Seit der Jahrtausendwende hat Dänemark seine Asylpolitik verschärft, insbesondere seit 2015. Die restriktive Wende in der dänischen Asylpolitik wurde insbesondere durch ein als „Paradigmenwechsel“ bezeichnetes Gesetz aus dem Jahr 2019 zementiert. Demnach sollen Schutzsuchende grundsätzlich nur noch ein befristetes Aufenthaltsrecht erhalten, keine längerfristige oder dauerhafte Bleibeperspektive. Es wird regelmäßig geprüft, ob die Voraussetzungen für den Schutz weiterhin bestehen. Infolgedessen wurde allein im Jahr 2021 syrischen Geflüchteten in 453 Fällen der Asylstatus entzogen. Die meisten von ihnen konnten aufgrund des bis Dezember 2024 weiterhin herrschenden Bürgerkrieges nicht aus Dänemark abgeschoben werden und lebten in einer prekären Situation: Sie mussten in „Abschiebzentren“ verbleiben, ihre Rechte wurden stark eingeschränkt und sie unterlagen strikten Meldepflichten, wenn sie diese Zentren vorübergehend verlassen wollten. Einige entschieden sich deswegen, in andere EU-Staaten weiterzuziehen. Ebenso setzt Dänemark verstärkt darauf, dass Geflüchtete sich finanziell selbst versorgen müssen und schnellstmöglich in die Herkunftsländer zurückgeführt werden, Integrationsprogramme sind nachrangig. Dänemark war das erste europäische Land, welches 2019 Teile Syriens für sicher genug erklärte, um dorthin zurückzukehren.
Auch war Dänemark das erste europäische Land, welches 2021 Pläne verabschiedete, Asylverfahren in einen nicht-europäischen Drittstaat (Ruanda) auszulagern. Bislang zögert die dänische Regierung, diese Pläne in die Tat umzusetzen. Stattdessen unterstützt sie auf europäischer Ebene die von einigen EU-Mitgliedstaaten befürwortete Auslagerung von Asylverfahren in Drittstaaten.
Ermöglicht wurde der „Paradigmenwechsel“ in Dänemark durch das „Opt-Out“ des Landes vom Interner Link: Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS), weshalb es die in der EU geltenden Asylstandards nicht einhalten muss. Eine Ausnahme ist die Dublin-Verordnung, die auch in Dänemark gilt.
Der Paradigmenwechsel hat kurzzeitig zu einer etwas höheren Zahl an Abschiebungen aus Dänemark beigetragen. 2022 fiel die Zahl der Abschiebungen dann wieder unter dem Wert von 2017. Die Zahl der an die dänischen Kommunen verwiesenen Geflüchteten lag 2022 etwas über dem Wert von 2019. Insgesamt Externer Link: registrierte Dänemark im Jahr 2022 mit 4.475 Erstanträgen auf Asyl die höchste Zahl solcher Anträge seit 2016.
Quellen
Schwörer, Jakob; Birke Daniels, Kristina (2024): Erfolgsmodell oder Fallgrube? Die dänische sozialdemokratische Partei und ihre Migrationspolitik. Friedrich-Ebert-Stiftung. Externer Link: https://library.fes.de/pdf-files/bueros/stockholm/21030.pdf.
Vedsted-Hansen, Jens (2025): European governance of deterrence and containment. A legal perspective on novelties in European and Danish asylum policy. Journal of Ethnic and Migration Studies, 1-18 [Special issue herausgegeben von Sandberg, M., Schultz, J. und K. S. Kohl: The temporary turn in asylum: Researching the politics of deterrence in practice]. Externer Link: https://doi.org/10.1080/1369183X.2024.2441599.
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