Die hohe Zahl an Asylsuchenden im Jahr 2015 löste in Schweden eine migrationspolitische Kehrtwende aus – und beeinflusst die Debatten bis heute. Obwohl die Zahl der Asylbewerberinnen und -bewerber seitdem stark abgenommen hat (Abbildung 1), hält die Regierung an dem Kurs fest, die Abschreckungs- und Kontrollpolitik weiter zu verschärfen. Nicht nur bei Asylsuchenden, Flüchtlingen und Menschen, die aus familiären Gründen zuwandern, sondern auch beim Erwerb der schwedischen Staatsbürgerschaft und der Zuwanderung von Arbeitskräften aus Nicht-EU-Ländern hat sie restriktive Maßnahmen ergriffen. Zu diesem migrationspolitischen Kurs haben auch Wahlerfolge der rechtspopulistischen Schwedendemokraten, Debatten über fehlgeschlagene Integration und einen angeblichen Missbrauch des Sozialstaats sowie ein Anstieg der organisierten Kriminalität von Banden mit Bezügen zu Staaten auf dem Westbalkan und im Nahen Osten beigetragen.
Jüngste Entwicklungen im Bereich Asyl und Migration in Schweden
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Schweden, das einst als „humanitäre Supermacht“ galt, hat seinen migrationspolitischen Kurs seit 2015 geändert. Abschreckungsmaßnahmen sollen dem Ruf als aufnahmebereite Gesellschaft entgegenwirken.
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Asyl und Familienzusammenführung
Im Herbst 2015 führte die damalige Regierungskoalition aus Sozialdemokraten und Grünen vorübergehende Maßnahmen ein, um Schweden als Zielland für Schutzsuchende weniger attraktiv zu machen: Sie führte Kontrollen an Schwedens Grenzen mit anderen Schengen-Ländern wieder ein und etablierte extraterritoriale Identitätskontrollen beim Einsteigen in Busse, Züge und Fähren nach Schweden. Flüchtlinge und andere schutzberechtigte Personenerhielten nur noch befristete (statt unbefristete) Aufenthaltsgenehmigungen, die Familienzusammenführung wurde eingeschränkt und die Gewährung von Aufenthaltserlaubnissen aus (nicht asylrechtlichen) humanitären Gründen wurde stark eingeschränkt. Einige dieser Maßnahmen wurden später zunächst gelockert, dann aber doch wiedereingeführt – mit Ausnahme der Identitätskontrollen.
Die
Arbeitsmigration
Das schwedische System für die Zulassung von Arbeitskräften aus Nicht-EU-Ländern – das einst als eines der liberalsten der Welt galt – wurde ebenfalls verschärft. So dürfen ausländische Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beispielsweise keine Familienangehörigen mehr mitbringen, wenn sie nicht für deren Unterhalt sorgen können; ebenfalls wurde die monatliche Gehaltsschwelle für die Zuwanderung ausländischer Arbeitskräfte mehr als verdoppelt – von 13.000 SEK (etwa 1.140 Euro) auf 80 Prozent des Medianlohns, derzeit 28.480 SEK (etwa 2.500 Euro).
Einwanderung insgesamt und öffentliche Debatte
Während die Abwanderung in den letzten fünf Jahren tendenziell zugenommen hat, war die Zuwanderung nach Schweden in diesem Zeitraum geringer als in den fünf Jahren davor (Abbildung 2).
Als Schweden im Jahr 2004 eine Einwohnerzahl von neun Millionen erreichte, wurde dies allgemein positiv bewertet. Heute hat das Land knapp 10,5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner. Dies wird jedoch oft negativ diskutiert, weil das Wachstum zu einem großen Teil auf Zuwanderung zurückzuführen ist, die häufig eher als Problem denn als Errungenschaft dargestellt wird. Der Anteil der im Ausland geborenen Menschen an der Bevölkerung Schwedens liegt derzeit bei 20,6 Prozent.
Ukrainische Flüchtlinge
Nur ein kleiner Teil der Menschen, die durch den
Schwedens Position im Gemeinsamen Europäischen Asylsystem (GEAS)
Anders als vor zehn Jahren nimmt Schweden heute – im Verhältnis zu seiner Bevölkerungszahl – weniger Asylsuchende auf als der EU-Durchschnitt. Schweden hat die jüngste
Änderungen der Politik zum Erwerb der Staatsbürgerschaft und der Integration
Die schwedische Regierung will Einbürgerungen erschweren, indem sie neue Sprach- und Integrationsanforderungen einführt und die erforderliche Aufenthaltsdauer vor der Einbürgerung verlängert. Außerdem plant sie, das langjährige Prinzip des schwedischen Wohlfahrtsstaates aufzugeben, wonach alle legal ansässigen Menschen die gleichen Rechte auf Sozialleistungen haben. Im Rahmen eines vorgeschlagenen „Qualifizierungssystems“ sollen Eingewanderte Beiträge leisten und Integrationsanforderungen erfüllen müssen, bevor sie Zugang zu bestimmten Sozialleistungen erhalten. Darüber hinaus sollen einige Ansprüche von der schwedischen Staatsangehörigkeit abhängig gemacht werden, wodurch ein System geschaffen würde, das beim Zugang zu bestimmten Sozialleistungen zwischen Staatsbürgern und Nicht-Staatsbürgern unterscheidet.
Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel
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Dr. Bernd Parusel ist Senior Researcher im Bereich Politikwissenschaft am Schwedischen Institut für Europapolitische Studien (Sieps). Sein Hauptforschungsinteresse gilt der Migrations-, Integrations-, Asyl- und Grenzpolitik der EU und in den EU-Mitgliedstaaten.
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