Staatenlosigkeit ist komplex und kann verschiedene Ursachen haben. Einige Menschen werden staatenlos geboren, während andere im Laufe ihres Lebens staatenlos werden. Meist sind Diskriminierungen aufgrund von Geschlecht, ethnischer Herkunft oder Religion und das Zusammenwirken von vielfältigen Diskriminierungen die Hauptursachen für staatliche Praktiken, die Staatenlosigkeit begründen oder aufrechterhalten.
Diskriminierende Gesetze und Gesetzeslücken
Die Staatsangehörigkeit wird meist bei der Geburt erworben – je nach geltendem Recht kann ein Kind die Staatsangehörigkeit durch die Eltern nach dem
Gesetzesänderungen und Entzug der Staatsangehörigkeit
In vielen Staaten führen Veränderungen von Staatsangehörigkeitsgesetzen sowie bürokratische Praktiken – wie etwa die Erstellung neuer Bevölkerungsregister – zu Staatenlosigkeit. Dabei können ganze Bevölkerungsgruppen, die als 'illegitim' bzw. 'anders' und entsprechend als 'nicht zugehörig' markiert werden, vom Recht auf eine Staatsangehörigkeit ausgeschlossen werden.
Der Entzug der Staatsangehörigkeit resultiert dabei meist nicht aus einem amtlichen Verfahren, sondern aus administrativen Prozessen, bei denen beispielsweise Voraussetzungen für den Eintrag in ein Zivilregister etabliert werden, die viele Menschen nicht erfüllen können.
Die Ausbürgerung von einzelnen Personen oder ganzen Personengruppen wird zunehmend auch als eine Anti-Terror-Strategie verstanden und in einer wachsenden Zahl von Staaten als Maßnahme zur Wahrung der nationalen Sicherheit genutzt.
In einigen Staaten wird die Möglichkeit des Staatsangehörigkeitsentzugs bei (vermeintlicher) Beteiligung an terroristischen Vereinigungen als Mittel politischer Repression eingesetzt.
Verlust der Staatsangehörigkeit durch Staatsauflösung
Eine große Zahl der Menschen, die derzeit weltweit staatenlos sind, kann auf die Auflösung von Staaten und die Gründung von Nachfolgestaaten zurückgeführt werden, in deren Zuge es Menschen nicht gelang, die Staatsangehörigkeit des Nachfolgestaats zu erwerben. Dies war beispielsweise Ende der 1990er Jahre im Zusammenhang mit der Auflösung der Sowjetunion der Fall,
Fehlende oder nicht anerkannte Nachweise der Staatsangehörigkeit
Auch fehlende Nachweise der Staatsangehörigkeit oder der Geburt können zu Staatenlosigkeit führen. Eine Geburtsurkunde dient als Nachweis der Verbindung zu den Eltern oder des Geburtsortes und bildet somit in modernen Staaten eine wichtige Grundlage für die Anerkennung der Staatsangehörigkeit.
In zahlreichen Ländern Europas ist die Registrierung der Geburt eines Kindes an den Aufenthaltstitel und die Dokumente der Eltern gekoppelt.
Auch
Auf dem afrikanischen Kontinent sind insbesondere Angehörige ethnischer Gruppen, die sich durch
Klimawandel
In Zukunft kann auch der Klimawandel eine Ursache für Staatenlosigkeit sein, wenn ganze Regionen unbewohnbar werden oder ganze staatliche Territorien verschwinden: Die Ausbreitung der Wüste kann dazu führen, dass Teile Äthiopiens, Eritreas, Somalias und des Sudan zu trocken und damit unbewohnbar werden. Und der Anstieg des Meeresspiegels könnte nicht nur einige Küstengebiete unbewohnbar machen, sondern auch dazu führen, dass ganze Inselstaaten wie Kiribati, Tuvalu und die Marshallinseln überflutet werden.
Mögliche Folgen von Staatenlosigkeit
Die Staatsangehörigkeit ist mehr als eine rechtliche Kategorie und beeinflusst alle Bereiche des Lebens. Keine oder eine ungeklärte Staatsbürgerschaft zu haben, bedeutet für die Betroffenen häufig, vom Schutz nationaler Gesetze ausgeschlossen zu sein und dadurch keine oder nur eine stark eingeschränkte Garantie grundlegender Sozialleistungen und politischer Rechte zu haben.
Gesundheit und Arbeit
Der Zugang zum Gesundheitssystem ist in einigen Ländern von (nationalen) Ausweisdokumenten oder dem Aufenthaltsstatus abhängig. Verfügen Personen weder über das eine noch das andere, haben sie keinen Zugang zu Gesundheitsleistungen.
Gesellschaftliches Zusammenleben und politische Teilhabe
Viele Kernbereiche des gesellschaftlichen Zusammenlebens, wie beispielsweise die Registrierung an Schulen oder Universitäten, sind mit bürokratischen Schritten verbunden, die eine Auskunft über die eigene Staatsangehörigkeit oder den Nachweis offizieller Ausweisdokumente notwendig machen. In Formularen kann die Option ‘staatenlos’ oder ‘ungeklärte Staatsangehörigkeit’ häufig nicht angekreuzt werden, was für Staatenlose einen zusätzlichen Aufwand bedeutet, um sich überhaupt in einer Bildungseinrichtung anmelden zu können. In einigen Staaten wird staatenlosen Kindern der Zugang zu öffentlichen Schulen oder Hochschulbildung zudem gänzlich verweigert.
Gefahr der dauerhaften Inhaftierung
Staatenlose Personen sind einem erhöhten Risiko der willkürlichen Inhaftierung in Abschiebehaft ausgesetzt, da es keinen Staat gibt, in den sie abgeschoben werden können.
Besondere Betroffenheit von Corona-Pandemie
Staatenlose sind besonders stark von den Auswirkungen der
Gleichzeitig führt der in vielen Staaten begrenzte Zugang staatenloser Personen zum Gesundheitssystem dazu, dass sie nur eingeschränkt Zugang zu Tests, Impfungen und medizinischer Behandlung haben.
Das Aussetzen von Asylverfahren und Verfahren zur Feststellung von Staatenlosigkeit in Staaten wie Bulgarien, Deutschland, der Ukraine und Kolumbien führte dazu, dass der rechtliche Status und damit die garantierten Rechte betroffener staatenloser Personen oft lange ungeklärt blieben.
Was es bedeutet, staatenlos zu sein und welche Folgen dies für die Betroffenen hat, erläutern Christiana Bukalo und Laura van Waas im