Dass politische Gemeinschaften Flüchtlingen Schutz gewähren und sie lokal integrieren, hat eine Interner Link: lang währende Tradition. Schon das antike Griechenland und das Römische Reich boten Vertriebenen Schutz und Asyl. Mit der Entstehung der modernen Nationalstaaten wurde das politische Asyl ein Prinzip insbesondere von Demokratien. Es wurde im 19. Jahrhundert politisch und in bi-nationalen Abkommen sukzessive formalisiert, fand aber erst Mitte des 20. Jahrhunderts seine heutige Ausformulierung im internationalen Recht. Das Resettlement hingegen entstand erst Anfang des 20. Jahrhunderts und wurde in den 1990er Jahren formalisiert.
Der Beginn des Resettlements
Voraussetzung für die Neuansiedlung von Flüchtlingen war ein universelles Verständnis von Flüchtlingsschutz, das über die Grenzen des Territorialstaats hinausgeht. Während das Asyl verlangt, dass Flüchtlinge sich innerhalb der Grenzen der schutzgewährenden Gemeinschaft befinden, setzt Resettlement politischen Willen voraus, Flüchtlinge aus anderen Teilen der Welt in das eigene Land zu holen, um ihnen Schutz zu gewähren. So ist es kein Zufall, dass das erste Resettlement nach der Russischen Revolution und dem Ersten Weltkrieg stattfand, zwei politischen Ereignissen mit weltweiten Auswirkungen.
1921 wurde Fridtjof Nansen zum Hochkommissar für Flüchtlinge des Interner Link: Völkerbunds ernannt. Seine Aufgabe war der rechtliche Schutz zunächst russischer, später auch armenischer, griechischer und anderer Flüchtlinge, insbesondere durch Rückkehr und lokale Integration. Als keine dieser beiden Lösungen für 25.000 Angehörige der Interner Link: Weißen Armeen, die nach der Russischen Revolution nach Konstantinopel geflohen waren, eine Option boten, gelang es Nansen 1923 rund 20.000 von ihnen in 44 Ländern weltweit neu anzusiedeln. Dies war die erste Gruppe von Flüchtlingen, die resettled wurden.
Auch für viele russische sowie armenische Flüchtlinge, die über Südosteuropa und teils China verteilt waren, gab es keine Aussicht auf Rückkehr oder lokale Integration. Auf Empfehlung Nansens übernahm 1924 die Interner Link: International Labour Organisation (ILO) die Aufgabe, Arbeitsplätze weltweit für diese Flüchtlinge zu finden. Bis 1928 gelang es ILO bis zu 200.000 Flüchtlinge in Arbeit zu bringen, viele von ihnen in Frankreich, aber auch in anderen europäischen Ländern, in Nord- und Südamerika, im Nahen Osten und in Asien. Als Flüchtlinge ausgewählt, aber als Arbeitsmigranten aufgenommen, fanden die Schutzsuchenden so eine neue Heimat. So konnte durch Neuansiedlung ein relevanter Beitrag zur Lösung der Flüchtlingskrise nach dem Ersten Weltkrieg geleistet werden. Allerdings versagte das System dramatisch, als der Völkerbund und andere Organisationen in den 1930er Jahren nachdrücklich aber weitgehend erfolglos nach Aufnahmeplätzen für Interner Link: jüdische Flüchtlinge aus dem Deutschen Reich suchten.
Resettlement im Kalten Krieg
Dass Flüchtlinge durch ökonomisch motivierte Migrationsprogramme zur Anwerbung von Arbeitskräften anstatt politischer oder humanitärer Abwägung Aufnahme in Zufluchtsländern finden, ist seitdem immer wieder vorgekommen: So auch nach dem Zweiten Weltkrieg als zwischen 1947 und 1952 in einem der größten Resettlementprogramme rund eine Million Displaced Persons (DPs), vorwiegend ehemalige Zwangsarbeitskräfte der NS-Kriegswirtschaft und Überlebende der NS-Konzentrationslager, an Aufnahmeländer vermittelt wurden. Zuständig war diesmal die im aufkommenden Kalten Krieg umstrittene, weil durch die USA protegierte International Refugee Organisation (IRO). Die IRO vermittelte DPs aus Staaten unter ehemaliger Kontrolle NS-Deutschlands, die sich in der Einflusszone der Sowjetunion befanden, zunächst an westeuropäische und dann an überseeische Staaten als Arbeitskräfte. Hierfür mussten sich Flüchtlinge teils verpflichten, rund zwei Jahre schwere Arbeit in Infrastrukturprojekten zu leisten.
Obwohl Resettlement zu diesem Zeitpunkt schon eine wichtige Rolle in der Lösung von Flüchtlingskrisen gespielt hatte, kommt es im Mandat des 1950 gegründeten Interner Link: UN-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) nur in der Präambel und auch nur indirekt als eine Variante lokaler Integration vor. Der Fokus der neuen Flüchtlingsorganisation lag auf dem politischen Asyl und beschränkte sich zunächst auf europäische Flüchtlinge, die aus den direkten Konsequenzen des Zweiten Weltkriegs hervorgegangen waren. Mit der Interner Link: ungarischen Flüchtlingssituation von 1956 setzte UNHCR Resettlement allerdings strategisch ein, auch um sein eigenes Mandat zu erweitern. Ungarn, die nach Jugoslawien und Österreich geflohen waren, wurden vom UNHCR auf andere Länder verteilt, womit die Organisation ihre Relevanz in Fluchtsituationen jenseits der DPs des Zweiten Weltkriegs bewies. Noch lag der Fokus auf europäischen Flüchtlingen, doch ab den späten 1960er Jahren half UNHCR beim Resettlement von Flüchtlingen aus Uganda, Chile und ab Ende der 1970er Jahre aus Südostasien. Insbesondere durch das Orderly Departure Programme (1982) und den Comprehensive Plan of Action (1989), an denen UNHCR beteiligt war, wurden zwei Millionen Flüchtlinge aus Interner Link: Vietnam und seinen Nachbarstaaten in alle Welt verteilt.
Die Neuerfindung des Resettlements
Mit dem Ende des Kalten Krieges kam das Resettlement als Instrument zur Lösung für Flüchtlingskrisen zum Erliegen. Die sehr langwierige Verteilung von vietnamesischen Flüchtlingen wurde zwar weitgehend als Erfolg gefeiert, weil damit eine humanitäre Krise durch globale Verantwortungsübernahme und Lastenteilung gelöst worden sei. Sie stieß aber auch auf die Kritik, dass die Selektionskriterien für das Resettlement vietnamesischer Flüchtlinge unklar waren und Erstaufnahmeländer aus ihrer Verantwortung für den Flüchtlingsschutz entlassen wurden. Resettlement wurde für UNHCR in den 1990er Jahren zur politisch am wenigsten wünschenswerten Lösung, während die freiwillige Rückkehr zum eigentlichen Ziel der Flüchtlingspolitik erklärt wurde. Mit immer mehr lang andauernden Konflikten, wie in Interner Link: Afghanistan und Interner Link: Somalia, entstanden Flüchtlingssituationen, die heute teils noch immer bestehen. Über lange Zeiträume werden Geflüchtete dabei in Flüchtlingslagern festgesetzt (sogenanntes "Refugee Warehousing"); sie sind von humanitärer Hilfe abhängig und ein Zugang zu grundlegenden Rechten wird ihnen verwehrt, weil die Aufnahmeländer die (falsche) Hoffnung hegen, die Flüchtlinge bald in ihre Herkunftsländer zurückschicken zu können. In dieser Situation begann UNHCR, Resettlement als flüchtlingspolitisches Instrument neu zu konzeptualisieren. 1996 erschien das erste UNHCR Resettlement Handbook, das spezifische Prozesse, Strukturen und Vorgehensweisen bei der Auswahl und Neuansiedlung von Resettlementkandidaten festlegte. Das Handbuch, das seit 2011 in dritter Auflage vorliegt, trägt zu einem transparenten Verfahren bei, das anders als in den Jahrzehnten zuvor nicht mehr ad-hoc und situationsabhängig implementiert wird. Dadurch ist Resettlement von einem Instrument zur Reaktion auf mehr oder weniger plötzlich auftretende Flüchtlingskrisen zu einem kontinuierlichen und planbaren System geworden, das gezielt auf langwierige Flüchtlingssituationen sowie individuelle Schutzbedürfnisse reagieren kann. Zugleich versuchte UNHCR ab Ende der 1990er Jahre, Resettlement einzusetzen, um die ungleiche globale Verteilung bei der Aufnahme von Flüchtlingen anzugehen. Die überwiegende Mehrheit aller Flüchtlinge, zurzeit etwa neun von zehn, leben im Globalen Süden, d.h. in Interner Link: Entwicklungs - und Interner Link: Schwellenländern. Die reicheren Industriestaaten des Globalen Nordens nehmen demgegenüber nur wenige Flüchtlinge auf. Sie reklamieren aber für sich, dass sie durch ihre Zahlungen zur humanitären Unterstützung der in ärmeren Ländern lebenden Flüchtlinge ihren Anteil zum globalen Flüchtlingsschutz beitragen. Mit verschiedenen Programmen versuchte UNHCR Anfang der 2000er Jahre erfolglos, die Länder des Globalen Nordens zu ermutigen, in größerem Umfang Flüchtlinge über das Resettlement aufzunehmen. Allerdings wurden die Migrations- und Flüchtlingspolitik nach den Interner Link: Terroranschlägen vom 11. September 2001 viel stärker unter sicherheitspolitischen Aspekten betrachtet und das Angebot an Resettlementplätzen wurde drastisch gekürzt, insbesondere in den USA, dem mit Abstand wichtigsten Resettlementland (siehe Abbildung 1).
Erst mit fallenden Flüchtlings- und Asylbewerberzahlen in den folgenden Jahren stieg das verfügbare Resettlementkontingent wieder an, gerade auch, weil einige europäische Staaten sich zwar mit einer geringen, aber regelmäßig zur Verfügung gestellten Platzzahl an dem Programm beteiligten. Doch auf das Niveau von vor 2001 sind die weltweiten Kapazitäten noch immer nicht wieder gestiegen, obwohl der Bedarf an Resettlement auf einem Höchststand ist. Auch Versuche der EU, Resettlement als Teil der Lösung der sogenannten Flüchtlingskrise einzusetzen, scheitern bislang an der Weigerung vieler Mitgliedstaaten, sich zu beteiligen. Das Potenzial von Resettlement als flüchtlingspolitisches Instrument ist zwar immer wieder bewiesen worden, doch die Umsetzung scheint immer schwieriger zu werden.