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Hat der europäische Fußball ein Rassismus-Problem?

Niklas Schulteis

/ 15 Minuten zu lesen

Fußball ist eine Arena, die Menschen zusammenbringt. Aber er kann auch Ausschlüsse produzieren – etwa durch implizite und explizite Formen von Rassismus. Ein Überblick.

Vinícius Júnior (Real Madrid) feiert beim Gegner FC Valencia das erste Tor seiner Mannschaft (02. März 2024). Seine symbolische Geste erfolgte fast ein Jahr nachdem er mit Tränen in den Augen auf demselben Feld stand, auf dem er von einigen Valencia-Fans rassistisch beleidigt worden war. (© picture-alliance/AP, Jose Breton)

Fußball als “farbenblindes” Spiel

In diesem Sommer richten Deutschland und der Deutsche Fußballbund (DFB) die Fußball-Europameisterschaft 2024 aus und so sind wieder alle Augen auf diese beliebte Sportart gerichtet. Um diese Dynamik zu nutzen, hat der DFB eine spezielle Anti-Rassismus-Kampagne unter dem Motto „Fußballzeit ist die beste Zeit gegen Rassismus“ aufgelegt, die sich sowohl an die nationale Fußballwelt als auch an lokale Amateurmannschaften richtet. Das Konzept dieser Kampagne stellt für Amateurvereine eine durchaus bedeutende Initiative dar, da lokale Amateurvereine oft die erste Anlaufstelle für junge Migrant:innen und Flüchtlinge sind, die nach Deutschland kommen. In ähnlicher Weise haben Spaniens höchste Fußballliga, LaLiga, und der spanische Fußballverband RFEF die Kampagne #1voiceVSRACISM ins Leben gerufen. Was diese Kampagnen gemein haben, ist die Idee, dass Fußball als Sport, der auf dem Spielfeld ausgeübt wird, Integration schafft und Menschen zusammenbringt. Allerdings steht diese Vorstellung im Zusammenhang mit einem Problem, das sich auf allen Ebenen des Profifußballs, vor allem aber in den Entscheidungsstrukturen und Führungsgremien zeigt: „Farbenblindheit“ (Color-blindness). „Farbenblindheit“ bezieht sich in diesem Zusammenhang auf die Annahme, dass der Fußball vollkommen Interner Link: meritokratisch ist, es also nur die Leistung sei, die auf dem Spielfeld wirklich zählt. Diese Vorstellung ist in vielen Fußball-Dachverbänden weit verbreitet und führt dazu, dass struktureller, impliziter Rassismus oft übersehen wird. In diesem Beitrag soll daher dieser Mechanismus näher untersucht werden, indem ein Überblick über die bekanntesten Fälle von strukturellem Rassismus im Profifußball gegeben wird sowie die expliziten und impliziten Formen, in denen sich Rassismus manifestieren kann, erläutert und Maßnahmen zur Bekämpfung von Rassismus vorgestellt werden.

Beispiele für strukturellen Rassismus im Profifußball

Es gibt zahlreiche prominente Beispiele, die in direktem Gegensatz zu der oben erläuterten „farbenblinden“ Haltung stehen. In einer Pressekonferenz vor dem Rückspiel gegen Manchester City in der Champions League (2024) brachte Real Madrid-Spieler Jude Bellingham seine Frustration darüber zum Ausdruck, dass die Fußballverbände sich nicht genug für die Bekämpfung von Rassismus engagieren. Dies ereignete sich nur wenige Wochen, nachdem sein brasilianischer Mannschaftskamerad Vinícius Júnior während einer Pressekonferenz in Tränen ausgebrochen war, als er erklärte, dass die anhaltenden rassistischen Beschimpfungen durch rivalisierende Fans zunehmend seine Leidenschaft für den Sport überschatten. Wegen rassistischer Beschimpfungen gegen ihn hat die spanische LaLiga allein seit Oktober 2021 18 Klagen eingereicht. In der Länderspielpause im März 2024 veranstalteten der spanische und der brasilianische Verband gemeinsam ein Benefizspiel zur Unterstützung von Vinícius' Kampf gegen Rassismus. Das einzige Problem: Das Geld wurde nicht an eine Hilfsorganisation gespendet, sondern blieb bei den Verbänden, woraufhin Quellen aus Vinícius‘ Umfeld erklärten, dass der Spieler selbst enttäuscht gewesen sei, weil die Verbände eine Gelegenheit verpasst hätten ihm beizustehen. In ähnlicher Weise wurden die Chelsea-Spieler Lauren James und Nicholas Jackson im Laufe ihrer Spielerkarriere in England wiederholt von Fans rassistisch beleidigt. Sowohl die betroffenen Vereine als auch der englische Fußballverband (FA) gaben Erklärungen ab, in denen sie diese Vorfälle verurteilten. Es stellt sich jedoch die Frage, wie ernst die FA und die Premier League – die höchste Spielklasse im englischen Fußball – diese Probleme nehmen. Denn erst jüngst verklagte ein ehemaliges Mitglied des Teams für Vielfalt und Integration der Premier League die Liga wegen rassistischer Diskriminierung und Belästigung. Eine vergleichbare Diskrepanz ist für Deutschland zu beobachten: so berichtete der DFB im Jahr 2023, dass die Zahl der rassistischen Vorfälle im Fußball in Deutschland in den letzten Jahren zurückgegangen sei – während eine unabhängige Meldestelle, die in Nordrhein-Westfalen angesiedelt ist und Diskriminierung im Fußball untersucht, dies bestritt: Sie stellte steigende Zahlen fest. Während der DFB in der Saison 2022/23 drei rassistische Vorfälle im Profifußball meldete, verzeichnete die Meldestelle im gleichen Zeitraum 95 Vorfälle mit rassistischem oder antisemitischem Hintergrund.

Expliziter Rassismus

Wenn man über Rassismus im Fußball nachdenkt, sind rassistische Gesänge meist eines der ersten Dinge, die einem in den Sinn kommen. In einer Studie über derartige Gesänge in Stadien der englischen Premier League wurde festgestellt, dass sowohl rassistische Gesänge, die sich gegen gegnerische Spieler richten, als auch gegen Spieler der Mannschaft, die von der jeweiligen Fangruppe unterstützt wird, an Spieltagen häufig vorkommen. Konkret stellte die Studie antisemitische Verunglimpfungen jüdischer Spieler fest, ebenso wie Gesänge, in denen der beim FC Liverpool unter Vertrag stehende ägyptische Fußballer Mohamed Salah als Terrorist dargestellt wird und Gesänge, die rassistische Stereotype über Schwarze Spieler aufgreifen. Ähnliche Beleidigungen finden sich im Fall von Vinícius Júnior, wo rassistische Stereotype, das N-Wort oder Affengeräusche leider üblich sind.

Implizite Formen von Rassismus

Medienberichterstattung und Fandiskurse

Natürlich wird Fußball nicht nur in den Stadien verfolgt, sondern auch im Fernsehen, das den Fußballkommentatoren eine Bühne und ein großes Publikum bietet. In diesem Bereich des Profifußballs sind implizite und alltägliche Formen von Rassismus weit verbreitet. So ergab eine Studie über Fußballberichterstattung in Spanien, dass die internationale Ausstrahlung spanischen Fußballs im Fernsehen und die dazugehörige Moderation rassistische Stereotype aufgreift und mit ihnen einhergehende Hierarchisierungen verfestigt. So werden von den Kommentator:innen etwa Schwarze Spieler als physisch überlegen oder muslimische Spieler als körperlich aggressiv beschrieben. Solche Darstellungen tragen zur Konstruktion der „Anderen“ bei (sogenanntes Othering) und reproduzieren im Zusammenhang mit nationalen Identitäten im Profisport ein „Wir“-gegen-„Die“-Schema. Dieses verleiht dem Fußball einen ausgrenzenden Charakter. Dass Schwarze Spieler im Vergleich zu weißen Spielern relativ häufig mit körperlicher Begabung in Verbindung gebracht werden, deckt sich mit Ergebnissen einer Studie, die unter polnischen Jugendlichen im Kontext Fußball verbreitete Diskurse über „Race“ untersuchte. Auch hier sind Diskurse weit verbreitet, die die Körperlichkeit von schwarzen Spielern betonen. Eine ähnliche Studie unter spanischen Jugendlichen belegte ebenfalls, dass Stereotype über die vermeintliche körperliche Überlegenheit Schwarzer Spieler von den meisten Befragten geäußert wurden. Es scheint daher wahrscheinlich, dass ähnlich gelagerte Fußballdiskurse in den Medien die Diskurse der Fußballfans im Alltag verstärken. Diese Ergebnisse zeigen, dass Rassismus nicht nur im Stadion vorkommt, sondern durchaus in der Fußballkultur und den Fan-Diskursen selbst verwurzelt ist.

Spieleraufstellung (Stacking)

Diskutiert wird in der Forschung auch, inwiefern rassistisches Wissen die Art und Weise, wie die verschiedenen Spielerpositionen besetzt werden, prägt. Der hierfür verwendete Begriff „Racial Stacking“ (oder auch „Racist Stacking“) versucht darauf hinzuweisen, dass Spielpositionen nicht zufällig verteilt sind, sondern rassistische Stereotype die Entscheidungen darüber beeinflussen, welche Spieler auf welchen Positionen auf dem Spielfeld eingesetzt werden. Dies wurde etwa am Beispiel des American Football in den Vereinigten Staaten herausgearbeitet. Studien haben ergeben, dass Schwarze Sportler seltener in zentralen Positionen spielen, die taktische Entscheidungen erfordern, dafür aber überrepräsentiert sind in peripheren Positionen, die mit körperlicher Stärke assoziiert werden. Eine Studie über die deutsche Bundesliga in der Saison 2020/21 ergab, dass dieses Phänomen auch im europäischen Spitzenfußball auftritt: Weiße Spieler sind auf Positionen überrepräsentiert, die typischerweise mit Führungsqualitäten oder taktischen Entscheidungsfähigkeiten in Verbindung gebracht werden, wie z.B. die des defensiven Mittelfeldspielers oder Torwarts; Schwarze Spieler sind auf diesen Positionen unterrepräsentiert. So wurden von 967 Spielern aus der ersten und zweiten Fußball-Bundesliga in der Saison 2020/21 20,6 Prozent als Schwarze Spieler kategorisiert. Es gab aber keinen einzigen Schwarzen Torwart. Im defensiven Mittelfeld waren Schwarze Spieler mit 17,1 Prozent leicht unterrepräsentiert. Auf der anderen Seite spielen Schwarze Spieler deutlich häufiger auf Positionen, die mit körperlichen Fähigkeiten assoziiert werden, wie zum Beispiel als offensive Außenspieler. So waren der genannten Studie zufolge in der Saison 2020/21 in der ersten und zweiten Fußball-Bundeliga 37 Prozent der offensiven Außenspieler Schwarze. Eine andere Studie, die dieses Phänomen in Englands Premier League und den anderen englischen Fußballligen untersuchte, kam zu ähnlichen Ergebnissen: Spieler of Color werden deutlich häufiger auf peripheren als auf zentralen Positionen eingesetzt. Die Studie stellte aber nicht nur fest, dass die Spieler entlang dieser Zentrum-Peripherie-Achse getrennt sind, sondern auch, dass Schwarze Spieler signifikant häufiger auf Positionen spielen, die mit Athletik in Verbindung gebracht werden (zum Beispiel auf dem Flügel oder als Außenverteidiger) als auf Positionen, die mit Organisations- oder Kommunikationsfähigkeiten verknüpft werden (Innenverteidiger, defensiver Mittelfeldspieler).

Trainer- und Führungspositionen

Rassismus lässt sich nicht nur auf dem Fußballplatz, im Stadion oder im Fernsehen beobachten. Institutionalisierte Formen des Rassismus sind auch in Gremien, Entscheidungs- und Managementstrukturen sowie in den jeweiligen Trainerstäben zu finden – bekannte Beispiele sind rassistische Äußerungen des ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden von Schalke 04, Clemens Tönnies, oder rassistische Beleidigungen eines Jugendtrainers im Nachwuchsleistungszentrum des FC Bayern München.

Auch die Besetzung der Führungspositionen entsprechen kaum den gesellschaftlichen Realitäten in ihrer Herkunftsvielfalt und zeugt von Ausschlussmechanismen wie strukturellem Rassismus: so waren im Jahr 2022 in den Spitzenmannschaften der Männer im europäischen Fußball 87 Prozent der Führungspositionen, 87,2 Prozent der operativen Führungspositionen und 90 Prozent der Trainerpositionen mit Weißen Männern besetzt. Neben Männern of Color waren auch Frauen im Männer-, aber auch im Frauenfußball in Trainer- und Führungspositionen stark unterrepräsentiert, insbesondere solche, die einer ethnischen Minderheit angehören. 2022 waren nur 0,5 Prozent der Führungspositionen, 0,3 Prozent der operativen Führungspositionen und null Prozent der Trainerpositionen mit Frauen besetzt, die einer ethnischen Minderheit angehörten. Diese Zahlen machen deutlich: Ethnische Minderheiten sind in den Entscheidungsstrukturen des Fußballs stark unterrepräsentiert.

Rassismus im europäischen Vergleich

Es ist schwierig Statistiken zu finden, die es ermöglichen verschiedene Länder in Bezug auf Rassismus zu vergleichen. Kick It Out, eine der größten gemeinnützigen europäischen Organisationen gegen Rassismus im Fußball, erfasste von der Saison 2021/22 zur Saison 2022/23 einen Anstieg der gemeldeten Diskriminierungsvorfälle in Europa um 65 Prozent. Die Organisation erklärt jedoch selbst, dass dies nicht zwangsläufig bedeute, dass Rassismus an sich zunimmt, sondern dass der Anstieg der Zahlen auch aus dem gestiegenen Bewusstsein und der Bereitschaft, Vorfälle von rassistischer Diskriminierung zu melden, resultieren könne. Am häufigsten finden sich Statistiken, die die öffentliche Meinung zum Thema Rassismus vergleichen. Obgleich sich diese Statistiken aufgrund unterschiedlicher Erhebungsmethoden und den von Kick It Out hervorgehobenen Schwierigkeiten kaum für einen Vergleich der einzelnen Länder eignen, zeigen sie doch: Rassismus im Fußball stellt in ganz Europa ein Problem dar und wird auch als solches wahrgenommen.

Maßnahmen gegen Rassismus im europäischen Fußball

In der Vergangenheit gab es zahlreiche symbolische Kampagnen gegen Rassismus, wie z.B. die #NoToRacism-Kampagne des europäischen Fußballverbands UEFA oder die bereits erwähnten Kampagnen des deutschen und des spanischen Fußballverbands „Fußballzeit ist die beste Zeit gegen Rassismus“ bzw. #1voiceVSRACISM. Angesichts der Tatsache, dass es in ganz Europa weiterhin Vorfälle rassistischer Diskriminierung gibt, rücken auch andere mögliche Maßnahmen gegen Rassismus in den Blick.

Können etwa strenge Strafen eine wirksame Maßnahme gegen Rassismus sein? Solche Strafen können von den Fußballverbänden selbst oder von den einzelnen Vereinen verhängt werden. Gängige Beispiele für solche Strafen oder Sanktionen sind Stadionverbote für alle, die sich in irgendeiner Form rassistisch verhalten. Eine solche strenge Strafe würde – konsequent durchgesetzt – wahrscheinlich zu einem Rückgang rassistischer Vorfälle führen. Die beiden spanischen Fußball-Giganten FC Barcelona und Real Madrid haben bereits Präzedenzfälle geschaffen, indem sie ihre Ultra-Gruppen verboten haben, weil diese in die Neonazi-Szene verwickelt waren und in den Stadien den Hitlergruß und Hakenkreuze zeigten. Das Vereinigte Königreich hat infolge der Ausschreitungen von Fußball-Hooligans in den 1970er und 1980er Jahren Regeln eingeführt, die es erleichtern, bei Fehlverhalten Stadionverbote zu verhängen, und sich als wirksam erwiesen haben. Solche Strafen scheinen ein logischer Weg zu sein, um expliziten Rassismus zu bekämpfen, z.B. in Stadien oder in der Kommentierung von Fußballspielen im Fernsehen. Die große Schwierigkeit bei diesem Ansatz besteht jedoch darin, angesichts der Hektik in den Fußballstadien herauszufinden, wer genau was gesagt hat. Dennoch scheinen strengere Strafen eine wirksame Maßnahme zu sein, um Rassismus zu bekämpfen – und sei es nur, um eine Norm zu setzen und möglicherweise Zuschauende davon abzuschrecken, sich in ähnlicher Weise zu verhalten.

Während dieser erste Ansatz als eine Art Medikament betrachtet werden kann, das die unmittelbaren Symptome des Rassismus bekämpft, ist es darüber hinaus notwendig, nachhaltigere, langfristige Lösungen zu finden. Hier erscheint es sinnvoll, jenen zuzuhören, die von Rassismus betroffen sind. Vinícius Júnior von Real Madrid und Raheem Sterling vom FC Chelsea, die beide zu den am meisten von Rassismus betroffenen Spielern im europäischen Fußball zählen, setzen sich seit langem für eine stärkere Repräsentation in den Entscheidungsstrukturen des europäischen Fußballs ein, die derzeit von weißen Männern dominiert werden. Mehr Vielfalt in diesen Positionen würde bedeuten, Menschen in Machtpositionen zu bringen, die selbst Rassismus erlebt haben und daher wissen, wie wichtig es ist, wirksame Gegenmaßnahmen zu finden. Außerdem würde dies zum psychischen Wohlbefinden der diskriminierten Spieler beitragen, da viele von ihnen das Gefühl haben, dass die überwiegend weißen Führungsstrukturen das Problem nicht ernst genug nehmen. Dazu zählt der Ansatz, zu betonen, dass der Fußball eine Arena sei, in der „Race“ keine Rolle spiele, weil Spieler:innen und Trainer:innen nur aufgrund ihrer Verdienste und ihrer sportlichen Leistung beurteilt würden; der seit langem existierende Rassismus in den europäischen Gesellschaften, der sich auch im Fußball zeigt, wird in diesem Ansatz hingegen ausgeblendet – wodurch bestehende Mechanismen des strukturellen Rassismus in den Organisationen des Fußballs vorerst unberührt bleiben.

Denkbar wären alternative Ansätze wie Zielvorgaben oder Quoten, um institutionalisierte Praktiken der strukturellen rassistischen Diskriminierung zu bekämpfen. Dies scheint z. B. angesichts von Untersuchungen sinnvoll, in denen Trainer of Color erklärten, dass die Einstellungspraxis im Fußball für verschiedene Positionen wie Trainer oder Manager manchmal eher auf persönlichen Netzwerken (die bestehende Machthierarchien reproduzieren) als auf tatsächlichen Qualifikationen beruhe. Die Repräsentation der Vielfalt in diesen institutionellen Entscheidungsstrukturen würde es wahrscheinlich auch erleichtern, impliziten Formen des Rassismus vorzubeugen, da dadurch Menschen, die das Problem womöglich aus erster Hand erfahren haben, in Machtpositionen gelangen würden. Schließlich sollten die Versuche, Rassismus im Fußball zu bekämpfen, auch durch Ansätze wie antirassistische Bildung flankiert werden, die Rassismus als allgemeines gesellschaftliches Problem behandeln – und nicht nur als eines, das im Sport zum Ausdruck kommt.

Fazit

Im europäischen Fußball treten verschiedene Erscheinungsformen von Rassismus zutage. Ob im Stadion, im alltäglichen Gespräch über Fußball oder im Management: er ist überall im Fußball in impliziten und expliziten Formen zu finden. Während jedoch den expliziten Erscheinungsformen des Rassismus bereits viel Aufmerksamkeit zukommt (und das zu Recht), werden die impliziten Formen des Rassismus oft übersehen, beispielsweise in der Medienberichterstattung, in der Forschung oder in konkreten antirassistischen Maßnahmen. Ein nachhaltiger Ansatz wären die konsequente Infragestellung bestehender Machtstrukturen und ein höheres Maß an Repräsentation in den Entscheidungsstrukturen des Fußballs. Solche Maßnahmen könnten das integrative Potenzial des Fußballs erhöhen – nämlich eine Arena zu sein, die Menschen zusammenbringt.

Übersetzung aus dem Englischen: Vera Hanewinkel

Weitere Inhalte

studiert Kommunikation und Medien an der Erasmus Universität in Rotterdam. Der Beitrag ist im Rahmen eines Forschungspraktikums zu Rassismus und Fußball an der Erasmus School of History, Culture and Communication entstanden.

Der Autor dankt Externer Link: Palesa Mashigo und Externer Link: Jacco van Sterkenburg, die das Forschungspraktikum betreut haben, für ihr Feedback und ihre Unterstützung beim Verfassen dieses Beitrags.