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Das gesellschaftliche Sprechen und Schreiben über Migration

Jochen Oltmer

/ 9 Minuten zu lesen

Wie über Migration gesprochen und geschrieben wird, sagt viel über die Auseinandersetzung einer Gesellschaft mit sich selbst aus. Einblick in solche Aushandlungen geben die (Un-)Wörter des Jahres.

Unwort des Jahres 2020: "Rückführungspatenschaften". (© picture-alliance, Sascha Steinach)

Seit 1977 wählt die Gesellschaft für deutsche Sprache (GfdS) regelmäßig das Externer Link: „Wort des Jahres“. 1991 trat das Externer Link: „Unwort des Jahres“ hinzu. Beide Begriffe werden, wie die GfdS hervorhebt, als ein „sprachlicher Jahresrückblick“ verstanden, als ein Versuch, die Worte zu erfassen, die die „öffentliche Diskussion dominiert und ein Jahr wesentlich geprägt haben“. Rasch lässt sich bei einer Durchsicht der Begriffe erkennen, dass Migrations- und Diversitätsbezüge in den vergangenen Jahren erhebliches Gewicht hatten.

Wörter des Jahres

1979 findet sich ein erster migrationsbezogener Begriff in der langen Reihe erst-, zweit- und drittplatzierter „Wörter des Jahres“: „Boat people“ erreichte im Kontext der Interner Link: Aufnahme von Schutzsuchenden aus Indochina (vor allem aus Vietnam) den zweiten Platz. Schon im Folgejahr 1980 kam der Externer Link: „Asylant“ ebenfalls auf einen zweiten Platz. In jenem Jahr waren in der Bundesrepublik Deutschland erstmals mehr als 100.000 Asylanträge gestellt worden. Dann dauerte es beinahe zehn Jahre, bis 1989 mit dem Begriff „Reisefreiheit“ im Interner Link: Zusammenhang mit der Öffnung der Grenze zwischen DDR und Bundesrepublik ein erster Platz folgte. In der bundesdeutschen gesellschaftlichen Debatte wurde dieser Begriff allerdings weniger mit „Migration“ im engeren Sinne in Verbindung gebracht. Vielmehr versinnbildlichte er vor allem Interner Link: vermehrte Handlungsmöglichkeiten von DDR-Bürger:innen, und so stand eher der Begriff der „Freiheit“ denn der Begriff der „Reise“ im Vordergrund. 1992 lagen schließlich „Fremdenhass“ und „Rassismus“ auf dem zweiten und dem dritten Platz. Hintergrund war die Interner Link: Eskalation rechter Gewalt ab Herbst 1991. Bei pogromartigen Anschlägen auf Unterkünfte von Geflüchteten und Migrant:innen starben mehrere Menschen, viele weitere wurden zum Teil schwer verletzt.

Ab der Jahrtausendwende nahm die Frequenz migrationsbezogener „Wörter des Jahres“ dann zu: Im Jahr 2000 erreichte die von der damaligen rot-grünen Bundesregierung zur Erleichterung der Arbeitskräftezuwanderung eingeführte „Interner Link: Greencard“ den dritten Platz. 2004 kam im Kontext von hitzigen Debatten um das angebliche Scheitern der Integration von Zugewanderten der Begriff Externer Link: „Parallelgesellschaften“ auf den zweiten Platz. 2006 folgte der Externer Link: „Karikaturenstreit“ (3. Platz) infolge der Auseinandersetzungen um von einer dänischen Tageszeitung veröffentlichte Karikaturen des Propheten Mohammed, die unter Muslim:innen weltweit für große Empörung sorgten. 2010 führten die hitzigen Debatten um ein vom ehemaligen Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin Externer Link: verfasstes Buch dazu, dass das „Sarrazin-Gen“ auf den dritten Platz gewählt wurde. In rassistischer Manier hatte dieser argumentiert, dass die angebliche genetische Prägung bestimmter gesellschaftlicher Gruppen für deren soziale Probleme wie Bildungsferne oder Arbeitslosigkeit verantwortlich sei.

Bei einer ähnlich starken Präsenz migrationsbezogener Begriffe blieb es in den 2010er Jahren: Die in gesellschaftlichen Debatten als Externer Link: „Armutseinwanderung“ bezeichnete Zuwanderung von EU-Bürger:innen aus Rumänien und Bulgarien erreichte 2013 den dritten Platz. Im Kontext der umfangreichen Fluchtzuwanderung insbesondere aus dem Bürgerkriegsland Syrien folgte 2015 „Flüchtlinge“ als „Wort des Jahres“. 2016 landete die „Silvesternacht“ auf den zweiten Platz, als Ausdruck der Interner Link: Diskussionen über den Umgang mit Geflüchteten und dem Islam nach sexuellen Übergriffen auf Frauen an Silvester durch junge Männer aus dem nordafrikanischen und arabischen Raum. Und 2018 erreichten die als „Interner Link: AnKer-Zentren“ bezeichneten Aufnahmeeinrichtungen für Asylsuchende im Zuge der Diskussionen um die Frage, wie ungenehmigte Migration eingedämmt werden könne, den dritten Platz.

Unwörter des Jahres

Bei den „Unwörtern des Jahres“ ist der Anteil migrations- und diversitätsbezogener Begriffe noch höher. Das zeigt sich allein schon beim Blick auf die Begriffe, die jeweils den ersten Platz belegten: Die frühen 1990er Jahre boten zunächst eine erste Phase der Verdichtung im Hinblick auf die Wahl solcher Worte: Das erste „Unwort“ überhaupt war 1991 „ausländerfrei“, es folgten unmittelbar „Interner Link: ethnische Säuberung“ (1992) und „Interner Link: Überfremdung“ (1993). Alle drei Worte zeugen vom gesellschaftlich aufgeladenen Klima Anfang der 1990er Jahre, welches sich in Interner Link: rassistischen Debatten und Gewalt gegen Zugewanderte und ihre Nachkommen entlud.

Mitte des ersten Jahrzehnts der 2000er Jahre bis Mitte der 2010er Jahre folgte ein zweiter Schwerpunkt migrationsbezogener Unwörter: 2006 wurde „freiwillige Ausreise“ abgelehnter Asylsuchender gewählt, 2011 traten die „Interner Link: Döner-Morde“ als sachlich unangemessene und rassistisch konnotierte Bezeichnung für die Interner Link: Mordserie des rechtsterroristischen NSU hinzu. 2013 folgte Externer Link: „Sozialtourismus“ als Begriff, mit dem Stimmung gegen die unerwünschte Zuwanderung von Menschen – insbesondere aus Osteuropa – gemacht wurde. 2015 wählte die Jury Externer Link: „Gutmensch“ zum Unwort des Jahres, mit dem vor allem ehrenamtlich in der Flüchtlingshilfe engagierte Menschen beschimpft worden waren.

Einen dritten, deutlich ausgeprägteren Schwerpunkt bildeten die späten 2010er und frühen 2020er Jahre: Unwort des Jahres 2018 war der durch den CSU-Politiker Alexander Dobrindt geprägte Begriff „Anti-Abschiebeindustrie“, der die rechtliche Unterstützung von abgelehnten Asylbewerber:innen delegitimierte. 2020 folgten die von der EU-Kommission als migrationspolitisches Instrument vorgeschlagenen „Rückführungspatenschaften“ – ein beschönigender Begriff für die Übernahme von Verantwortung für Interner Link: Abschiebung in der Geschichte Deutschlands durch einzelne EU-Mitgliedstaaten. 2021 wurde Externer Link: „Pushback“ als Bezeichnung für die illegale Praxis des Zurückdrängens von Asylsuchenden an den europäischen Außengrenzen zum Unwort des Jahres gewählt, 2023 schließlich „Interner Link: Remigration“ – ein Begriff, der wissenschaftlich auf die Rückkehr von Migrant:innen in ihr Herkunftsland beziehungsweise an den Ausgangsort ihrer Migration verweist, der aber seit einigen Jahren vermehrt von rechtspopulistischen und rechtsextremen Akteuren im Sinne ihrer Ideologie umgedeutet wird. In politischer Absicht gekapert, soll er euphemistisch die massenhafte Deportation beziehungsweise Vertreibung von Eingewanderten beschreiben.

Rückschlüsse

Was aber lässt sich nun aus der Wahl dieser Begriffe und aus ihrer spezifischen Verwendung schließen? Sechs Aspekte seien hervorgehoben:

1) Die Bundesrepublik der vergangenen drei, vier Jahrzehnte kann als Migrationsgesellschaft charakterisiert werden. Zwar kennt jedes Kollektiv Wanderungsbewegungen, weil menschheitsgeschichtlich Migration ein universaler Normalfall ist. Allein die Mobilität aber macht Gesellschaften noch nicht zu Migrationsgesellschaften. Als solche lassen sich vielmehr jene Gemeinwesen verstehen, die stetig, intensiv und kontrovers die Folgen räumlicher Bewegungen auf die eigene soziale Ordnung diskutieren. Dass die bundesdeutsche Gesellschaft eine Migrationsgesellschaft ist, verdeutlicht bereits die Häufung der migrations- und diversitätsbezogenen Begriffe unter den (Un-)Wörtern des Jahres.

2) Der Blick auf die Liste der (Un-)Wörter des Jahres macht deutlich: Eine Vielzahl von umkämpften Begriffen kennzeichnet das Sprechen und Schreiben über Migration und die auf unterschiedliche Weise bezeichneten und kategorisierten Phänomene und Menschen: „Einwanderung“ oder „Zuwanderung“? „Flüchtling“ oder „Geflüchtete“? „Illegale“ oder „irreguläre Migrant:innen“? „Mobilität“ oder „Migration“? Solche Kategorisierungen und Kategorien verweisen auf Vorstellungen über gesellschaftliche Hierarchien und (Nicht-)Zugehörigkeit, die sich beispielsweise an Erwartungen über Nützlichkeit (Stichwort: Fachkräftemangel) und Hilfsbedürftigkeit (Stichwort: kriegsbedingte Flucht) von Eingewanderten orientieren. Solche Begriffe sind weit mehr als nur eine Anzahl von Schriftzeichen. Denn mit Bedeutungen aufgeladen, beeinflussen sie die Wahrnehmung von Menschen in Bewegung und den gesellschaftlichen Umgang mit ihnen.

Jede Gesellschaft Interner Link: handelt unter Beteiligung zahlreicher unterschiedlich mächtiger Akteure fortwährend neu aus, wie Migration, Flucht oder einzelne räumliche Bewegungen von Menschen verstanden werden. Solche Aushandlungen sind nicht folgenlos, denn sie münden in rechtliche Regelungen, Gesetze, den Auf-, Ab- oder Umbau von Organisationen – das heißt Normen und Strukturen, die wiederum den Rahmen bilden für neue Aushandlungen über Homogenität oder Heterogenität, Differenz oder Gleichheit, Nähe oder Distanz.

3) Wissenschaftlich erweist es sich als ausgesprochen schwierig, die Dynamik und die Funktionen solcher Aushandlungen, ihre Mechanismen und die Entstehung sowie Entwicklung der Deutungskonflikte zu verstehen. Der Blick auf die (Un-)Wörter des Jahres verdeutlicht, dass – wenig überraschend – die Wahl immer dann auf migrationsbezogene Begriffe fiel, wenn die bundesdeutsche Gesellschaft besonders intensiv über Migration stritt: Phasen weit ausgreifender Migrationsdebatten finden sich in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren ebenso wie in den frühen 1990er und frühen 2000er Jahren sowie ab Mitte des zweiten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts. Warum sich in einer Gesellschaft Debatten über Migration aufheizen, Tendenzen der Öffnung oder der Schließung gegenüber Zuwanderung ergeben oder warum etwa in der EU in der einen Gesellschaft eine Tendenz zur Schließung gegenüber Zuwanderung auszumachen ist, während in anderen – benachbarten – zeitgleich eine Perspektive der Öffnung, ist schwer zu erklären.

Feststellen lässt sich, dass die Wahrnehmung der jeweiligen politischen, sozialen und ökonomischen Situation der eigenen Gesellschaft und insbesondere die gesellschaftlichen Zukunftsvorstellungen in hohem Maße belangvoll für die Einordnung von Zuwanderungen und ihre Aufladung mit Bedeutungen sind: Werden Migrant:innen als wertvolle Ergänzung des Arbeitsmarkts verstanden, weil Fachkräfte fehlen? Oder gelten sie als Konkurrenz in einer Situation, in der Gesellschaften als Ort des Verteilungskampfes um knappe Güter wie Arbeit oder Sozialleistungen eingeordnet werden? Dominiert die Wahrnehmung, dass von Geflüchteten Gefahren für die innere Sicherheit ausgehen? Oder die Perspektive, sie vornehmlich als Opfer von Gewalt zu sehen, denen Hilfe zuteilwerden muss? Werden Zugewanderte als zugehörig verstanden – als Angehörige des gleichen nationalen Kollektivs, der gleichen sozialen Gruppe, einer ähnlichen „Kultur“? Oder werden vor allem Unterschiede und Distanzen betont, weil sie als Menschen gelten, die aus einer für nicht anpassungsbereit erachteten „fremden Kultur“ oder für nicht anpassungsfähig gehaltenen sozialen Schicht kommen?

4) Der Blick auf die (Un-)Wörter des Jahres und die Begründungen für deren Vergabe offenbaren überwiegend Tendenzen der gesellschaftlichen Schließung: negative Konnotationen, Abwehrhaltungen gegenüber Migration, die Markierung als ein unnormales, außergewöhnliches Phänomen, das im Modus des Beseitigens zu bearbeiten ist – diese Schließungstendenzen fallen in Phasen, in denen sich eher negative Zukunftsvorstellungen in der bundesdeutschen Gesellschaft ausgeprägt hatten. Auf Kontexte von (relativer) Öffnung beziehen sich faktisch nur vier Begriffe: „Boat people“ (1979), „Reisefreiheit“ (1989), „Greencard“ (2000) und „Flüchtlinge“ (2015), alle anderen lassen in der Regel recht eindeutige Abwehrhaltungen erkennen: vom „Asylanten“ (1980) über den „Fremdenhass“ (1992) und die „Parallelgesellschaft“ (2004) bis hin zur „Remigration“ (2023).

5) Die (Un-)Wörter des Jahres verweisen allerdings nicht nur auf den Umfang der je spezifischen gesellschaftlichen Aushandlungen um Migration und Diversität sowie Tendenzen der Öffnung oder Schließung von Gesellschaften. Gestritten wird immer auch über das jeweils für korrekt erachtete Schreiben und Sprechen. Das machen Gegenbegriffe zu den (Un-)Wörtern des Jahres deutlich, die zwar nicht den Siegespreis einheimsen konnten – und deren gesellschaftliche Bearbeitung von nicht allzu großer Dringlichkeit schien –, aber in den jeweiligen gesellschaftlichen Diskussionen alles andere als unbedeutend waren: Zum „Asylanten“ der Debatten des Jahres 1980 gehört der Gegenbegriff des „Flüchtlings“. Den Gegenbegriff zur „Überfremdung“ von 1993 bildete der „Interner Link: Multikulturalismus“. Die vor allem mit Blick auf als überlastet geltende Kommunen diskutierte Externer Link: „Armutseinwanderung“ von Menschen aus Rumänien und Bulgarien von 2013 fand in den städtischen „Interner Link: Ankunftsquartieren“ ebenso einen Gegenpol, wie zu den „Döner-Morden“ (2011) die Externer Link: „Diversität“ und zu der „Anti-Abschiebeindustrie“ von 2018 die Externer Link: „Willkommenskultur“ gehörte.

Welche Begriffe gelten für welche Bewegungen und für welche Phänomene als angemessen? Sollte ein soziales Phänomen wie Migration so bezeichnet werden, dass sich Potentiale oder Probleme herausstellen lassen? Was sagen die Begriffe über die Schärfe der Debatte, über Tendenzen gesellschaftlicher Spannungen und Spaltung? Nie handelt es sich um bloße Buchstabenfolgen, immer geht es um ambivalente Konnotationen, das Aufladen mit Bedeutungen, um das Deuten und Kategorisieren – also um Praktiken, die für die so Bezeichneten Folgen für Mobilitätsoptionen und Lebenschancen mit sich bringen; stets geht es um politische Macht, ringt die Gesellschaft mit sich selbst, werden Gesellschafts- und Zukunftsvorstellungen entworfen und verworfen.

6) Begriffsverschiebungen und Umdeutungen verbinden sich mit veränderten Selbst- und Fremdwahrnehmungen. Dass die GfdS 2015 den Begriff Externer Link: „Flüchtlinge“ zum „Wort des Jahres“ wählte, galt nicht als Überraschung angesichts der überaus intensiven gesellschaftlichen Debatten um die Interner Link: vermehrte Ankunft von Schutzsuchenden in Europa. Kritik aber wurde dennoch laut: Das Wort Interner Link: Flüchtling sei negativ konnotiert und werde vielfach abwertend verwendet – wie so viele andere Begriffe auch, die mit dem Suffix „-ling“ gebildet werden. Ein solcher Pejorativsuffix führe zu einer tendenziell abschätzigen Bezeichnung der jeweils gemeinten Menschen, weil er zu ihrer Verniedlichung beitrage (in Analogie zum „Schönling“), sie als wenig handlungsmächtig („Prüfling“), als kläglich („Schreiberling“) oder sogar als niederträchtig („Widerling“, „Emporkömmling“, „Wüstling“) erscheinen lasse. Es sei geboten, alternative Begriffe zu verwenden, auch weil das Wort nicht die Bildung von Feminina zulasse und deshalb zu dem Eindruck führe, der Flüchtling sei (immer) ein Mann.

Tatsächlich gewann die Rede von den „Geflüchteten“ seit Anfang der 2010er Jahre an Gewicht und konkurriert seither in der öffentlichen Diskussion mit dem Begriff des Flüchtlings. Dessen Bedeutungsverlust und die Karriere von Alternativbenennungen (etwa „Schutzsuchende“) ist noch nicht zureichend erklärt worden, zumal Forschungsergebnisse aus den Sprachwissenschaften deutlich machen, dass nach der Wirkung des Suffix „-ling“ befragte Personen mit ihm keineswegs überwiegend eine negative Konnotation verbinden. Nicht das Wort ist also das Problem, sondern die Zuweisung von Bedeutung im Kontext intensiver gesellschaftlicher Aushandlungen. Umso mehr braucht die Migrationsgesellschaft einen selbstreflexiven Umgang mit ihrer eigenen Sprache.

Zum Thema

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Prof. Dr. Jochen Oltmer lehrt Neueste Geschichte und Migrationsgeschichte am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück.