Die Auswirkungen von Lifestyle Migration sind bisher nur unzureichend untersucht, wenngleich es einige erste Hinweise gibt, beispielsweise in Spanien. Zwar lässt sich der Umfang lebensstilorientierter Migration nur schätzen, da sich viele Lifestyle-Migranten nicht bei den Behörden anmelden oder nicht dauerhaft vor Ort sind. Man kann jedoch davon ausgehen, dass selbst nach der Wirtschaftskrise von 2008 mehr als zwei Millionen Nordeuropäer in Spanien leben.
Spanische Wissenschaftler haben lange erfolglos versucht, ihre Regierung davon zu überzeugen, die unregulierten Investitionen in Residenztourismus-Projekte einzudämmen (wenngleich die Finanzkrise diese kritischen Stimmen obsolet gemacht haben könnte). Zu den stärksten Kritikern gehören Tomas Mazon und Antonio Aledo Tur (2005), die den Wohntourismus für massive Verstädterung, vernachlässigte Landwirtschaft und eine Monopolisierung der Wirtschaftsstruktur durch eine Immobilienwirtschaft verantwortlich machen, die durch schnell und qualitativ minderwertig gebaute Unterkünfte den schnellen Profit sucht. Sie verweisen auf betonierte, von mangelhafter Infrastruktur geprägte Küsten, eine Entwicklung, die sich mehr und mehr ins Hinterland fortsetzt und dabei Land, Natur und traditionelle Lebensweisen zerstört. Steigende Lebenshaltungskosten und massiv überteuerte Bodenpreise pressten zunächst die Kommunen aus. Der plötzliche wirtschaftliche Abschwung bescherte schließlich auch denen hohe Verluste, die neu in die Gegend gezogen waren. Mantecón und Huete (2008) haben zudem darauf verwiesen, dass die Folgen dieser unkontrollierten Entwicklung, insbesondere die zu große Bevölkerungsdichte, den von den lebensstilorientierten Migranten angestrebten Zielen wie Ruhe und "Ursprünglichkeit" entgegenstehen und jene daher eher abschrecken.
Folgen andernorts
Auch andernorts sind nicht intendierte Auswirkungen der Lifestyle Migration bemerkbar. Im indischen Goa bauten viele Einheimische Unterkünfte, um sie an westliche Besucher, die als Teil der Trance-Musik-Szene kamen (selbst eine Form von Lifestyle Migration), zu vermieten. Die Regierung von Goa beschloss dann jedoch, die Party-Szene einzuschränken und stattdessen wohlhabendere Residenztouristen anzusprechen. Das Vorhaben misslang, weshalb viele Einheimische auf ihren leerstehenden Wohnungen und Restaurants sitzen blieben, während die Drogenszene, die eigentlich verdrängt werden sollte, weiter deutlich präsent ist. Währenddessen verdienen große Reiseunternehmen vor Ort ihr Geld mit Pauschaltourismus-Angeboten. In Bocas del Toro in Panama wiederum hatte Lifestyle Migration einen hohen Anstieg der Lebenshaltungskosten, Immobilienpreise und Verlust der lokalen Industrie zur Folge, die von prekären Beschäftigungsverhältnissen in der Tourismusbranche ersetzt wurde.
Lifestyle-Migranten als reflektierte Akteure
Lebensstilorientierte Migration hat also viele nicht intendierte Folgen. Gleichwohl zeigen Studien, dass Lifestyle-Migranten häufig selbstkritische und reflektierte Akteure sind, die sich ihrer Position und Privilegien bewusst sind und die eifrig versuchen, zu den Gemeinden, als deren Teil sie sich sehen, etwas beizutragen. Viele Lifestyle-Migranten gestalten ihr Leben auch nach dem Wanderungsprozess aktiv. Angesichts der manchmal widersprüchlichen Erfahrungen engagieren sie sich in ihren Gemeinden, um ihr Leben gemäß ihren Vorstellungen führen zu können und den kulturellen Normen zu folgen, die sie sich zuvor erwartet haben. Aktuelle Studien in Thailand und Malaysia zeigen, dass manche Lifestyle-Migranten in den Gemeinschaften vor Ort aktiv sind, beispielsweise als Mitglieder von Vereinigungen, durch ehrenamtliches Engagement, durch lokale Freundschaften und den Aufbau langfristiger Beziehungen (inklusive Heirat). Ein strenger Gemeinschaftssinn prägt das Verhalten vieler Lifestyle-Migranten, häufig wollen sie die natürliche Umwelt schützen und viele beteiligen sich an lokalen Kampagnen. Manchmal haben diese Aktionen tatsächlich positive Auswirkungen auf die Umgebung. So wurden beispielsweise in der Bretagne verlassene ländliche Gebiete durch Lifestyle-Migranten neu besiedelt und wieder aufgebaut, was auch vor Ort das Interesse an solchen Restaurations-Projekten weckte. Gleiches geschah in Portugal. Nach Mantecón und Huete (2008) könnte eine nachhaltigere Entwicklung erreicht werden, wenn die Politik der Natur und kulturellen Umgebung genauso viel Wertschätzung entgegenbrächte, wie die Lifestyle-Migranten.
Dieser Text ist Teil des Kurzdossiers