Auftrieb erhielt die Diskussion um Abschiebungen im Kontext der 2016 durch Flüchtlinge und Asylbewerber verübten terroristischen Anschläge in einem Regionalzug bei Würzburg, auf einem Musikfestival in Ansbach (beide im Juli) und insbesondere auf den Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz. Bei diesem wurden im Dezember zwölf Menschen getötet und rund 50 weitere schwer verletzt, als der aus Tunesien stammende und mit einer
Unmittelbar nach dem Anschlag wurden Forderungen laut, die Abschiebehaft für abgelehnte Asylbewerber zu verlängern. Bereits vor dem terroristischen Anschlag lag ein Gesetzentwurf vor, der zwischen geduldeten Ausreisepflichtigen unterscheidet, die selbstverschuldet oder aber unverschuldet nicht ausreisen können. Dieser sah auch die Schaffung eines Haftgrundes wegen der "Gefährdung der öffentlichen Sicherheit" vor. Bundesinnenminister Thomas de Maizière und Bundesjustizminister Heiko Maas einigten sich im Januar 2017 auf Externer Link: schärfere Sicherheitsmaßnahmen für ausreisepflichtige Ausländer wie strengere Wohnsitzauflagen, erleichterte Abschiebehaft und elektronische Fußfesseln für diejenigen, die als Gefahr für die öffentliche Sicherheit eingestuft werden.
Bereits vor dem Berliner Attentat waren Maßnahmen ergriffen worden, um abgelehnte Asylbegehrende leichter in ihre Herkunftsstaaten zurückschicken zu können. Nach dem Externer Link: Vorbild des EU-Türkei-Abkommens bestehen seit Juni sogenannte Migrationspartnerschaften mit einigen afrikanischen Staaten wie Externer Link: Nigeria, Mali, Niger, Senegal und Äthiopien. Die Abgrenzung von Migrationspartnerschaften zu anderen Externer Link: Ansätzen im Bereich Migration und Mobilität, wie Rücknahmeabkommen und Mobilitätspartnerschaften, ist nicht trennscharf: Migrationspartnerschaften beinhalten Rückübernahmeabkommen oder sollen diesen den Weg ebnen. Migrations- und Mobilitätspartnerschaften verbinden migrations- und entwicklungspolitische Ziele miteinander. Während Mobilitätspartnerschaften im Gegenzug für Rücknahmen unerwünschter Migranten aus Europa Visaerleichterungen und Entwicklungshilfe versprechen, beinhalten Migrationspartnerschaften Entwicklungshilfe und Investitionsprogramme bzw. deren Kürzung, sollten die Vereinbarungen nicht erfüllt werden. Migrationspartnerschaften sind somit weiterentwickelte Mobilitätspartnerschaften, in denen sich der zunehmende politische Druck spiegelt, die Zahl irregulärer Migranten – vor allem aus Afrika – zu reduzieren. So Externer Link: fordert der Europäische Rat "unter Einsatz aller einschlägigen – auch entwicklungs- und handelspolitischen – Maßnahmen, Instrumente und Hilfsmittel der EU, die erforderliche Hebelwirkung zu erzeugen und zu nutzen." Von der Opposition und verschiedenen Nichtregierungsorganisationen wird Externer Link: kritisiert, dass die Bundesregierung die Bereitstellung finanzieller Mittel von der Rücknahme von Flüchtlingen abhängig machen könnte. Außerdem würden zum Teil Externer Link: Regierungen unterstützt, Externer Link: die selbst eine Fluchtursache darstellten. Darüber hinaus sei zu befürchten, dass Asylsuchende mit Zwang von der Weiterreise nach Europa abgehalten werden sollen.
Die in medialen und politischen Diskussionen im Fokus stehenden terroristischen Anschläge und Straftaten von Geflüchteten – wie die Vergewaltigung und Tötung einer Studentin in Freiburg mutmaßlich begangen durch einen unbegleiteten minderjährigen Flüchtling im Oktober – erwecken in der Öffentlichkeit den Anschein, als stellten Geflüchtete eine besondere Bedrohung der öffentlichen Sicherheit dar. Laut Umfragen von Meinungsforschungsinstituten befürchtet eine Mehrheit der deutschen Bevölkerung eine Zunahme der Kriminalität durch Zugewanderte
Schaffen wir das?
Asylrechtsverschärfungen und eine steigende Zahl von Abschiebungen untermauern den zunehmend restriktiven asylpolitischen Kurs der Bundesregierung. Dennoch stand Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) auch 2016 wegen ihrer Flüchtlingspolitik weiterhin in der Kritik. Im Kontext der Niederlagen bei den Landtagswahlen in Mecklenburg-Vorpommern und Berlin im September übernahm die Bundeskanzlerin die Verantwortung und räumte Versäumnisse ein. So habe die Fluchtmigration 2015 die Bundesregierung eher unvorbereitet getroffen, Ziele der Flüchtlingspolitik seien den Bürgerinnen und Bürgern offenbar nicht ausreichend erklärt worden. An der Richtigkeit ihrer im September 2015 getroffenen Entscheidung zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Ungarn hielt sie weiter fest, ebenso an der Ablehnung einer Obergrenze für die Fluchtzuwanderung.
Das Thema der Flüchtlingsaufnahme spaltet die Gesellschaft. Nach Ergebnissen der im
Debatte um Integration von Geflüchteten
Parallel zu den Bestrebungen, durch Asylrechtsverschärfungen und eine konsequente Abschiebungspraxis die Fluchtzuwanderung nach Deutschland zu drosseln, stand im Laufe des Jahres 2016 die gesellschaftliche Integration in Deutschland lebender Flüchtlinge mit längerfristiger Bleibeperspektive im Fokus der Aufmerksamkeit. Ein Ergebnis dessen ist das im Juli verabschiedete
Pro Asyl und der Rat für Migration kritisierten das Integrationsgesetz als "Desintegrations-" oder "Repressionsgesetz". Zum einen stünden Wohnsitzauflagen im Widerspruch zur Freizügigkeit, die Flüchtlingen nach der
Wie aus dem Zukunftsszenario im Externer Link: Report des Bundesinstituts für Berufsbildung hervorgeht, ist die Integration von Geflüchteten in den deutschen Arbeitsmarkt aus langfristiger Perspektive zu sehen. Rund die Hälfte der Geflüchteten ist unter 25 Jahre alt und verfügt nicht über die erforderlichen Ausbildungsnachweise. Ein Drittel der Asylsuchenden ist noch minderjährig und steht dem Arbeitsmarkt erst später zur Verfügung. Daher ist der gegenwärtige Bedarf an Spracherwerb und Bildungsleistungen zentral. Dieser wird auch in dem Externer Link: Integrationsbericht der Bundesregierung "Teilhabe, Chancengleichheit und Rechtsentwicklung in der Einwanderungsgesellschaft Deutschland" erkannt und analysiert. Aus einer Externer Link: Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung geht hervor, dass die Bildungsorientierung unter seit 2013 eingereisten Geflüchteten hoch ist. Zwar verfügte der Großteil der befragten Geflüchteten bei der Einreise über keinerlei Deutschkenntnisse, doch gaben 32 Prozent der Befragten an, inzwischen gut oder sehr gut Deutsch zu sprechen. 46 Prozent wollen Schulabschlüsse und 66 Prozent berufliche Abschlüsse erwerben. Die meisten Befragten beiderlei Geschlechts gaben an, in Deutschland einer Erwerbstätigkeit nachgehen zu wollen.