung durch die vermehrten politischen Rechte und die formelle Zugehörigkeit voraussichtlich zu einer besseren Platzierung in und Interaktion mit der Mehrheitsgesellschaft führen
(c) Loyalität
Einer der vorgebrachten Haupteinwände gegen die doppelte Staatsbürgerschaft besteht im vermuteten Loyalitätskonflikt. Dabei können konkret zu benennende Konflikte von allgemeinen Zweifeln am notwendigen Loyalitätsgrad unterschieden werden. Zu den möglichen konkreten Konflikten gehört, dass der Staat im Falle eines Krieges auf die ungeteilte Loyalität seiner Staatsangehörigen angewiesen ist, die er zum Dienst an der Waffe berufen kann. Außerdem wird angenommen, die Teilhabe am politischen Leben im Lande – als Wähler oder Inhaber eines Amtes – könne durch geteilte Loyalitäten beeinträchtigt werden.
Bezüglich des ersten Einwandes kann zunächst darauf hingewiesen werden, dass Kriege mit der Masseneinberufung von Zivilisten in Ländern wie Deutschland unwahrscheinlich sind. Wie die meisten modernen Armeen entwickelt sich die Bundeswehr stetig zu einer kleineren Truppe von Spezialisten, sodass die Nichtverfügbarkeit von doppelten Staatsbürgern die Wehrfähigkeit eines Landes wie Deutschland nicht beeinträchtigen würde. Dies beträfe ohnehin nur doppelte Staatsangehörige aus dem jeweiligen Land, mit dem kriegerische Auseinandersetzungen bestünden.
Im politischen Bereich besteht zwischen Befürwortern und Gegnern der doppelten Staatsangehörigkeit inzwischen Einigkeit darin, dass Personen, die bedeutende öffentliche Ämter innehaben, die zweite Staatsangehörigkeit aufgeben sollten