Dänemarks Ansatz zur Einwanderung und die Debatte über die EU-Asyl- und Migrationspolitik | EU-Migrations- und Asylpolitik | bpb.de

Dänemarks Ansatz zur Einwanderung und die Debatte über die EU-Asyl- und Migrationspolitik

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Dänemarks migrationspolitischer Ansatz ist zunehmend restriktiv. Die Vorbehalte bei der EU-Zusammenarbeit im Bereich Justiz und Inneres ermöglichten Abweichungen von der EU-Einwanderungs- und Asylpolitik.

Ein Warnschild mit der Aufschrift Stop - Kontrol ist während einer Grenzkontrollen am 02.02.2016 an der Grenze zu Krusa (Dänemark) vor den Flaggen von Island, Dänemark, Norwegen und Schweden zu sehen.
Ein Warnschild mit der Aufschrift "Stop - Kontrol" an der Grenze zu Krusa (Dänemark) am 02.02.2016. (© picture-alliance/dpa, Lukas Schulze)

Dänemark gilt als ein relativ homogener und egalitärer skandinavischer Wohlfahrtsstaat. In den letzten Jahrzehnten ist das Land im Kontext wachsender Einwanderung von einer liberalen Haltung gegenüber Einwanderung zu einer strengen Einwanderungspolitik übergegangen. Dänemark zählte zu den ersten Staaten, die die Genfer Konvention von 1951 unterzeichneten, Zur Auflösung der Fußnote[1] welche Menschen, die vor Verfolgung oder Krieg fliehen, internationalen Schutz gewährt. Zur Auflösung der Fußnote[2] Im Jahr 1983 wurde das erste dänische Ausländergesetz ratifiziert, das für seine liberale Haltung gegenüber Flüchtlingen bekannt ist. Es führte beispielsweise das Recht auf Familienzusammenführung für Kinder und sogar Eltern (über 60 Jahre) von ausländischen Staatsangehörigen ein, die in Dänemark einen Flüchtlingsstatus oder eine dauerhafte Aufenthaltsgenehmigung hatten. Zur Auflösung der Fußnote[3] 1999 war Dänemark weltweit das erste Land, das ein Integrationsgesetz einführte. In den frühen 2000er Jahren und nach der „europäischen Flüchtlingskrise“ von 2015 änderte sich Dänemarks Haltung jedoch und die Migrationspolitik wurde zunhemend restriktiv.

Der Bevölkerungsanteil der Eingewanderten und ihrer Nachkommen ist in den letzten Jahrzehnten um mehr als zehn Prozentpunkte gestiegen – von drei Prozent im Jahr 1980 auf 15,8 Prozent im Jahr 2024. Zur Auflösung der Fußnote[4] Am 1. Januar 2024 lebten in Dänemark insgesamt 943.066 Personen, die als Eingewanderte bzw. deren Nachkommen Zur Auflösung der Fußnote[5] zählen. Das entsprach einem Anteil von 16 Prozent an der Gesamtbevölkerung von 5.977.412. Zur Auflösung der Fußnote[6] Der Wanderungssaldo ausländischer Staatsangehöriger ist im Zeitraum 2017 bis 2020 zurückgegangen. 2022 stieg er wieder deutlich an, als infoge des russischen Überfalls auf die Ukraine etwa 30.000 Ukrainerinnen und Ukrainer nach Dänemark einreisten. Im Jahr 2023 wurden Aufenthaltsgenehmigungen für 1.343 Flüchtlinge erteilt, was einem Prozent aller in jenem Jahr in Dänemark erteilten Aufenthaltserlaubnisse entsprach. Zur Auflösung der Fußnote[7] Im Jahr 2024 stammte die größte Gruppe der Eingewanderten und ihrer Nachkommen aus der Türkei (sieben Prozent), gefolgt von Personen aus Polen (sechs Prozent), Rumänien, Syrien und der Ukraine (alle fünf Prozent). Zur Auflösung der Fußnote[8]

Die Hinwendung zum vorübergehenden Schutz

Seit seinem Inkrafttreten wurde das Integrationsgesetz von 1999 mehrfach geändert und insbesondere seit 2015 in Richtung einer strengeren Handhabe verschoben. Im Jahr 2017 wurde das Kontingent von 500 Flüchtlingen, die jährlich über das Resettlement-Programm des UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) in Dänemark aufgenommen werden, für drei aufeinanderfolgende Jahre ausgesetzt, und die Zahl der Neuansiedlungen ist seit 2020 deutlich gesunken. Zur Auflösung der Fußnote[9] Eine bemerkenswerte Entwicklung waren die Gesetzesreformen zwischen 2015 und 2019, durch die 114 Einschränkungen im Bereich der Integrations- und Einwanderungspolitik eingeführt wurden – dies wird politisch als „Paradigmenwechsel“ bezeichnet. Zur Auflösung der Fußnote[10] Im Jahr 2015 wurde ein temporärer subsidiärer Schutzstatus in das Ausländergesetz aufgenommen. Er legt fest, dass alle humanitären Aufenthaltstitel nur für einen vorübergehenden Aufenthalt erteilt werden, wodurch der zeitlich befristete Schutz zur neuen Norm geworden ist. Zur Auflösung der Fußnote[11] Dieser Paradigmenwechsel bedeutete auch eine stärkere Konzentration sowohl auf die Eigenverantwortung von Geflüchteten für ihren Lebensunterhalt aufzukommen als auch auf die Rückführung von Flüchtlingen.

Migration in der öffentlichen Debatte

In Dänemark ist das Thema Migration seit langem Gegenstand intensiver Debatten. Der „Paradigmenwechsel“ hat das Thema Migration bei dänischen Politikern und Entscheidungstragenden aus dem gesamten politischen Spektrum stärker in den Mittelpunkt gerückt. So haben beispielsweise dänische Parlamentsabgeordnete Migrationsforschende kritisiert und ihnen vorgeworfen, Aktivisten zu sein, die „Anti-Wissenschaft“ betreiben würden. Zur Auflösung der Fußnote[12] Im Zentrum der jüngeren Diskussionen über Einwanderung und Zwangsmigration (Vertreibung/Flucht) standen Fälle, in denen die Aufenthaltserlaubnis widerrufen wurde, insbesondere von jungen syrischen Frauen, deren Aufenthaltsgenehmigung nicht verlängert wurde und denen folglich die Abschiebung nach Syrien drohte. Diese Frauen standen unter dem Schutz von Artikel 7.3 des dänischen Ausländergesetzes, der ihnen einen schwächeren Schutz bot als syrischen Männern, denen in Syrien unter dem Assad-Regime der Zwangsdienst im Militär drohte. Zur Auflösung der Fußnote[13] Die öffentliche Meinung und die Debatte waren polarisiert: Einige argumentierten, dass Widerrufe ungerecht seien, insbesondere für Personen, die seit ihrer Kindheit in Dänemark gelebt und/oder studiert haben; andere wiederum betrachteten sie als notwendige Maßnahme zur Reduzierung der Zahl der ausländischen Staatsangehörigen. Nach dem Sturz des Assad-Regimes Anfang Dezember 2024 hat die dänische Berufungskommission für Flüchtlinge die laufenden Asylverfahren von syrischen Staatsangehörigen vorläufig ausgesetzt. Zur Auflösung der Fußnote[14]

Die Rolle der Migrations- und Asylpolitik der EU in Dänemark

Da Dänemark wegen seiner Opt-Out-Regelung nicht an der EU-Zusammenarbeit in den Bereichen Justiz und Inneres teilnimmt, ist das Land nicht direkt an die EU-Einwanderungs- und Asylpolitik gebunden Zur Auflösung der Fußnote[15] – mit Ausnahme der Dublin-III- und Interner Link: Eurodac

-Verordnungen. Zur Auflösung der Fußnote[16] Beobachtern zufolge hat dieses Opt-Out aus dem Interner Link: Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS) es Dänemark ermöglicht, in den letzten Jahren von der EU-Asylgesetzgebung abzuweichen und sich stattdessen einer Politik des vorübergehenden Schutzes und der Rückführung zuzuwenden. Zur Auflösung der Fußnote[17] Kurz nach der Verabschiedung des Neuen Pakts zu Migration und Asyl im Mai 2024 initiierte Dänemark einen gemeinsamen Aufruf von 15 Mitgliedstaaten an die EU-Kommission, die Migrationspolitik stärker auszulagern und die Migrationskontrolle zu verschärfen. Zur Auflösung der Fußnote[18] In dem Schreiben wurden auch „Rückführungszentren“ (return hub mechanisms) vorgeschlagen, um die Überstellung abgelehnter Asylbewerberinnen und Asylbewerber in Drittstaaten zu erleichtern. Die Vorschläge ähneln den ursprünglichen Plänen Dänemarks, Asylverfahren nach Ruanda auszulagern. Bislang haben diese Pläne zu einer Absichtserklärung (Externer Link: Memorandum of Understanding) Dänemarks mit der ruandischen Regierung geführt, aber zu keinen konkreten Vereinbarungen und Maßnahmen. Zur Auflösung der Fußnote[19]

Dänemark als restriktives ‚Vorbild‘?

Unter den nordischen Staaten belegte Dänemark 2019 laut dem ländervergleichenden Migrant Integration Policy Index (Mipex) den letzten Platz beim Zugang zur Familienzusammenführung und zum Daueraufenthalt. Zur Auflösung der Fußnote[20] Dänemark wendet derzeit sehr strenge Regeln für die Familienzusammenführung an. Zur Auflösung der Fußnote[21] Die noch restriktivere Integrations- und Einwanderungspolitik wird von Nachbarländern wie Schweden aufgegriffen, die sich derzeit vom „dänischen Modell“ inspirieren lassen. Zur Auflösung der Fußnote[22] Auf dem jährlichen Treffen der für Migration zuständigen nordischen Ministerinnen und Minister ging es im August 2024 beispielsweise um die Stärkung der Zusammenarbeit, die Förderung der Rückführung und Reintegration von Flüchtlingen und die Verbesserung der Sicherheit an den EU-Außengrenzen. Zur Auflösung der Fußnote[23] Auch die jüngste deutsche „Migrationswende“ scheint vom dänischen Kabinett Frederiksen II (SVM-Regierung) inspiriert, das von den Sozialdemokraten in Koalition mit den Moderaten und der Liberalen Partei geführt wird. Zur Auflösung der Fußnote[24] Die zunehmend restriktive Asylpolitik, gepaart mit einem Fokus auf den vorübergehenden Schutz und rückkehrorientierte Maßnahmen, positioniert Dänemark als eine neue Art restriktives ‚Vorbild‘ in Nordeuropa.

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