Höhere Abschiebezahlen als politische Maßnahme
Das Thema Abschiebungen hat in Deutschland seit der sogenannten "Flüchtlingskrise" stark an Bedeutung gewonnen. Von staatlicher Seite wurden die erzwungenen Rückführungen von MigrantInnen ohne Aufenthaltserlaubnis und abgelehnten AsylbewerberInnen in die Herkunftsländer lange Zeit eher im Verborgenen gehalten: Staatliche Akteure sprachen in Medien und Öffentlichkeit selten über diesen, als notwendig betrachteten, administrativen Akt. Dies sollte unter anderem
Abschiebungen manifestieren dominante Vorstellungen von Souveränität und Staatsbürgerschaft.
Diese Entwicklung wird in der Wissenschaft als "Deportation Turn"
Innerafrikanische Abschiebungen als Teil von EU-Externalisierungsbestrebungen
Bereits seit Beginn der 2000er Jahre sind Abschiebungen in die Türkei, die Länder des Balkans und Zentralasiens sowie Nord- und zunehmend Sub-Sahara-Afrikas grundlegendes Element der Externalisierung von Migrations- und Grenzkontrollen der Europäischen Union und ihrer Mitgliedstaaten. Drittstaaten werden dabei aufgefordert, Menschen, die unter dem Verdacht stehen, nach Europa migrieren zu wollen, zu identifizieren und ggf. wieder in ihre Herkunfts- oder Transitländer zurück zu schicken. Für den afrikanischen Kontinent bedeutete das einen starken Anstieg innerafrikanischer Abschiebungen aus den Transitländern des Maghreb (v.a.
QuellentextZu Europäischen Migrations- und Rücküberahmevereinbarungen
Seit dem Vertrag von Amsterdam 1999 ist die EU mit den rechtlichen Kompetenzen ausgestattet, Migrations- sowie Rückübernahmeabkommen mit Drittstaaten zu schließen. Von Beginn an wurde dabei Migrationsmanagement an Handel und Entwicklungshilfe geknüpft und Migrations- sowie Rückkehrpolitik zunehmender Bestandteil der EU-Außenbeziehungen. Das politische Vorzeigeprojekt "Global Approach to Migration and Mobility (GAMM)"
Im Rahmen des Rabat- und des Karthum-Prozesses wurden (nicht-bindende) "Mobilitätsparterschaften" und "gemeinsame Absichtserklärungen" unterzeichnet, die einerseits eine restriktive Agenda legaler Einreisemöglichkeiten und andererseits v.a. die Rückkehr und Wiederaufnahme sogenannter irregulärer MigrantInnen umsetzen sollten. Die angesichts der "Flüchtlingskrise" entwickelte "Europäische Agenda für Migration"
Neue "Migrations-Partnerschaften"
In Bezug auf Rückübernahmeabkommen verfolgen die EU und ihre Mitgliedstaaten dabei einen zunehmend flexiblen Ansatz unterschiedlicher Rahmenverträge und Absichtserklärungen. Diese fordern weniger Verbindlichkeit von Kooperationspartnern und werden so den vielseitigen Interessen (auch in Bezug auf Widersprüche zwischen den Hoheitsrechten der EU sowie einzelner Mitgliedstaaten) gerecht. Gegebenenfalls sind sie leichter umzusetzen als formelle Abkommen.
Der EU Emergency Trust Fund for Africa
Fußnoten
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Siehe Externer Link: https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/policies/international-affairs/global-approach-to-migration_en (Zugriff: 21.12.2017).
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Siehe Externer Link: https://ec.europa.eu/home-affairs/what-we-do/policies/european-agenda-migration_en (Zugriff: 21.12.2017).
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Konkret ist hier der Bereich Asylpolitik gemeint, die innerhalb der EU weiter harmonisiert werden soll, sowie die Entwicklung einer neuen Einwanderungs- und Arbeitsmigrationspolitik, z. B. durch die Anerkennung von in Drittstaaten erworbenen Berufsqualifikationen.
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Siehe Externer Link: http://europa.eu/rapid/press-release_IP-16-2072_en.htm (Zugriff: 21.12.2017).
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Vgl. Cassarino, Jean-Pierre; Guiffré, Mariagiulia, Finding its Place in Africa: Why the EU opted for flexible arrangements on readmission? FMU Policy Brief Nr. 01/2017 (1. Dezember 2017). Externer Link: http://www.nottingham.ac.uk/hrlc/documents/pb-1-finding-its-place-in-africa.pdf (Zugriff: 21.12.2017).
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Siehe Externer Link: https://ec.europa.eu/europeaid/regions/africa/eu-emergency-trust-fund-africa_en (Zugriff: 21.12.2017).
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Externer Link: https://eeas.europa.eu/sites/eeas/files/factsheet_migration_partnership_framework_update13_12_2016.pdf (Zugriff: 21.12.2017).
Seit der europäischen "
Lediglich ein
QuellentextDokumentation von Menschenrechtsverletzungen im Rahmen von Migration
Während lokale Menschenrechtsorganisationen und JournalistInnen seit Jahren Fälle von Menschenrechtsverletzungen im Kontext von Migration dokumentieren und publizieren, tun dies internationale (Regierungs-)Organisationen erst seit kurzem. Seit 2016 erstellt das International Centre for Migration and Policy Development (ICMPD) die "Externer Link: Interactive Map on Migration" (i-Map) , um Migration, v.a. in Richtung Europa, aufzuzeichnen und damit Informationen zur Politikentwicklung zu generieren.
Fußnoten
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Für Westafrika siehe Externer Link: http://westafrica.regionalmms.org/index.php (Zugriff: 21.12.2017). Für Ostafrika und Jemen siehe Externer Link: http://regionalmms.org/index.php (Zugriff: 21.12.2017). Wissenschaftliche Aufarbeitung u.a. von: Trauner, F./Deimel, S., The Impact of EU Migration Policies on African Countries – the Case of Mali; in: International Migration, 51 (4), August 2013, S. 20-32. Der italienische Journalist Fabrizio Gatti beschrieb in "Bilal. Als Illegaler auf dem Weg nach Europa" basierend auf seinen Reisen bereits 2005/06 die unmenschlichen Zustände auf den Migrationsrouten durch die Sahara.
Auch afrikanische Staaten, wie Angola, Gabun, Äquatorial-Guinea oder Nigeria, die nur indirekt unter dem Einfluss der EU-Externalisierungspraktiken stehen, tragen substanziell zu den massiven Abschiebungen in den letzten zwei Jahrzehnten bei, die seit der Unabhängigkeit dieser Länder stattfinden.
Die öffentliche, mediale, politische und wissenschaftliche Aufmerksamkeit für Abschiebungen reicht oft nur bis an die Landesgrenze. Wenig ist bislang darüber bekannt,
Dieser Artikel ist Teil des Kurzdossiers