"Der Paß ist der edelste Teil von einem Menschen. Er kommt auch nicht auf so einfache Weise zustand wie ein Mensch. Ein Mensch kann überall zustandkommen, auf die leichtsinnigste Art und ohne gescheiten Grund, aber ein Paß niemals. Dafür wird er auch anerkannt, wenn er gut ist, während ein Mensch noch so gut sein kann und doch nicht anerkannt wird", schrieb Interner Link: Bertolt Brecht 1940. Dieser Ausschnitt aus seinen "Flüchtlingsgesprächen"
Ursachen von Staatenlosigkeit
Verschiedene Faktoren und Rahmenbedingungen können zu Staatenlosigkeit führen und waren in unterschiedlichen historischen Situationen unterschiedlich stark ausgeprägt: So führte eine Ausbürgerung meist zu Staatenlosigkeit, oder ein Mensch verlor seine Staatsangehörigkeit weil sich Staatsgrenzen verschoben (etwa durch Kriege oder sich auflösende Großreiche bzw. zerfallende Staaten) und sich damit die Gesetzeslage änderte. Ebenso konnten widersprüchliche Nationalitätsgesetze zu mindestens ungeklärten Staatsangehörigkeitsverhältnissen führen. Schließlich versuchen bis heute manche MigrantInnen, ihre Staatsangehörigkeit zu verschleiern und agieren so zumindest als "de facto"-Staatenlose
Die geschlechtsspezifische Komponente
Ein oft übersehener Fall von massenhafter Staatenlosigkeit war ihre geschlechtsspezifische Komponente. Noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein – im internationalen Recht bis 1957 – wurde die Staatsangehörigkeit von verheirateten Frauen von der ihres Ehemanns "abgeleitet". Dies bedeutete, dass Frauen, die einen Ausländer heirateten, ihre vorherige Staatsangehörigkeit verloren und damit von der Staatsangehörigkeit ihres Mannes abhängig wurden. Bei einer Verwitwung oder Scheidung jedoch konnte dies rasch zu Staatenlosigkeit führen – wenn beispielsweise das Herkunftsland des Ehemannes der Frau keine eigenständige Staatsangehörigkeit zusprach. So kam es auch in Deutschland dazu, dass Frauen zu Fremden im eigenen Staat wurden. Erst 1957 regelte ein internationaler Vertrag – die UN Convention on Nationality of Married Women – die Rechte von Ehefrauen. Und 1979 legte die Convention on the Elimination of all Forms of Discrimination against Women fest, dass keine Frau durch die Hochzeit mit einem Ausländer staatenlos werden dürfe.
Staatenlosigkeit im Dritten Reich
Die bis heute in der deutschen und letztlich auch in der internationalen Geschichte nachhaltigste Form von massenweiser Staatenlosigkeit sind freilich die von den Nationalsozialisten veranlassten Ausbürgerungen vor allem der deutschen Jüdinnen und Juden, aber auch der vielen als "illoyal" gekennzeichneten Staatsangehörigen im Dritten Reich. Bereits kurz nach
Mit der 11. Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 25. November 1941 verschärfte sich die Situation. Nun verloren alle Jüdinnen und Juden, die ihren "Aufenthalt anderswo" – ob nun durch Auswanderung, Flucht oder Deportation – genommen hatten, ihre Staatsbürgerschaft. Nicht nur fiel das Vermögen der so kollektiv Ausgebürgerten an den Staat – vielmehr entstand eine neue Masse an Staatenlosen, die, nun vollends entrechtet, im nächsten Schritt in die Vernichtungslager verbracht und massenhaft ermordet wurden. Die Ausbürgerung stand damit am Anfang der
Der lange Nachhall
Nach Kriegsende verloren diese Regelungen ihre Gültigkeit. Nach der Gründung der Bundesrepublik regelte Grundgesetz Art. 116, Abs. II, dass jeder Person, der zwischen 1933 und 1945 die Staatsangehörigkeit aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden war, ein (Wieder-)Einbürgerungsanspruch zusteht. Dies galt auch für ihre direkten Nachkommen. Mit dieser Regelung sollte sichergestellt werden, dass jeder und jede aus diesem Personenkreis einen Anspruch auf die deutsche Staatsangehörigkeit hat, aber zugleich nicht – möglicherweise gegen den eigenen Willen – automatisch wieder Deutscher oder Deutsche wurde.
Als Antwort auf die katastrophalen Folgen der NS-Ausbürgerungen wurden in der Nachkriegszeit internationale Vereinbarungen wie das Übereinkommen über die Rechtsstellung der Staatenlosen
Just vor der Sommerpause 2021 hat der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das die letzten Hürden bei der Wiedereinbürgerung von Nachkommen ehemals ausgebürgerter jüdischer Deutscher beseitigen soll. Dieser Schritt ist mehr als nur symbolisch: Als Großbritannien im Juni 2016 den