Die europäische Asylpolitik steht vor enormen Herausforderungen.
Solche Konzepte sind nicht neu. Bereits in den 1990er Jahren gab es erste Überlegungen, Asylanträge in ‚sicheren Drittstaaten‘ zu bearbeiten.
I. Modelle der Auslagerung
Es lassen sich grundsätzlich drei Typen von Externalisierungsansätzen unterscheiden:
Extraterritoriale Asylverfahren: Hierbei werden Asylverfahren räumlich in Drittstaaten verlagert, während weiterhin das Recht des auslagernden Staates angewandt wird. Das Italien-Albanien-Abkommen folgt diesem Modell: Italien will Asylsuchende, die aus Seenot gerettet wurden, nach Albanien bringen und dort ihre Anträge nach italienischem Recht prüfen. Für ggf. gewährten Schutz ebenso wie für Rückführungen bleibt Italien zuständig.
Übertragung der Verantwortung: Bei diesem Ansatz wird sowohl die rechtliche Verantwortung für die Verfahren an einen Drittstaat übertragen, als auch Asylsuchende dorthin überstellt. Ein Beispiel war der inzwischen aufgegebene „Ruanda-Plan“ Großbritanniens:
Interner Link: Asylsuchende sollten nach Ruanda gebracht werden , wo sie nach ruandischem Recht Schutz beantragen und ggf. erhalten sollten.Rücküberstellungen in Transitstaaten: Hier geht es um Vereinbarungen zur Rückführung von Schutzsuchenden in Länder, die sie auf dem Weg nach Europa durchquert haben. Die
Interner Link: EU-Türkei-Erklärung von 2016 folgte diesem Muster. Sie sah vor, dass irregulär in Griechenland angekommene Schutzsuchende in die Türkei zurückgeführt werden konnten, im Gegenzug nahm die EU syrische Flüchtlinge aus der Türkei auf.
II. Rechtliche und ethische Bedenken
Die Externalisierung von Asyl wirft schwerwiegende rechtliche und ethische Fragen auf.
So verpflichtet die
Ebenfalls herausfordernd ist die Frage, was mit abgelehnten Asylsuchenden geschieht. Trotz des physischen Transfers der Betroffenen existieren die bekannten Hürden für Rückkehr und Rückführungen auch in Drittstaaten weiterhin, wie etwa fehlende Identitätsnachweise oder eine mangelnde Kooperationsbereitschaft der Herkunftsländer.
Neben diesen rechtlichen Schwierigkeiten werden bei der Externalisierung von Asyl auch grundlegende Fragen zur moralischen Verantwortung der EU im globalen Flüchtlingsschutz aufgerufen. So widerspreche diese Auslagerung der (völkerrechtlichen) Verpflichtung zu Zusammenarbeit und solidarischer Lastenteilung, die sich beispielsweise aus der Genfer Flüchtlingskonvention und dem Globalen Flüchtlingspakt ableitet. Ebenfalls wird eingewendet, alleine die Diskussion darum führe zu einer Dehumanisierung der Asylsuchenden, insofern sie als bloße „Probleme“ betrachtet werden, die ausgelagert werden können.
III. Hohe Kosten – geringe Zahlen
Eine zentrale Herausforderung ist die Suche nach kooperationswilligen Partnerstaaten. Abgesehen von Ruanda und Albanien sind die entsprechenden Bemühungen europäischer Staaten bisher erfolglos geblieben. Die
Auch die Kosten solcher Programme sind enorm. Das nie umgesetzte Ruanda-Abkommen kostete Großbritannien bereits 700 Millionen Pfund – umgerechnet rund 832 Millionen Euro.
IV. Bewertung
Befürworter:innen der Externalisierung argumentieren, aufgrund ihrer abschreckenden Wirkung könne sie irreguläre Migration reduzieren, Todesfälle auf gefährlichen Fluchtrouten verhindern und das „Geschäftsmodell“ von
Die EU-Türkei-Erklärung wiederum hat im Zusammenspiel mit anderen Faktoren zu einem Rückgang der Ankünfte auf den griechischen Inseln beigetragen.
Mit einer Politik der Auslagerung ist die Untergrabung internationaler Asylschutznormen insgesamt zu befürchten. Denn in der Folge könnten auch ärmere Länder, die ohnehin die meisten Flüchtlinge aufnehmen,
Auch die geopolitischen und sicherheitspolitischen Folgen müssen berücksichtigt werden und sind nicht zu unterschätzen.
V. Fazit
Die Externalisierung der Asylpolitik verspricht auf den ersten Blick eine Lösung für die Herausforderungen, mit denen Europa konfrontiert ist. Bei näherer Betrachtung überwiegen jedoch die rechtlichen, ethischen und praktischen Probleme, d.h.: Die enormen Kosten, die begrenzte Skalierbarkeit und die potenziell destabilisierenden Auswirkungen auf das internationale Schutzsystem. Langfristig erfolgversprechend für die EU und ihre Mitgliedstaaten können besonders folgende Punkte sein:
Die stringente Umsetzung des 2023 beschlossenen EU-Asylpakets unter konsequenter Achtung der Menschenrechte und der Genfer Flüchtlingskonvention.
Mehr legale Zugangswege für Schutzsuchende, etwa durch mehr Resettlement-Plätze und Ausweitung humanitärer Aufnahmeprogramme.
Verstärkte Unterstützung für Erstaufnahmeländer in Krisenregionen durch humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit.
Die Minderung von Fluchtursachen durch Konfliktprävention und -bearbeitung.
Die Förderung von sicherer und geordneter Arbeitsmigration.
Auf diese Weise würde die EU an ihren Grundwerten festhalten und ihre Verantwortung für den Flüchtlingsschutz nicht auslagern – wodurch sie glaubwürdig für Menschenrechte und internationale Zusammenarbeit eintreten und gleichzeitig die Herausforderungen von Flucht und Migration bewältigen könnte.