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Wenn das Aufenthaltsrecht endet: Abschiebung – Ausweisung – Dublin-Überstellung

Simone Rapp

/ 5 Minuten zu lesen

Im ersten Halbjahr 2018 wurden ca. 12.300 Personen aus Deutschland abgeschoben, 5.700 zurückgewiesen und 1.100 zurückgeschoben. Ausweisung, Abschiebung, Überstellung, Zurückweisung, Zurückschiebung – was steckt hinter den Begriffen?

Symbolbild zum Thema Abschiebung – Blick auf ein fliegendes Flugzeug durch einen Stacheldrahtzaun. (© picture-alliance)

Abschiebung

Hat eine Person mit ausländischer Staatsangehörigkeit kein Recht zum Verbleib in Deutschland, so können die deutschen Behörden sie unter bestimmten Voraussetzungen zwangsweise außer Landes bringen. Diese aufenthaltsbeendende Zwangsmaßnahme nennt man Abschiebung. Sie kann entweder in den Staat erfolgen, dessen Staatsangehörigkeit die Person besitzt, oder unter Umständen in ein anderes Land, welches die Einreise der Person erlaubt.

Eine Abschiebung setzt voraus, dass die Behörden der betroffenen Person zuvor eine entsprechende schriftliche Entscheidung zukommen lassen. Dies erfolgt entweder durch die zuständige Ausländerbehörde oder – wenn zuvor ein Asylantrag gestellt worden war – durch das Interner Link: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Im Regelfall ordnet die Behörde in der Entscheidung gleichzeitig an, dass die Person nach der Abschiebung für eine gewisse Zeit nicht wieder einreisen und sich auch nicht mehr in Deutschland aufhalten darf (sogenanntes Einreise- und Aufenthaltsverbot). Die betroffene Person hat die Möglichkeit, die Entscheidung der Behörde innerhalb einer Frist, die je nach Fall zwischen einer Woche und einem Monat liegt, gerichtlich überprüfen zu lassen. Lässt die Person die Frist verstreichen oder hat sie vor Gericht keinen Erfolg, besteht ab diesem Zeitpunkt die Gefahr einer Abschiebung.

Da es sich bei einer Abschiebung um eine sehr einschneidende Maßnahme handelt, darf diese allerdings grundsätzlich nur als letztes Mittel eingesetzt werden. Wurde der Person in der behördlichen Entscheidung eine Frist zur Interner Link: freiwilligen Ausreise gesetzt, darf eine Abschiebung im Regelfall erst nach Ablauf dieser Frist erfolgen. Eine Abschiebung darf zudem nur dann durchgeführt werden, wenn nicht gewährleistet ist, dass die Person freiwillig ausreist oder wenn die Überwachung der Ausreise aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich erscheint. Das Gesetz geht allerdings davon aus, dass Letzteres zumeist zutrifft.

Sind all diese Voraussetzungen erfüllt, kann eine Abschiebung trotzdem unzulässig sein; nämlich dann, wenn sie aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist. In diesem Fall ist die Person in Deutschland zumindest zu Interner Link: dulden. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn die Person schwerkrank ist oder wenn sie in Deutschland ein minderjähriges Kind hat, das sich hier rechtmäßig aufhält. Außerdem können die Behörden aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen für eine vorübergehende Zeit von Abschiebungen beispielsweise in ein bestimmtes Gebiet absehen.

Dublin-Überstellung

Bei einer "Dublin-Überstellung" handelt es sich um eine Abschiebung in ein anderes europäisches Land. Die Interner Link: Dublin-Verordnung ist ein europäisches Gesetz, welches regelt, welcher Staat, in dem die Verordnung gilt, für die Prüfung des Asylantrags einer Person zuständig ist. Häufig ist dies das Land, in welchem die Person erstmals europäischen Boden betreten oder für welches sie ein Visum besessen hat.

Ausweisung – Zurückweisung – Zurückschiebung

Der Begriff der Ausweisung wird häufig als Synonym für den Begriff der Abschiebung verwendet. Dies ist jedoch falsch. Eine Ausweisung ist im Unterschied zur Abschiebung keine Maßnahme, sondern eine behördliche Entscheidung. Sie wird oft getroffen, wenn eine Person eine Straftat begangen hat. Mit der Ausweisung wird die Ausreisepflicht herbeigeführt und ein Einreise- und Aufenthaltsverbot für eine gewisse Zeit angeordnet. Eine Ausweisung kann daher einer Abschiebung vorgelagert sein.

Auch eine Zurückweisung ist etwas anderes als eine Abschiebung. Eine Zurückweisung liegt vor, wenn eine Person, welche nach Deutschland einzureisen versucht, an der Grenze abgewiesen wird.

Ist eine Person bereits nach Deutschland eingereist, kann unter Umständen eine Zurückschiebung erfolgen. Dies betrifft beispielsweise Personen, die kurz nach einer unerlaubten Einreise in der Nähe der Grenze aufgegriffen werden und es Anhaltspunkte dafür gibt, dass ein anderer Staat für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist. Die Zulässigkeit von Zurückweisungen und Zurückschiebungen ist jedoch rechtlich umstritten.

Abschiebehaft

Abschiebehaft ist ein Freiheitsentzug, welcher sicherstellen soll, dass die Ausreisepflicht tatsächlich durchgesetzt werden kann. Es handelt sich also nicht um Haft zum Zwecke der Bestrafung. Abschiebehäftlinge dürfen auch nicht im selben Gefängnis wie Straftäter untergebracht werden. Es gibt viele Unterarten der Abschiebehaft. Die Voraussetzungen, unter denen die Haft angeordnet werden kann, sind bei den einzelnen Unterarten verschieden und auch die zeitlichen Grenzen unterscheiden sich. Die Höchstgrenze liegt je nach Haftart zwischen zehn Tagen und 18 Monaten.

Eine Art der Abschiebehaft ist die allgemeine Sicherungshaft. Inzwischen gibt es zudem die Möglichkeit, eine Person in sogenannten Ausreisegewahrsam zu nehmen. Dieser kann leichter als eine Sicherungshaft angeordnet werden und ermöglicht die Inhaftierung für bis zu zehn Tage. Er wurde insbesondere geschaffen, um sogenannte Sammelabschiebungen einer großen Zahl von Ausreisepflichtigen durchzuführen. Haft kann auch in Fällen der Zurückweisung, der Zurückschiebung und der Dublin-Überstellung angeordnet werden. Eine sogenannte Vorbereitungshaft ist in Fällen möglich, in welchen noch gar keine Ausreisepflicht besteht, die Behörde aber plant, die Ausreisepflicht durch Erlass einer Ausweisung zu begründen.

Ablauf von Abschiebungen

Abschiebungen können als sogenannte kontrollierte Ausreise erfolgen oder als begleitete Maßnahme. Bei der kontrollierten Ausreise wird die abzuschiebende Person von Polizistinnen und Polizisten beispielsweise lediglich bis zum deutschen Bahnhof oder Flughafen gebracht. Bei der begleiteten Abschiebung reisen Polizistinnen und Polizisten im Flugzeug, Auto oder Zug bis in das Land mit, in das abgeschoben werden soll. Im Regelfall wird die abzuschiebende Person dabei fixiert. Ihr werden also zum Beispiel Handschellen oder auch Fußfesseln angelegt. Es kann auch vorkommen, dass ihr bei Abschiebungen Medikamente zur Ruhigstellung verabreicht werden oder dass ihr das Handy abgenommen wird. Sie hat dann keine Möglichkeit, andere Personen (z.B. ihren Rechtsanwalt) über die Abschiebung zu informieren. Häufig werden Personen, die abgeschoben werden sollen, sehr früh am Morgen von Polizeibeamtinnen und -beamten aus ihrer Wohnung geholt. Manchmal finden Abschiebungen auch direkt aus der Ausländerbehörde heraus statt. Teilweise werden Personen einzeln abgeschoben; in anderen Fällen werden ganze Flugzeuge gechartert und Sammelabschiebungen durchgeführt. Ob Abschiebungen vorab angekündigt werden, wird unterschiedlich gehandhabt. In vielen Fällen gilt inzwischen sogar ein gesetzliches Ankündigungsverbot. In den letzten Jahren sind die Möglichkeiten der Durchführung von Abschiebungen und der Anordnung von Abschiebehaft durch Gesetzesverschärfungen deutlich ausgeweitet worden.

Dieser Artikel ist Teil des Kurzdossiers Interner Link: "Flucht und Asyl: Grundlagen".

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Simone Rapp ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Migrationsrecht. Sie war zudem für den Hohen Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen (UNHCR) und Amnesty International tätig und arbeitet als Dozentin für die Refugee Law Clinic der Humboldt-Universität zu Berlin.