Entwicklung des Resettlements in Deutschland
Die Geschichte des Flüchtlingsschutzes in Deutschland ist in weiten Teilen eine des Resettlements. Viele der großen und bekannten Flüchtlingsgruppen (s. unten) beantragten nicht individuell Asyl in Deutschland, sondern wurden direkt aus anderen Staaten aufgenommen. Man sprach hier ursprünglich von sogenannten Kontingentflüchtlingen, weil sie in Kontingenten auf die Bundesländer verteilt wurden. Der Begriff wurde später für alle Flüchtlinge benutzt, die durch Aufnahmeprogramme nach Deutschland kamen, ist heute aber nicht mehr üblich. Auch hat sich die gesetzliche Grundlage seitdem geändert.
Zu den Kontingentflüchtlingen gehörten ungarische Flüchtlinge, die 1956 aus Österreich aufgenommen wurden, chilenische Flüchtlinge Anfang der 1970er Jahre und vietnamesische Flüchtlinge in den 1980er Jahren. Auch Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien, die in den 1990er Jahren aus Bosnien und Kosovo kamen, wurden so bezeichnet, obwohl sie nur humanitäre Visa erhielten. Es bestand in all diesen Fällen keine besondere rechtliche Regelung für die Aufnahme. Bis 2005 erhielten Flüchtlinge, für die eine Übernahme ausgesprochen wurde, für die Ausreise nach Deutschland im Aufenthaltsland eine Aufenthaltserlaubnis beziehungsweise eine Aufenthaltsbefugnis. Eine Ausnahme waren zum Beispiel jugoslawische Bürgerkriegsflüchtlinge der 1990er Jahre, da sie keine individuelle Verfolgung nachweisen konnten. Sie erhielten kein Asyl, sondern eine Duldung, was zu nachhaltigen Problemen bei ihrem teils langjährigen Aufenthalt in Deutschland führte.
Erst mit dem Zuwanderungsgesetz von 2005 wurden Regelungen in das Aufenthaltsrecht aufgenommen, die eine humanitäre Aufnahme zuließen. Auf dieser Grundlage beteiligte sich die Bundesrepublik auch erstmals an einem Resettlementprogramm und nahm 2005 14 usbekische Flüchtlinge auf und dann 2008 rund 2.500 irakische Flüchtlinge. Nach jahrelangem Lobbying durch Kirchen und andere zivilgesellschaftliche Akteure führte Deutschland schließlich 2012 eine jährliche Resettlementquote von 300 Flüchtlingen ein, die ab 2015 auf 500 Flüchtlinge pro Jahr erhöht und verstetigt wurde. Seit 2015 sind Resettlementflüchtlinge mit anerkannten Flüchtlingen nahezu gleichgestellt, um damit auch den Erfordernissen von UNHCR gerecht zu werden
Rechtsgrundlagen der Neuansiedlung
Es besteht kein Rechtsanspruch auf Resettlement. Anders als beim Asyl ist Deutschlands Teilnahme am Resettlement eine freiwillige politische Entscheidung. Hierbei wurde früher bei Flüchtlingen im Herkunfts- oder Erstzufluchtsland als Sichtvermerk im Reisepass eine Aufenthaltserlaubnis verliehen, die Einreise und Aufenthalt in Deutschland ermöglichte. Seit 1965 konnte der Bundesinnenminister mit einer Übernahmeerklärung nach § 22, später § 33 des Ausländergesetzes aus völkerrechtlichen, politischen oder menschlichen Gründen Ausländern im Ausland eine Aufenthaltsbefugnis zusprechen. Mit dem Gesetz über Maßnahmen für im Rahmen humanitärer Hilfsaktionen aufgenommene Flüchtlinge (HumHAG) von 1980 wurden so aufgenommene Flüchtlinge anerkannten Asylbewerbern in der Bundesrepublik gleichgestellt. Hierbei mussten Bundesländer einer Aufnahme zustimmen, was häufig politischen Abwägungen unterlag.
Seit 2005 ersetzt das Zuwanderungsgesetz das HumHAG. Die §§ 22, 23 und 24 des Aufenthaltsgesetzes regeln Aufnahme und Aufenthaltsstatus von Ausländern aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen. Die Entscheidungen darüber liegen nach wie vor beim Bundesministerium des Innern und den obersten Landesbehörden. Die Erteilung einer Aufenthalts- oder Niederlassungserlaubnis nach § 23 I oder II, wie bei den HAPs für syrische Flüchtlinge, bieten dabei nur einen temporären und beschränkten Status; sie erlauben beispielsweise keine Familienzusammenführung. Auch die Aufenthaltsbestimmungen für Resettlementflüchtlinge blieben hinter den Rechten anerkannter Flüchtlinge der Asylverfahren zurück.
2015 ist mit § 23 IV für das Resettlement von Flüchtlingen eine explizite Gesetzesgrundlage eingeführt worden, die das Quotenverfahren vereinfacht, in die Hände von Bundesministerium des Innern und
* Ibid.
Verfahren und Integration
Jedes Jahr im Frühsommer nehmen Vertreter des Auswärtigen Amtes (AA), des Bundesministeriums des Innern (BMI) sowie des BAMF an den Annual Tripartite Consultations on Resettlement (ATCR) in Genf teil (siehe Kapitel
UNHCR übermittelt dann Dossiers mit Informationen über mögliche Resettlementkandidaten an das BAMF. Die Anzahl der in den Dossiers erfassten Personen liegt um ein bis zwei Drittel höher als die zur Verfügung stehende Zahl an Plätzen. Mitarbeiter des BAMF führen dann vor Ort, oder unter Umständen per Skype, Interviews mit den Kandidaten, auf deren Grundlage eine Auswahl getroffen wird. Kriterien für die Auswahl mögen sowohl Schutzbedarf als auch Integrationspotenzial sein.
Nachdem die Flüchtlinge über ihre Aufnahme informiert worden sind, werden sie einem Gesundheitstest unterzogen und sie erhalten ein Visum zur Einreise. Die
Aus Friedland werden Flüchtlinge auf die Bundesländer und Gemeinden verteilt. Dort haben in der Regel Wohlfahrtsverbände, im Auftrag des Bundeslandes, zusammen mit Ehrenamtlichen die Ankunft vorbereitet, eine Wohnung angemietet und Möbel besorgt. In vielen Städten gibt es "Save Me"-Kampagnen, die ihre Gemeinden dazu aufrufen, Resettlementflüchtlinge aufzunehmen und sich ehrenamtlich für ankommende Flüchtlinge zu engagieren und sie zum Beispiel bei der Wohnungssuche, der ersten Orientierung, bei Übersetzungen und auch bei der längerfristigen Integration zu unterstützen
Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers